Die Frage, ob es unter den Querdenkern welche gibt, mit denen man reden kann, und falls ja, wie, war hier immer wieder mal Thema. Nicht immer gelingen Gespräche über Abgründe des Gegensätzlichen hinweg, auch bei anderen Themen nicht. Aber manchmal sind zumindest die Voraussetzungen besser. Beispielsweise haben David Klemperer und Andreas Sönnichsen gemeinsame Zeiten im Netzwerk Evidenzbasierte Medizin und ihr Kontakt ist nie ganz abgerissen. Vor einiger Zeit hatte Andreas Sönnichsen dann David Klemperer eingeladen, bei einer Tagung seines Vereins „Gesundheit für Österreich“ am 23. und 24.11.2024 einen Vortrag zu halten. David Klemperer hat die Einladung angenommen und gibt hier einen kurzen Tagungsbericht:

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Kongress „Gesundheit braucht Augenhöhe“
Gastbeitrag von David Klemperer

Am 23. und 24.11.2024 fand im Rahmen der „Wiener Gesundheitstage“ ein Kongress „Gesundheit braucht Augenhöhe“ statt, veranstaltet vom Verein „Gesundheit für Österreich – Verein zur Förderung der biopsychosozialen Gesundheit“, nicht zu verwechseln mit Gesundheit Österreich, dem nationalen Forschungs- und Planungsinstitut. Etwa 200 Menschen haben an der Tagung teilgenommen, nach meinem Eindruck die Hälfte Akademiker:innen.

„Gesundheit für Österreich“ wurde während der COVID-19-Pandemie gegründet. Vorsitzender ist Andreas Sönnichsen, ein bekannter Querdenker. Mitglieder des Vereins und Teilnehmer:innen der Gesundheitstage sind vorwiegend Menschen, die sich während der Pandemie getroffen haben, um sich über ihre Verletzungen und Kränkungen durch staatliche Maßnahmen, die Einschränkungen ihrer persönlichen Freiheiten und die empfundene Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäußerung auszutauschen. Das Gefühl der Kränkung scheint ein festes Band zu sein, so zumindest mein – natürlich subjektiver – Eindruck durch zahlreiche Einzelgespräche. Unter den Referent:innen waren sowohl bekannte Querdenker als auch Kritiker:innen der Coronapolitik wie Gerd Antes, Ingrid Mühlhauser oder Gabriele Meyer, die anders als Andreas Sönnichsen nach wie vor im Netzwerk Evidenzbasierte Medizin aktiv sind.

Tatsächlich ging es in Österreich autoritärer und rigider zu als in Deutschland. So beschloss der Nationalrat noch im Januar 2022 eine allgemeine Impfpflicht. Ärzt:innen, die sich öffentlich gegen die COVID-19-Impfung aussprachen wurden – und werden teils noch – von der Österreichischen Ärztekammer mit Disziplinarmaßnahmen verfolgt, manche fühlten sich existentiell bedroht.

Dies dürfte der Hintergrund dafür sein, dass in dieser Gruppierung jede Form von Querdenk-Narrativ vertreten ist und Applaus findet. Eine Auswahl im Telegrammstil: Pandemie gab es nicht, alles eine Inszenierung, Virus ungefährlich, im Labor hergestellt, Lockdown ist Terror und Folter, COVID-19-Impstoffe töten, Impfpflicht diktatorisch, Regierung korrumpiert und faschistisch.

Die bekannt rechtsradikale FPÖ unterstützt die Anliegen des Vereins und bietet sich so als natürlicher Bündnispartner an. Mit ihr aufzutreten und in rechtsradikalen Medien zu publizieren, wird daher vom Verein als völlig ok angesehen, keinesfalls sei man aber rechtsradikal. Die Referent:innen der Gesundheitstage boten dem Publikum in erster Linie Bestätigung. Widerspruch habe ich kein einziges Mal wahrgenommen, auch nicht bei Feststellungen wie: “Pflanzen sind Individualisten, sie lassen sich nicht in ein Schema pressen, ich muss mir Zeit nehmen und Kontakt zu ihnen aufnehmen“. Der Autor dieser Zeilen war vom Veranstalter als bekannter Kritiker des Querdenkens zu einem Vortrag eingeladen („Kognition und Krise“). Autor und Vortrag wurden trotzdem freundlich aufgenommen. Der im Vortrag angeregte Brückenbau dürfte aber schwierig werden, denn Aufgabe oder Korrektur grundlegender Elemente des Querdenk-Narrativs würden Selbstverständnis und Existenz des Vereins gefährden.

Insofern war es zwar ein „Gespräch auf Augenhöhe“, aber vermutlich auch ein Gespräch aneinander vorbei. Das in manchen Querdenkerkreisen unversöhnlich vorgebrachte „Ich will Handschellen klicken hören“ hat in Wien keine relevante Rolle gespielt, die Zeit scheint jedoch trotzdem noch nicht reif für Brücken zueinander.

Kommentare (4)

  1. #1 hto
    26. November 2024

    Mit Querdenkern zu reden, macht erst Sinn, wenn man ihnen, zumindest gedanklich, schon mindestens einen Schritt voraus ist, ansonsten bleiben die nämlich in der Spur die wir alle kennen, mitverantworten und mit heuchlerisch-verlogener Schuld- und Sündenbocksuche versuchen von uns zu weisen!?

    Und weil es soviel Querdenker gibt die wirklich nur denken und dann einfach in ihren Gewohneiten weiter machen, sollte man immer mit der Spitze der Querdenker anfangen, aber … 😉

  2. #2 hto
    26. November 2024

    “Tatsächlich ging es in Österreich autoritärer und rigider zu als in Deutschland.”

    Oder: Es ging, entsprechend der Regeln von Verantwortungsübertragung für die “Demokratie”, konsequenter, mutiger und verantwortungsbewusster zu?

    “… die Zeit scheint jedoch trotzdem noch nicht reif für Brücken zueinander.”

    Ohah, wie schlimm/konfuser soll es denn noch werden?

  3. #3 Volker Birk
    https://blog.fdik.org
    26. November 2024

    Die bösen Querdenker 😉 Die auch noch recht haben, wie inzwischen nicht nur der RKI-Leak belegt, sondern wie auch unmissverständlich durch die freigeklagten Kanzleramtsprotokolle belegt ist.

    Da wollen die Handschellen klicken hören, nur weil dort Verbrechen belegt sind.

    “Wir werden uns viel zu verzeihen haben”, jaja. Oder vielmehr, der Querdenker wie Ballweg wird dem Unrechtsstatt, der gegen ihn politische Justiz ausübt, viel zu verzeihen haben.

    Die Belege weiter zu ignorieren wird jedenfalls auch keine Brücken bauen. Und bei den Milliardenschäden und den ganzen körperlichen Schäden durch den Betrug ist auch nicht zu erwarten, dass es einfach so weggeht.

    Was machen wir da nur? 😉

  4. #4 RPGNo1
    26. November 2024

    Jo, Volker, du gehörst in diese Gruppe, weil du wie ein Papagei den immer wieder gleichen längst widerlegten Unsinn wiederholst.