Für die kurzfristige Navigation ist dann vor allem der Einfluss des Kometen auf die Raumsonde entscheidend, etwa durch die Koma und Irregularität des Schwerefelds, was ebenfalls nicht exakt vorausberechnet werden kann.
“Ein wichtiges Problem bei der Navigation ist die Unsicherheit bei der Vorhersage der Flugbahn von Rosetta. Dafür sind verschiedene Störkräfte verantwortlich, die bei einem so kleinen Körper relativ groß im Verhältnis zur einfachen Schwerkraft in Richtung Schwerpunkt des Kometen werden können. Da ist zunächst der Strahlungsdruck der Sonne, dessen Einfluss aber noch recht gut modelliert werden kann. Dann ist da der Gasdruck des Kometen auf Rosettas Sonnensegel, der wegen der schwankenden Kometenaktivität schwerer vorherzusagen ist und besonders um das Perihelium herum von Bedeutung war. Bei den geringen Entfernungen gegen Ende der Mission kommt dann noch die unbekannte Massenverteilung inerhalb des Kometen hinzu.” (Zitat Dr. Björn Grieger).
Diese Besonderheit von 67 P hat die gesamte Mission nicht gerade vereinfacht: Der Entenumriss („Rubberducky“) basiert darauf, dass zwei kleinere Kometen zusammengestoßen waren und dann einen gemeinsamen Himmelskörper gebildet haben. So hat er nun also nicht nur einen außergewöhnlich unregelmäßigen Umriss, sondern in den beiden Teilen auch noch eine unterschiedliche Dichte, was die Berechnung des gemeinsamen Schwerpunkts noch komplizierter macht.
So kann ein Orbit also immer nur kurzfristig geplant werden. Die Navigation relativ zum Kometen, die Landung des Landers Philae und auch die letztendliche Landung von Rosetta musste auf visuellen Daten basierend erfolgen.
Dafür wurde Rosetta 14 Stunden vor der Landung 20 Kilometer von 67 P wegbewegt. So kam der Komet vollständig in das Gesichtsfeld der Kameras, was natürlich die Voraussetzung für die Landung im angepeilten Zielgebiet war. Ohne die Gas- und Staubhülle des Kometen und außerhalb des Einflusses der Irregularität des Schwerefelds konnten die Kameras nun alle wichtigen visuellen Bezugspunkte von Tschury erfassen, um das Raumfahrzeug möglichst auf der anderen Kometenseite abzusetzen als den bereits gelandeten Philae.
Für dieses Orbitmanöver mit hoher Genauigkeit war es notwendig, die Accelerometer (Beschleunigungsmesser) neu zu kalibrieren. Ihre Kalibrierung ist temperaturabhängig, für höchste Genauigkeit muss ihre Umgebung thermisch stabil sein. Darum mussten 12 Stunden vor der Landung alle Geräte in einer stabilen Konfiguration gehalten werden, um die Temperatur möglichst stabil zu halten.
Nach der exakten Positionsbestimmung von Rosetta zur Erde und zum Kometen begann dann der Abstieg zur Oberfläche des kleinen Himmelskörpers, der zurzeit mit 14,3 km/sec durchs All saust.
Zunächst erfolgte die Navigation von Rosetta mit der dafür vorgesehenen NAVCAM.
Erst nach der Einleitung des Kollisionsmanövers, nachdem alle Befehle zu Rosetta abgeschickt worden waren, hat das Team noch einmal auf die OSIRIS-Kameras umgeschaltet.
Zunächst erfasste die Weitwinkelkamera (WAC) mit dem größeren Gesichtsfeld Tschurys Oberfläche – diese Bilder sind dunkler und schärfer – , ab 173 Metern über der Kometenoberfläche war dann die Position und das Zielgebiet klar und die NAC – die Kamera mit dem kleinen Gesichtsfeld und der höheren Auflösung – kam zum Einsatz, diese Bilder sind dann heller und etwas verschwommener. Näher ist niemals jemand an einen Kometen herangekommen. Und es dürfte auch nicht so schnell wieder der Fall sein.
(Ein ganz herzliches Dankeschön für besonders geduldige Erklärungen und Korrekturen geht an Dr. Ulrich Herfort, Dr. Björn Grieger und Rainer Kresken. Alle noch vorhandenen Sachfehler habe ich allein zu verantworten : )).
Die Band im Hintergrund des Rosetta-Kuchens spielte übrigens folgenden Song (dies ist KEINE Originalaufnahme) – ich bin ja nicht so für Dixie, Jazz etc, aber das fand ich echt passend:
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