In seinem Beitrag „Deep sea mining threatens indigenous culture in Papua New Guinea“ erklärt John Childs, Lancaster University, die Bedeutung des Ozeans für die kulturelle und spirituelle Identität der indigenen Menschen des Bismarck-Archipels. Auch ein internationales Forscher-Team um Virginie Tilot kommt zum gleichen Ergebnis und hält diesen Streit für einen Präzedenzfall: „Tatsächlich könnten die im Pazifik entwickelten Politiken und Praktiken auch anderswo als geeignetes Modell dienen, um kommerzielle, ökologische, kulturelle und soziale Werte im Kontext der Ausbeutung von Tiefseemineralien in Einklang zu bringen und das menschliche Wohlergehen und die nachhaltigen Lebensgrundlagen der pazifischen Gemeinschaften und die Gesundheit des globalen Ozeans zu erhalten.“
Genau die gleiche Situation führt beim Rohstoffabbau an Land etwa in Nordamerika und Australien immer wieder zu erbitterten Auseinandersetzungen. Das vermeintliche Recht auf einen Anspruch der modernen Industrienationen auf die weltweite Ausbeutung wird heute zu Recht in Frage gestellt.
Das Positionspapier deutscher zivilgesellschaftlicher Gruppen bezeichnet diese Form der Rohstoffausbeutung unmißverständlich als Menschenrechtsverletzung.
Der Tiefseebergbau hat also neben den wirtschaftlichen, juristischen und soziologischen Dimensionen auch noch ethische Komponenten, die man berücksichtigen sollte. Dabei geht es um eine die Abwägung all dieser Interessen im Sinne aller Menschen. Diese Abkehr von der alleinigen Berücksichtigung von Konzernen oder Staaten hin zu einer globaleren Betrachtung ist zeitgemäß!
Neuseelands Oberster Gerichtshof blockiert Bergbau am Meeresboden
Der neuseeländische Konzern Trans-Tasman Resources (TTR) hat gerade vor dem Obersten Gericht Neuseelands gegen das Verbot des Abbaus von Eisensand vor der Küste geklagt – am 30.09.2021 wies das neuseeländische Oberste Gericht (New Zealand High Court) die Klage zurück. Der Abbau von Eisensand am Meeresboden sei zu gefährlich, zu riskant und zu umweltbelastend – „seabed mining is too dangerous, too risky and too harmful to the environment.“ Durch den Abbbau von 5 Tonnen Metall wären 45 Tonnen Sediment bewegt und ins Meer zurückgeleitet worden, insgesamt sollten über 35 Jahre hinweg 50 Tonnen Eisensand geschürft werden. Der überschaubare Gewinn steht in einem starken Mißverhältnis zum zu erwartenden Schaden.
Einige Māori-Stämme, die Fischerei-Industrie, Umweltschutz- und andere lokale Gruppen sowie unabhängige Wissenschaftler hatten gegen den geplanten Eisensand-Abbau in der South Taranaki Bucht geklagt. In der South Taranaki Bucht leben u. a. eine erst kürzlich entdeckte Zwergblauwal-Population (Balaenoptera musculus brevicauda), die stark gefährdeten Māui-Delphine (Cephalorhynchus hectori maui) und die blauen Mini-Pinguine Kororas (Eudyptula minor).
Der Naturschutz ist – nicht nur in Neuseeland – kein Selbstzweck und kein nur ideeler Wert, sondern auch ein Wirtschaftszweig: Die wilde und größtenteils unberührte Natur Neuseelands mit ihren langen Küsten und den schroffen Landschaften sowie der einzigartigen Tier- und Pflanzenwelt ist ein erheblicher Wirtschaftsfaktor. Fischerei und Tourismus sind wichtige Erwerbszweige für viele Menschen. Dazu kommt die enge kulturelle und spirituelle Verbindung der Maori-Bevölkerung mit dem Meer. Auch die ist nicht ausschließlich Selbstzwecke, die wehrhaften Maori-Seefahrer prägen heute auch das Image Neuseelands und tragen auch ihren Anteil zum Tourismus-Erfolg bei.
Die Rohstoffe könnten nur einmal gewonnen werden, danach wäre die Landschaft zerstört und ausgebeutet. Naturschutz, Fischerei und Tourismus hingegen bringen auf lange Sicht regelmäßige Gewinne ein und erhalten die Natur.
Das Urteil wird als starkes Signal gegen den Rohstoffabbau am Meeresboden allgemein und auch für den Tiefseebergbau in internationalen Gewässern gewertet.
Wichtig wäre jetzt, dass die Weltgemeinschaft den Wert des Meeresschutz erkennt und auch andere Staaten die Risiken besser berücksichtigen. Auch solche, die auf Naturschutz und Menschenrechte eher weniger Wert legen – wie etwa China.
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