Jede Manganknolle ist eine Insel. Xenophyophoren auch!
Adrian Glover, ein Tiefsee-Biologe des Natural History Museum in London, hat in kartoffelgroßen Manganknollen in der östlichen Clarion–Clipperton Zone (CCZ) geometrische Schwämme und andere winzige Meereswesen gefunden. Diese Geschöpfe brauchen einen festen Untergrund, um sich daran festzusetzen. Auf einem sandigen Boden sind die Knollen darum ein guter Sitzplatz für viele Tiere, ihnen ist es egal, ob sie auf Stein oder Mangan sitzen. Sie sitzen auf der Oberfläche oder auch verborgen in Rissen und Spalten der unregelmäßig geformten Metallkonkretionen. Jede Knolle ist eine Insel!
Andere Bereich des untersuchten Meeresbodens waren bedeckt mit enigmatischen Xenophyophoren. „Xenophyophoren sind ein wahrscheinlich zu den Foraminiferen gehörendes Taxon zumeist gehäusetragender Protisten aus der Gruppe der Rhizaria.“ weiß Wikipedia. Es sind also sehr große Einzeller, über die noch extrem wenig bekannt ist. Xenophyophoren ernähren sich vermutlich von kleinen Foraminiferen, bei der Nahrungsaufnahme sollen sie Schleim absondern. Im Abyssal und dem Bathyal der Tiefsee um Neuseeland und der äquatorialen Zonen des Ostpazifiks sind sie weit verbreitet, dort besiedeln sie vorzugsweise sehr nährstoffreiche Areale. Diese seltsamen Gebilde mit der rüschenartig gefalteten Oberfläche stellen in manchen Gebieten den größten Teil der Biomasse, manche diese Regionen sind als Hotspots der Biodiversität klassifiziert.
In der CCZ wurden viele verschiedene Arten von ihnen gefunden, 30% davon sind Neuentdeckungen. Manche von ihnen sind immerhin so groß wie ein Softball, also zwischen 28 und 41 Zentimetern (11 und 16 Inches). Sie selbst sind durch ihre komplexe Gestalt und Oberfläche begehrte Lebensräume für andere Kleinstbewohner. So ist auch jede Xenophyophore eine Insel.
Dunkle Meerestiefen, Mangan und Wale – fossil und lebendig?
Dazu kommen noch Fossilienansammlungen von Walen, die hier vor 16 Millionen Jahren lebten.
Als Diva Amons bei ihrem Symposiums-Vortrag die Aufnahmen von fossilen Walschädeln, überkrustet von metallischen Verbindungen zeigte; verschlug es dem Publikum die Sprache – so etwas hatte auch von diese an Überraschungen gewöhnten Tiefseeforscher noch niemand gesehen. Nach einer vorläufigen Analyse stammen die Schädel von möglicherweise 6 verschiedenen Walarten, die hier vor 1 bis 16 Millionen Jahren lebten und starben. (Leider ist dazu noch nicht mehr publiziert, ich warte gespannt auf weitere Infos ).
Außerdem gibt es Spuren, die lebende Walen zugeschrieben werden. Auf einer Expedition mit RRS James Cook hatte eine Tiefsee-Kamera Vertiefungen im sandigen Meeresboden aufgenommen: Schnabelstüber-Spuren von Schnabelwalen? In einer im August 2018 veröffentlichten Studie spekulieren Dr. Leigh Marsh und Kollegen, dass diese tief tauchenden Zahnwale möglicherweise Manganknollen als Tauchballast aufnehmen und tatsächlich in solche Tiefen vorstoßen könnten. Jedenfalls sähen die Abdrücke im sandigen Tiefseeboden genau so aus, wie Schnabelwal-Spuren in etwas flacheren Meeresbereichen (Mich haben sie damit noch nicht überzeugt – mir ist noch kein Schnabelwal-Mageninhalt mit Manganknollen untergekommen und 4000 Meter überschreitet die Tauchtiefe selbst dieser Meister-Tieftaucher, die nachweislich bis in Tiefen von 2992 Metern vorstoßen, noch einmal um 1000 Meter. Da werde ich noch weiter recherchieren müssen.)
Bergbau versus Biologie – wie geht es weiter?
Die International Seabed Authority (ISA oder auch ISBA; eingedeutscht: Internationale Meeresbodenbehörde) wacht über den submarinen Bergbau in internationalen Gewässern. Die ISA muss, bevor sie ein Areal für den Tiefsee-Bergbau freigibt, auch ökologische Gutachten einholen, so auch für die Clarion–Clipperton Zone (CCZ). Die ISA hat bereits an 29 Konzerne verschiedener Länder Schürfgenehmigungen erteilt, die Firmen mussten dann selbst die ökologischen Gutachten erstellen lassen. Idealerweise möchten die Firmen am Ende der Untersuchung den Nachweis, dass ihre Bergbau-Aktivität ökologisch vollkommen unbedenklich ist.
Für Biologen sind diese Gutachten oft der einzige Weg, finanzielle und personelle Mittel für die Erforschung neuer Gebiete zu bekommen. Schließlich ist gerade die Tiefseeforschung mit ihrer teuren Schiffszeit, den Tauchrobotern und anderer High-Tech vor allem in abgelegenen Meeresgebieten sehr teuer. Solche Umweltverträglichkeitsstudien sind heute üblich, sie bedeuten allerdings nicht zwangsläufig einen Schutz dabei entdeckter Ökosysteme und Arten.
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