Eine Afro-Amerikanerin schaute mich an, kam auf mich zu und sagte: „You are the first light I see since the election.“ Die Frau hatte Tränen in den Augen. Ich nahm sie in den Arm und sprach mit ihr, sagte ihr, dass auch viele Europäer entsetzt von der Wahl seien. Und musste erst einmal schlucken. Kurz danach ging eine Schulklasse an mir vorbei. Die afroamerikanische Lehrerin guckte mich an und befahl ihren Schülern, auf der Stelle stehen zu bleiben, weil sie jetzt sofort ein Photo mit mir machen müsse. Die Schüler blieben mitnichten stehen, sondern kamen alle zu mir und wollten ein Photo und knuddeln. Und so ging es weiter. So etwas habe ich noch nicht erlebt, es hat mich tief berührt.
Die Museen der Smithsonian-Stiftung kosten übrigens gar keinen Eintritt und sind dementsprechend extrem voll mit Menschen aller Altersgruppen. Diese Paläste des Wissens stehen in krassem Gegensatz zur Verbreitung der Kreationisten und Intelligent Design-Anhänger. Dabei war die Smithsonian Stiftung doch gegründet worden, um mit Humbug und Scharlatanerie aufzuräumen.
Neben den Tempeln des Wissens, den Regierungsgebäuden, dem Trump-Tower mit Bling-Bling-Goldflitter und anderen prätentiösen Palästen fallen die Obdachlosen in Washington noch stärker auf als in New York. Der Gegensatz von Arm und Reich und die Verbreitung der Armut sind viel offensichtlicher als in europäischen Großstädten. Wenn unter der Trump-Ägide die Schere zwischen Arm und Reich noch weiter aufgehen soll, wie wird es dann erst in einigen Jahren aussehen?
Landesüblicherweise gingen wir zum Frühstücken in ein Etablissement, das die Kaffee- und Tee-Maschinerie sowie eine Frühstücks-Auswahl zu Wucherpreisen anbot. Auch die Frühstückskultur ist in den USA anders. Auf meine Bestellung „Tee“, kam die Nachfrage, ob ich meinen Tee heiß oder kalt wolle. Was für eine Frage. „Hot“, natürlich. Ich fühlte mich ähnlich genervt wie Captain Picard bei seiner Teebestellung am Replikator. Noch ein Star Trek-Moment.
Am Wochenende hatte die Mall noch eine weitere Attraktion: Die Karawane der schreibunt lackierten Food-Trucks. Eine Art Little-India-Pakistan-Mexico-and-something auf Rädern. Helal-Food, Falafel und Soft-Eis. Überlagert von strengem Frittenbuden-Geruch und akustisch bereichert mit Bollywood-Musik.
In Washington stehen diese Foodtruck-Reihen in dafür vorgesehenen Straßenabschnitten zu planbaren Zeiten und ersetzen die vielen kleinen Restaurants und Delis, die wir in New York so schätzen gelernt hatten. Was ich nicht schätze: Die Menge der Verpackung, die beim Essen anfällt und das Essen aus Pappe, Papier und Plastik. Meine Tischkultur sträubte sich dagegen und wurde mit jedem Tag zickiger.
Unser Rückweg führte uns zunächst wieder nach New York, von dort aus nach Europa. Während wir im Ronald Reagan Washington National Airport auf unseren verspäteten Flug warteten, fand eine Versammlung von Breitbart-Anhängern statt, wie wir hinterher aus der Presse erfuhren. Noch so eine Trump-Sache. „Breitbart“ ist eine Nachrichtenseite und steht für ein rechtsextremes, rassistisches, frauenfeindliches Weltbild rechts der Republikaner. Und der Breitbart-Chef Steve Bannon ist nun der Chef-Stratege des designierten US-Präsidenten Trump. Auf den ersten Blick sind die Breitbart-Seiten nur schreiend und hinterlassen ein unangenehmes Geschmäckle. Erst beim näheren Hinschauen wird die Rechts-Polemik deutlicher. Immerhin hat der Cornflakes-Produzent Kellogg’s seine Werbe-Anzeigen auf der rechtsextremen Breitbart-Website Breitbart storniert. Die Begründung der Frühstücksflocken-Produzenten: „Die Werte der frauenfeindlichen Seite würden sich nicht mit den Familien-Werten von Kellogg‘s decken.“
Ganz genau sagte die Kellogg Company: [the site wasn´t ]“aligned with our values”. Recent inflammatory stories include “Birth Control Makes Women Unattractive And Crazy”; “Data: Young Muslims In The West Are A Ticking Time-Bomb” and “Would You Rather Your Child Had Feminism Or Cancer?”. “We regularly work with our media-buying partners to ensure our ads do not appear on sites that aren’t aligned with our values as a company,” Kris Charles, a spokeswoman for Kellogg’s, told Bloomberg. “We recently reviewed the list of sites where our ads can be placed and decided to discontinue advertising on Breitbart.com. We are working to remove our ads from that site.”
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