Schnabelwale tauchen extrem lange und tief, an der Wasseroberfläche verhalten sie sich möglichst unauffällig: Das Leben der mittelgroßen Zahnwale ist geprägt von ihrer Furcht vor Orcas.
Äußerlich sehen sie wie zu groß geratene Delphine aus, ihr auffallendstes Merkmal ist die oft seltsame Bezahnung: Bei den meisten Arten tragen nur erwachsene Männchen zwei bis vier Zähne im Unterkiefer, manche Arten haben Hauer wie Wildschweine. Bei Schnabelwalen der Gattung Mesoplodon wachsen bei allen Arten nur bei erwachsenen Männchen zwei artspezifisch geformte Unterkiefer-Zähne, darum heißen sie auch Zweizahnwale. Das macht die Zuordnung von Weibchen zu den einzelnen Arten recht schwierig.
Aufgrund ihrer unauffälligen und scheuen Lebensweise in der Hochsee sind Schnabelwale nur wenigen Menschen bekannt und nicht einfach zu identifizieren. Darum kommt es in dieser Gruppe auch heute noch immer wieder zur Entdeckung neuer Arten, wie zuletzt in mexikanischen Gewässern. Ich mag diese Wale sehr gern, sie waren Thema meiner Diplomarbeit und sind darum häufig auf Meertext zu Gast.
Ende Oktober ist gerade wieder eine neue Art wissenschaftlich beschrieben worden: Ramaris Zweizahnwal (Mesoplodon eueu).
Ramari Stewart leitet die Wal-Präparation
Im November 2011 hatte ein ortsansässiger Fischer einen Wal in der neuseeländischen Jackson Bay gemeldet, er hatte vergeblich versucht, das Tier ins offene Meer zu leiten. Leider strandete der Meeressäuger dann am 25. November am Waiatoto Spit. Wissenschaftlerinnen sicherten mit Hilfe eines ortsansässigen Farmers das 5,05 Meter lange tote Schnabelwal-Weibchen. Sie legten den Kadaver auf ein Vlies und ließen dann erst einmal die Weichteile abfaulen, das ungelegte Vlies sollte auch kleine Knochen wie etwa die zarten Fingerknöchelchen auffangen. Ihnen war klar, dass dieser Fund etwas Besonderes war: Hakura – so nennen die Maori die Schnabelwale – sind selten und scheu, viele der mittlerweile bekannten 23 Arten sind nur von einigen unvollständigen Skeletten bekannt. Der Museums Die erfahrene Māori-Walexpertin Ramari Stewart wurde mit der sorgfältigen Präparation des Skeletts beauftragt und führte sie mit dem Department of Conservation-Mitarbeiter Don Neale und dem Te Runanga o Makaawhio-Vertreter Nathanieal Scott durch. Als sie die winzigen Fingerknöchelchen aus dem Brustkorb sammelte, stieß sie auf noch mehr kleine Knochen, die sie zunächst nicht zuordnen konnte. Aber schließlich wurde ihr klar: Das Weibchen war trächtig und die kleinen Knöchelchen gehörten zu ihrem ungeborenen Kalb. So gab es gleich zwei Schädel für die Sammlung, einen ausgewachsenen und einen winzig kleinen.
Wie die Präparation genau abgelaufen ist, hat Rebecca Wilson auf dem Department of Conservation-Blog detailliert und mit vielen Photos beschrieben. Eine Walpräparation ist nicht nur körperlich sehr schwere Arbeit, sondern auch wegen des infernalischen Geruchs eine erhebliche Belastung. Dazu kommt noch die Gefahr einer Infektion, verwesende Meeressäuger können entsetzliche Blutvergiftungen verursachen. Nur eine gute Organisation und die reibungslose Zusammenarbeit mehrerer Personen mit führt zum Erfolg, einige davon erledigen die Schmutzarbeit, andere müssen „clean hands“ bleiben. Ramari Stewart hat diese Arbeit exzellent organsiert.
Ramaris Wal-Verwandschaften
Ramaris Wal erhielt die Nummer NMNZ MM003000, die Skelette von Walmutter und Fötus liegen im Museum of New Zealand Te Papa Tongarewa (NMNZ, Wellington, Aotearoa New Zealand; specimen MM003000), eine Gewebeprobe ist im New Zealand Cetacean Tissue Archive (NZCeTA, University of Auckland, Auckland, Aotearoa New Zealand).
Photos des Walkopfes elektrisierten Anton van Helden, den Meeressäugerexperten des Museum of New Zealand Te Papa Tongarewa. Er kennt sich mit den Mesoplodon-Arten gut aus, 2002 hatte er an der Entdeckung und Beschreibung von Perrins Zweizahnwal (Mesoplodon perrini) mitgearbeitet.
Auf den ersten Blick wirkte dieser in Neuseeland gestrandete Zweizahnwal mit seinem schmalen und langen Schnabel wie ein True-Schnabelwal (Mesoplodon mirus). Der US-amerikanische Wal-Experte Frederick True hatte diese Walart anhand von Strandungsfunden aus dem Nordatlantik beschrieben, der Name „mirus“ – der Wunderbare – verdeutlicht sein Entzücken über das seltene Tier mit dem ungewöhnlichen Kopf und mysteriösen Verhalten.
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