Da hat der fefe doch schön gelästert:
Linux fährt jetzt “inclusive terminology”. Erstmal nur für neuen Code.
Da werden aber bei den ganzen Sklaven der Neuzeit die Korken knallen! Endlich befreit sie mal jemand!
Klar, übertriebene Political Correctness nützt niemandem – andererseits prägen Sprachgewohnheiten unser Denken und können verletzend sein. Doch abgesehen von solch prinzipiellen Erwägungen lohnt der nähere Blick: Da soll in der Programmierung des Linux Kernel alsomaster
und slave
durch requester
und responder
bzw. controller
und host
ersetzt werden. Es gibt auch noch weitere Vorschläge, Punkt ist aber: Es gibt eindeutigere Alternativen.
master
und slave
wurden in der Vergangenheit für alle möglichen Verfahren eingesetzt. Auch ich habe mich dieses Vokabulars bedient (insb. in Kursen, die hier nicht verlinkt sind). Das sollte ich dringend ändern. Erstens, weil es selbstverständlich ein Sprachgebrauch ist, der möglicherweise beleidigend ist, sicher aber einen rassistischen Hintergrund hat. Darüber denken viele nicht nach. Auch ich nehme für mich in Anspruch kein Rassist zu sein – noch nicht mal unbewusst “unter der Haube”. Zweitens aber auch, weil es einem Informatiklingo entspricht, der Nicht-InformatikerInnen eine zusätzliche Verständnishürde bietet: Das ist so bei jedem Abstraktionsniveau, dass man zusätzlich einführt (darüber habe ich ansatzweise bereits philosophiert …). Zwar ist Leuten ohne IT-Hintergrund auch nicht unmittelbar klar, was mit controller
und host
gemeint sein könnte – aber auch InformatikerInnen brauchen für solche Paare Kontext. Das können wir alle nachvollziehen: Viele Worte haben eine breite Palette an Bedeutungen und erst mit Kontext wird die Bedeutung klar. Doch master
und slave
sind einfach grundsätzlich einen Schritt näher an der Plantage und einen Schritt weiter weg vom Transistor als das bei den Alternativen der Fall ist.
Nur weil wir (lies: Leute mit IT-Spezialisierung) whitelisting
oder master /
slave
-Paare schon viele hundert Male gehört haben, haben wir die Irritation darüber verloren. Die Irritation, die auftritt, wenn wir anderswo ein Wort in einem völlig neuen Kontext wahrnehmen, insb. wenn jede Erläuterung fehlt. Es ist eine Irritation, die sich sehr schnell verliert und irgendwann dem selbstverständlichen Gebrauch Platz macht. Manchmal auch dem gedankenlosen Gebrauch …
Beispiel gefällig? Woran denkt ihr, wenn ich von Rappen sprechen, die ich entlang des Wegs gesehen habe? N-a?
Dummerweise kann man ZuhöhrerInnen an diesem Punkt verlieren: Wenn man bekannte Begriffe in veränderter Bedeutung verwendet und dann ohne Federlesen weitermacht, steigt das Risiko, die eigentliche, technische Botschaft am Ende des Tages nicht vermittelt zu haben. Ein didaktischer Kardinalfehler. Nicht wenige Informatiker(!) haben diesen häufig begangen. Für sie waren master
und slave
einfach zu selbstverständlich, um sich vorstellen zu können, das ein master /
slave
-Lösungsansatz etwas ist, was erst konzeptuell erläuter werden müsste, bevor sie ins Detail gingen.
Insofern ist ein Wenig mehr Eindeutigkeit gar nicht mal schlecht. Auch wenn dennoch Dokumentation geschrieben oder zusätzliche gesprochene Erläuterung erfolgen muss …
Was denkt ihr?
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