„Als Psychoanalytiker bin darin ausgebildet, mich zwischen den Registern des Psychischen zu bewegen, zu unterscheiden und immer zu wissen, in welchem dieser Bereiche dieser Sphären ich mich bewege.“
Nein, Klaus-Jürgen Bruder, du warst zwar darin ausgebildet, aber du hast die Fähigkeit, zwischen Kritik und Verschwörungstheorie zu unterscheiden, verloren. Mag sein, dass die von dir so herablassend betrachteten Menschen, die sich scheinbar alles gefallen lassen (was sie ja gar nicht tun), manchmal zu naiv sind, oder zu duldsam gegenüber den Zumutungen der Politik, oder in manchen Ländern auch zu ängstlich, um sich gegen echte Autokraten zu wehren, oder zu verblendet, aber das ändert nichts daran, dass man im Nebel nichts sieht. Die Verächtlichkeit gegenüber den vermeintlichen „Schlafschafen“ teilst du mit den Rechten. Kann es sein, dass das deine verdrängte Enttäuschung darüber ist, dass sie in all den Jahren nicht mit dir in die Revolution für eine bessere Gesellschaft gezogen sind? Dass sie lieber das „bisschen Fussball“ (Wolf Biermann) vorgezogen haben und lieber auf die Werbung als auf dich gehört haben?
Positionen, wie sie Klaus-Jürgen Bruder vertritt, führen leicht dazu, Kritik an der Coronapolitik insgesamt zu diskreditieren. Wie schnell ist z.B. die letzte Stellungnahme des Netzwerks Evidenzbasierte Medizin, die zugegebenermaßen kein Meisterwerk war, teilweise auch fehlerhaft, von manchen Leuten, auch solchen, die ich sehr schätze, in die Nähe von Verschwörungstheorien gerückt worden. Jürgen Windeler hat das gestern in der Süddeutschen Zeitung zu Recht kritisiert. Wir brauchen einen breiten Diskurs, aber im Rahmen der Vernunft, auch wenn das dann nicht gleich zur Weltrevolution führt.
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