Überraschter Blick von mir, dann dämmernde Erkenntnis. Giulia muss lachen.

G. E.: Wir denken oft viel zu statisch, zu wenig organisch. In einem lebenden Organismus ist aber nichts statisch, sondern alles im Fluss. Unsere ausschließlich rationalen Erklärungsansätze und –modelle geben kein naturgetreues Abbild des Organismus wieder, sie bilden nur eine rationalisierte Momentaufnahme ab. Wenn man lebende Menschen betrachtet, reicht diese absolute Rationalität manchmal nicht aus, weil sie das Wesen des Lebens nicht vollständig abbildet.
Außerdem ist eine ausschließlich rationalisierte Sicht auf den Körper, die viele Ärzte für professionell halten, für Patienten oft nicht so gut. Es wäre oft besser, auch etwas Emotionales mit einfließen zu lassen und dem Patienten eine positive Aufmerksamkeit zu schenken. Wenn ein Arzt also nicht nur sieht, was „krank“ oder „reparaturbedürftig“ an einem Menschen ist, sondern diesem auch weiterhin ein positives Körpergefühl vermittelt. Eine sachlich fundierte Meinung und eine positive Emotion gleichermaßen helfen bestimmt vielen Menschen, besser mit ihrer Erkrankung und ihrem erkrankten Körper umzugehen. Und sich selbst eher anzunehmen. Ein besseres Körpergefühl ist wichtig für das persönliche Wohlbefinden.
Durch den starken Stress etwa im Krankenhaus können Ärzte diese positive Aufmerksamkeit oft nicht mehr geben, das ist schlecht – für Ärzte und Patienten.“

meertext: „Haben die Menschen früher gesünder gegessen?“
G. E.: „In der heutigen Ernährung haben wir ein paar Dinge wegrationalisiert, die sehr gut für uns waren. Zum Beispiel Sauerkraut! Das enthält viele Vitamine und gute Bakterien. Im Winter wurde das früher dauernd gegessen und war eine richtige Darmflora-Kur.
Heute essen wir stattdessen lieber … Maracuja aus Südamerika. Oder anderes – weil ja fast alles ständig erreichbar ist. Die  Maracuja enthält zwar auch viele Vitamine, aber eine ganze Menge anderer Bestandteile eben nicht!
Dazu kommt, dass wir heute viele verarbeitete Lebensmittel essen, das führt zu einem Mangel an Ballaststoffen. Wir ernähren uns so, dass es sich schnell lecker und genug anfühlt, weil die Nahrung im Körper schnell verarbeitet wird. Der Dickdarm aber geht dabei oft leer aus, es entsteht ein regelrechter Verteilungskampf.
Früher wurde eher anders gegessen, vor allem weniger stark verarbeitete Nahrungsmittel, die haben auch länger satt gemacht. Da hatte der ganze Darm was zu tun und war insgesamt länger beschäftigt.“

meertext: „Welche unmittelbaren Folgen hatte der Bucherfolg für Dich und Dein Leben?“
G. E.: „Ich möchte gern weiterhin schreiben und den Menschen erklären, wie schön der Körper ist.
Und dass sie ihren Körper gut behandeln und ihm eine positive Aufmerksamkeit schenken sollten … aber das wird nicht mein Beruf werden.
Keinesfalls möchte ich eine öffentliche Person werden. Die öffentliche Aufmerksamkeit, die ich wegen meines Buches bekommen habe, war o. k. Ich habe mich darüber gefreut und es blieb meistens im Rahmen. Es hatte aber auch ein paar unschöne Seiten. Nicht so schön war, dass Medienleute meine Oma angerufen haben, um aus ihr private Daten und Informationen über mich herauszuholen. Das finde ich nicht o. k.“

meertext: „Wie geht es nun für Dich nach dem Buch weiter?“
G. E.: „Nach dem Buch muss ich jetzt zu mir selbst zurückkommen. Schließlich habe ich ja noch ein Studium abzuschließen.
Das Buch habe ich auf der Basis dessen geschrieben, was man in den wissenschaftlichen Publikationen so nachlesen kann.
Erstmal möchte ich jetzt am Patienten arbeiten. Mir fehlt noch die praktische Erfahrung, ich muss mein Handwerk lernen. Darum möchte ich natürlich unbedingt die Facharztausbildung machen – mein Spezialgebiet, die Gastroenterologie gehört zur Inneren Medizin.
Als nächstes stehen erst einmal drei Famulaturen an, das Chirurgie-Blockpraktikum und ein paar andere Blockpraktika. So werde ich nun also für die nächsten 5 Monate voll im Krankenhaus arbeiten, danach geht es dann an das Staatsexamen. Danach kommen das PJ und vielleicht noch ein paar andere Projekte.
Ich mag mein Thema sehr gern und möchte daran unbedingt weiterarbeiten. Die Inhalte sind mir sehr wichtig. Und ich möchte diese Informationen auch weiterhin an die Öffentlichkeit bringen.“

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Kommentare (6)

  1. #1 Theres
    30. Mai 2014

    Wundervoll … Danke fürs Interview und den Slam- Beitrag kann ich auch immer wieder hören.
    Ich glaube, es wird Zeit für etwas Sauerkraut 🙂

  2. #2 ElkE Hemmersbach
    51469 Bergisch Gladbach
    29. August 2014

    Herzlichen Dank, liebe Giulia Enders, für ihre wundervolle, faszinierende CD plus Buch “Darm mit Charme”!!! Nach meiner Darmkrebserkrankung und erfolgreichen Therapie sehe ich meine bestes Stück, meinen Darmi, mein Wunderwerk der Natur jetzt noch mehr als meine Seele, meinen Geist, mein Ein und Alles an <3 Danke für dieses einzigartige Werk <3 Ich wünsche Ihnen, liebe Giulia, kümmern Sie sich bitte auch weiterhin um unser aller bestes Stück, unseren Darm, unseren Geist, unsere Seele in unserem Körper!!! Wenn nicht Sie, liebe Giulia, wer sonst? Dankeschön <3 Ihre Elke Hemmersbach

  3. #3 Rausch
    Heidelberg
    11. März 2015

    Liebe Giulia Enders,
    ich habe Ihr Buch “Darm mit Charme” gekauft und gelesen. Nun habe ich heute versucht, etwas über “Durchfälle” zu erfahren – leider nichts gefunden. Nur über Stuhlverstopfung. Aber es müsste doch auch das Gegenteil: Durchfall geben. !
    Liebe Grüsse,
    Christl Rausch

  4. #4 Bettina Wurche
    11. März 2015

    Liebe Frau Rausch,

    bitte stellen Sie Fragen an Giulia Enders direkt an die Autorin.
    Ich habe sie zwar interviewt, kann aber weder in Ihrem Namen antworten noch als ihre Agentin agieren.

    Mit freundlichem Gruß,

    Bettina Wurche

  5. #5 Peter Diezi-Duplain
    Zürich
    22. März 2015

    Guten Tag

    Gerne möchte ich Frau Enders eine Rückmeldung zu Ihrem Buch schreiben. – Habe es eben gelesen. – Leider ist meine Lektüre nicht immer so erfischend, lustig und lehrreich gleichzeitig wie dieses Buch!
    Bitte senden Sie mir ihre Mailardesse.
    Mit herzliche Gruss
    Peter Diezi-Duplain

  6. #6 Bettina Wurche
    2. Juli 2015

    Sehr geehrte Frau Papon,
    Frau Enders war meine Interviewpartnerin, sie schreibt nicht den Blog. Bitte wenden Sie sich mit Kommenatren direkt an Frau Enders.
    Mit freundlichem Grß,
    Bettina Wurche (meertext)