Auch andere Bürgerbeteiligungen in Städten fordern besseren Klimaschutz und damit mehr Lebensqualität.
In der Stadt, in der ich wohne und arbeite, haben sich die BewohnerInnen gerade gegen die Rodung einiger der letzten Stadtwälder ausgesprochen. Nach massiven Protesten gegen den städtischen Masterplan sind die Pläne nun zumindest zurückgestellt worden.
Gleichzeitig kämpfen verschiedene Gremien darum, die Stadt der Zukunft wieder lebenswerter für die Einwohnerinnen zu gestalten:
- mit mehr und diverserem Grün für die Kühlung im heißen südhessischen Sommer (Schottergärten sind ein heißes Thema)
- weniger Platz für Autos, mehr Platz für Menschen und weniger platzheischende Verkehrsmittel (die neuen Fahrradstraßen sind klasse, leider hören sie im Innenstadtbereich auf)
- Diskussion neuer Bau- und Wohnformen (wie man mehr Menschen mit weniger Beton unterbringt).
In vielen Städten fordern die Bürger jetzt besseren Klimaschutz, weil sie merken, dass das Stadtleben im Sommer teilweise nicht mehr lebenswert ist. Wenn die heißen Innenstädte im Sommer wie ausgestorben sind, leiden nicht nur BewohnerInnen, sondern auch Handel und Gastronomie darunter. Um Innenstädte wieder besser für Menschen zu gestalten, braucht es also dringend mehr Grün und Blau („Blau“ steht für ein gutes Wassermanagement) in den Städten, und zwar zeitnah und flächendeckend. Dazu gibt es bereits reichlich Forschungsergebnisse und Initiativen, Expertise und Erfahrungen – es muss nur endlich umgesetzt werden. Und da die Parlamente offenbar konservativer sind, als die Einwohnerschaft, braucht es da wohl weiterhin basisdemokratischen Druck.
Damit ergreifen viele BürgerInnen jetzt die Hoheit über die Geschichte ihres Lebens und schreiben neue, klimafreundlichere Stories.
Solarpunk und Fairteilung – die Apocalypse ist abgesagt, Zukunft für alle!
Nicht nur in Kim Stanley Robinsons Büchern geht es um die faire Verteilung vorhandener Ressourcen,
sondern auch bei vielen anderen Autoren.
Die faire Verteilung – oft Fairteilung genannt -, ist eine elementare Forderung zur Gestaltung einer friedlichen Zukunft. Nicht nur in den Städten, sondern auch global. Nur eine faire Teilung kann unsere Zivilisation mit ihren offenen, freien Gesellschaften retten. Nimmt die soziale Ungleichheit weiter zu, wird auch der Kampf um die schwindenden Ressourcen immer rücksichtsloser. Dies würde schlimmstenfalls zu einer dystopischen Situation führen, in der ein sicheres Leben nur noch für Besserverdienende in bewachten, abgeschlossenen Arealen möglich ist.
Eine Steigerung dieser Forderung nach einer neuen Gesellschaftsstruktur und dem Systemwechsel ist der Solarpunk.
„Ziel des Solarpunk ist es, die Apokalypse zu canceln.“ sagte der britische Künstler und Theoretiker Jay Springett sagte auf einer Konferenz am Het Nieuwe Instituut in Rotterdam.
Das wachsendes Subgenre Solar Punk entwickelt kreative, neuartige Antworten auf die Klimakrise. Für eine klimafreundliche und bessere Zukunft für alle braucht es nicht nur die umsichtige und nachhaltige Nutzung vorhandener Ressourcen mit modernem Technik-KnowHow, andere Formen der fairen Verteilung, nützlicher Anwendungen aus Forschung und Wissenschaft, sondern auch noch eine bunte, lebensbejahende und praktische Ästhetik.
Das “solar” im Solarpunk ist sowohl Beschreibung als auch Metapher: Sonnenlicht ist jeden Menschen und viele andere Lebewesen essentiell und frei verfügbar als saubere Energie. Niemand hat das Recht, dieses Allgemeingut zu privatisieren und zu monetarisieren.
Solarpunk erdenkt radikal neue Geschichten und setzt dabei nicht nur auf die Kraft der Worte, sondern sehr stark auf die Kraft der Bilder. Manche Visionen zeigen futuristische Hochhaus-Pyramiden mit Licht für alle BewohnerInnen und begrünten Fassaden. Zwischen den Ecotowers (ökologisch nachhaltig betriebenen Wohntürmen) verlaufen in luftigen Höhen Fußgängerbrücken. Andere Entwürfe zeigen bunt bemalte und bepflanzte Städte mit organischen Formen, die an Jugendstil-Design erinnern. Andere zeigen verlassene Industrieruinen, die begrünt, bemalt und umgebaut Orte für eine diverse Wohnkultur geworden sind.
Der Jugendstil ist ein wichtiges Vorbild für die Solarpunk-Bewegung, denn er ist weit mehr als eine kunstgeschichtliche Epoche am Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert, sondern vielmehr eine Bewegung, die auch gesellschaftspolitisch aktiv war und ein ganz neues Lebensgefühl proklamierte. Auch hier ging es um ein nachhaltigeres Leben unter Einbeziehung natürlicher Formen, der Wertschätzung von Produkten und ein neues Miteinander. Die Reminiszenzen des Solarpunks an den Jugendstil sind also sehr bewusst eingesetzt. Allerdings blieb der Jugendstil weitgehend einer avantgardistischen Elite vorbehalten, während der Solarpunk sich an jedermann und jederfrau richtet.
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