Das Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023 hat vielfältige Parteinahmen provoziert, manche auch einfältig, und manchmal hochgradig irritierend. Wie kommen beispielsweise Menschen, die sich ein Leben lang für Frauenrechte, gegen die Todesstrafe, für die Demokratie usw. eingesetzt haben, plötzlich dazu, Vergewaltigungen und brutalste Morde eines organisierten Mobs als Akt einer „Befreiungsbewegung“ zu verteidigen?

Jens Balzer, Wikipedia zufolge „Journalist, Musikkritiker, Comicszenarist und Sachbuchautor“, hat dazu bei Matthes & Seitz einen Essay „After Woke“ veröffentlicht, 105 Seiten für 12 Euro. Dazu hier wieder eine 7-Zeilen-Rezension (korrekterweise eine „7-Absätze-Rezension“, aber …):

Der Anlass

Jens Balzer formuliert seine Erschütterung durch das Massaker der Hamas, er spricht von einem „Zivilisationsbruch“ (S. 8) und bringt sein Unverständnis über viele Reaktionen im postkolonialen, queerfeministischen, „woken“ Milieu zum Ausdruck. Er zitiert dazu Äußerungen, die den Überfall der Hamas enthusiastisch begrüßen.

Die Diagnose

Die Gefühllosigkeit dieser „woken“ Stimmen sei verstörend und man könne „den Umgang der ‚woken‘, postkolonialen, queerfeministischen Linken mit dem Terrorangriff der Hamas kaum anders bezeichnen denn als moralischen Bankrott; es ist ein Bankrott, der die politische Integrität dieser Linken ebenso infrage stellt wie die Legitimität, mit der sie zuvor – in oftmals hohen moralischen Ton – rassistische, homophobe, misogyne Diskriminierungen kritisiert hat.“ (S. 15)

Die Vernunft des „Woken“

Die kritisierten Positionen sieht Balzer als diametral entgegengesetzt gegenüber dem ursprünglichen „woken“ Anliegen, nämlich sensibel gegen jedwede Diskriminierung zu sein. Dazu rekonstruiert er kurz die Geschichte des Begriffs „woke“, ausgehend von einer rassistischen Anklage 1931 gegen neun schwarze Jugendliche, die zwei Frauen vergewaltigt haben sollen und von denen acht zum Tode verurteilt wurden, ohne Beweise für ihre Schuld (S. 23 ff). „Stay woke“ habe auch dafür gestanden, darauf zu achten, was dem eigenen Verständnis widerspricht, sich zu hinterfragen, sich weiterzuentwickeln (S. 29). Balzer bringt das ursprüngliche Anliegen von „stay woke“ mit Habermas‘ Diskursethik in Verbindung (S. 30).

Woke-Kritik von der falschen Seite

Balzer verwehrt sich gegen rechte Rechthaberei, die sich nun darin bestätigt sieht, dass die „Woken“ schon immer verlogen waren und nur am eigenen Vorteil interessiert, und jetzt die konservative Weltsicht wieder in ihr Recht gesetzt sei (S. 33). Dieser Kritik gehe es gerade nicht darum, überkommene Ansichten zu hinterfragen, in Bewegung zu bleiben und so im Gespräch mit anderen die liberale Demokratie zu stützen.

Linker Antisemitismus

Der linke, queerfeministische und postkoloniale Antisemitismus gehe auf eine Zuordnung von Juden (und Jüdinnen) zu westlichen weißen Kolonisatoren und der Aufkündigung der Solidarität mit Juden als diskriminierter Gruppe zurück, sichtbar in Veränderungen der Positionen in der Black lives matter-Bewegung wie auch bei eigentlich antiessentialistischen Feministinnen wie Judith Butler. Es sei ein „Wahrheitsregime“ mit Priester:innen der Wahrheit auf der einen Seite und Sünder:innen auf der anderen entstanden (S. 51 ff).

After Woke

Nach Balzer kann die queerfeministische und postkoloniale Linke ihre moralische Legitimität nur zurückgewinnen, wenn sie wieder an den Ursprung des „woken“ Anliegens anknüpft. Nur so könne sie „wieder zu einem dringend benötigten (utopischen) Gegenentwurf werden zu den reaktionären Kräften des identitären Denkens, die sich gerade anschicken, die Herrschaft über die Welt zu übernehmen.“ (S. 90)

Fazit

Balzers Essay ist sehr klar in der Verurteilung von Rechtfertigungen für das Hamas-Massaker im linken politischen Spektrum und in der Forderung nach einer moralischen und politischen Neubesinnung in der „woken“ Szene. In dieser Fokussierung geht er nicht auf die falsche israelische Politik ein, die die Hamas erst stark gemacht, nachvollziehbar, das dazu Nötige kann man z.B. in Moshe Zimmermanns instruktivem Buch „Niemals Frieden?“ nachlesen. Ob allerdings ein Appell zur Neubesinnung in einer Wagenburg von selbstgerechten Wahrheitsbesitzern (und -besitzerinnen, natürlich) mit festem Feindbild Gehör findet? Balzer vergleicht die Äußerungen der „woken“ Hamasverteidiger mit der Dehumanisierungsrhetorik Ulrike Meinhofs (S. 10) – Appelle zum Innehalten haben bekanntlich bei der RAF nichts bewirkt. In das eigene Selbstverständnis eingewachsene Überzeugungen sind recht argumentationsresistent. Lesen? Lesen!

Kommentare (33)

  1. #1 SchmetterLinke
    9. September 2024

    “Schuld sind immer die Linken!”

    “Und die Schmetterlinge.”

    “Wieso die Schmetterlinge?”

    “Wieso die Linken?”

    • #2 Joseph Kuhn
      10. September 2024

      @ SchmetterLinke:

      Cave: Balzer gibt nicht “den Linken” Schuld und es geht auch nicht um Schuld. Es geht darum, warum Teile des postkolonialen und queerfeministischen Milieus (das traditionell links ist) ihre Wachsamkeit für Unmenschlichkeit verloren haben, darum, dass man nicht nach dem Motto “MeToo unless you’re a Jew” (Anastasia Tikhomirova) postkolonial und queerfeministisch sein kann.

      Rechter Antisemitismus und rechte Unmenschlichkeit werden demgegenüber nicht relativiert, aber Balzer stellt sich die Frage, wie es im postkolonialen und queerfeministischen Milieu mit seinen humanistischen Ursprüngen zu so einem moralischen Versagen kommen konnte – eine Frage, die sich mit Blick auf rechtsextreme Ideologien nicht stellt, da gehören sie zum Inventar.

  2. #3 hto
    wo der zeitgeistlich-reformistische Kreislauf ...
    9. September 2024

    Wenn man Caren Miosga gesehen hat, wo drei Kanaljen versucht haben Sarah Wagenknecht fertig zu machen und sie absolut NICHT ins Wanken kam, da bekommt die Bezeichnung “After Woke” ihre wirkliche Entsprechung.
    🙂

    • #4 Joseph Kuhn
      10. September 2024

      @ hto:

      Da ging der Versuch einer Entlarvungs-Show schief. Aber da Wagenknecht auch gerne hart austeilt, hält sich mein Mitleid in Grenzen, zumal sie sich ja vorteilhaft präsentieren konnte.

      Schade ist, dass Caren Miosga durch ihre Fixierung auf Entlarvung nichts Substantielles herausgearbeitet hat.

      Allerdings verstehe ich nicht, was die Sendung mit Balzers Buch zu tun hat. Eher läge es nahe, dass Sie sich fragen, ob Sie nicht einen ähnlichen Weg wie die postkoloniale und queerfeministische Linke gegangen sind: von einer ursprünglich humanistischen, emanzipatorischen Motivation hin zu einer menschenverachtenden und alle herabwürdigenden Einstellung.

  3. #5 hto
    wo der zeitgeistlich-reformistische Kreislauf ...
    10. September 2024

    @Kuhn: “… warum Teile des postkolonialen und queerfeministischen Milieus (das traditionell links ist) ihre Wachsamkeit für Unmenschlichkeit verloren haben, …”

    Da steckt doch die Antwort drin, denn die Globalisierung ist die Fortsetzung des Kolonialismus mit zeitgeistlich-reformistischen Methoden und heuchlerisch-verlogenen Toleranzen.

    • #6 Joseph Kuhn
      10. September 2024

      @ hto:

      “Da steckt doch die Antwort drin, denn die Globalisierung ist die Fortsetzung des Kolonialismus”

      Ob man die Globalisierung einfach als Fortsetzung des Kolonialismus interpretieren darf oder ob man damit Kraut und Rüben präsentiert, sei einmal dahingestellt. Aber egal, auch berechtigte Kritik an der Globalisierung erklärt nicht, warum Teile des postkolonialen und queerfeministischen Milieus die Grausamkeiten, brutalen Morde und Vergewaltigungen bei dem Hamas-Überfall regelrecht feiern.

      Und warum manche hier nicht einmal darüber reden wollen.

  4. #7 Naaja
    10. September 2024

    In der Diskussion fehlt der Blick auf die einzelnen Menschen. Auch die Palästinenser sind keine homogene Gruppe. Gerne wird ja vorgeschlagen, man solle die Hamas vertreiben. Das kann man auch de Russen in Bezug auf Putin vorschlagen, aber das wird wohl schwierig werden.

    • #8 Joseph Kuhn
      10. September 2024

      @ Naaja:

      Dass die Palästinenser eine homogene Gruppe seien, hat niemand behauptet, daher muss man hier auch nicht darüber diskutieren.

      Balzers Anliegen ist, um es noch einmal zu wiederholen: Wie konnte aus dem “woken” Impuls, der ursprünglich Wachheit gegen jede Form der offenen und versteckten Unmenschlichkeit war, bei einem Teil der postkolonialen und queerfeministischen Linken eine derartige Unsensibilität gegenüber der Grausamkeit des Hamas-Überfalls werden.

  5. #9 SchmetterLinke
    10. September 2024

    @ Joseph Kuhn

    tausende tote Zivilisten im Gazastreifen und Joseph Kuhn bemängelt die MORAL der Linken? (Pardon, das “moralische Versagen” “des postkolonialen und queerfeministischen Milieus (das traditionell links ist”)

    Wer von den “Postkolonialen” und “Queerfeministen” (was für QuatschWorte!) bombardiert Kinder?

    Wer von den “Postkolonialen” und “Queerfeministen” verhindert die Versorgung mit Hilfsgütern?

    Wer von den den “Postkolonialen” und “Queerfeministen” schickt Menschen auf eine endlose Flucht, die niemals Sicherheit gibt?

    Wozu die MORAL?

    – ist das einfach nur individuelle Blindheit?

    – oder ein Ablenkungsmanöver im Sinne der “Staatsraison”, der staatlich verordneten Blindheit?

    • #10 Joseph Kuhn
      10. September 2024

      @ SchmetterLinke:

      “Joseph Kuhn bemängelt die MORAL der Linken?”

      Nein. Kuhn hat ein Buch rezensiert.

      “Postkoloniale …Queerfeministen … was für QuatschWorte!”

      Es sind Selbstbezeichnungen von berechtigten gesellschaftskritischen Strömungen.

      “Wer von den “Postkolonialen” und “Queerfeministen” verhindert die Versorgung mit Hilfsgütern? ….”

      Das sind berechtigte Fragen, aber Balzer rechtfertigt nicht die israelische Reaktion. Steht auch in der Rezension. Wenn man sich damit auseinandersetzen will, lese man z.B. “Israel: Hamas Gaza Palästina” von Wolfgang Kraushaar oder das von mir in der Rezension genannte Buch “Niemals Frieden?” von Moshe Zimmermann. Ich rechtfertige die Brutalität der israelischen Kriegsführung auch nicht, daher muss man sie weder Balzer noch mir vorhalten.

      “Wozu die MORAL?”

      Ich zitiere noch einmal Anastasia Tikhomirova (die auch Balzer zitiert): “MeToo unless you’re a Jew” unterminiert das MeToo-Anliegen, es unterminiert die berechtigte postkoloniale Kritik, es unterminiert das queerfeministische Anliegen auf Vielfalt, es unterminiert die Kritik an der israelischen Kriegsführung im Gazastreifen. Die Menschenwürde gilt entweder universal oder gar nicht.

      Siehe auch Susan Neimans “Links ist nicht woke” oder Omri Boehms “Radikaler Universalismus”.

  6. #11 Staphylococcus rex
    10. September 2024

    Wo sind die “woken” Linken falsch abgebogen? Der Absatz “Die Vernunft des”Woken”” postuliert eigentlich ein anderes Herangehen an Fragen der Ungerechtigkeit. Aus meiner Sicht liegt dies daran, das die linken Theorien zu Wirtschaft, Staat und politischer Mitbestimmung sich in den letzten Jahrzehnten nicht substantiell weiter entwickelt haben. Der real existierende Sozialismus hat gezeigt, dass eine zentralistische Planwirtschaft auf Dauer unterlegen ist. Der real existierende Sozialismus hat gezeigt, dass die führende Rolle der (kommunistischen) Partei auf Dauer mit den Freiheitswünschen der Menschen unvereinbar ist. Gibt es neue Konzepte für ein funktionsfähiges linkes Staatswesen? Aus meiner Sicht absolute Fehlanzeige.

    Um die inhaltlichen und intellektuellen Defizite zu kompensieren setzt nach meiner Einschätzung die Linke auf das Bauchgefühl und auf das Konzept der “linken Identität”. Wenn Identitätspolitik aber als Ideologie gehandhabt wird und dazu führt, dass damit Denkprozesse beeinträchtigt werden, landet man ganz schnell in der Identitätsfalle. Wenn es dann heißt, Identität geht vor Nachdenken, dann führt dies zu den Fehlleistungen, die hier von jens Balzer und Joseph Kuhn beklagt werden.

    Ich sehe etliche Entscheidungen Netanjahus sehr kritisch (drüben bei CC gab es dazu in der Vergangenheit etliche Diskussionen). Aber die Hamas ist nun einmal keine Befreiungsorganisation, sondern eine islamistische Terrorgruppe, denen das Wohl der eigenen Zivilbevölkerung absolut egal ist. Der Angriff vom 07. 10. vorigen Jahres ist als Kriegserklärung zu werten und deshalb trägt die Hamas die volle politische Verantwortung für die aktuelle Gewaltspirale im Gaza-Streifen. Da gibt es nichts schönzureden.

  7. #12 Staphylococcus rex
    10. September 2024

    PS: Ohne Antworten auf die drängendsten Zukunftsfragen wird die Linke in Deutschland gerade zerrieben und muss sich entscheiden, ob sie als linker Flügel in die Sozialdemokratie zurück kehrt oder ob sie frei von inhaltlichen Beschränkungen ganz auf linke (pupulistische) Identitätspolitik setzt. Das Abschneiden des BSW ist Ausdruck dieser Entwicklungen. Ich hatte mein Aha-Erlebnis vor einigen Wochen, ein Wahlwerbespot im Radio klang nach Wortwahl, Ductus und Inhalt 100%-ig nach AfD, aber am Schluss kam die Auflösung, es war Wahlwerbung für BSW. Deshalb fällt es mir aktuell auch schwer, AfD und BSW zu unterscheiden, beide setzen nicht auf politische Inhalte, sondern auf rechte bzw. linke Identitätspolitik.

  8. #13 SchmetterLinke
    10. September 2024

    @ Joseph Kuhn

    es ist ein ABLENKUNGSMANÖVER angesichts der REALEN Grausamkeiten des Gazakrieges über die Moral von “Postkolonialen” und “Queerfeministen” zu urteilen.

    Ich diskutiere nicht über “Moral”. Diskussionen über Moral haben in der Regel nur ein Ziel: politisches Handeln zu verhindern, indem man erst gar nicht über Politik redet.

    Politik wäre: alles dafür zu tun, den Gazakrieg so schnell wie möglich zu beenden. Und dann ernsthaft über die Zukunft Israels nachzudenken: so wie es gerade läuft – über Jahrzehnte lief –, geht es sicher nicht weiter.

    Vielleicht sind Sie einfach völlig unpolitisch und haben Langeweile. Wenn nicht, stelle ich fest: Sie machen mit Ihrem LINKEN-bashing (Ihr Rumtrampeln auf “woke”, etc. ist nichts anderes) – absichtlich oder nicht – die Drecksarbeit der Rechten.

    • #14 Joseph Kuhn
      10. September 2024

      @ SchmetterLinke:

      “es ist ein ABLENKUNGSMANÖVER angesichts der REALEN Grausamkeiten des Gazakrieges über die Moral von “Postkolonialen” und “Queerfeministen” zu urteilen.”

      Es ist ein Ablenkungsmanover, angesichts der realen Grausamkeiten des Überfalls der Hamas nicht über die Moral von Teilen des postkolonialen und queerfeministischen Milieus zu diskutieren.

      “Ich diskutiere nicht über “Moral”.”

      Das würde ich an Ihrer Stelle auch noch nicht tun. Sie wissen alles und blicken durch, aber mit dem Lesen hapert es noch etwas. Wird noch. Sie schaffen das!

      “Politik wäre: alles dafür zu tun, den Gazakrieg so schnell wie möglich zu beenden.”

      Warum? Wenn es keine moralischen Gründe dafür gibt, z.B. das Leid der Menschen zu beenden, kann es doch so weitergehen?

      “Vielleicht sind Sie einfach völlig unpolitisch”

      Meinen Sie? Weil Sie auch mich schon durchschaut und entlarvt haben?

      “LINKEN-bashing (Ihr Rumtrampeln auf “woke”, etc. ist nichts anderes)”

      Wie gesagt, lesen, nachdenken, kommentieren.

      “Sie machen … – absichtlich oder nicht – die Drecksarbeit der Rechten.”

      Wäre ich dann, zumindest wenn ich es absichtlich mache, Sie haben mich ja schon entlarvt, “völlig unpolitisch”?

      Und könnte es sein, dass solche meinungsstarken, vor Selbstgerechtigkeit strotzenden und gnadenlos ausgrenzenden Kommentare wie die Ihren “das Drecksgeschäft der Rechten” machen? Genauso so funktioniert rechte Identitätspolitik – und übrigens auch die aller Gotteskrieger.

      Was ist übrigens die “Drecksarbeit der Rechten”? Zu sagen, dass man auch israelische Frauen nicht vergewaltigen darf, ihnen nicht den Bauch aufschlitzen darf, sie nicht lebendig verbrennen darf?

      Darüber wollen Sie nicht diskutieren, weil genau das politisches Handeln nahelegt, nicht verhindert, nur eben anderes Handeln als das, was Sie für richtig halten und Kraft ihres höheren Durchblicks auch glauben, ohne Rücksicht durchsetzen zu dürfen.

      Und wenn Sie so überzeugt von sich sind, warum verstecken Sie sich dann hinter einem Pseudonym? Stehen Sie doch mit Ihrer Person für Ihre Meinungen ein, das ist Demokratie.

  9. #15 RPGNo1
    10. September 2024

    @SchmetterLinke:

    “Sie machen … – absichtlich oder nicht – die Drecksarbeit der Rechten.”

    Das ist das typische Worthülsen-Sprech der identitätspolitischen/intersektionalen Aktivisten: Ich bin im Besitz der einzig wahren Wahrheit. Wer nicht für mich ist bzw. meine vorgeblich “links-progressiven” Ziele unterstützt, ist gegen mich, also rechts/AfD-Sympathisant/ Nazi/etc pp.

  10. #16 rolak
    10. September 2024

    etc pp.

    Der Anfang der (und,also)*-Kette ist bei Deiner Aufzählung wohl unter den Tisch gerutscht, RPGNo1: ‘hat umfassend und grundlegend unrecht’.
    Das scheint zwar doppelt gemoppelt nach dem ‘einzig wahr’, doch letzteres wird ja nur gelebt, nicht vorab postuliert.

  11. #17 Naaja
    10. September 2024

    Recht haben kann in solchen Konflikten niemand. Man kann natürlich die Toten, Verletzten und Vertriebenen zählen und überlegen, ob diese Zahlen noch angemessen sind.

    Ich sehe keine Lösung, außer durch Verständigung, wie ein Zusammenleben möglich sein soll. Wenn man das nicht will, wird man sehen, dass in unserer technisierten Welt mit, z. B. bewaffneten Drohnen, ein Zusammenleben nicht mehr möglich sein wird.

  12. #18 Staphylococcus rex
    11. September 2024

    In meinem Sprachverständnis sind Wokismus und linke Identitätspolitik als Synonyme zu betrachten. Leider sind selbst Vertreter der Ampel hier kein gutes Vorbild. Frau Baerbock vertritt die Positionen der “feministischen Außenpolitik”. Es gibt sogar einen Wikipedia-Artikel zu diesem Begriff:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Feministische_Au%C3%9Fenpolitik

    Nur fühle ich mich nach dem Durchlesen dieses Artikels keinen Deut klüger, wie man damit praktische Außenpolitik betreiben kann. Für mich besteht die Beschreibung in diesem Wikipedia-Artikel zu 80% aus Identitätspolitik und zu 20% aus allgemeinen humanistischen Idealen.

    Ich habe kein Problem damit, dass eine Frau Außenministerin ist und dass sie ihrer Tätigkeit ihren persönlichen Stempel aufdrücken möchte. Ich erwarte aber von ihr so viel Professionalität, dass sie auf derartige Worthülsen verzichtet und direkt die Werte und Prinzipien kommuniziert, für die sie eintritt.

    • #19 Joseph Kuhn
      11. September 2024

      @ Staphylococcus rex:

      “In meinem Sprachverständnis sind Wokismus und linke Identitätspolitik als Synonyme zu betrachten.”

      Fragwürdig. Es gibt viele Spielarten “linker Identitätspolitik”, harmlose, aber auch solche mit tödlichen Folgen. Je nachdem, wie man den Begriff fasst, fallen auch Massenmorde unter Stalin, Mao oder der Roten Khmer darunter. Das hat mit “woke” nichts zu tun, wohl aber mit dem Umkippen von eigentlich emanzipatorischen Weltanschauungen über eine “Der Zweck rechtfertigt die Mittel”-Rhetorik in mörderische Ideologien. Im Unterschied dazu hat rechte Identitätspolitik in der Regel keinen emanzipatorischen Ursprung, sondern war von Anfang an diskriminierend angelegt, z.B. völkisch.

      In Balzers Buch wird, sofern ich es nicht überlesen habe, nicht explizit die Hufeisentheorie bemüht, aber er bezeichnet die Hamas als “islamofaschistisch”. Darüber, ob der Faschismusbegriff hier passt, kann man auch wieder streiten. Weniger darüber, dass man nicht einerseits – zu Recht – das Leid der Bevölkerung in Gaza anprangern kann, andererseits das Massaker vom 7. Oktober bejubeln. All lives matter.

  13. #20 Jolly
    11. September 2024

    @SchmetterLinke

    Sie machen mit Ihrem LINKEN-bashing (Ihr Rumtrampeln auf “woke”, etc. ist nichts anderes) – absichtlich oder nicht – die Drecksarbeit der Rechten.

    Es erscheint mir so, dass Sie gerade – absichtlich oder nicht – die Drecksarbeit der Hamas machen. Zählen die nicht auch zu den Rechten?

  14. #21 RPGNo1
    11. September 2024

    Zählen die nicht auch zu den Rechten?

    Ja.

    Die Hamas hat diese Pseudo-»Dekolonisierung« in Form des Massenmords samt Massenvergewaltigung an vor allem jüdischen Zivilist:innen weltweit bei Muslimen wie bei Linken vermarktet. Mit verstörendem Erfolg. Die Hamas folgt einer zutiefst rechtsextremen Ideologie.

    https://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/mordanschlag-in-solingen-diesmal-koennte-sich-tatsaechlich-etwas-aendern-kolumne-a-7a954bd2-b496-4fe4-8900-f2755743c3d3

  15. #22 hto
    11. September 2024

    @Kuhn: “… wohl aber mit dem Umkippen von eigentlich emanzipatorischen Weltanschauungen in mörderische Ideologien.”

    Immer wieder lustig, vor allem mit dem Umkippen, von “demokratisch”-globalisierenden Weltanschauunngen in “Entwicklungshilfe” und Waffengeschäfte, eigentlich!?

    • #23 Joseph Kuhn
      11. September 2024

      @ hto:

      “Lustig” ist das nicht, aber es gehört auch dazu. Schlimmer noch, oft genug wurden mit “freedom and democracy” hegemoniale Bestrebungen verdeckt, Regimewechsel gerechtfertigt, Kriege begründet. In der Folge meinen heute alle möglichen Autokraten und Staatsmörder, Menschenwürde und Menschenrechte als westliches Instrument zur Einmischung in ihre inneren Angelegenheiten abtun zu dürfen. Ob die Ermordeten es auch so sehen, fragt keiner.

      Jetzt denken Sie einmal über Ihre “Lustig”-Bemerkung nach: Wenn Sie – zu Recht – den Missbrauch demokratischer Werte für wirtschaftliche oder militärische Interessen kritisieren, sind Sie dann gut beraten, ausgerechnet damit das Umkippen von eigentlich emanzipatorischen Weltanschauungen in mörderische Ideologien zu relativieren?

      Ihre anderen Kommentare habe ich wieder im Spamfilter gelassen.

  16. #24 Staphylococcus rex
    11. September 2024

    @ Joseph Kuhn, Danke für den Hinweis. Ich sollte es besser vielleicht so formulieren, Wokismus als Ideologie führt zwar immer in die Richtung linke Identitätspolitik und kann ggf. als Teilmenge linker Identitätspolitik und als deren aktuelle populistische Spielart betrachtet werden, ist aber nicht identisch.

    Das BSW ist zwar eine deutsche Erfindung, aber ich vermute, es gibt in Europa ähnliche Entwicklungen, ich denke dabei an die 5Sterne Bewegung in Italien, müßte mich hier aber noch tiefer belesen.

  17. #25 hto
    11. September 2024

    @Kuhn

    Nichts und niemand kann sich in dieser verachtens- und menschenUNwürdigen Welt- und “Werteordnung” von/zu wettbewerbsbedingter Symptomatik emanzipieren, das zeigt sich auch im Verkommen und der Unterdrückungsmöglichkeit der einen im Grunde menschenwürdigen Ideologie. Und wenn man meine anderen dazugehörigen Kommentare zu lesen bekommt, dann zeigt sich wie wenig Lust ich auf den ganzen herkömmlich-gewohnten Dreck drumherum habe.

    • #26 Joseph Kuhn
      11. September 2024

      @ hto:

      Die Erde ist ein Jammertal und es gibt kein richtiges Leben im Falschen. Kann man so sehen. Aber daraus folgt nicht, achselzuckend dem Sterben in Nahost (oder anderswo) zuzusehen. Schon gar nicht folgt daraus, es gutzuheißen und das auch noch für links zu halten.

  18. #27 hto
    11. September 2024

    @Kuhn

    Also willst Du mir in plumpem Populismus/Kadavergehorsam wie Caren Miosga unterstellen, dass ich die Gewalt gutheiße?

    Ich kann die Gewalt verstehen, aber ich bin mit “Links” auch böse, weil sie sich, anstatt als bessere/alternative “Expertise” der wettbewerbsbedingt-konfusen Symptomatik (denn das ist fachidiotisch/systemrational-bewusstseinsbetäubt), deutlich mehr und somit als unkorrumpierbar zu leichtfertiger Kompromissbereitschaft zum “Monopoly”, besser konsequent zu Enteignung/Reprivatisierung und Kollektivierung für ein globales Gemeinschaftseigentum OHNE wettbewerbsbedingte Symptomatik, also OHNE den Stumpf-, Blöd- und Wahnsinn in “Wer soll das bezahlen?” positionieren sollten, also für eine Weltordnung OHNE Steuern zahlen, usw., auf der Basis eines UNKORRUMPIERBAREN Menschenrechts zu KOSTENLOSER Nahrung, MIETFFREIES (Sozial-)Wohnen und ebenso KASSENLOSER Gesundheit, OHNE heuchlerisch-verlogene “Ökonomie” von/zu unternehmerischen Abwägungen.

    Wie Du nun wieder einmal sehen kannst zucke ich auch nicht mit den Achseln!?

    J.K.: “Die Erde ist ein Jammertal und es gibt kein richtiges Leben im Falschen.”

    – Kommt Dir das nicht blöde vor, eigentlich?

    • #28 Joseph Kuhn
      11. September 2024

      @ hto:

      “Also willst Du mir in plumpem Populismus/Kadavergehorsam wie Caren Miosga unterstellen, dass ich die Gewalt gutheiße?”

      Schon Ihre Kommentare sind eine Form von Gewalt – gegenüber der Logik, aber auch gegenüber Leser:innen hier, die glauben, dass Diskussionen ein Thema weiterbringen sollten. Aber ich nehme gerne zur Kenntnis, dass sie gerade friedfertig gestimmt sind. Teilen Sie gerne mit, wenn Sie wieder den Weltuntergang herbeiwünschen.

      “J.K.: “Die Erde ist ein Jammertal und es gibt kein richtiges Leben im Falschen.” Kommt Dir das nicht blöde vor, eigentlich?”

      Sollte es? Der erste Teil ist ein religiöses Motiv, der zweite ein Satz von Adorno. Beides zusammen eine Paraphrasierung ihres Satzes “Nichts und niemand kann sich in dieser verachtens- und menschenUNwürdigen Welt- und “Werteordnung” von/zu wettbewerbsbedingter Symptomatik emanzipieren”.

      “eine Weltordnung OHNE Steuern zahlen, usw., auf der Basis eines UNKORRUMPIERBAREN Menschenrechts zu KOSTENLOSER Nahrung, MIETFFREIES (Sozial-)Wohnen und ebenso KASSENLOSER Gesundheit”

      Das Paradies auf Erden würde manche Diskussion zur Verbesserung der Verhältnisse überflüssig machen, gewiss. Bitte schicken Sie konkrete Vorschläge zum Umsetzung an das Bundeskanzleramt, Willy-Brandt-Straße 1, 10557 Berlin. Vielen Dank.

      Und mir könnten Sie eventuell noch mitteilen, was das jetzt mit Jens Balzers Buch zu tun hat.

  19. #29 hto
    wo Linksbashing ...
    11. September 2024

    @Kuhn: “Und mir könnten Sie eventuell noch mitteilen, was das jetzt mit Jens Balzers Buch zu tun hat.”

    Dazu kann ich Dir folgendes raten:
    Lies nochmal #2 und überdenke das mit “Schon gar nicht folgt daraus, es gutzuheißen und das auch noch für links zu halten.”

    “Lesen? Lesen!”

    – Das ist jetzt ja wohl nur noch …!? 😉

    • #30 Joseph Kuhn
      11. September 2024

      @ hto:

      Da mich Ihre Gedankenweite wieder einmal überfordert, danke ich Ihnen, dass Sie so viel Geduld mit mir aufgebracht haben. Weitere Gedanken will ich Ihnen aber fürs Erste nicht abverlangen. Alles Gute! Und vergessen Sie die Post ans Kanzleramt nicht.

  20. #31 Staphylococcus rex
    11. September 2024

    @ hto, die Menschen hatten vor der neolithischen Revolution die perfekte Gesellschaft, kostenlose Nahrung (man musst sie “nur” sammeln oder jagen), mietfreies Wohnen (in einer Höhle oder unter einem selbst gebauten Unterschlupf aus Zweigen und Blättern), kassenlose Gesundheitsversorgung durch den Medizinmann (oder Schamanen), keine heuchlerisch-verlogenen Unternehmer.

    Warum wohl sind die Menschen diesem “Paradies” entflohen und haben vom Baum der Erkenntnis gekostet? (Bitte keine langen Antworten, das war eine rhetorische Frage.)

  21. #32 Das ist das typische Worthülsen-Sprech der identitätspolitischen/intersektionalen Aktivisten
    23. September 2024

    XXX

    [Edit: Kommentar gelöscht. Bitte Netiquette beachten. Danke. JK]

  22. #33 Joseph Kuhn
    2. Oktober 2024

    Kurzfassung

    https://www.blaetter.de/ausgabe/2024/oktober/ein-jahr-7-oktober-ist-die-woke-linke-noch-zu-retten

    In dem Artikel weist Balzer auch noch einmal auf die eigenartige Essentialisierung jüdischer Diasporaerfahrungen durch Judith Butler hin, er zitiert sie mit dem Satz
    “[I]n diesem Sinne heißt Jude ‘sein’, sich von sich selbst zu trennen.” Butler will das zwar positiv verstanden wissen, gegen das angeblich identitäre zionistische Projekt des Staates Israel, aber letztlich ist es nur die Rückseite eines alten antisemitischen Topos: Der entfremdete Jude, der keine Wurzeln in eigenem Boden hat, daher immer anders bleibt, “Wirtsvölker” braucht und diese sich anverwandelt. So bestimmte z.B. schon C.G. Jung in seinen peinlichen rassistischen Äußerungen das vermeintliche Wesen von Juden. Seltsam, dass Butler auch da landet.