Über den Rest der Albernheiten wie die mutierten Klingonen, die als Vertriebene äußerst schicke, aufwändige und identische Outfits tragen und mit deren Gesichtern etwas Seltsames passiert sein muss, schweige ich besser. Ich fühlte mich an die Star Trek DS9-Folge „Trials and Tribble-ations” erinnert, als Sisko Worf fragt, was denn eigentlich mit den Klingonen passiert sei. Worf reagiert mit großartig genervtem Achselzucken – das hätte er hier sicherlich auch getan. Auch das nur in Untertiteln übersetzte Klingonisch hat mich ziemlich genervt.

Star Trek Discovery hatte sich mit der komplexen Materie des Sporennetzwerk und einer Klingonen-hassen-Menschen-und schlagen-jetzt-zurück-Storyline inklusive extrem vieler Kehrtwendungen viel vorgenommen. Ich bin nicht die einzige, die den nur basal erklärten Sporenantrieb und die Rolle des Bärtierchens verwirrend fand. Dazu kommen viele extreme Charaktere, die ihr persönliches Problem-Päckchen irritierend offenherzig ausbreiten und für weitere Irritationen sorgen – Drama-Queens im Weltall.
Die Schauspieler waren sicherlich nicht schlechter, als die anderer Star Trek-Serien, darunter sogar echte Charakterdarsteller wie Jason Isaacs als Captain Lorca oder der wunderbar fremdartig als Kelpianer agierende Doug Jones als 1. Offizier Saru. Doug Jones ist übrigens ein Kontorsionist („Schlangenmensch“) und kann sich dadurch auf so ungewöhnliche Weise bewegen, dass er oft nichtmenschliche Rollen besetzt. Viele halten ihn für die interessanteste Figur in Discovery. Ich erstarre vor Ehrfurcht, wenn ich daran denke, tagelang auf Hufen zu laufen.

Nett an Discovery sind die vielen Anspielungen auf die Original-Serie – von einem ausgezeichneten Captain Pike bis zu dem schmierigen Halunken Harry Mudd, den Captain Lorca im Klingonen-Knast so wunderbar abblitzen lässt. Nervig ist, dass die meisten Charaktere sich schneller wandeln als Formwandler, zu viele Zeitsprünge und Spiegeluniversen haben zumindest meine Geduld deutlich überstrapaziert. Ein gut angelegter und umgesetzter Hauptplot wäre eine Bereicherung gewesen.

Besonders schäbig finde ich, dass CBS und Netflix für Discovery wesentliche Elemente der Story und drei Hauptcharaktere einem Videospiel entnommen haben:
Anas Abdin hat drei Jahre lang sein unveröffentlichtes Sci-Fi-Adventure Tardigrades entwickelt:

  • Menschen können mit Hilfe von riesigen Bärtierchen + biologischem Antrieb die Galaxie bereisen.
  • Hauptfigur 1: eine afroamerikanische Frau, die eine ungeheure Ähnlichkeit mit Michael Burnham hat.
  • Hauptfigur 2 und 3: ein schwules Pärchen aus einem extrem hellhäutigen Mann mit silbrig-blondem Haar und seinem etwas dunkleren Gefährten, der eine auffallende Barttracht trägt: Die Ähnlichkeit mit Paul Stamets und Dr. Hugh Culber ist frappierend.

Leider hatte Abdin Promotion-Filme auf Youtube gezeigt, wie er auf seinem Blog anas-tronaut schreibt. Anas Abdin hatte versucht, gegen das Plagiat juristisch vorzugehen, um ihn finanziell zu wappnen hatten Fans sogar zu einem Crowdfunding aufgerufen. Vergeblich. Auch wenn CBS und Netflix jetzt letztendlich vom Plagiats-Vorwurf freigesprochen worden ist, kommen mir die Übereinstimmungen viel zu detailliert für einen Zufall vor.

Frohe Weihnachten!

Mit diesem Beitrag endet heute, am Heiligabend , der Meertext-Adventskalender.
Ein Nerd-Thema, das mir die Nicht-SF-Fans verzeihen mögen.
Aber in diesen Zeiten müssen es manchmal Brot und Spiele bzw. Kekse und Star Trek sein, wir können alle etwas Entspannung gebrauchen.
Auch der heutige Weihnachtsschmuck ist extraordinär: eine gewaltige Saturn V-Rakete!
(Sie ist allerdings nicht zum Aufhängen geeignet, denn sie ist zu schwer für die Befestigung – das habe ich im letzten Jahr für Euch ausprobiert).
Mir haben die Themen und vor allem das Geplauder mit Euch, mit Ihnen wirklich gefallen und gut getan.
Jetzt wünsche ich allen ein so frohes und entspanntes Weihnachstfest wie nur möglich und vor allem Gesundheit!

In eigener Sache:
Meertext hat jetzt eine Spenden-Funktion (rechte Spalte) – über eine Einladung zu einer Tasse Tee freue ich mich immer!

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Kommentare (23)

  1. #1 Dampier
    dampierblog.de
    24. Dezember 2020

    Liebe Bettina, auch wenn ich nicht viel geplaudert habe zuletzt – danke für die schöne Artikelserie, die ich gern verfolgt habe. Ich wünsche dir entspannte Jahresendtage 🙂

  2. #2 RPGNo1
    24. Dezember 2020

    @Bettina Wurche

    Vielen Dank für den Meertext-Adventskalender. Er hat bei mir für interessante und vergnügliche Momente in diesen außergewöhnlichen Tagen gesorgt.

    @alle
    Ich wünsche eine frohe Bescherung und geruhsame Feiertage.

  3. #3 Folke Kelm
    Schweden. Blauer himmel und Heilig Abend
    24. Dezember 2020

    Von mir auch. Allen Euch und Bettina frohe Weihnachten.

  4. #4 rolak
    24. Dezember 2020

    in Richtung Esoterik davontänzelt

    Ja aber sicher doch – aber ist Bisheriges wie Warp und Wurmlochreisen nicht gleichfalls Esoterik, nur Initiierten zugängliches Wissen? Und trotzdem naheliegend, gemäß A.C.Clarkes berühmtem “Any sufficiently advanced technology is indistinguishable from magic”? ZB Warp klingt nur rational(er) wg der DurchNummerierung, die Tempolimit-mäßig als allgemeinübliches Denkmuster ebenso gerne eingebaut wird wie eben Magie, Kult, Transzendenz. Egal ob nun die Drehkörper in DS9, die Techno-mage in Bab5, ComStar bei Battletech, oder ungezählte andere Ansätze. Vertraute Muster in fremden Szenarios, bewährt, um das Publikum bei der Stange zu halten.
    Doch klar, nicht alles davon gefällt jedem Menschen.

    irritierend offenherzig

    Wohl wahr, doch woran liegt das wohl? Doch nur daran, daß abgesehen von Barbarella und einigen mir noch erinnerlichen short stories Emotionalität bestenfalls in Ab­blend­Um­armungen und Macho­Prügeleien ‘erlaubt’ ist und wir so sozialisiert wurden. Die Einbeziehung persönlichen Umfeldes wird ja gerne, so auch bei KrimiSerien, als störend bis überflüssig angemäkelt, allerdings war das schon bei Erik Ode drin und außerdem könnten sonst die Folgen à la ‘Commodore64 löst Fall0815’ betitelt werden. Und selbst der C64 hatte so seine Abstürze…

    Nervig ist

    Meinen einige Bekannte von mir ebenfalls – andere allerdings nicht. Liegt wohl daran, daß der Angenehm­Bereich(Komplexität) bei jedem Menschen anders ausgelegt ist.

    ~·~
    Sind diese ganzen tollen Teile eigentlich aus Glas (TIE-Fighter ausgenommen)? Davon unabhängig wäre es evtl machbar, der Saturn5 ein Geschirr aus Angelschnur anzulegen und sie damit geschickt an die Decke zu dübeln, ein friedliches am Baume Baumeln vorgaukelnd.

    Schönen Dank nochmal für ua die Baumschmuckschule! Dir und allen anderen Menschen möglichst Angenehmes für die JahresendWoche (and beyond)!

  5. #5 Bettina Wurche
    24. Dezember 2020

    @Dampier: Danke, lieber Danpier, Dir auch : )

  6. #6 Bettina Wurche
    24. Dezember 2020

    @RPGNo1: Vielen Dank, lieber RPGNO1 – genau das war ja auch die Absicht : )

  7. #7 Bettina Wurche
    24. Dezember 2020

    @Folke Kelm: Danke, Folke – Dir auch : ) Und vielen Dank für Deine super-interessanten Themen!

  8. #8 Joseph Kuhn
    25. Dezember 2020

    Mit Commander Spock gespochen: Faszinierend. Die Eigenschaften der Bärtierchen ebenso wie das Plagiat.

    Haben Bärtierchen eigentlich auch kleine Lungen und können sich erkälten?

    Frohe Weihnachten!

  9. #9 Tante Tulli
    25. Dezember 2020

    @ Joseph Kuhn
    Bärtierchen haben keine gesonderten Atmungsorgane. Steht bei Wikipedia, Punkt 1.5

  10. #10 rolak
    25. Dezember 2020

    keine

    ..und auch bei Erkältung gehts in diese Richtung: Immerhin ist unter -237°C nurmehr ein siebtel Grad abwärts machbar…
    Wenn denn Erkältung durch Abkühlung (diesseits von Erfrieren) stabil erreicht werden könnte. Wie sich solche Winzlinge mit den noch winzigeren Viren herumschlagen, würde mich allerdings ebenfalls interessieren.

  11. #11 Bettina Wurche
    27. Dezember 2020

    @Joseph Kuhn: (Sorry für die späte Antwort) Noch einmal danke für den Anstoß, doc noch über den Tardigrade “Ripper” zu schreiben : ). @Tante Tulli hat schon korrekt geantwortet. Bärtierchen waren lange Zeit extrem mysteriös, weil sie viele ihrer inneren Organe reduziert haben. Sie sind gleichzeitig ursprünglich und superspeziell entwickelt; sie stammen höchstwahrscheinlich aus der Stammgruppe der Arthropoden. Also der ominösen Organismen-Bubble, aus der die Gliederfüßer hervorgegangen sind (s. auch Aegirocassus)
    https://scienceblogs.de/meertext/2020/11/17/aegirocassis-und-die-plankton-revolution/
    Diese Kombination macht sie so unempfindlich gegenüber äußeren Einflüssen.

  12. #12 Bettina Wurche
    27. Dezember 2020

    @rolak: Gute Frage, kann ich leider nicht beantworten. Ich glaube nicht, dass sie ich erkälten können, denn sie fahren ja den Stoffwechsel runter und tauschen dabei das Wasser im Körper durch frostsichere Flüssigkeiten aus (steht im Wiki-Artikel gut erklärt).
    Ich frage mich, wie sich ihre Eutelie auf Viren auswirkt. D. h., sie haben keine Zellteilung (Mitose), sondern ihre Anzahl Zellen bleibt ab der er Geburt/dem Schlüpfen gleich.
    Dazu habe ich bei einer schnellen Recherche nichts gefunden.

  13. #13 rolak
    28. Dezember 2020

    glaube nicht

    Sorry, das war eher der scherzende Teil, bzw der mit der üblichen Fehldeutung spielende und aus diesem Grunde mit der Temperatur herumrechnende. Erkältung dürfte wohl eher so heißen, weil Erkältete zeitweise ihre Umgebung als deutlich kälter wahrnehmen als Andere, da über eine durch intensive, längliche Abkühlung hervorgerufene Dämpfung der Abwehrmechanismen hinaus nichts nachgewiesen werden konnte.

    frage mich

    Ja, das ist in diesem Falle noch ein neugiersteigernder Bonuspunkt: auch wenn sich die Objekte der Begierde einer Teilung verweigern, sind sie iA doch am Stoffwechsel beteiigt und könnten daher prinzipiell für den Eigenbedarf umprogrammiert werden. In diesem Falle ist die Epidermis immerhin in der Lage, im Zuge einer Häutung eine neue Hülle zu produzieren.

    Doch bei Organismen dieser Größenordnung (~10³ Zellen) scheint mir die Änderung der Funktion einzelner bis weniger Zellen generell deutlich riskanter bzgl des Überlebens zu sein als zB bei uns Menschen (~10¹⁴ Zellen).

    Nun, vielleicht verraten sie uns ja mal etwas dazu in ihrer Hauspostille ;•)

  14. #14 RPGNo1
    31. Dezember 2020

    Ich wünsche einen guten Rutsch ins Neue Jahr. Bleibt gesund!

  15. #15 Bettina Wurche
    31. Dezember 2020

    @RPGNo1: vielen lieben Dank, das wünsche ich Dir und allen anderen auch!

  16. #16 rolak
    13. Januar 2021

    dann heißt es „Code Black“

    Hieß das tatsächlich irgendwo+wann so? Fiel mir grad ein, weil Discovery#3 mit Epi5 grad dran ist und auch dort bei ~24: das ‘mir gewohnte’ “black alert” ertönt.

  17. #17 Bettina Wurche
    13. Januar 2021

    @rolak: Im Englischen ist es “Black Alert”. Ich hatte nur die erste Staffel geguckt und meine, dass es Code Black war. Ist aber wohl falsch, andere Trekkies bestätigten mir gerade “Schwarzer Alarm” in der deutschen Übersetzung. Jetzt grübel ich, woher ich Code Black habe.

  18. #18 rolak
    14. Januar 2021

    Jetzt grübel ich

    Joi, das wollte ich nun wirklich nicht wie einen Schluckauf weiterreichen – und hätte bestenfalls einen weithergeholten, Farbspektrum-erweiternden Schuß ins Blaue in petto: Jack Nicholsons eindrucksvoller Auftritt als Colonel Jessup zum Thema ‘Code Red’.

    in der deutschen Übersetzung

    ..alleine wäre kein belastbares Argument: in Epi6 erdreistete man sich sogar, Namen zu übersetzen. Aus ‘Grudge’ wurde ‘Groll’ – fast befürchte ich eine Neuübersetzung des Dickensschen Christmas Carol, in der ‘Scrooge’ zu ‘Dagobert‘ mutiert…

  19. #19 rolak
    11. Dezember 2022

    So, die vierte Staffel kam gerade zur Ansicht. Schmalz, Drama und was noch so en vogue ist – aber eine imho gelungene Staffel.

  20. #20 Bettina Wurche
    11. Dezember 2022

    @Rolak: Schmalz und Drama trifft es garantiert. Dazu einige überflüssige Kung Fu-Moves, Zickenkrieg und Glitzer. Irgendwas zwischen Kindergarten und Space Soap

  21. #21 rolak
    12. Dezember 2022

    Irgendwas zwischen

    Selbstverständlich ist die Umsetzung des plots weiterhin ungemein diskutabel, weil abgesehen von technischen Details hauptsächlich Geschmackssache. Doch der plot, ein KommunikationsChaos mit völlig unbekannten Wesen, eigenzielorientierten Regierungen und zwangshandlungs-marodierenden Einzelnpersonen durch mehr Kommunikation und Überdenken der eigenen Position zu bewältigen, das ist imho ziemlich Roddenberry.

    Beim Komplettieren der Metadaten vor dem Verschubsen ins Archiv gabs noch eine ziemliche Überraschung: Strange New Worlds, fast ein spin-off von Discovery, war mir bisher völlig entgangen, peinlich, peinlich. Nicht aufmerksam gewesen und trotzdem ein Weihnachtspräsent – das wäre dem Nikolausi sicher nicht passiert 😉

  22. #22 RPGNo1
    13. Dezember 2022

    Auch wenn ich es nicht gesehen habe: “Strange New Worlds” (die 1. Staffel) hat von allen Serien der neuen “New Generation”, die seit Discovery auf den Markt geworfen wurden, die positivsten Kritiken erhalten, sowohl von Fans als auch von verschiedenen Medien.

    https://www.filmdienst.de/film/details/620049/star-trek-strange-new-worlds

    Die Macher haben sich entschieden, SNW auf die Wurzeln zurückzuführen, die einst den Erfolg von TOS und TNG ausmachten:

    In einer Folge abgeschlossene gut erzählte Geschichten ohne überbordende in sich verwickelte Handlungsstränge, bei denen man nach Folge 12 nicht mehr weiß, was denn einst der Auslöser in Folge 1 war. Dazu kommt noch ein schicker an TOS angelehnter Retrolook und der Verzicht auf allzu deutlich erhobene Zeigefinger und ständige penetrante Verweise auf gesellschaftspolitische Themen im Real Life.

    Der Zustimmung bei altgedienten und neu eingestiegene ST-Fans gibt den Machern wohl Recht, dass sie diesen Weg eingeschlagen haben.

  23. #23 Bettina Wurche
    16. Dezember 2022

    @RPGNo1, @rolak: Strange New Worlds habe ich bislang erst in Ausschnitten gesehen und eines der Bücher gelesen, habe aber bereits einen sehr guten Eindruck. Ja, es geht eher back to the roots. Ich möchte es auch unbedingt mal sehen!