Der submarine Bergbau erfolgt über Saugvorrichtungen, die den rohstoffhaltigen Meeresboden ansaugen und nach oben auf Schiffe pumpen. Dabei erfolgt natürlich eine weitflächige und tief gehende mechanische Zerstörung des Meeresbodens und seiner Lebensgemeinschaften. Außerdem wird durch das Saugen, Pumpen und Ausspülen des Sediments ein weit reichender Schleier aus Sediment und organischen Trübstoffen aufgewirbelt, der vielen Organismen das Restlicht und den Sauerstoff nimmt und zuletzt zu Boden sinkt und wie ein Leichentuch dort alles unter sich begräbt. Aufgewirbelte Metallfragmente können zudem eine toxische Wirkung auf viele Organismen haben, wenn sie eingeatmet oder verschluckt werden. In langsam wachsenden, normalerweise stabilen Ökosystemen hat das Folgen für die nächsten Jahrzehnte.
Die Zerstörung von Tiefseeökosystemen kann sich über die Nahrungsketten und trophische Stufen bis zur Meeresoberfläche auswirken und die lebenden Ressourcen des Meeres gefährden. Die Ausbeutung des Ozeanbodens in der Tiefsee hätte somit letztendlich auch Auswirkungen auf einen erheblichen Teil der menschlichen Nahrungsgrundlagen.
Darum haben die Wissenschaftler nun Alarm geschlagen und versuchen, die International Seabed Authority zu einem ökologisch verantwortungsvollen Umgang mit den gerade erst entdeckten CCZ-Ökosystemen zu bringen. Die ISA entwickelt Richtlinien für den unterseeischen Bergbau und akzeptiert Einwände und Kommentare zu einem vorgestellten Handlungsplan – in diesem Fall bis zum 30. September. Danach erstellt sie bis 2020 den finalen Rahmenplan für den dann beginnenden Abbau der Rohstoffe.
Die lebenden und nicht lebenden Ressourcen des Meeres sind mal wieder im Wettlauf um die Wertschätzung der Menschen. “Was wir jetzt tun” erklärt die Tiefsee-Ökologin Diva Amon (Natural History Museum, London) gegenüber der Presse “wird umfassende Auswirkungen über die nächsten Jahrzehnte haben. Wir haben jetzt die Möglichkeit, verantwortungsbewusst und überlegt zu handeln.“
So fordern Amon und viele ihrer Kollegen nun aufgrund der neuen Daten weitere Reservate auf dem Meeresboden in der östlichen CCZ. Bereits 2012 hatte ISA aufgrund der wissenschaftlichen Resultate neun Reservate in der CCZ ausgewiesen – Satellitenaufnahmen hatten in diesen Gebieten eine hohe Planktondichte und somit eine besonders hohe Produktivität nachgewiesen. Allerdings liegt keines dieser Areale in der östlichen CCZ, wo nun die überrschend komplexen Tiefsee-Lebensgemeinschaften “aufgetaucht” sind.
Smith rief die ISA auf, nun auch Projekte zur Erforschung von Bereichen im offenen Meer durchzuführen, oberhalb der geplanten Abbaugebiete. Die Ökologen befürchten, dass die durch den Bergbau verursachten Sedimentschleier und Toxine in der Wassersäule die Bewohner dieser Zonen schädigen könnten – sie könnten die Atmung und Nahrungsaufnahme verringern, die Kommunikation über Bioluminizenz und somit die Fortpflanzung verhindern und generell das gesamt Nahrungsnetz verunreinigen.
Auf jeden Fall steht die ISA jetzt mindestens genauso unter Druck wie die abyssalen Ökotope: Die Abbau-Planung soll bis 2020 abgeschlossen sein, damit dann, so der Wunsch der Bergbaufirmen, zügig die Ausbeutung der Mangan-Vorkommen beginnen kann. Japan hat bereits einen Testabbau vor der Insel Okinawa begonnen. Und die belgische Firma Global Sea Mineral Resources aus Ostende plant für das nächste Jahr Testläufe ihrer technischen Ausrüstung.
Natürlich sind auch deutsche Firmen an dem abyssalen Mangan-Abbau beteiligt, die Bundesrepublik Deutschland hatte 2006 eine 15 Jahre gültige Explorationslizenz für einen Abschnitt der CCZ erworben und lässt natürlich ebenfalls ökologische Gutachten erstellen. Das groß angelegte europäische Forschungsprojekt JPI Oceans hatte bereits eine erste Studie zur Verträglichkeit des Manganknollen-Abbaus für das dort bestehende Ökosystem im Perubecken, einem Teil der östlichen CCZ, durchgeführt: “Dabei fanden die Wissenschaftler heraus, dass die bisherigen Lebensgemeinschaften in den Regionen, wo Manganknollen entfernt wurden, nicht mehr in der gleichen Artzusammensetzung vorkommen.” Ob diese nicht sehr überraschende Erkenntnis den Tiefseebergbau verhindern wird, erscheint zumindest mir fraglich.
Christopher Williams (Managing Director des britischen Bergbau-Konzerns Seabed Resources) war sehr überrascht über die präsentierten Forschunsgergebnisse zur Biodiversität. Er meinte, dass er keine Einwände gegen weitere Meeresbodenreservate haben würde. Sicherlich entspannt ihn das Wissen, dass diese Reservate im östlichen CCZ außerhalb der UK-Claims liegen würden.
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