Dieses Video zeigt eine solche Konstellation von Orcas, Grauwalen und Buckelwalen, hat meines Wissens aber keinen direkten Zusammenhang mit dem Augenzeugenbericht:
Da die Bartenwale außer Sichtweite waren, müssen sie gehört haben, dass ein Tier in Bedrängnis ist. Dabei haben sie sicher erkannt, dass es sich um einen Angriff von MEKWs handelte. Das ist nicht überraschend, denn längst ist bekannt, dass verschiedene Orca-Ökotypen unterschiedliche Lautäußerungen haben.
Dazu gibt es etwa von den Schwertwal-Clans vor Alaska und British Columbia umfangreiche Untersuchungen. Von dort ist ebenfalls bekannt, dass Delphine gern in der Bugwelle von Fisch fressenden Orcas – so genannten Residents (=Bigg´s killer whales) – reiten, sich aber niemals in der Nähe von Meeressäuger fressenden Schwertwalen – den Transients – blicken lassen. Buckelwale haben selbst ein umfangreiches Laut-Repertoire, vor allem die Gesänge der Männchen zum Umgarnen der Weibchen sind bekannt. Übrigens unterliegen ihre Gesänge Moden, verändern sich über die Jahre hinweg und sie gucken sich gegenseitig Strophen ab.
Mobben Buckelwale Orcas?
Buckelwale haben zwar keine Zähne, sondern Barten, aber erwachsene Tiere, Männchen und Weibchen, sind wehrhaft und standhaft. Männchen und Weibchen lassen sich meist nicht so einfach bestimmen, aber viele der Buckelwale waren über Photo-Identifikation erfasste Individuen, deren Geschlecht durch jahrelange Beobachtung bekannt war.
Warum sollten Orcas vor Buckelwalen Angst haben?
Buckelwale sind trotz ihrer Größe wendige und agile Tiere, mit ihren mehr als 4,50 Meter langen Brustflossen können sie schnell manövrieren. Bei einem Intermezzo mit den Zahnwalen setzen die Bartenwale ihre Fluken und Flipper nachdrücklich ein. Sehr salopp ausgedrückt, hauen sie den kleineren Orcas ihre Flossen um die Ohren. Allein schon die Strömungen und Wirbel, die die Buckelwale verursachen, dürften einen kleineren Wal richtig durchschütteln. Die Bartenwale koordinieren die Bewegungen ihrer über 4 Meter breiten Fluken und der langen Flipper so, dass sie ihren gesamten Körper gegen Orca-Attacken abdecken.
Fluke und Flipper bestehen aus starkem Bindegewebe, das sie bretthart macht. Die Kanten vor allem der Flipper sind außerdem mit Buckeln und scharfkantigen Seepocken besetzt. Die harten Flossen und die seepockenverkrusteten Kanten sind wie Paddel – wenn sie mit Wucht bewegt werden, dürfte ein solcher Hieb weh tun und sogar erhebliche Verletzungen von Blutergüssen bis zu Schnittwunden verursachen.
Der Wirbel im Wasser dürfte auch eine massive Geräuschkulisse verursachen. Zusätzlich trompeten („trumpeting“) manche Buckelwale bei ihrer Annäherung auch noch – dabei stoßen sie mit lautem Prusten Wasser aus. Bei der hervorragenden akustischen Leitfähigkeit von Meerwasser kann das für die empfindlichen Ohren der Orcas unerträglich sein. Der Lärm und das Durcheinander dürfte die Orcas auch in ihrer eigenen Kommunikation erheblich stören, ohne Kommunikation können sie sich nicht neu formieren und sind mit einer solchen Situation wahrscheinlich auch einfach überfordert.
Dazu kommt, dass die Buckelwale einen langen Atem haben. Die Orcas geben oft auf und machen sich auf die Suche nach leichterer Beute. Allerdings ist nicht bei jedem Bartenwal-Zahnwal-Intermezzo der Ausgang der wilden Jagd bekannt, wie häufig die Buckelwale erfolgreich sind und wie oft die Orcas zu ihrer Beute kommen, ist nicht bekannt. In so einigen Fällen kamen die Orcas trotz des Eingreifens der Bartenwale an ihre Beute und zum Fressen.
In mindestens einem Fall haben die Schwertwale ein Buckelwal-Kalb getötet. Es gibt keinen Nachweis dafür, dass sie einen erwachsene Megaptera getötet haben, auch wenn die großen Bartenwale oft aus einigen kleineren Wunden bluteten und Haut und Blubber im Wasser schwammen. Aber keine dieser Wunden war lebensbedrohlich.
Welche Beweggründe treiben die Buckelwale dabei an?
Mobbing ist eine verbreitete Anti-Predator Response, also eine Abwehr von Freßfeinden, nicht nur bei Buckelwalen. Bei Walen ist diese Verhalten allerdings vor allem von Zahnwalen bekannt, bei Bartenwalen kommt es nur bei Buckelwalen und offenbar in Einzelfällen auch bei Südkapern vor.
Aber warum dehnen diese wehrhaften Bartenwale ihren Schutz auch auf andere Arten, sogar auf andere Tiergruppen aus, und riskieren dafür sogar Verletzungen?
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