Jetzt steht der nächste Schuldige am Corona-Virus-Pranger: Forscher der South China Agricultural University verdächtigen jetzt das Schuppentier (Pangolin), den neuen Virus auf Menschen übertragen zu haben, so die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua.
Im Kampf gegen das aktuelle Corona-Virus erforschen Wissenschaftler die Ansteckungswege, in der Hoffnung, der Krankheit besser entgegen treten zu können. Die Coronavirus-Infektion war im Dezember in der chinesischen Millionenmetropole Wuhan (Huanan) ausgebrochen, am 06.02.2020 waren nach offiziellen Angaben in China 31.161 Erkrankte und 636 Todesfälle dokumentiert. Das Corona-Virus hat sich von dem Markt in Wuhan längst in ganz China und weltweit auch auf andere Kontinente ausgebreitet.
Das Wissenschaftler-Team war nach der Analyse von über 1000 Metagenomen von Wildtieren zu dem Ergebnis gekommen, dass Schuppentiere die wahrscheinlichsten Zwischenwirte sind, so Liu Yahong, der Präsident der Universität. Die geschuppten Säuger haben die Corona-Viren vermutlich von Fledermäusen auf Menschen übertragen.
Etwa 70 Prozent der Schuppentiere aus der Stichprobe trugen das Virus, das ist eine sehr hohe Anzahl. Die verdächtige Metagenom-Sequenz stimmt immerhin zu 99 % mit der der erkrankten Menschen überein. Prof. Shen Yongyi, der zum Forschungsteam gehört, sagte, dass der neue Virus letztendlich zwar von Fledermäusen stammt, die aber als direkte Überträger auf den Menschen eher nicht in Frage kommen – die Fledermäuse überwintern nämlich gerade. Darum hatten sie nach einem Zwischenwirt gesucht und dabei das Pangolin gefunden. Allerdings ist es auch gut möglich, dass es verschiedene Zwischenwirte gebe und also noch andere Wildtiere die Krankheit übertragen könnten. Darum raten die Wissenschaftler jetzt eindringlich dazu, sich von Wildtieren fernzuhalten.
Prof. Feng Yaoyu, der ebenfalls an der Studie beteiligt war, erklärte, dass die untersuchten Proben nicht direkt vom Markt in Wuhan stammten, da dieser großflächig desinfiziert worden sei. Die übereinstimmenden Metagenom-Sequenzen stammen vielmehr aus verschiedenen Datenbanken.
In der Metagenomik wird genetisches Material direkt aus Umweltproben extrahiert, sequenziert und analysiert. Zum Unterschied dazu müssen bei den klassischen mikrobiologischen Methoden die Mikroorganismen vor der DNA Extraktion kultiviert werden. Metagenomische Methoden ermöglichen die Identifizierung von Mikroorganismen unabhängig von ihrer Kultivierbarkeit.
Der Spiegel zitiert Dirk Pfeiffer, Professor für Tiermedizin an der Hong Kong City University, der den neuen Verdächtigungen erst einmal mit Vorsicht bewertet.
Pangoline sind bedroht – als Delikatesse und „Medizin“
Schuppentiere sind, wie so viele andere Tiere, die aus irgendwelchen Gründen die Aufmerksamkeit gut betuchter Asiaten auf sich gezogen haben, durch massive Wilderei stark bedroht.
Diese sehr alten Säugetiere haben durch ihre defensive Lebensstrategie erdgeschichtlich sehr lange überlebt, jetzt droht die asiatische Lebensmittelmafia sie auszurotten. Chinesen, Vietnamesen und Menschen anderer asiatischer Staaten verspeisen gern „kostbare“ Lebensmittel wie seltene und darum teure Tiere, um zu zeigen, dass sie es sich leisten können. Darüber hinaus sind viele seltene Tiere (und Pflanzen) auch Bestandteile der Traditionellen Chinesischen Medizin, was weiterhin den Markt und die Wilderei anheizt.
Die asiatische Lebensmittel- und TCM-Mafia ist eine der größten Bedrohungen weltweit für viele seltene Arten wie
- Schuppentiere (Pangolin)
- den Vaquita (der kleine Wal ist der Beifang der eigentlichen Zielart, nämlich des Totoaba-Fisches)
- Haie und Rochen (Haiflossen und Rochenflügel).
Die sogenannte Traditionelle Chinesische MedizinTCM erfreut sich mittlerweile auch außerhalb Chinas in den westlichen Industriestaaten einiger Beliebtheit und gilt als natürliche und sanfte Alternative (“gute Natur”) zur Schulmedizin (“böse Chemie”). Liebe AnhängerInnen der sanften Alternativmedizin – Ihr unterstützt die Ausrottung streng geschützter Pflanzen und Tiere. Bitte nehmt, wenn Ihr gesundheitliche Probleme habt, die Ihr mit gesunder, ökologisch verträglicher Ernährung, viel Bewegung und Entspannungsmethoden nicht in den Griff bekommt, im Labor produzierte Medikamente. Die haben exakt die richtige Dosierung und sind unter strengen Hygieneauflagen produziert worden. Die meisten heilenden Substanzen können heute in Labors synthetisiert werden – zum Schutz der Wildfauna und Wildflora.
Übrigens: Viele TCM-Mittelchen sind weder vegetarisch noch vegan.
Und gegen Menstruationsbeschwerden helfen Rosmarin-Tee, Wärmflasche oder schlimmstenfalls Schmerztabletten ganz bestimmt besser als Schuppentierpulver.
Wenn das Pangolin als Träger gefährlicher Corona-Viren gilt, würden vielleicht weniger Idioten unbedingt davon essen müssen. Vielleicht wäre der Virus ein Schutz für das bedrohte Tier.
Pangoline – Säuger mit geschupptem Greifschwanz
Pangoline oder Schuppentiere werden in China als Delikatesse gegessen oder zu traditioneller chinesischer Medizin verarbeitet.
Diese Nachfrage von Chinesen, dies sich etwas leisten können, ist eine ernsthafte Bedrohung für die possierlichen geschuppten Säugetiere.
Heute gibt es noch acht Arten von Pangolinen (Pholidota), je vier in Südost-Asien und vier in Afrika. Die Tiere leben auf Bäumen oder eher am Boden, im Regenwald oder der Savanne. Erwachsene Schuppentiere werden, je nach Art, 25 bis 70 Zentimeter groß und zwischen 1,6 und 33 Kilogramm schwer. Die Tiere haben, wie ihr deutscher Name schon andeutet, einen Panzer aus Schuppen. Diese Schuppen bestehen aus Keratin, der gleichen Substanz wie alle Säugetierhaare und –nägel bzw. -krallen.
Die großen Schuppen überlappen sich dachziegelartig, sie bedecken den gesamten oberen Teil des Körpers und Schwanzes und machen ein Drittel bis ein Viertel des Körpergewichts aus. Die Pfoten sind zu Spezialwerkzeugen fürs Aufgraben von Ameisen- und Termitenbauten mit extrem starken, gekrümmten Krallen versehen. Darum können die Pangoline die Vorderpfoten nur mit den Außenkanten aufsetzen, sie laufen recht langsam. Bei Gefahr durch Raubtiere rollen sie sich zusammen und ziehen den Kopf ein – solch einen gepanzerten Ball kann selbst eine große Raubkatze eher kicken als fressen. Der Schwanz wird als Schild um den Körper herumgelegt. Gegen Wilderei ist diese Strategie leider wirkungslos, die kleinen Panzerträger sind eine leichte Beute.
Pangoline fressen liebend gern Termiten – um die wehrhaften Insekten aus ihren labyrinthischen Bauten zu holen, haben die Säuger eine extrem lange und klebgrige Zunge entwickelt. Mehr dazu hier.
Baumbewohnende Pangoline können mit ihrem Schwanz auch gut greifen. Und der breite Panzer ist eine gute “Kinderkarre”: Klein-Pangolin reitet auf der Mama mit:
Um das Wissen über diese skurrilen Wesen und ihre Bedrohung mehr Menschen bewusst zu machen, haben Umweltschützer den Welt-Pangolintag ins Leben gerufen – der ist dieses Jahr übrigens am 15. Februar 2020! Mehr dazu auf Meertext: World Pangolin Day!
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