Ein Bericht von der HMS ENTERPRISE vom anderen Ende der Welt.
Die HMS ENTERPRISE (H 88) ist ein 90 Meter langes Vermessungsschiff der Echo-Klasse der Royal Navy für ozeanographisch-hydrographische Aufgaben und für Ice Patrol.
Zurzeit ist sie unterwegs im Südatlantik, vor South Georgia.
Kürzlich kamen wir auf Twitter ins Gespräch, zunächst wegen des Namens „ENTERPRISE“. Nach einigen weiteren Tweets stellte sich heraus, das dieses Schiff sich gerade am anderen Ende der Welt befindet, tief im Süd-Atlantik, vor South Georgia. Ihre Aufgabe dort ist die Kartierung dieses abgelegenen Zipfels des Südpolarmeeres, an der Grenze der antarktischen Konvergenz. Dafür ist sie ja auch bestens ausgestattet, mit einem großen Instrumentarium an Echoloten und Sonareinrichtungen zur Vermessung und dreidimensionalen Abbildung des Meeresbodens und der Gewässer. Für den Einsatz als Ice patrol hat sie die Eisklasse 1 C (Lloyds ice class 1C).
Ihr Aufenthaltsort „South Georgia“ elektrisierte mich. Vor 20 Jahren, im antarktischen Frühsommer 1996/97 war ich selbst dort, auf RV „Polarstern“. Im Auftrag der IWC (International Whaling Commission) hatten wir dort mehr als 7 Wochen lang einen Wal-Survey durchgeführt, vom Schiff aus und mit Helikopter-Unterstützung. Diese Reise hat bei mir sehr starke Eindrücke hinterlassen, die Bilder habe ich bis heute lebhaft vor Augen.
Im weiteren Gespräch stellte sich heraus: HMS ENTERPRISE hatte auf den Falkland-Inseln zwei Wal-Forscherinnen des South Atlantic Environmental Research Institute (SAERI) mit an Bord genommen, um vor South Georgia einen Wal-Survey durchzuführen. (Das Interview mit Dr. Marina Costa und Dr. Maria Garcia, in dem die beiden von ihrem Survey erzählen, kommt demnächst auf „meertext“.)
Mein Interesse war vollends geweckt!
Nach einer spannenden Korrespondenz bot mir Commander Philip Harper (Commanding Officer HMS ENTERPRISE) an, einen Bericht dieser auch für die Besatzung der HMS ENTERPRISE ganz besonderen Reise für “meertext” zu schreiben.
Hier ist also der Bericht der Reise des Vermessungsschiffes H 88 aus den Gewässern um South Georgia. Ich habe ihn ins Deutsche übersetzt, das englische Original ist im Anhang.
South Georgia – HMS ENTERPRISE’s walk on the wild side
“Einzigartig.
Es gibt kein anderes Wort, das South Georgia, die Insel im Südatlantik, besser beschreibt. Ein Naturwunder, 800 Seemeilen ost-südöstlich der Falkland-Inseln in der Weite des Südatlantiks.
Das karge Eiland hat außer einigen tausend Pinguinen keine dauerhaften Bewohner.
Aber ein stetiger Besucherstrom von Wissenschaftlern des British Antarctic Survey und von Angestellten des South Georgia Government studiert die einzigartige Tierwelt, kümmert sich um administrative und hoheitliche Aufgaben und sorgt für den Erhalt der ehemaligen Walfangstation Grytviken.
HMS ENTERPRISE hatte gerade zwei Wissenschaftlerinnen des South Atlantic Environmental Research Institute (SAERI) an Bord, die sich einen Überblick über die Wal-Vorkommen in dieser abgelegenen Region des Südatlantiks gemacht haben; das Seegebiet grenzt schon an die antarktische Konvergenz.
Trotz der schnellen Wechsel der Sichtverhältnisse, oft behindert durch Nebel, haben die beiden Biologinnen unermüdlich nach Walen Ausschau gehalten, so konnten sie eine Vielzahl von Walen und Delphinen beobachten und identifizieren. Auch wenn es hart war, nach dem Blas weit entfernter Wale Ausschau zu halten, wenn Delphine in der Bugwelle der HMS ENTERPRISE spielten.
Nur wenige Erlebnisse können sich damit messen, einen großen Wal aus der Nähe zu beobachten. Sowie ein Blas gesichtet ist, wird die Atmosphäre auf der Brücke spürbar angespannter. Alle Augen sind darauf fokussiert, den nächsten die Meeresfläche durchbrechenden Blas zu erspähen. Eine schwierige Aufgabe, denn der Blas sieht den weißen Schaumkronen der Wellen sehr ähnlich – „sometimes you have to remind people to look the way we are going!“.
Das Leben auf See beinhaltet unweigerlich alle Wetterlagen und das Zusammentreffen mit vielen Meeresbewohnern – aber die schiere Fülle und Herrlichkeit der Natur vor South Georgia ist einfach atemberaubend.
Und sie macht demütig.
In Gold Harbour hatten wir das Privileg, die großen Kolonien von Königspinguinen und Felsenpinguinen zu besuchen, begleitet von Herden sehr aufgeregter Seebären. Durch den seltenen Kontakt mit Menschen sind die Tiere sehr zahm: Wer für einen Moment stehen blieb, wurde schnell von Pinguinen umringt, die gar nicht ängstlich für eine Begrüßung herbeigewatschelt kamen.
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