Eine Sturm-Katastrophe schweißt diese bunte Community noch einmal fester zusammen: Nach der Zerstörung und Überflutung vieler Wohnhäuser wollen sie Sturm-Flüchtlinge unterbringen. Die bewohnten Wohntürme in Lower Manhattan können diese zusätzlichen Menschen kaum noch aufnehmen. In dieser Notsituation kommt es zu der Idee, dafür nicht genutzten Wohnraum auch in Upper Manhattan zu beschlagnahmen.

Gemeinsam treten die mutigen Bewohner dem Kapitalismus entgegen und rufen zum Ungehorsam auf: Wenn ganz viele Menschen ihre Mieten, Kredite, Studiendarlehen, … und andere Schulden nicht bezahlen, ist das Kapital dagegen machtlos. Schließlich können nicht so viele Menschen gleichzeitig verfolgt, angeklagt und ins Gefängnis geworfen werden. Die Polizistin Gen signalisiert, dass sie das für moralisch und menschlich korrekt hält und niemanden festnehmen würde. Franklin inszeniert also einen gezielten Börsencrash: Die Banken gehen bankrott und werden vom Staat gerettet. Dann werden sie verstaatlicht und gehören dem Staat, auch ihre bald wieder steigenden Gewinne. Die Gewinne kann der Staat dann in Bildung, Soziales, erschwingliches Wohnen und ähnliches umleiten.

Aus der zumindest partiellen Dystopie nach zwei Flutwellen erwächst eine Utopie mit Punk-Elementen.

2140 ist – wieder – ein sehr politisches Buch, das Rücksichtnahme und den Community-Gedanken als stark vorstellt, es ist konstruktiv, kontrovers und didaktisch, wie es für Cli Fi typisch ist. Robinsons Protagonisten sind diverse, bunte und außergewöhnliche Charaktere.
Wie alle Geschichten ist auch 2140 äußerst durchdacht angelegt und geradezu akademisch strukturiert. Er gibt ein immenses Hintergrundwissen über den Ort des Geschehens, ob es sich um New York, die Antarktis, den Mars oder andere Orte handelt – das gefällt mir persönlich extrem gut. Gewalt und Action kommen nicht als Selbstzweck vor, sondern dosiert, auch Hauptpersonen können sterben.

Seine Bücher radikalisieren, wie auch der Wired-Interviewer schrieb. Die Punk-Attitude und einige radikale Gedanken wie das Ersetzen des Kapitalismus durch gemeinschaftlichen zivilen Ungehorsam und Gemeinschaftseigentum dürfte in den USA noch wesentlich radikaler wirken, als in Europa.

Um die Zukunft der sozialen Beziehungen global und in Städten, in und nach der Klimakrise geht es im nächsten Teil: Solarpunk!

Fortsetzung:

Teil 4: #ClimateFiction: #Solar Punk – die Dystopie ist abgesagt 

Teil 5: #ClimateFiction: #ElsterCon2020 – Fahrenheit 145: Science Fiction, Klimakrise und Gesellschaft

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Kommentare (2)

  1. […] Hier ist das Interview  im Video, es lohnt sich sehr. Viele Städte planen übrigens längst ihre Anpassungen gegen zunehmende Hitze und immer stärkere Regenfälle. Diese Planungen laufen seit über 10 Jahren unter dem Schlagwort blau-grüne Infrastruktur. Über urbane Zentren und ihre besondere Rolle in der Klimakrise hatte ich hier schon einmal ausführlicher geschrieben. […]

  2. #2 Dampier
    dampierblog.de
    28. November 2021

    Hallo Bettina, ich hab hier gerade ein Interview mit Robinson zum Thema Climate Fiction gefunden:

    https://taz.de/Autor-ueber-die-Klimakrise-in-Romanen/!5815427/

    (Musste sofort an dich denken … hab es selbst noch gar nicht gelesen 😉 )