Climate Fiction: Wie Science Fiction-Autoren uns in der Klimakrise helfen können ist eine Kurz-Serie aus 5 Artikeln und basiert auf meinem neuen Vortrag “Climate Fiction”.

Teil 1: #Climate Fiction – Fakten und Fiktionen zur Klimakrise

Teil 2: #Climate Fiction – Die Story des nächsten Jahrhunderts

Teil 3: #ClimateFiction – Die Stadt als Keimzentrum neuer Ideen

Die Zukunftsforschung postuliert Urbanität ein weiterhin zunehmender Trend. Bereits heute lebt über die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten, die Anzahl der Megacities (Städte mit mehr als 10 Millionen EinwohnerInnen) und der Stadtstaaten soll noch steigen.

Urbanität ist also nicht zufällig ein wichtiges Element vieler Science Fiction- oder auch Climate Fiction-Stories, ob als Settings oder Sehnsuchtsziele. Städte sind dauerhaft und weithin sichtbare Landmarken, sie überdauern oft Jahrhunderte oder Jahrtausende an der gleichen Stelle. Die urbane Keimzelle ist meist ein Ort mit strategisch günstiger Lage – in einer fruchtbaren Umgebung, mit Zugang zu Wasser, nahe an Handelswegen zu Land oder zur See, spiritueller Bedeutung oder ähnlichen Bedingungen.
Städte existieren auch weiter, nachdem sie von Menschen verlassen wurden, ihre Infrastruktur bleibt nutzbar. Die Siedlungsgeschichte vieler heutiger Städte reicht zurück bis in die prähistorische Zeiten der Jungsteinzeit oder der Eisenzeit, wie etwa New York, Hamburg, London oder Mexiko-City. Das macht sie gerade für in der Zukunft angesiedelte Climate Fiction-Szenarien besonders wichtig.

Thermale Karte von Atlanta (NASA: On May 11-12, 1997, NASA used a specially outfitted Lear Jet to collect thermal data on metropolitan Atlanta, Georgia. Nicknamed “Hot-Lanta” by some of its residents, the city saw daytime air temperatures of only about 26.7 degrees Celsius (80 degrees Fahrenheit) on those days, but some of its surface temperatures soared to 47.8 degrees Celsius (118 degrees Fahrenheit). In this image, blue shows cool temperatures and red shows warm temperatures. Pockets of especially hot temperatures appear in white. (Image courtesy NASA/Goddard Space Flight Center Scientific Visualization Studio.) Image obtained from NASA Earth Observatory webpage — Ryanjo). (Wikipedia: Urban heat island)

Städte tragen sind Mit-Verursacher der Klimakrise und leiden gleichzeitig  Städte viel stärker als ländliche Räume unter der globalen Klimakrise: Starkregen kann in ihren Beton-, Asphalt-, Stein- und Glasstrukturen nicht versickern. Extreme Wetterlagen wie Überschwemmungen, Sturm oder Schnee treffen die Infrastruktur der Städte besonders empfindlich und legen sie für Stunden oder Tage lahm. Luftverschmutzung durch Abgase oder entfernte Brände in Wäldern oder Mooren sorgen gerade in den Städten für signifikante gesundheitliche Probleme. Die schlimmste Gefahr aber ist die Hitze: Die steinernen Städte heizen sich extrem auf, es gibt viel zu wenige kühlende Grün- und Wasserflächen – sie sind urbane Hitzeinseln. So rufen immer mehr Städte weltweit den Hitzenotstand aus – New York erstmals 2006. In Deutschland erklären zunehmen Städte und Gemeinden den Klimanotstand und versuchen so auf kommunaler Basis, den Klimaschutz aktiv voranzutreiben und gegen die Untätigkeit auf Landes- und Bundesebene zumindest ein Zeichen zu setzen.

Größere Städte haben ein übergeordnetes Parlament und dann kleinere Organisationsstrukturen verschiedener Ebenen, etwa die Stadtviertel, Siedlungen oder einzelne Gebäude. Diese stehen zumindest teilweise in unmittelbarem Austausch mit den BewohnerInnen und sind darum auch an schnellen, pragmatischen Lösungen interessiert, schließlich managen sie jeden Tag das Alltagsleben Tausender, Hunderttausender oder sogar Millionen von Menschen. In einer Stadt müssen Ressourcen wie Raum, Platz, Fläche, Wasser, Energie, Ernährung und saubere Luft für die Grundbedürfnisse aller geteilt werden – für Wohnen, Mobilität, Kommunikation, Bildung, Sicherheit, Rechtssicherheit und soziales Leben. Diese Teilung knapper Ressourcen ist in nahezu allen Städten der Welt gleich, egal, wo sie liegen und wer darin wohnt. Gleichzeitig müssen Städte auch in der Klimakrise bewohnbar bleiben und ihre EinwohnerInnen schützen, etwa vor Hitzschlag.

Die Stadt als Keimzentrum neuer Ideen – Kim Stanley Robinsons 2140

Kim Stanley Robinson (*1952) ist einer der herausragenden Schriftsteller des Sonnensystems (laut Wired), der virtuos Science Fiction als Gesellschaftsentwurf und Gesellschaftskritik einsetzt und damit an die Wurzeln des Genres zurückgeht. Der promovierte Literaturwissenschaftler durchdenkt seine Szenarien interdisziplinär auf hohem inhaltlichen Niveau und erprobt gleichzeitig menschliche Reaktionen mit ihren rationalen und irrationalen Facetten.

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Kommentare (2)

  1. […] Hier ist das Interview  im Video, es lohnt sich sehr. Viele Städte planen übrigens längst ihre Anpassungen gegen zunehmende Hitze und immer stärkere Regenfälle. Diese Planungen laufen seit über 10 Jahren unter dem Schlagwort blau-grüne Infrastruktur. Über urbane Zentren und ihre besondere Rolle in der Klimakrise hatte ich hier schon einmal ausführlicher geschrieben. […]

  2. #2 Dampier
    dampierblog.de
    28. November 2021

    Hallo Bettina, ich hab hier gerade ein Interview mit Robinson zum Thema Climate Fiction gefunden:

    https://taz.de/Autor-ueber-die-Klimakrise-in-Romanen/!5815427/

    (Musste sofort an dich denken … hab es selbst noch gar nicht gelesen 😉 )