Im Plankton lebende Schnecken wie Clione oder Limacina werden mit dem Wasserkörper verdriftet und schwimmen zusätzlich noch selbst. „Plankton“ heißt schließlich das „Schwebende“.
Die winzige Limacina trägt eine durchsichtige, spiralig aufgerollte Außenschale, ihr Fuß ist zu zwei segelartigen Zipfeln umgestaltet. Clione hat keine Außenschale, ihr Fuß ist noch größer als der von Limacina. Mit ihren flatternden, taumendelnden Bewegungen erinnert sie an einen Schmetterling – darum heißt sie auch Seeschmetterling.

Seeschmetterlinge und Ruderfußschnecken wie Clione sind zwar klein, kommen aber oft in großen Mengen vor, sie bilden regelrechte Planktonwolken. Die kleine geflügelte Clione ist darum eine wichtige Nahrungsgrundlage für Wale in den nördlichen Meeren. Darum hat sie auch den Beinamen „Walaat“ – vom altnordischen Begriff “át” = Speise.
Clione selbst frisst, wie erstaunlich viele andere Schnecken, Nesseltiere. Die Meeresschnecken sind gegen die Gifte dieser Tiere offenbar immun, manche Schnecken bauen sogar noch intakte Nesselzellen in den eigenen Körper ein und  nutzen diese alsVerteidigungswaffen. Solche gestohlenen Nesselzellen heißen übrigens Kleptocniden:”klepto” steht für “stehlen” und “Cniden” für “Nesselzellen”.

 Die Blaue Flotte – gläserne Gesellschaft auf der Meeresoberfläche

Die „Blaue Flotte“ ist eine berühmte Segel-Gemeinschaft aus Schnecken und Nesseltieren, die gemeinsam über die Wasseroberfläche driften.
Neben Janthina gehören dazu auch die Segelqualle Velella velella , die Meduse Porpita porpita und die todbringende Portugiesische Galeere Physalia physalia, eine Staatsqualle.

Janthina janthina

Janthina janthina

Die Blaue Flotte wird angetrieben vom Wind, der die Auftriebskörper und Segel der Tiere über die Wasseroberfläche bläst und von den Strömungen.
Diese Geschwindigkeit ist schwierig zu bestimmen und sehr veränderlich.
Da sie passiv verdriftet werden, gehören die Tiere zum Pleuston – dem treibenden Plankton an der Wasseroberfläche.
Ihre Farben sind ihrem speziellen Lebensraum angepasst: Die Nesseltiere sind überwiegend durchsichtig mit ultramarinbauen und violetten Farbakzenten und die Weichtiere changieren in hellen Violett- und Meeresblau-Schattierungen.  Die Farbpalette „Himmelblaue Veilchenschnecke“ eben.
Die Himmelblaue Veilchenschnecke (Janthina janthina) produziert aus körpereigenem Sekret ein Blasenfloß. Sie hängt sich darunter, so dass der Fuß nach oben zeigt, also „kopfüber“. Darum ist sie konterschattiert – die blauviolette Färbung ist an der Unterseite am intensivsten. Mit diesem Floß aus Luftblasen lässt sie sich in der „Blauen Flotte“ mit der Strömung über den Atlantik treiben und nascht dabei gern Nesseltiere.
Die Seeschwalbe (Glaucus atlanticus) teilt ihren Lebensraum und ihr Essen, sie ist eine blau schillernde Fadenschnecke. Dieses Video zeigt die charakteristische Form und die schwebende Fortbewegung (Es ist allerdings eine eng verwandte tropische Glaucus zu sehen).

Manche Schnecken sind schnell wie der Wind: Die kleine Land-Lungenschnecke Truncatellina wird vom Wind mit bis zu 2,5 m/s verweht.
Das ist für eine Schnecke ganz schön schnell!

Genauer kann ich die Frage leider nicht beantworten, es gibt wenig echte Messergebnisse dazu.
„Aber es wäre für Gianluca vielleicht mal ein interessantes Experiment, selbst die Geschwindigkeit einer Schnecke zu messen? Er braucht nur eine Uhr und ein Metermaß. Hat man mehrere Schnecken, kann man sie mit beispielsweise mit Nagellack auf der Schale markieren.“ schrieb ich an Ingeborg zurück.

Jugend forscht

Gianlucas Schneckenrennen

Gianlucas Schneckenrennen

Einige Zeit später kam wieder eine Mail von meiner Fossilienfreundin:
Gianluca hatte  sich tatsächlich ein Experiment ausgedacht, um zu messen, wie schnell Schnecken sind.
Sein Versuchsaufbau: Drei voneinander abgetrennte Rennbahnen, in denen drei Schwarze Nacktschnecken gegeneinander antreten mussten

Leider habe ich nicht erfahren können, wie schnell seine Schnecken gelaufen sind. Angesichts der zusammengekrümmten Körperform der rechten Nacktschnecke habe ich allerdings den Eindruck, dass zumindest einer der Schleimspur-Sprinter eine Leistungsverweigerung vorgelegt hat.

Die tabellarische Übersicht ist noch sehr übersichtlich und zeigt vor allem, dass es bezüglich der Geschwindigkeitsbestimmung von Schnecken noch einiges zu forschen gäbe:

Schneckenart: cm/min m/sec inch/min, sec
Weinbergschnecke (Helix aspersa) 7 cm/min
14,35652174 13 inch in 2 min 20 sec
Wellhornschnecke (Buccinum undatum) 16 cm / min
7,3 cm/min
15,1 cm/min 
Land-Lungeschnecke (Truncatellina) 15000 2,5 m/sec

 

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Kommentare (14)

  1. #1 Skeptikskeptiker
    Randpolen
    24. Juli 2014

    Da gibts wohl doch ein paar arge Umrechnungsprobleme:

    0,1km/h – ich kenne Kollegen, die sind langsaaaaamer;-) – entspächen ja ca. 1,7m/min, weit ab von den 7cm/min.
    Und die 2,5m/sec? Da haben mich gestern wohl welche beim Joggen überholt.

  2. #2 Chemiker
    24. Juli 2014

    Die in unseren Gärten vorkommende Gefleckte Weinbergschnecke (Helix aspersa) kann 0,1 km/h

    Hundert Meter pro Stunde? Eineinhalb Meter pro Minute? Zweieinhalb Zentimeter pro Sekunde? Glaube ich nicht. Das wäre ja sozusagen die Concorde unter den Gastropoden.

  3. #3 Bettina Wurche
    24. Juli 2014

    Bei den Weinbergschnecken sind sehr unterschiedliche Ergebnisse bei verschiedenen Gelegenheiten gemessen worden. Das ist korrekt.
    Es könnte daran liegen, dass Schnecken den Sinn eines Wettrennens nicht gänzlich erfassen und keinesfalls immer fullspeed geben.
    Die 0,1 km/h sollte allerdings, weil es mir auch seltsam vorkam, in der Tabelle gar nicht auftauchen. Mein Versehen, ich nehme den Wert jetzt aus Tabelle und Text ´raus.

    Die 2,5 m/sec beziehen sich auf die Landschnecke Truncatellina, die vom Wind verweht wird. Das steht explizit so im Text.
    (Textstelle unter dem Video mit der Seeschwalbe).

  4. #4 Gerhard
    24. Juli 2014

    Wieder sehr Wissenswertes!
    Das Freßverhalten im letzen Video ist ja schon erschreckend.
    Wie schnell geht denn das voran?
    Im Nanobereich, so las ich unlängst, gibt es reichlich Beispiele für rasende Geschwindigkeiten.

  5. #5 Bettina Wurche
    25. Juli 2014

    Leider gibt es zu dem Video keine Zeitangabe. Aber es wird sehr viel langsamer vonstatten gehen.
    Ich weiss auch nicht, wie die Schnecke so ganz genau den Wurm aufnimmt.
    Bei Wirbeltieren wird eine rasante Nahrungsaufnahme (ganz verschlucken) meist durche eine plötzliche Erweiterung des Schlundes durchgeführt, die einen Unterdruck erzeugt. Die Beute wird so eingesogen und durch die kräftige Schlundmuskulatur wie auf einem Förderband weiter in Richtung Magen transportiert. Das kann dann extrem schnell gehen.
    Mit dem Schneckenschlund kenne ich mich leider nicht aus.

  6. #6 Gerhard
    25. Juli 2014

    Ja, ich habe versucht, durch ständiges Pausedrücken den Vorgang zu verstehen. Aber sicher scheint: Der Unterdruck wird es wohl machen.
    Das mit dem Nanobereich und seinen Geschwindigkeiten führte ich nur deshalb auf, weil ich gerade ein (bebildertes) Buch von dem Chemiker Whitesides lese.
    Da fragt sich ein Amateur wie ich, wie “schnell” Vorgänge überhaupt sein können, ob überhaupt der Geschwindigkeitsbegriff n noch groß Sinn macht.
    Aber das nur nebenbei.

    Danke.

  7. #7 Bettina Wurche
    25. Juli 2014

    Na, das sind ja gleich die ganz großen Fragen der theoretischen Biologie : )))
    Nanaogeschwindigkeiten sollten im molekularen Bereich von Bedeutung sein.
    Größe und Geschwindigkeit von Organismen und Strukturen dürften ein einem Zusammenhang stehen, ebenso wie sie abhängig von Größe und Geschwindigkeit chemische und physikalische Prozesse und Umstände wahrnehmen.
    Eine Maus ist klein, ihr Herz schlägt extrem schnell und sie bricht sich aufgrund ihrer Kleinheit bei einem Sturz nicht gleich das Genick.
    Ich habe im neuen Shubin (“Das Universum in dir”), den ich gerade rezensiert habe, ein paar Absätze dazu gefunden. Er beantwortet Ihre Fragen allerdings nicht direkt.

  8. #8 Gerhard
    25. Juli 2014

    Direkte undabschliessende Antworten erwarte ich eigentlich nicht. Nur ein Mehr an Verständnis vielleicht. Was ich bisher in Erfahrung gebracht habe, war schon sehr erhellend – und tut mir gut.
    Danke für den Buchhinweis!

  9. […] Zum Weiterlesen: meertext: Wie schnell rennt eine Schnecke? […]

  10. #10 Icbins
    Hier
    17. September 2015

    “13 Inch in 20 Sekunden”
    Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Die verlinkte Quelle schreibt nämlich:
    “world 13-inch sprint record – currently held by Archie at two minutes 20 seconds.”
    Das macht dann nämlich nur noch ein Siebtel der von Bettina behaupteten Geschwindigkeit.

  11. #11 Bettina Wurche
    17. September 2015

    Lieber Icbins, danke für die Richtigstellung. Warum kommentieren Sie eigentlich anonym? Können Sie sich dadurch ein Minimum an Höflichkeit sparen?

  12. […] einsetzen. Gewellte Sohlensäume wie der Rocksaum einer Flamencotänzerin machen eine Schnecke zur Spanischen Tänzerin, flappende Fortsätze eine andere zum See-Schmetterling. Ihre Farben und Körperanhänge sind […]

  13. […] – Wale, Fische und Ozeane. Manche Artikel richten sich direkt an Kinder, z. B.: “Wie schnell rennt eine Schnecke?” Schwerpunkte sind Pottwale, Orcas, Pinguine, Tintenfische und Tiefsee. Meertext-Artikel verlinken […]