Risikokommunikation könnte man ganz einfach als Hilfe von Fachleuten für Laien bei der Bewertung von Risiken definieren. Rätselraten hat eher etwas damit zu tun, wenn Fachleute Laien über etwas, was sie selbst wissen, zum Spaß nur Hinweise geben, also die Hilfe etwas zurückhaltender ausfällt.

Vor ein paar Wochen hatte ich hier die irritierende „Unstatistik des Monats“ des von mir ansonsten sehr geschätzten Gerd Gigerenzer vorgestellt. Er hatte darin die Aussage zur Wirksamkeit des BioNTech-Impfstoffs risikokommunikativ zur Unkenntlichkeit entstellt. Vielleicht war’s auch der Praktikant.

Im Kern ging es darum, dass die absolute Risikoreduktion durch die Impfung gering ist. Das ist trotz beeindruckender absoluter Infektionszahlen bei recht geringen Prävalenzraten, also der aktuell Infizierten bezogen auf die Bevölkerung, zwangsläufig so. Wenn man von wenig den größten Teil wegnimmt, wird aus wenig halt noch etwas weniger. Wenn es aber nicht um wenig ginge, ginge es um viel. Eigentlich ganz einfach und darum sollte man das nicht unkommentiert in den Raum stellen – in dem Fall also die absolute Risikoreduktion durch die Impfung (derzeit klein) gegen die relative Risikoreduktion durch die Impfung (schon jetzt groß, wie auch bei höheren Infektionszahlen) in Stellung bringen.

Gigerenzer hat öffentlichkeitswirksam die von ihm genannten 90 % Impfstoffwirksamkeit des BioNTech-Impfstoffs (die relative Risikoreduktion) anhand der sehr kleinen absoluten Risikoreduktion relativiert. Viele Medien, selbst das Ärzteblatt, haben es kritiklos nachgedruckt. Gerd Gigerenzer ist eine Autorität. Den Menschen, die sich fragen, lohnt sich die Impfung für mich, hat er damit ein Rätelraten aufgegeben. Außerdem hat er, oder war’s der Praktikant, die Zulassungsstudien nicht gelesen, weil er das Ganze auch noch auf die Infektionen statt auf Erkrankungen bezogen hatte. Ob die Impfung vor Infektion schützt, wissen wir bis heute nicht.

Soviel zum Rückblick. Jetzt gibt es einen Korrekturhinweis bei der „Unstatistik des Monats“:

„Gegenüber der ersten Fassung der Pressemitteilung sind zwei Korrekturen eingefügt. Sie folgen beide aus der Tatsache, dass in den zitierten Studien nicht Covid-Infizierte, sondern Covid-Erkrankte betrachtet wurden:
– Statt „Angabe bezieht sich auf Anteil an Infizierten, nicht auf Anteil an Geimpften“ wurde die Zwischenüberschrift korrigiert auf „Angabe bezieht sich auf Anteil an Erkrankten, nicht auf Anteil an Geimpften“
– Entsprechend wurde auch im darauffolgenden Absatz geändert von „Sie ist eine relative Risikoreduktion, die sich auf die Zahl der Infizierten bezieht,…“ in „Sie ist eine relative Risikoreduktion, die sich auf die Zahl der Erkrankten bezieht,…““

Im letzten Absatz der „Unstatistik“ steht aber noch:

„Es ist auch wichtig zu verstehen, dass sich die von BioNTech und Pfizer berichteten „zu 90 Prozent wirksam“ auf die Reduktion von Infektionen, nicht von schweren Erkrankungen oder gar Todesfällen bezieht. Wir können nur hoffen, dass diese Reduktion in gleichem Maße auf schwere Erkrankungen durchschlägt, aber das wird in den derzeitigen Studien nicht untersucht.“

Hier beginnt für mich wieder ein neues Rätselraten. Wurde der Absatz bei der Korrektur vom Praktikanten vergessen, oder meint Herr Gigerenzer hier etwas, was ich nicht verstehe. Kann ja sein, er ist der Risikokommunikationsexperte, ich der Laie.

Zur Relativierung der 90 % gibt es keine Korrektur. Herr Gigerenzer und die Redaktion der „Unstatistik“ haben übrigens auf meine Anfrage dazu nicht geantwortet. Risikonichtkommunikation sozusagen, vielleicht ein neues Forschungsfeld.

Es kommt aber noch besser. Die 90 % sind andernorts von Gigerenzer rehabilitiert. Er ist Direktor des „Harding-Zentrums für Risikokompetenz“, einer inzwischen an der Uni Potsdam verankerten Einrichtung. Eine gute Einrichtung, ich will das Risiko eines Missverständnisses gleich präventiv durch klare Kommunikation minimieren.

Auf der Internetseite des Harding-Zentrums findet man „Faktenblätter“, ein seit ein paar Jahren gepflegtes Kurzinformationsformat in der Gesundheits- bzw. Risikokommunikation, damit auch Laien wie ich verstehen, worum es geht. Dort gibt es jetzt auch ein Faktenblatt zur mRNA-Schutzimpfung gegen COVID-19 für ältere Menschen, gemeinsam mit dem RKI erstellt.

Die Frage, „Wie viele [Ältere] erkranken an COVID-19?“ wird im Faktenblatt unter der Annahme, dass 200 von 1.000 erkranken würden, so beantwortet: Je 1.000 nicht geimpfter älterer Menschen 200, je 1.000 geimpfter älterer Menschen 20. Das ist sehr verständlich. Die relative Risikoreduktion, 180 von 200, sind wieder die 90 %, die wir schon aus der „Unstatistik“ kennen, nur ohne Prozente in absoluten Zahlen ausgedrückt. Gute Risikokommunikation. Hier gehen die 90 % also kritiklos durch. Zu Recht. Oder fast zu Recht. Denn den genannten Datenquellen zufolge müssten es die vielzitierten 95 % sein, von mir aus mit einem Cave versehen, weil man bei den Älteren keine ernstzunehmenden Infiziertenzahlen in den Studienarmen Impfung und Placebo hatte. Aber um 5 % will ich mich nicht streiten, das geht im Konfidenzintervall der Risikoreduktion bei den Älteren unter. Auch dass jetzt vom „Anteil unter der Geimpften“ die Rede ist: egal, Anteil ist Anteil, so genau muss man das vielleicht alles nicht verstehen.

Falls doch, bin ich verwirrt. Was will Gigerenzer Laien wie mir jetzt eigentlich über die Impfung mit dem BioNTech-Impfstoff sagen? Dass der Nutzen marginal ist, gemessen an der absoluten Risikoreduktion zum Zeitpunkt der Zulassungsstudien? Dass 90 % Impfstoffwirksamkeit deswegen eine falsche Information sind? Oder doch nicht, weil 90 % im Faktenblatt seines Risikokompetenzzentrums stehen? Oder dass die 95 % bei den Älteren falsch sind und 90 % richtiger wären, auch wenn es dafür keine Quelle gibt? Oder verstehe ich trotz bester Risikokommunikationsbemühungen von Gerd Gigerenzer etwas grundlegend falsch? Kann ja sein. Es ist eine Einladung zum Rätselraten. Und natürlich wie oft hier zur Risikokommunikation durch Rätselraten.

Kommentare (44)

  1. #1 Jolly
    2. Februar 2021

    Auch im dritten Absatz der Unstatistik steht noch “Die 90 Prozent beziehen sich nicht auf die Gruppe der Geimpften, sondern auf jene der Infizierten.” (statt zu enden mit ‘auf jene der Erkrankten’).

    Da war der Praktikant dran.

    Die Fehlerreduktion war nur zu 50 % wirksam (2 von 4). Da 26 Sätze an der Studie teilnahmen (incl. Überschriften) ergibt sich sogar nur eine absolute Fehlerreduktion von ca. 7,7 %.

    Der Unterschied zwischen relativer und absoluter Fehlerreduktion ist für viele Menschen schwer zu verstehen.

    • #2 Joseph Kuhn
      3. Februar 2021

      😉

  2. #3 Rob
    Oberland
    3. Februar 2021

    “unter der Annahme, dass 200 von 1.000 erkranken würden” – Woher stammt diese Zahl? Sie ist der Ausgangspunkt für alle folgenden Überlegungen, also muss sie doch begründet werden.

    • #4 Joseph Kuhn
      3. Februar 2021

      @ Rob:

      Nach dem Beispiel mit den 200 kommt das Gleiche mit der Annahme, dass sich 20 je 1.000 infizieren. Dabei geht nur darum, durch anschauliche Ausgangsdaten ein Gefühl für die Zahlenverhältnisse zu vermitteln, das ist m.E. ganz o.k.

  3. #5 hto
    3. Februar 2021

    @Rob

    FOLGENDE ÜBERLEGUNG – Wenn es sich mit dem Virus höchstwahrscheinlich so verhält, dass 1000 Infizierte, mit der Wirksamkeit im Laufe der Impfungen, alle mal mehr und/oder weniger erkranken, dann sollte man ANNEHMEN, daß sich unsere Art und garnicht Weise des “Zusammenlebens” GRUNDSÄTZLICH verändern muss, dann sind Zahlen und Statistiken …!? 🙂

  4. #6 hwied
    3. Februar 2021

    Die Bewertung von Risiken ist lebensnotwendig für Banken, Versicherungen und jetzt auch in der Gesundheitspolitik.
    Was die Kommunikation so erschwert , ist, dass prozentuale Aussagen zu 50 %iger Sicherheit falsch verstanden werden (können). Oder sind es 99 %.

    Ich bezeichne es jetzt mal als eine Unsitte, mit Prozentangaben zu argumentieren, wenn man es auch mit absoluten Zahlen könnte.
    Das Beispiel mit der Früherkennung von Brustkrebs, das hat viele Frauen verunsichert.
    Der Begriffsjungle hier bei Covid, der beflügelt die Impfgegner genauso wie die Impfbefürworter.
    Einer unserer Nachbarn der lässt sich nicht impfen, nur als Beispiel.
    Das Beispiel vom Faktenblatt zeigt, dass man verständlich erklären kann. Warum nicht immer so.
    Sind absolute Zahlen nur für Dummies?

  5. #7 Jolly
    3. Februar 2021

    @Joseph Kuhn

    Nach dem Beispiel mit den 200 kommt das Gleiche mit der Annahme, dass sich 20 je 1.000 infizieren.

    Das ist etwas verwirrend, weil 20 auch die Zahl der Erkrankten unter den Geimpften im ersten Beispiel ist. Die ergibt sich aufgrund der 90% Wirksamkeit der Impfung.

    Im Text wurde nur explizit auf die erste Faktenbox als pdf verlinkt. Man findet beide Szenarios mit kurzem Scrollen hier.

  6. #8 hwied
    3. Februar 2021

    Nachtrag zu 6
    Bei der Berechnung der relativen Risikoreduzierung begeht man eine mathematische Todsünde.Man rechnet nämlich % mal % und das ist mathematisch nicht definiert, also unzulässig.

    Wenn man die Berechnung in Dreisatzform darstellt, dann sieht man, dass mit % mal % gerechnet wird.
    1. Dreisatz 1000 Personen = 100 %
    200 Personen = 100 % /1000 mal 200 ( = 20%)

    Zwischenrechnung der relativen Risikoreduzierung 200 – ((100% mal 200 ) /1000) =180

    2. Dreisatz 200 Personen = 100 %
    180 Personen = (100% mal (200 -(100% mal 200/1000))/200

    Die Lösung ist 90 %

    • #9 Joseph Kuhn
      3. Februar 2021

      @ hwied:

      Ich möchte nicht wissen, wie Sie eine Glühbirne in die Lampe schrauben.

  7. #10 Jolly
    3. Februar 2021

    Todsünde

    % % = 0,1 ‰

    HTH

  8. #11 Uli Schoppe
    3. Februar 2021

    @hwied

    ich empfinde es als Unsitte mit absoluten Zahlen zu argumentieren. Absolute Zahlen sind für Doofe. Wenn wir das den Kindern nicht beigebracht haben haben wir was falsch gemacht.

  9. #12 RainerO
    3. Februar 2021

    @ Uli Schoppe

    Wenn wir das den Kindern nicht beigebracht haben haben wir was falsch gemacht.

    Dir sollte klar sein, dass hwied (aka Robert, aka ca. 20 andere Nicks) ein ehemaliger (u.a. Physik-)Lehrer ist, der es unzumutbar findet, der Dorfjugend Einstein näher zu bringen.

  10. #13 hwied
    3. Februar 2021

    Uli Schoppe,
    Bravo, der Retter der Elite.

    Jolly,
    Über Brüche gedacht, stimmt deine Lösung.. % mal % bleibt trotzdem nicht definiert.

    RainerO,
    Die Dorfjugend in Thüringen braucht Nachhilfe in Demokratie. Mit der Zeitdilatation bist du am falschen Ort.

    Herr Kuhn,
    ein Plus-Punkt für Sie. Innerhalb der 10 Sekunden-Grenze ist mir keine Antwort eingefallen.

  11. #14 borstel
    3. Februar 2021

    @ Uli Schoppe:
    Schon seit jahren wird auch in Fachzeitschriften empfohlen, zur Risikokommunikation und bei der Aufklärung von Patienten mit absoluten Zahlen zu arbeiten. Zumal ein Aufklärungsgespräch keine Schulstunde ist.

  12. #15 Herr ɟuǝs
    3. Februar 2021

    Hallo hwied, “% mal %” hinterließ Unklarheiten
    was wird aus 100%-10%-10% = 80% oder 81%

    ich bin auch für echte Zahlen für’s gemeine Volk 😉

  13. #16 Jolly
    3. Februar 2021

    @hwied

    % mal % bleibt trotzdem nicht definiert.

    Das ganze Internet habe ich abgesucht. Kein Gegenbeispiel gefunden. Danke mein Lehrer.

    Werde jetzt Hochprozentiges im Promille umwandeln.

  14. #17 PDP10
    3. Februar 2021

    Was ist wohl billiger?

    Erst den Sparpreis mit 25% Ermässigung bei der Bahn zu buchen und dann die Bahncard mit 50% Rabatt auf den Sparpreis anzuwenden oder erst die 50% mit der Bahncard und dann den Sparpreis von 25%?

    Ob da wohl eine Multiplikation drin steckt?

    Spoiler: Ja. Und Multiplikation ist kommutativ.

    Spoiler 2: Es würde mich nicht wundern, wenn Schüler, die hwied unterrichtet hat an dieser Aufgabe schon die Aufgabenstellung nicht verstehen würden …

    Spoiler 3: Dreisatz braucht dafür kein Mensch. Jedenfalls keiner, der jemals Verhältnisrechnung und damit auch Prozentrechnung kapiert hat. Dreisatz ist eins von den Dingen, die man in der Schule lernt, die vollkommen überflüssig sind.

  15. #18 Jolly
    4. Februar 2021

    @PDP10

    Schlechtes Beispiel, auch mit der Bahncard 50 bekommt man nur 25 % auf den Sparpreis.

    Das ist von der Bahn gut kommuniziert.

  16. #19 Herr Senf
    4. Februar 2021

    Warum wohl wird bei Rabatt-Aktionen immer nur 1 Rabatt akzeptiert?
    Weil die das an der Kasse mit 2fach-Prozenten nicht hinkriegen.

  17. #20 PDP10
    4. Februar 2021

    @Jolly:

    Schlechtes Beispiel, auch mit der Bahncard 50 bekommt man nur 25 % auf den Sparpreis.

    Nein.

    Aber selbst wenn:
    Stell dir einfach ein “angenommen man könnte” vor dem ersten Satz vor.

    Gutes Beispiel für Leute die Prozentrechnung verwirrend finden.

  18. #21 PDP10
    4. Februar 2021

    @Herr Senf:

    Warum wohl wird bei Rabatt-Aktionen immer nur 1 Rabatt akzeptiert?
    Weil die das an der Kasse mit 2fach-Prozenten nicht hinkriegen.

    Das ist so großer Unsinn, dass du eigentlich wissen müsstest, wie groß der Unsinn ist.

    Als ob das nicht über Barcodes und die Kassenprogrammierung geregelt würde …

  19. #22 Janos
    4. Februar 2021

    Wuuuuuhei Impfungen sind total harmlos.
    Bei den letzten Massenimpfungen tritt gehäuft Narkolepsie auf.
    Liegt es an den Impfungen oder dem Erreger?

    Nix genaues weiß man nicht.

    Ehm. Und genau deshalb ist diese ganz neue Impfung total sicher!!!!!!einself!!
    Weil … Weil das hat einer gesagt der Ahnung davon hat.

    Also wie das letzte Mal?

    • #23 Joseph Kuhn
      4. Februar 2021

      @ Janos:

      “Nix genaues weiß man nicht.”

      Doch. Die Phase-3-Studien mit vergleichsweise vielen Probanden existieren. Die Merkeldiktatur hat sie nicht erfunden.

      “Impfungen sind total harmlos … genau deshalb ist diese ganz neue Impfung total sicher”

      Wer behauptet das? Nicht einmal die Pharmaindustrie. 100 % Sicherheit gibt es nie. Die relevante Frage ist nicht “Total sicher” oder “Total unsicher”, das ist eine falsche 0-1-Alternative. Es geht um die graduelle Abwägung von Nutzen und Risiken, was Leute wie Sie aber nicht interessiert. Sie fahren ja bestimmt auch nicht Auto und gehen auch nicht ins Sonnenlicht? Oder würden Sie nur kein Auto benutzen, wenn es von der Pharmaindustrie käme?

      Nur mal zurückgefragt: Halten Sie Corona-Infektionen für “total harmlos”?

      “Bei den letzten Massenimpfungen tritt gehäuft Narkolepsie auf.”

      Das ist bekannt und war selbst hier schon vor langem Thema, stellen Sie sich nur vor! Der Schluss von damals auf die Corona-Impfung ist genauso klug wie der, von einem früheren Eisenbahnunglück darauf zu schließen, dass der Zug heute um 15.00 Uhr von München nach Berlin verunglücken wird. Warum schließen Sie nicht von der Masernimpfung darauf, dass auch hier nichts passieren wird? Das wäre übrigens genauso falsch wie Ihr Trugschluss.

      Es führt einfach kein Weg daran vorbei, die Wirksamkeit und Sicherheit von Arzneimitteln in Studien zu untersuchen und dann anhand der Daten Nutzen und Risiken abzuwägen. Aber Sie gehören ja sicher zu denen, die “selbst denken” und keine Studien brauchen. Den Zusammenhang zwischen Narkolepsie und Pandemrix haben Sie sicher auch selbst herausgefunden, ohne (Medienberichte über) Studien?

      Wussten Sie übrigens, dass weltweit gar nicht so wenig Menschen an der Schweinegrippe gestorben sind? Sie schlafen für immer. Ob sie vielleicht trotz des Narkolepsie-Risikos lieber geimpft worden wären?

  20. #24 Jolly
    4. Februar 2021

    @PDP10

    Nein

    Wohl:

    Bahncard 50 – Ihre Vorteile: 50 % Rabatt auf die Flexpreise sowie 25 % auf die Super Spar- und Sparpreise der Deutschen Bahn innerhalb Deutschlands für 1 Jahr

    Und dann:

    Stell dir einfach ein “angenommen man könnte” […] vor

    Selbst @hwied bestreitet nicht, dass Du richtig rechnest. Ich rechne ja auch so, und habe mich dadurch auf die falsche Fährte bringen lassen. Es wären, könnte man Rabatte von 25 % und 50 % kombinieren, 50 % (75 % des Preises) oder 75 % ( 50 % des Preises); die Klammer gelesen als ‘von’.

    Es gibt weder ein (50 % mal 75 %) des Preises noch ein 50 % des Preises mal 75 % des Preises. Letzteres wären ja auch Quadrateuro.

    Das gibt der Begriff Prozent nicht her: “Prozentangaben beschreiben Größenverhältnisse und beziehen sich dabei auf einen Grundwert” (Wikipedia).

    Ich finde übrigens beides sehr brauchbar in der Risikokommunikation, Prozentangaben und absolute Zahlen.

  21. #25 PDP10
    4. Februar 2021

    @Jolly:

    Ihre Vorteile: 50 % Rabatt auf die Flexpreise sowie 25 % auf die Super Spar- und Sparpreise der Deutschen Bahn innerhalb Deutschlands für 1 Jahr

    Ok. Dann ist das neu und du hast recht und ich nicht. Als ich das letzte mal allerdings exzessiv fernpendeln musste (das war 2012 und 2013) ging das noch, dass man die 50% auch auf Sparpreise bekam. Das habe ich damals viele dutzend male durch exerziert …

    Prozentangaben beschreiben Größenverhältnisse und beziehen sich dabei auf einen Grundwert

    Genau. Und was sind 50% von x? 0,5 * x. Und 25% von x? 0,25 * x.

    Kombinieren wir 25% vom Grundpreis (Ersparnis von 75%) und 50% Rabatt mit der Bahncard rechnen wir also:

    0,25 * 0,5 * X. Das ist gleich 0,5 * 0,25 * X weil Kommutativgesetz.

    Einfache Verhältnisrechnung.

    Ich finde übrigens beides sehr brauchbar in der Risikokommunikation, Prozentangaben und absolute Zahlen.

    Ich auch. Sofern man bei den Prozenten deutlich unterscheidet ob man Prozentpunkte meint oder eine relative Änderung in Prozent. Dann ist nämlich auch die Rechnung in #15 nicht mehr missverständlich.

  22. #26 hwied
    4. Februar 2021

    Jolly,
    Stichwort , relative Risikoreduktion. Die ist abzulehnen, weil sie missbraucht werden kann.
    5 % mal 5 % wären, wenn schon, 25 Quadrat%.
    Mein Zahlenbeispiel ist keine alternative Berechnungsmethode, sondern der Beweis, dass man mit % mal % rechnet, wenn man das Ergebnis in % angibt. Und das wiederum kann man als Argument anführen, wenn man die relative Risikoreduktion gesetzlich verbieten will. Die Bezeichnung 1 Pfund (Schweinefleisch) hat man ja auch verbieten können. Jetzt muss man 1/2 Kg sagen. Ist das besser ?

    Herr Senf ,
    sehr scharfsinnig. Bei der Addition und Subtraktion von Prozentangaben, da kommt es auf den Kontext an. Wenn nichts weiter angegeben ist würde jeder annehmen, dass sich die Prozentangabe auf den gleichen Grundwert bezieht. Lösung = 80%
    Wer als scharfsinnig erkannt werden will, der darf auch 81 % schreiben.

    • #27 Joseph Kuhn
      4. Februar 2021

      @ hwied:

      Hiermit erteile ich Ihnen die Genehmigung, Prozente eigenständig in Anteile von Hundert umzurechnen, z.B. 10 % in 10/100, und damit unter Einhaltung der üblichen Sorgfaltspflichten zu rechnen, ohne Quadrat-Prozente und dergleichen in Anschlag bringen zu müssen.

      Von einem gesetzlichen Verbot der Prozentrechnung möchte der Bundesausschuss zur Bewahrung des Prozentwertkulturerbes nach längerer Beratung Abstand nehmen.

      Ich bitte darum, das Thema damit als abschließend behandelt zu betrachten und zum Blogthema zurückzukehren oder von der Befugnis zum Schweigen Gebrauch zu machen. Danke.

  23. #28 hwied
    4. Februar 2021

    Herr Kuhn,
    Sie liegen selten daneben, diesmal doch. Es geht um die relative Risikoreduktion.
    Mein Vorschlag ist, solche Angabe gesetzlich zu verbieten. Der Begriff “relative Risikoreduktion” der darf keine Begründung sein für “Volksverdummung”.
    Die formal falsche Prozentrechnung dient nur als Argument, die relative Risikoreduktion als irreführend zu entlarven.

  24. #29 Joseph Kuhn
    4. Februar 2021

    @ hwied:

    Die relative Risikoreduktion ist gerade bei der Impfstoffwirksamkeit nicht irreführend, sondern informativ, weil sie die Schutzwirkung unabhängig von den momentanen Infektionszahlen ausdrückt.

  25. #30 hwied
    4. Februar 2021

    Kuhn,
    ich hatte Derartige schon vermutet. Ist es zuzumuten, das kurz zu erklären ?

  26. #31 hwied
    4. Februar 2021

    Nachtrag,
    schon verstanden, das wäre dann die erste Ableitung einer Wachstumsfunktion.

  27. #32 Karl Mistelberger
    mistelberger.net
    4. Februar 2021

    Grigerenzer schreibt:

    Im Studienprotokoll von Pfizer findet man die Definition der Wirksamkeit: Hierzu wird der Anteil der Covid-19-Fälle in der Impfgruppe dividiert durch den Anteil der Covid-19-Fälle in der Kontrollgruppe. Dieser Wert wird von 1 abgezogen und mit hundert multipliziert, so dass man es bequem in Prozenten ausdrücken kann. Daraus folgt, es muss in der Impfgruppe 8 Fälle und in der Placebogruppe etwa 86 Fälle gegeben haben, was einer Reduktion von rund 90 Prozent entspricht (bei den 95 Prozent waren es dann 8 versus 162 Fälle).

    Es ist auch wichtig zu verstehen, dass sich die von BioNTech und Pfizer berichteten „zu 90 Prozent wirksam“ auf die Reduktion von Infektionen, nicht von schweren Erkrankungen oder gar Todesfällen bezieht. Wir können nur hoffen, dass diese Reduktion in gleichem Maße auf schwere Erkrankungen durchschlägt, aber das wird in den derzeitigen Studien nicht untersucht.

    https://www.rwi-essen.de/unstatistik/109/

    Der Standard schreibt:

    Daten aus Israel zeigen hohe Wirksamkeit von Impfung

    Die wenigen trotz Impfung Angesteckten haben einen milden Verlauf. Auch die Virusweitergabe wird damit offenbar erschwert

    … Die wenigen Geimpften, die sich dennoch mit dem Virus infizierten, hatten überwiegend “sehr milde Symptome”, sagt Ekka-Zohar zum STANDARD. Viele hätten sich nur deshalb einem Test unterzogen, weil sie zuvor mit einer infizierten Person Kontakt hatten.

    Israel, das bisher nur auf Pfizer/Biontech setzt, ist mit seiner Impfkampagne so weit fortgeschritten, dass bereits 45 Prozent der über 60-Jährigen den vollen Impfschutz haben. Maccabi hat 246.000 davon untersucht. Nur 66 von ihnen wurden positiv getestet. “Das Ansteckungsrisiko ohne Impfung ist elf Mal höher als mit”, erklärt Ekka-Zohar. Die Effektivität wird daher auf 92 Prozent geschätzt. …

    https://www.derstandard.de/story/2000123788107/daten-aus-israel-zeigen-hohe-wirksamkeit-von-impfung

    FAZIT: Die Ergebnisse aus Israel bestätigen die Ergebnisse aus der Studie von Pfizer. Die von Grigerenzer geäußerten Befürchtung sind nicht eingetreten.

    PS: Die Überschrift “Risikokommunikation und Rätselraten” ist so überflüssig wie der darauf folgende Text.

  28. #33 Herr ɟuǝs
    4. Februar 2021

    Herr Mistelberger #32, häh?

    Es ist auch wichtig zu verstehen, dass sich die von BioNTech und Pfizer berichteten „zu 90 Prozent wirksam“ auf die Reduktion von Infektionen, nicht von schweren Erkrankungen oder gar Todesfällen bezieht. Wir können nur hoffen, dass diese Reduktion in gleichem Maße auf schwere Erkrankungen durchschlägt, aber das wird in den derzeitigen Studien nicht untersucht

    infizieren kann man sich doch trotzdem, hoffentlich nicht symptomatisch erkranken,
    weil gegen die Erkrankung das Immunsystem vorbereitet wird.

  29. #34 Monika Fischer
    4. Februar 2021

    Das Wissen um “die absolute Risikoreduktion” ist von sehr eingeschränktem Nutzen, da diese an Bedingungen der Studie (Länge des Beobachtungszeitraums, Prävalenz in diesem Zeitraum, weitere Umstände) gebunden ist – und nur in Relation dazu beurteilt werden kann. Die relative Risikoreduktion ist dagegen der Wert, der allein dem Impfstoff (der ja den Unterschied zwischen den untersuchten Gruppen ausmacht) zuzuschreiben ist. Jede noch so individuelle Impfentscheidung sollte ja nicht die Bedingungen der Studie, sondern die je gegebenen oder zu erwartenden Bedingungen berücksichtigen.

  30. #35 schorsch
    4. Februar 2021

    Ob H. Gigerenzer neben den gesetzlichen Pflichtversicherungen wohl auch privat Versicherungen abgeschlossen hat? Dürfte eigentlich nicht sein, denn nach seiner Mathematik wäre der Abschluß jeglicher Risikoversicherung wirtschaftlich absoluter Unfug.

    Wenn von 14 Mio. Hausbesitzern in Deutschland 12 Mio. eine Brandschutzversicherung abgeschlossen haben, bedeutet das dann, dass 12 Mio Hausbesitzer vor den wirtschaftlichen Schäden eines Brandes geschützt sind, die anderen zwei Millionen aber nicht?

    Zwei Millionen Hausbrände wären ein vielfaches der tatsächlichen Anzahl von Hausbränden in Deutschland, so Gigerenzer gegenüber dem Mitteilungsblatt der vorderpfälzischen Feuerwehren. Also kann das nicht gemeint sein.

    Das Einspringen der Versicherung bezieht sich nämlich nicht auf die Anzahl der Versicherten, sondern nur auf tatsächliche Schäden durch Hausbrände bei den Versicherten!

    Gigerenzers Vorschlag für das Verbot von Brandschutzversicherungen wegen offenkundiger wirtschaftlicher Unsinnigkeit fand beim zuständigen Landrat ein offenes Ohr.

  31. #36 hwied
    4. Februar 2021

    Der Begriff Risikoreduktion ist anfänglich unklar.
    Prozentuale Angaben kann man als Quotient betrachten oder als Differenz.
    Zweitens muss man auf den Alltagssprachgebrauch Rücksicht nehmen.

    Wenn in einem Laden steht ,alles um 10 % reduziert, dann weiß man, alles ist 1/10 billiger.
    Wenn steht um 50% reduziert, dann weiß man, es kostet die Hälfte, oder um die Hälfte weniger.
    Bei 90 % kann man schon die fehlenden 10 % berechnen und weiß den Preis.

    Bei der Wirksamkeit der Impfung wird angegeben 8 Geimpfte sind erkrankt gegen 86 Ungeimpfte.
    Also 8/86 ungefähr 1/10 oder 9 /100.

    Man kann also formulieren:
    1. Das Risiko zu erkranken ist 10 mal größer , wenn man nicht geimpft ist
    2. Von 100 Erkrankten waren 10 geimpft und 90 nicht geimpft.
    3. Das Risiko zu erkranken sinkt um 90 % wenn man geimpft ist. Das Restrisiko beträgt 10%

    Fazit: Die Erklärung , die Risikoreduktion beträgt 90 % ist verständlich.
    Auf jeden Fall suggerieren 90 % eine hohe Wirksamkeit.
    Denkt man stattdessen, ein Restrisiko von 10% bleibt bei den Geimpften, dann ist die Begeisterung für den Impfstoff gedämpft.

  32. #37 Uli Schoppe
    4. Februar 2021

    @RainerO

    Ich weiß wer hwied ist, keine Sorgen 😉

    @hwied

    Soso, ich denke elitär. Ich denke die Leererschaft hat total versagt. Grundlagen konnte mir meine Mutter mit 8 Jahren Volkschule beibringen:
    “Ich schliesse von einer Vielheit auf eine Einheit auf eine andere Vielheit” könnte Dir bekannt vorkommen. Man definiert die Begriffe und alle können das. Bei einer Klasse mit Schülern vom ersten bis achtem Schuljahr. Die Grundlagen der RT kann ich einem Kind das erst im Mai 16 wird erklären. Meine Tochter muss das nur hören wollen und verstehen wollen. Ich bin selbst Arbeiterkind, Sohn eines Metzgers und einer Metzgereifachverkäuferin. Was willst Du mir sagen?

  33. #38 hwied
    4. Februar 2021

    Uli Schoppe
    Das werfe ich dir vor :”Absolute Zahlen sind für Doofe. Wenn wir das den Kindern nicht beigebracht haben haben wir was falsch gemacht.”

    Zu Beginn meiner Schulkarriere habe ich auch Kinder auf Sonderschulniveau unterrichtet. Die können nichts dafür, dass sie nicht abstrakt denken können. Vergiss die nicht.

  34. #39 hwied
    5. Februar 2021

    XXX

    [Edit: Kommentar gelöscht. Machen Sie bitte mal etwas Pause. Danke. JK]

  35. #40 Karl Mistelberger
    mistelberger.net
    15. Februar 2021

    Apropos Senf:
    > #33 Herr ɟuǝs, 4. Februar 2021
    > Herr Mistelberger #32, häh? infizieren kann man sich doch trotzdem, hoffentlich nicht symptomatisch erkranken, weil gegen die Erkrankung das Immunsystem vorbereitet wird.

    Israel liefert die Daten nicht nur in einem weitaus grösseren Umfang, als sie in Studien nach der Zulassung sonst erhoben werden, sondern dank der Digitalisierung seines Gesundheitssystems auch schnell und zuverlässig.

    So gibt es mittlerweile erste Erkenntnisse über die Wirksamkeit des Impfstoffs. Dabei legte Maccabi, eine der vier gesetzlichen Krankenkassen, die erste Vergleichsstudie vor. Unter den 523 000 Versicherten, die bereits die zweite Impfdosis erhalten haben, steckten sich laut Maccabi lediglich 544 Personen oder 0,1 Prozent mit dem Virus an. Die Erhebung fand eine Woche nach der Verabreichung der zweiten Dosis statt. Das Ergebnis entspreche einer Wirksamkeit von 93 Prozent, teilte die Kasse mit. Die meisten Erkrankten hatten keine oder nur leichte Symptome. Lediglich 15 mussten im Spital behandelt werden, wobei nur vier von ihnen schwere Symptome zeigten. Keine einzige Person sei gestorben.

    https://www.nzz.ch/international/israel-hohe-wirksamkeit-des-impfstoffs-bestaetigt-sich-ld.1601541

  36. #41 Herr Senf
    15. Februar 2021

    lesen wir weiter 😉

    Eine Untersuchung des Technion – Israel Institute of Technology in Haifa kam zu dem Ergebnis, dass die Virenlast bereits 18 Tage nach Verabreichung der ersten Impfdosis sinkt. … Das Ergebnis weise aber darauf hin, dass Geimpfte, die sich infizierten, weniger ansteckend seien, …

  37. #42 Jolly
    22. Februar 2021

    Aus aktuellem Anlass habe ich nochmal nachgeschaut:

    Beim RWI ist das mit den Erkrankten (statt Infizierten) jetzt korrigiert.

    Beim Harding-Zentrum (hier) hat man es vorerst noch beim Alten belassen.

    Habe eine Mail geschrieben, aber eigentlich ist mir gar nicht klar, ob das noch wichtig ist. Ob sich da außer uns noch jemand für interessiert?

    Der Anlass war übrigens, dass heute auf Spiegel-Online ein Interview mit Gigerenzer veröffentlicht wurde (hinter Bezahlschranke). Der Titel fasst auch von mir gemachte Erfahrungen zusammen:

    »Viele Mediziner verstehen selbst grundlegende Statistiken nicht«

    • #43 Joseph Kuhn
      22. Februar 2021

      @ Jolly:

      “Ob sich da außer uns noch jemand für interessiert?”

      Ich fürchte nicht. Aber das macht das Ganze eigentlich nur umso interessanter. Für wen auch immer.

  38. […] es hier um den Unterschied zwischen absoluter und relativer Risikoreduktion beim Impfen, und um die Risikokommunikation, die damit möglich ist oder auch […]