Hier im Blog ist schon frühzeitig die Bedeutung einer breiteren, multiperspektivischen Diskussion der Corona-Politik hervorgehoben worden, wiederholt auch unter Hinweis auf die Papiere der Autorengruppe um Matthias Schrappe. Jetzt gibt es einen Ableger dieser Gruppe, bestehend aus Gerd Antes, dem früheren Direktor des deutschen Cochrane-Zentrums, Klaus Stöhr, früher bei der WHO Koordinator bei den Themen Influenza und SARS, sowie Matthias Schrappe und, mir bisher nicht bekannt, Andrea Knipp-Selke.
Die Vier haben eine „Info-Plattform Corona“ freigeschaltet und dort gestern ein Papier „Die „3. Welle“ verebbt“ mit epidemiologischen Überlegungen veröffentlicht. Vieles davon ist unstrittig, manches diskussionswürdig oder auch diskussionsbedürftig, aber eine Kernaussage irritiert doch sehr (Seite 32):
„Die vom RKI veröffentlichten Daten lassen es als wahrscheinlich erscheinen, dass die sog. ‚3. Welle‘ in hohem Maße durch eine Zunahme der Testhäufigkeit bei unter 20jährigen zu erklären ist“
Bei den Unter-20-Jährigen ist in der Tat mehr getestet worden, aber aus dieser Gruppe speisen sich weder die Intensivfälle noch die Sterbefälle. Erstere haben in der dritten Welle wieder deutlich zugenommen, Letztere etwas, trotz der vergleichsweise gut vorangekommenen Impfungen bei den alten Menschen.
Ich will der Gruppe nicht gleich vorwerfen, dass sie bei dieser Aussage kuhbahndnert, also die Epidemie als Testartefakt erklärt, aber erläutern sollte sie schon, wie sie es gemeint hat. Schade übrigens, dass sie mit keinem Wort auf die Methodenkritik an ihrem „Notification Index“ eingegangen ist, die Dagmar Pattloch vor einiger Zeit hier als Gastbeitrag veröffentlicht hat. Wer das RKI für dessen starke Fokussierung auf die 7-Tages-Inzidenz kritisiert, sollte auch offen für Methodenkritik an den eigenen Alternativen sein.
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