Ein absolutes „Must-have-been“ ist natürlich diese unglaublich große Buchhandlung mit den 18 miles of books. Dort und im Natural History Museum in Washington habe ich einen kleinen Stapel Bücher über Dinosaurier-Forscher und Säugetier-ähnliche-Reptilien-Forscher mitgehen lassen, in dem ich jetzt ganz glücklich schmökere. Diese Berichte von und über Paläontologen finde ich besonders interessant, weil sie die Evolution der Forschungsgeschichte und Gedankengänge abbilden. Das ist für mich ein wichtiger Kontext, um zu verstehen, wie Hypothesen entstehen, bewiesen und widerlegt werden und ein Beleg für die Verknüpfung von Zeitgeschichte und Wissenschaftsgeschichte.
Mein Wermutstropfen: Peter Ward´s “Gorgon” hätte ich VOR dem Museumsbesuch lesen müssen, dann hätte ich den Therapsiden noch viel mehr und fundierter meine Aufmerksamkeit schenken können. “Gorgon” ist einfach großartig. Bücher über Dinosaurier gibt es viele, aber nur wenige über Therapsiden, die säugetierähnliche Reptilien. Sie sind viel älter als die Dinosaurier und die Gruppe, aus der wir Säugetiere letztendlich und viel später hervorgegangen sind. Das gigantische Massenaussterben an der Perm-Trias-Grenze
hat sie fast ausgelöscht. Sie haben schwere Köpfe mit schrecklich aussehenden Zähnen, ihre Gebisse sind bereits mit verschiedenen Zähnen bestückt! Mit oft riesigen Eckzähnen! Ganz anders als die gleichförmig geformten Zähen der echten Reptilien. Schultergürtel und Vorderextremität sind sehr schwer gebaut, sie haben das Gewicht des Kopfes getragen und dienten der Steuerung. Die leichter gebauten und unter dem Körper stehenden Hinterbeine haben den Vorschub gebracht, Therpasiden sind also eine Art Schubkarrenprinzip auf vier Beinen. Ward hat sich mit dem Massenaussterben dieser Tiergruppe beschäftigt und dazu in der berüchtigten Karoo in Südafrika gegraben. Neben den spannenden Einblicken in die Feldarbeit in einer solchen Halbwüste gibt er auch sehr persönliche Gedanken preis. Er beschreibt die zunächst herrschende Hochstimmung zu Projektbeginn, eine faszinierende Feldarbeit durchzuführen und die durch Kälte, Hitze, Zecken, extrem schwere Arbeit oder auch Nicht-Fossilien-Finden fortschreitende Frustration im Laufe eines Tages oder einer Grabungskampagne. Gleichzeitig beschreibt er auch die Situation im Südafrika der Apartheid und die Veränderungen im Land nach dem Ende der Apartheid aus seiner Außenperspektive und gibt einen Abriß über die noch junge Forschungsrichtung dieser sehr altertümlichen Echsen, die an so wenigen orten der welt zu finden sind. Seine Ausführungen über das Massensterben an der Perm-Trias-Grenze und die interdisziplinäre Untersuchung dieser gewichtigen Frage sind wirklich lesenswert. Allerdings spielt die Gruppe der Gorgonen im Buch nur eine winzig kleine Rolle, aber das macht nichts. Als Titel ist “Gorgon” sicherlich wesentlich zugkräftiger als “Lystrosaurus”, das sehe ich Peter Ward gern nach.
Ein Highlight ganz anderer Sorte ist der Spaziergang über die High Line in Chelsea. Die High Line ist ein öffentlicher Park bzw. Wanderweg auf einer historischen Frachtzugstrecke am Ufer des Hudson, hoch über dne Straßen von Manhattan’s West Side. Zwischen Gansevoort Street im Meatpacking District bis zur West 34th Street, etwa auf der Höhe des Flugzeugträgers “USS Intrepid”. Der Meatpacking District, ein Gewerbegebiet im Westen von Manhattan am Flußufer wurde 1847 durch die Eisenbahntrasse der West Side Freight Line erschlossen. Wegen der häufigen Unfälle mit Fußgängern und Fahrzeugen einigten sich die New York Central Railroad, die Stadt und der Staat New York 1929 im Zuge eines Stadterneuerungsprogramms darauf, die Strecke auf eine Brücke zu verlegen. In den 1950-er Jahren nahm die Bedeutung dieser Frachtzug-Linie ab, 1980 fuhr der letzte Zug. Teile der Strecke wurden abgerissen, aber dann bildeten 1999 Anwohner die Initiative Friends of the High Line zum Erhalt des Bauwerks. Und so ist es heute eine Park-Wander-Kunst-Brücke mit Blick in mittlerweile sehr schicke Chelsea, auf die Galerien des Meatpacking-Districts, auf den Hudson und New Jersey auf der anderen Flußseite – eine Oase der Erholung mit Bepflanzung und Kunstwerken.
In den vier Tagen haben wir einen kleinen Teil Manhattans und einen winzigen Teil dieser Weltstadt mir ihren mehr als 12 Millionen Einwohnern gesehen. Manhattan mit seinen Wolkenkratzern ist nur eines der vielen Gesichter dieser Stadt, andere Stadtteile bewegen sich zwischen Villenvierteln mit Parkanlagen über rote Backsteinwüsten bis zum heruntergekommenen Slum-ähnlichen Distrikt.
Was uns tief bewegt hat, waren die demonstrierenden Menschen, die etwa vor den Museen standen oder die wir in der U-Bahn an ihren Plakaten erkennen konnten. Sie schwanken zwischen Wut, Fassungslosigkeit und Verzeiflung. Gut gekleidete, sicherlich nicht arme Menschen, die sich in nachdrücklichem aber nicht aggressivem Protest von Trump distanzieren: “Not my president!”. Einen solchen Protest von solchen Bevölkerungsgruppen habe ich noch nie nach einer Wahl erlebt, es war beklemmend. Mit vielen Menschen sind wir ins Gespräch. Es ist nicht einfach so, dass es politisch unterschiedliche Meinungen gibt. Es ist vielmehr eine tief greifende Fassungslosigkeit gegenüber einem Rüpel, der sich um keinerlei Maßstäbe von Anstand schert.
Ein widerwärtiges Individuum, das im Interview lachend sagt, er könne jeder Frau in die “Pussy” greifen, weil er so reich ist. Ein Mensch, der einer Journalistin, die kritische Fragen stellt, unterstellt, ihr liefe das Blut aus den Augen und anderen Körperöffnungen, um auszudrücken, dass sie aufgrund von Menstruationsproblemen einfach schlecht drauf sei. Der über seine Tochter nur zu sagen weiß, dass, wenn sie nicht seine Tochter wäre, er sie daten würde. Über Donald Trump wird in der deutschen Presse sehr kritisch geschrieben. Was mir Unbehagen verursacht, sind die Kommentatoren, die Trumps Sprüche und Handlungen relativieren und nicht nachvollziehen können oder wollen, wofür dieser Mann steht. Aus den oben genannten drei kurzen Beispielen geht für mich jedenfalls eindeutig hervor: Er steht für ein sexistisches Arschloch. Dafür habe ich kein Verständnis. Und bei der macht, dieser Mensch bald haben wird und bei den Personen, mit denen er andere Machtpositionen besetzt, wird mir übel.
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