Sperm whale

#XMasOrnament #SpermWhale #Cachalot

Der Pottwal (Physeter macrocephalus) ist einzigartig und der einzige Wal, der nachweislich große Schiffe versenkt hat. Gleichzeitig steht er für unendlichen Reichtum und ist darum erbarmungslos gejagt worden.
Das hat er seiner Nase zu verdanken: Bei erwachsenen Bullen nimmt der Kopf fast ein Drittel der Körperlänge ein, sie sehen dadurch seltsam unförmig aus. Der Kopf ist fast viereckig, der kastenartige Aufbau besteht aus zwei Doppelzylindern. Darunter hängt der Unterkiefer – scheinbar lächerlich klein. Das täuscht allerdings gewaltig, denn der Unterkiefer ist zwar sehr schmal, aber lang und besteht aber aus dem härtesten Knochen des Tierreichs. Er ist massiv genug, um die 52 Zähne zu tragen. Die größten Zähne wiegen fast 1 Kilogramm!

Die Nase macht bei diesem Wal einen großen Teil des Gewichts aus.
Nach Angaben der Walfänger des letzten Jahrhunderts wiegt der Pottwalbulle „a foot, a ton“: Je 1 Fuß Länge wird 1 Tonne Gewicht geschätzt. Ein ausgewachsener Bulle von fast 20 Metern Länge kommt damit auf fast 60 Tonnen Gewicht (Ellis, s. u.).
Und dann wiegt die “Nase” mit ihren Anhangsorganen allein mehrere Tonnen.
Der große Kopf gibt der Art ihren Namen: Physeter macrocephalus.

Um so ein Gewicht  zu halten, ist eine Menge reichhaltiges Futter nötig. Pottwale fressen am liebsten Kalmare, die durch ihr Eiweiß echte Proteinbomben sind.
Der Nachteil an Kalmaren ist, dass sie schnell, intelligent und wehrhaft sind. Ihre 10 Arme tragen scharf umränderte Saugnäpfe und mit ihren scharfkantigen Papageien-Schnäbeln können sie tiefe Fleischwunden reißen. Solche Wunden sind an den Köpfen der erwachsenen Wale zu sehen, trotzdem fressen die Meeressäuger gern und oft diese vielarmigen Leckerbissen. Sie müssen also eine Möglichkeit gefunden haben, diese wehrhaften Weichtiere zu überwältigen.

Und da kommt die Nase ins Spiel.
Die Nase des Pottwals ist ein multifunktionales Organ!

File:Sperm whale head anatomy (skull cutaway).svg

Schnitt durch den Pottwal-Kopf (Wikipedia)

Ob sie noch zum Riechen taugt, wissen wir nicht – der entsprechende Anteil im Gehirn (Bulbus olfactorius) ist bei den Zahnwalen stark zurückentwickelt.
Dafür nutzen alle Wale die Nase zum Atmen: Die Atemöffnung liegt auf dem Scheitelpunkt des Walkopfes, der Wal kann also im Schwimmen und ohne den ganzen Kopf aus dem Wasser strecken zu müssen, sehr schnell aus – und einatmen.

Die extragroße Pottwal-Nase hat ihre seltsame Form und ihren kostbaren Fettanteil durch das sogenannte Spermaceti-Organ. Das Organ besteht aus zwei übereinander liegenden zwei Bestandteilen, dem “Junk” und dem “Case” (s. Abbildung).

Die Funktion dieses einzigartigen Organs ist bis heute noch nicht vollständig erforscht.
Fest steht: Der Junk, das unten liegende „Fettpolster“, entspricht der Melone anderer Zahnwale. Die Melone ist eine Fettlinse, die essentiell wichtig für die Echolokation ist: Sie fokussiert die Ortungslaute des Wals. Die fokussierten Schallwellen erreichen ihr Ziel (ein Beutetier oder ein Hindernis), werden reflektiert und kommen zum Wal zurück. Durch den asymmetrischen Zahnwal-Schädel und sein an das Wasser angepasste Gehör kann der Wal genau hören, woher und aus welcher Entfernung ein Geräusch kommt (Whitehead s. u.). Der Pottwal-„Junk“ ist allerdings wesentlich größer als die Melone anderer Zahnwale, das dichte Öl ist mit Bindegewebe in Kompartimente unterteilt.
Der „Case“ enthält das eigentliche Spermaceti-Öl, das bei Luftkontakt fest und weißlich wird.

Der dänische Wal-Experte Peer Madsen (s. u.) hat diese Rekordnase intensiv erforscht, seine Ergebnisse weisen darauf hin, dass ein Pottwal sein Lieblingsessen, nämlich tief lebende Kalmare, von der Oberfläche aus ortet, sie dann mit gewaltigen Sonar-Impulsen lähmt oder sogar tötet und die lahmenden Weichtiere dann genüsslich einsaugt. Die Zähne benutzt er beim Fressen übrigens nicht – sie sind auch bei einem alten Pottwal kein Stück abgenutzt.
Damit wäre das Spermaceti-Organ  eine Schallkanone!

Die Schallkanone ist eine gute Erklärung, wie der Wal seine Beute, die intelligenten, schnellen und wehrhaften Kalmare, überwältigen kann.
Neben den Ortungs-Clicks benutzen Pottwale, wie alle Wale, komplexe Lautfolgen zur sozialen Verständigung untereinander (Whitehead s. u.). Whitehead und seine Kollegen sind nach vielen Jahren der Wal-Forschung übrigens der Meinung, dass diese großen Zahnwale eine eigenständige Kultur entwickelt haben. Wie auch Orcas und andere Zahnwale. Aber das ist eine andere Geschichte…

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Kommentare (7)

  1. #1 rolak
    15. Dezember 2020

    Ob sie noch zum Riechen taugt, wissen wir nicht

    Och menno, die Überschrift aus dem feed machte mir gewisse Hoffnungen auf neue Erkenntnisse zur JagdSensorik…
    Doch dann, ein cliffhanger, bis morgen Nägel kauen^^ ..leider geil

    ~·~
    Letztes Frühstück waren ua zeittypische Kinder-NEMs Thema. Meine Generation wurde mit irgend­so­nem Eisen­drink gepäppelt, der in dem Verschluß­kappen­Pinneken kredenzt wurde. Bekam von mir das Prädikat ‘extralecker’, was Muttern grinsend kommentierte mit ‘war ja auch Alkohol drin’. Sie selber wurde jungsch mit Lebertran gepestet – und prompt kam die Frage auf, woraus der denn gemacht werde. Weil es sich (nein, nicht deswegen) richtig anfühlte, sprudelte meiner einer ‘Dorsch/Kabeljau’ in den Ring, während der Rest spontan und synchron ‘Wal’ entgegenhielt. Nun, alles Meinungen, kein Wissen, vertagt, weiter im Thema.

    Daher schönen Dank für die NachschlageErinnerung, habs bereits rumtelefoniert. Die Diskrepanz scheint übrigens Standard zu sein, formuliert doch DPedia eindringlich

    ..hauptsächlich aus der Leber von Kabeljau und Schellfisch – nicht aber aus dem Tran der Wale – gewonnen..

  2. #2 Bettina Wurche
    15. Dezember 2020

    @rolak: : ). In Nordnorwegen gab es zumindest um 2000 Lebertran sogar wahlweise mit Zitronen- oder Orangen-Geschmack. Wir hatten das bei unserer Managerin im Kühlschrank stehen sehen und sie kippte sich dann vor unseren Augen beherzt einen tiefen Schluck in den Hals. Naja, auf den Vesteralen dürfte Vitamin D-Mangel Volkskrankheit sein.
    Das mit dem Stühlerücken habe ich aber nicht gepeilt.

  3. #3 rolak
    15. Dezember 2020

    nicht gepeilt

    Falls Du Dich auf jenes beziehst, dann ist Dein Kompass aufs falsche Möbelstück geeicht.

  4. #4 Kerberos
    15. Dezember 2020

    Nun,
    was die Pott- (und andere Tieftauchwale) auszeichnet,
    ist ihre Fähigkeit, mit dem Druckwechsel zurecht zu kommen.
    Nicht der Druck an sich ist das Problem, sondern die
    Druckänderung (besonders beim Auftauchen), wie jeder
    Taucher weiß.
    Das dürfte nach meiner Meinung auch die Jagdmethode der
    Tieftauchwale sein:
    Tauchen, Orten, zubeißen, auftauchen.
    Der “abgeschleppte” Kalmar wird beim Auftauchen
    an der Caissonkrankheit verenden.
    Und notabene: an welchen Knochen sollen sich denn
    die Zähne der Pottwale abnutzen? Haben diese
    Tiedseekalmare einen Schulp?

  5. #5 Bettina Wurche
    15. Dezember 2020

    @Kerberos: Tiefseekalmare haben keinen Schulp, sondern nur eine sogenannte Feder, ein chitiniges Schülpchen. Allerdings fressen Pottwale auch Fische. Der Verzehr von Fischen nutzt Zähne definitiv ab, wie von anderen Zahnwalen gut belegt ist. Außerdem wird beim Fressen von Bodenfauna auch oft Sand mit aufgenommen, der Zähne stark abnutzt. Fakt ist, wenn Zähne benutzt werden, nutzen sie sich auch ab. Wobei rezente Pottwale ja für die Zähne im Unterkiefer kein oder wenig Widerlager im Oberkiefer haben, das dürfte auch vor Abkauen schützen.
    Wie Pottwale jagen, ist mittlerweile ganz gut untersucht, zumindest an den Bullen im östlichen Nordatlantik. Die Forschung stelle ich morgen vor.
    Ob Kalmare Caissonkrankheit bekommen können, weiß ich nicht. Ich würde Erkenntnissen von Säugetieren nicht so einfach auf Weichtiere übertragen, die haben eine andere Physiologie. U. a. haben sie einen anderen Blutfarbstoff, keine Ahnung, wie sich Hämocyanin gegenüber Druck verhält. Gegen den Druck der Tiefsee haben sie andere Anpassungen als Säuger, viele Tiefseeoktopusse haben Ammoniak eingelagert. So auch Riesenkalmare. Wie sich das beim Auftauchen verhält, weiß ich nicht. Es bekommt ihnen allerdings nicht gut, aus der Tiefe nach oben gerissen zu werden.

  6. #6 Kerberos
    15. Dezember 2020

    “”Es bekommt ihnen allerdings nicht gut, aus der Tiefe nach oben gerissen zu werden.””
    Das dürfte auf das Ausperlen gelöster Gase zurückzuführen sein.
    (bei Fischen kann auch die Schwimmblase platzen,
    aber haben Fische in diesen Tiefen Schwimmblasen?)
    Ich habe das in Analogie “Caissonkrankheit” genannt,
    Ob da Stickstoff, Sauerstoff oder Ammoniak ausperlt,
    ist sekundäer.
    “Anpassung an den Druck” ist eine verbreitete Vorstellung
    von Amateuren, die Auswirkungen von Druck in Flüssigkeiten auf die Chemie sind minimal, wenn keine Phasenwechsel damit verbunden sind.
    Nochmal: der Druckwechsel ( z. B. aus der Tiefe nach oben gerissen) ist das Problem, nicht der Druck als solcher.

  7. #7 Bettina Wurche
    15. Dezember 2020

    @Kerberos: Jein – natürlich ist meist der Druckwechsel, der Probleme bereitet. Ab einer gewissen Tiefe müssen bildet aber auch der Druck selbst eine Herausforderung. Wir sprechen hier nicht von Flüssigkeiten, sondern von Organismen mit verletzlichen Geweben udn Organsystemen.
    Ob ich als vollkommene Amateurin die komplexe Tauchphysiologie verschiedener Organismengruppen so detailliert zu erklären vermag, liegt natürlich außerhalb meiner Einschätzung. Da hier gleich eine Fülle von Themen angeschnitten sind, die von unterschiedlichen Tiergruppen unterschiedlich gelöst worden sind, bedarf das jedenfalls einer längeren Antwort. Selbst innerhalb der Wale ist das schon unterschiedlich. Ich schaue mal, dass ich Freitag dazu komme.