Der letzte Frühling versprach schön zu werden. Anfang März 2020 war es schon relativ warm und “Corona” erst eine diffuse Bedrohung. Als ich am 12. März die Schulsachen meines Kindes holen wollte, der Lockdown hatte sich schon angekündigt, bat mich der Lehrer diese in der Schule zu lassen, schließlich würde man all die Dinge in der nächsten Woche ja noch in der Schule benötigen. Alles Reden war sinnlos. Am nächsten Tag, die Schließung der Schulen wurde am Morgen verkündet, zeitig vor Schulschluss bei der Schule gewesen (ich war rekonvaleszent und hatte Zeit). Wollte abermals hinein und die Sachen holen (Grundschulkinder dort tragen sehr wenig Material nach Hause, es lagert in der Schule und die Eltern haben die Möglichkeit ab und an nach dem Rechten zu schauen). Die herbeieilende Kommunikationsbeauftragte der Schule hat mich mit 2 anderen Elternteilen aus der Schule geschickt: Es sei schließlich Pandemie und da sollen nicht so viele Leute auf engem Raum zusammen sein. Wir sollten bitte vernünftig sein und hinausgehen.

Zehn Minuten später: Mütter und Väter aller(!) Kinder stürmen die Schule und holen die jeweiligen Schulsachen ab, man will ja schließlich für die Zeit zu Hause gewappnet sein. Eine Szene mit mehr als hundert Menschen in einem kleinen Bereich vor Klassen und Spinden. Misschief managed!

Warum schreibe ich das?

Kontakte sind die Nahrung des Virus. Das haben wir alle so oft gehört, es ist banal geworden. Und dennoch wartet die hiesige Kultusministerin unmittelbar nach Verkündung der letzten Verschärfungen (Homeoffice für alle(!) wenn möglich – und wenn nicht “zwingende Gründe” dagegen sprechen) mit einem Schreiben an die Schulen auf (siehe hier, dürften alle Eltern in RLP per elektronischem Brief erhalten haben), die es erlauben für die kleinen und größten Schüler Wechselunterricht einzuführen. Ist ja schließlich Wahlkampf und nichts ist gefährlicher für eine Regierungspartei, als wütende Eltern.

Unsere Schule hat das Konzept aus der Zeit nach dem ersten Lockdown beibehalten: Gruppen einer Klasse wechseln sich täglich ab. Am einen Tag die eine Hälfte, am anderen die andere. Auf diese Weise ist garantiert, dass alle potentiell Infizierten auch die größtmögliche Chance haben, die Stafette weiter zu geben. Wir erinnern uns: Bei SARS-CoV-2 sind Infizierte ein paar Tage symptomfrei (wie bei anderen Erkrankungen auch), aber potentiell infektiös. Da bei – häufig symptomfreien – infizierten jungen Kindern selten genug überhaupt getestet wird, ist die Nachverfolgung in Schulen auch bei niedriger Inzidenz schwierig. Ein Wechsel im Wochenrhythmus erhöht die Chance, dass Infektionsherde erkannt werden, bevor ein Superspreading-Ereignis daraus wird – weitergehende Elemente, wie Trennung zwischen Klassen und Kontaktvermeidung zwischen Lehrern vorausgesetzt. (In dieser Einschätzung mag ich mich irren: Bitte in die Kommentare – ich lerne gerne dazu. Und ich habe gerade während des Schreibens gelernt, dass die fragliche Schule zumindest Teilweise ein anderes Wechselmodell als angekündigt praktizieren wird. “Konsequenterweise” verbleiben die Kinder in Notbetreuung stetig in der Klasse und vermitteln so den Kontakt zwischen den Gruppen – vielleicht liege ich mit meinem Befürchtungen </sarcasm>)

Auch andere Szenen zeigen jetzt, im Januar 2021, dass die Risikowahrnehmung eher gering ist: Viele Kinder in den Kitas und Erzieherinnen ohne Masken, die auch über Gruppengrenzen hinweg den Austausch pflegen. Gerade erst heute morgen von draußen reingeschaut. 5 junge Leute an einem Tisch – noch ohne Kinder, aber auch ohne Masken und ohne Abstand. Eine Uni-Sporthalle in denen mehr als ein Dutzend Spielerinnen und Spieler Badminton spielen – immerhin bei offenem Fenster. Familien, die auf dem Supermarktparkplatz eine Begegnung mit Umarmungen und Küsschen zelebrieren. Etcetera, etcetera, … Alles sehr verständlich, ist doch klar, das das individuelle Risiko für jeden kleinen Moment klein ist. Und man sehnt sich nach Aktivität und Nähe. Nicht wenige  können es zu Hause nicht mehr aushalten.

Aber nicht aufregen – wie schreibt es Kollege Reinboth doch so schön:

Die Infektionszahlen jedoch sprechen eine deutliche Sprache: Das Virus hungert nicht. Zugegeben, es lebt gerade nicht in Saus und Braus und die Infektionszahlen gehen zurück, aber es hungert nicht. Doch das sich heraus schälende Bild ist schwer zu interpretieren: Pandemiemüdigkeit? Mangel an Umsicht? Gruppendruck? Die Politik der konsequenten Inkonsequenz und das Unverständnis von uns, der Bevölkerung?

Wer trägt die Verantwortung?

Ist es die Politik, die versucht es allen recht zu machen, dabei zu wenig erklärt und zu widersprüchliche Signale sendet? Sind es die Schulen, die zwischen den Stühlen sitzen? Sind es die Aufsichtsbehörden, die nicht eingreifen und die schlimmsten Hygienekonzepte zurückweisen? Die gut ausgelasteten Gesundheitsämter? Unaufgeklärte und gestresste Eltern? Doch mag das eben skizzierte Durchreichen von Verantwortung und mangelnde Information auch stören, das ist zu einfach:

Schon zu “normalen Zeiten” geht im politischen Alltag so viel schief, dass die (digitalen) Stammtischler genug Aufregestoff haben. Schon zu normalen Zeiten wird versäumt Kanäle zwischen Behörden und von unten nach oben einzurichten, die wirklich effektiv sind und ein Präventiv zu gut gemeinten, aber schlecht umzusetzenden Gesetzen und Verordnungen schaffen könnten. “Normalerweise” nur Stoff für den Stammtisch und politische Gegner. Jetzt rächt es sich vollends.

Und weiter?

Vor einer Woche wurden die “Coronadiskussionen” noch von Impflicht und jetzt vom Fortgang bei den Impfungen dominiert. Bis heute ist das Resultat Argwohn zwischen Alters- und Berufsgruppen und viel heiße Luft in Talkshows. Aber eigentlich müssten wir uns dem globalen Süden zuwenden. Denn von Aluhutträgern und Querdenkern abgesehen hat jetzt jeder begriffen, dass eine Pandemie ein weltweites Problem ist. Das werden wir nicht mit nationalen oder EU-weiten Programmen lösen. So lange es in den Ländern des Südens grassierendes SARS-CoV-2 gibt, haben wir ein Problem.

Die Regierungen der OECD sind dem zweifelhaften Vorbild des America First gefolgt und kauften mit viel Geld Impfstoffe für uns, ihre Bürger. Ungeachtet der COVAX-Initiative der WHO, EU und mancher Staaten wird in absehbarer Zeit zu wenig Impfstoff in ärmeren Ländern ankommen.

Lassen wir uns mal spekulieren: Wie sieht die Welt am Ende diesen Jahres aus? Mit ein wenig Glück, haben die Länder des Westens und die asiatischen Tiger großteils ihre Bevölkerungen geimpft und sind der Herdenimmunität wenigstens nahe (die Bretter, die es dazu in Ländern wie Frankreich und Deutschland noch zu bohren gilt, sind allerdings nicht dünn). Vielleicht können wir in diesen Regionen somit die Pandemie stoppen. Doch in Afrika wird nur ein kleinerer Teil der Menschen geimpft sein. Wahrscheinlich wird die Pandemie länger dauern. Was folgt daraus? 2022 wird die Ungleichheit auf dieser Erde noch mal angefeuert durch die Länderprädikate “coronafrei” und “durchseucht”. Wir können uns denken welche Länder in welche Kategorie fallen werden.

In der Zwischenzeit werden munter weitere Mutationen angehäuft. Glücklicherweise scheint der BioNTech/Pfizer-Impfstoff gegen die Variante B.1.1.7 Schutz zu bieten. Doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis immer neue Mutationen den letzten Satz Makulatur werden lassen – für jeden entwickelten Impfstoff. Die Impfstoffe von morgen werden nicht ganz genau wie Impfstoffe von heute sein.

Und wo stammen diese Mutationen her?

Die Welt wird sich nicht wohl fühlen, sollte immerzu neue, potentiell das Risiko erhöhende, Mutationen über den Erdball schwappen. Das wird ohnehin geschehen, ein Virus ist kein statisches, immer gleiches Ding. Es verändert sich und die Chance besteht in jedem infizierten Menschen.

Normalerweise dauert eine SARS-CoV-2-Infektionen ein paar Wochen. Bei einigen, vor allem Menschen mit unterdrücktem Immunsystem, kann das Virus länger nachgewiesen werden. Mutationen können in jeder Population entstehen; vor allem Menschen mit schwachem Immunsystem bieten dem Virus jedoch mehr Zeit sich zu verändern. Allein Afrika mit seinen beständig hohen HIV-Fallzahlen und Millionen von Menschen ohne Zugang zu Medikamenten bietet mit den vielerorts dürftigen Gesundheitssystemen somit ein riesiges Reservoir von geschwächten Wirten.

Wir können Druck aus dem Kessel nehmen

Wir finden also Zeitgenossen, die sorglos darauf zusteuern, dass das 100.000-Infizierte-im-Sommer-Szenario Realität wird. Währenddessen streitet die große Politik darum die Versäumnisse von gestern aufzuarbeiten und sieht die Herausforderungen von morgen nicht. Und die besteht darin für uns alle mit zu denken und darin hierzulande möglichst viele Menschen geimpft zu sehen und für die Politik auch über den Tellerrand der Tagesaktualität zu blicken.

Nachtrag: Am 28. Januar 2021 hat die Landesregierung RLP durch ihre Kultusministerin, Frau Hubig, mit einem erklärenden Brief an SchulleiterInnen und LehrerInnen den geplanten Wechselunterricht untersagt. Zwar sei man bzgl. der Infektionszahlen auf einem guten Weg, die in BaWü gefundenen Mutationen aber ließen das Risiko zu groß erscheinen (eigene Paraphrasierung, zur Regierungserklärung geht es hier entlang.)

 

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Kommentare (19)

  1. #1 Gerald Fix
    28. Januar 2021

    Können Sie die Seriosität und die Aussagekraft dieser Studie (führt zu Scinexx) bewerten?

    • #2 Christian Meesters
      28. Januar 2021

      Jein, jedenfalls handelt es sich nicht um eine “Studie”, sondern um einen Kommentarartikel in JAMA – wie auch bei scinexx klar gesagt. Die Abläufe, die mir während des Sommers zu Ohren gekommen sind, sind wahrscheinlich (wahrscheinlich schreibe ich, weil ich keine Expertise auf dem Gebiet aufweise, aber eine gewisse Plausibilität annehme) geeignet Infektionen unwahrscheinlicher zu machen – und zum Teil schlicht abenteuerlich (Trennung der Klassen, aber gemischtes Spielen auf Hof; Eltern, die beim Abholen maskenlos vor der Maskendemarkationslinie standen und diskutierten; gemeinsames Essen in Kantinen – mit Abstand zwar, aber gemischten Pulks zwischendurch; etc.).

  2. #3 Holger
    28. Januar 2021

    Sars-Cov2 (und die Mutationen dazu) wird NIW mehr verschwinden.
    Es geht für den Staar also darum das System (Gesundheitssystem udn wirtschaft) zu stabilisieren. Das ist ja möglich weil Impfschutz möglich sit udn somit keine Überlastung droht.

    Ja: es wird künftig ständig erkrankungen mit Covid19 geben. Aber das sit kein Problem, da Behandlung möglich ist.
    Ja, es wird künftig ständig Todesfälle dadurch geben, aber das ist normal.
    Es sterben täglich im schnitt mehr als 2500 Menschen hierzulande. (derzeit über 3000)
    Aber die Mehrzahl ist noch immer durch Herzkreislauf und Krebs. Auch das ist kein Problem. Jedes Leben endet bisher mit dem Tod.

    Sars-Cov2 wird in Zuklunft also weiterhin verbreitet sein, aber eben ein ganz gewöhnliches Infektionsvirus werden. (da gibt es viele die auch tödlich enden können)

    • #4 Christian Meesters
      28. Januar 2021

      Ja: es wird künftig ständig erkrankungen mit Covid19 geben. Aber das sit kein Problem, da Behandlung möglich ist.

      Kann sein oder auch nicht: Über die Spätfolgen ist das letzte Wort noch nicht gesprochen und antivirale Medikamente stecken, inkl. Antikörpertherapien noch in den Kinderschuhen.

      Sars-Cov2 (und die Mutationen dazu) wird NIW mehr verschwinden.
      Es geht für den Staar also darum das System (Gesundheitssystem udn wirtschaft) zu stabilisieren.

      Genau. Und es ist die Frage: Wie gehen wir, sehenden Auges mit der Frage um, was besser ist: Wir für uns allein oder alle miteinander?

  3. #5 Holger
    28. Januar 2021

    solange das System (konkret also Gesundheitssystem) ausreichend behandeln kann – so wie derzeit ja auch noch – werden ja die erkankten behandelt.
    Das wird doch bei jeder Erkrankung gemacht.

    Heilmittel (egal ob mit Antikörper oder noch nicht vorhandene Medikamente) ist zu Behandlung nicht nötig, aber zugegeben wünschenswert.
    Das ist ja auch jetzt schon so bei jeder nicht heilbaren Erkrankung.

    Und wie künfitg damit umgehen?
    ich sehe das problemlos.
    Es gibt viele Infektionskrankheiten und viele davon sind unheilbar und trotzdem kommen die Menschen nicht in unnötigen Panikmodus.
    Das war schon immer so und wird auch künftig so sein.
    Solange es keine abartigen Steigerungen der Erkankungszahlen (das sollte zu den Infektionszahlen unterschieden werden) gibt, was auf alle Fälle durch Impfung erreicht wird ist alles perfekt.

    Und dann es wieder Zeit sich um die Krankheiten mit den derzeit höchsten Todesfallzahlen zu kümmern: Herzkreislauf (Herzinfakrt und Schlaganfall) und Krebs.
    Wobei mRNA Impfung ja Potential für Krebsbehandlung hat. Also auch da wird alles gut.

    Wenn jetzt noch spontan ein trick gefunden wird um Blutablagerungen schwupps zu verhindern damit Schlaganfall verhindert wird wird die zukunft gar rosarot. (soll ich meine Brille absetzen?)

    • #6 Christian Meesters
      28. Januar 2021

      solange das System (konkret also Gesundheitssystem) ausreichend behandeln kann – so wie derzeit ja auch noch – werden ja die erkankten behandelt.
      Das wird doch bei jeder Erkrankung gemacht.

      Schon. Es stand dort jedoch auch “das sit kein Problem, …”.

  4. #7 schorsch
    28. Januar 2021

    Dass “das System […] ausreichend behandeln kann” ist im Moment – für Deutschland – ja durchaus richtig.

    Dir ist aber schon aufgefallen, Holger, dass nur deswegen ausreichend Behandlungsmöglichkeiten gegeben sind, weil sich Deutschland in einem beispiellosen, in vieler Hinsicht katastrophalen Ausnahmezustand befindet?

    Nein?

    Ach so, drum.

  5. #8 Fluffy
    28. Januar 2021

    Dir ist aber schon aufgefallen, Holger, dass nur deswegen ausreichend Behandlungsmöglichkeiten gegeben sind, weil sich Deutschland …

    Das Leben ist relativ. Wenn A größer als B ist, dann ist auch B kleiner als A.
    Wir sind in einer vergleichsweise ausreichenden Situation, weil trotz des fortschreitenden Krankenhausabbaus immer noch bis jetzt halbwegs ausreichend Plätze vorhanden sind.
    Nicht die Zahl der Patienten wird zu hoch, sondern die Zahl der Betten und des Pflegepersonals wird zu klein. BZ online

  6. #9 der Holger
    28. Januar 2021

    das ist korrekt:
    “das sit kein Problem” (wer Rechtschreibfehler findet soll sie behalten)

    ja, es ist hierzulande derzeit kein Problem. und korrekt: der Grund ist, dass die Erkrankungszahl noch gering genuig ist – durch die derzeitigen Beschränkungen und noch unbekannten Zufall.

    und als Phrophezeihung:
    über die Sommermonate werden sowohl Infektions- als auch Erkrankungszahlen sinken. Wichtig ist aber was eine Krankheit angeht nur die Erkrankungszahl.

    Infektionen mit Viren ohne Erkrankung finden sowieso immer statt und weil danach nicht gesucht wird ohne Erkrankung werden die auch nie gefunden. und das ist auch egal.
    Viren sind unzählbar viele in der Natur vorhanden, die meisten tun dem Menschen nix.
    es wird sogar _vermutet_, dass einige sogar positiv sein können (Training für Immunsystem oder auch Schutz vor Krebs weil Viren ja vorwiegend aktive Zellen befallen und das sind Krebszellen.
    Auch andere Keime (Bakterien) sind unzählbar viele vorhanden, nur wenige sind schädlich (so 200 oder mehr) und unheimlich viele lebensnotwendig.
    Der Mensch ist ein Holobiont.

    Künftig wird Sars-Cov2 einer der vielen teilweise schädlichen Viren sein. Wie Erkältungsvirus der bei wenigen Menschen leider starke Symptome hat.

    die Zukunft wird problemlos.

    Frage: wie klappt hier eigentlich zitieren?

  7. #10 user unknown
    https://demystifikation.wordpress.com/
    28. Januar 2021

    Ein Wechsel im Wochenrhythmus erhöht die Chance, dass Infektionsherde erkannt werden, bevor ein Superspreading-Ereignis daraus wird – weitergehende Elemente, wie Trennung zwischen Klassen und Kontaktvermeidung zwischen Lehrern vorausgesetzt.

    Eine eigentlich einfache, praxisnahe Überlegung. Ich habe mich nie sonderlich für Schulregelungen interessiert, weil ich keine schulpflichtigen Kinder habe und die Kinder der wenigen Leute, mit denen ich noch kommunikativen Kontakt habe, auch alle aus der Schule raus sind. Dazu kommt, dass Bildung als Landessache unter viele unterschiedliche Regelungen fällt.

    Dennoch wundert es mich, dass ich in Talkshows solch praxisnahe Fragen noch nicht erörtert gesehen haben. Gut – ich schaue auch nicht so viele, sondern höre lieber Expertenpodcasts – vielleicht haben das andere schon im Sommer intensiv diskutiert.

    Bemerkenswert finde ich aber, dass man, die lokale Unfähigkeit vor Augen, darüber phantasiert, wie man das Problem in entlegenen Gegenden, in Afrika und Südamerika lösen wird, wo man von nix eine Ahnung hat – außer dass das BSP/Kopf dort wesentlich niedriger ist.

    Ich stelle mir einen dt. Berater in Nigeria vor, der der Regiertung dort erklären will, wieso er berufen ist, wertvolle Tips zu geben. Wenn man jetzt aus Südkorea käme, vielleicht.

    Dass man Deutschland Bescheid weiß, wie das Problem zu lösen ist, aber als Experte sein Wissen nicht einfach an der Politik vorbei umsetzen kann, ist keine gültige Ausrede: Der Experte muss auch Experte darin sein, sein Wissen umzusetzen, sonst ist er eine teure Elfenbeinturmdekoration. Wieso sollte er etwas in der Ferne bewirken können, wenn er sich schon daheim nicht durchsetzen kann?

    Es ist ja auch schön, Afrika und Südamerika mit Impfstoff beglücken zu wollen. Wenn man aber unfähig ist, für sich selbst genügend Impfstoff zu beschaffen, wie kommt man dann dazu auch noch andere unterstützen zu wollen?

    Für Rettungskräfte der Feuerwehr gilt, dass diese nicht zuerst fremdes Leben retten sollen, sondern sich selbst sichern müssen. Nur ein lebender Feuerwehrmann kann helfen und einer, der sich selbst gefährdet, bindet selbst wieder andere Hilfskräfte, die ihm helfen müssen.

    Das lässt sich freilich nur bedingt übertragen.

    Aber bisherige Anstrengungen in der Entwicklungshilfe deuten m.W. nicht darauf hin, dass man besondere Begabungen hat, anderen Staaten groß zu helfen. Lokale Projekte die mit Herzblut und nachhaltig betrieben werden bilden da sicher eine Ausnahme, und Hilfsbereitschaft, die auf konkrete Hilfsersuchen aus dem Land reagiert, wie beispielsweise bei der Ebolakriese in Westafrika vor ein paar Jahren (Liberia, Guinea, Sierra Leone).

    In einem Videopodcast aus den USA habe ich zu meiner Überraschung erfahren, dass in den USA Schnelltests produziert werden, die in den USA selbst nicht zugelassen sind, das Stück für unter 1 US$. Diese würden in Millionenstückzahlen nach Afrika geliefert. Weiter danach recherchierend stellte ich fest, dass die in Deutschland nicht verkauft werden, aber ähnliche für sehr viel mehr Geld (5-20 €). Ich kann es nicht mehr genau sagen.

    Den Grund habe ich nicht ganz verstanden. Es ging um die Einstufung als Heilmittel oder nicht und damit verbundene Testauflagen. Allgemein bin ich sehr froh, dass wir recht strenge Auflagen im Bereich Medizin haben. Aber in Ermangelung besserer Produkte fände ich einen bezahlbaren Test, dessen Ergebnis man mit Vorsicht genießen muss, wünschenswert.

    Wahrscheinlich kam ich über ein Userkommentar bei https://ukw.fm/ auf das Video. Da hat jmd. 4 oder 5 solche Schnelltestkits vorgestellt, mit kl. weißen Plastecontainern, so groß wie eine plattgedrückte Streichholzschachtel, etwa.

  8. #11 schorsch
    28. Januar 2021

    Als im Oktober der Lockdown angekündigt wurde, wurde von der Politik, von den deutschen Politikern quer durch die Bank, quer durch die politischen Lager, ganz gezielt der Eindruck vermittelt, dieser Lockdown sei nur für einen Monat angesetzt, im Dezember könne man dann über Lockerungen reden, Weihnachten miteinander feiern. Statt langfristig einen Umgang mit der Pandemie zu planen, wurden z. B. Finanzhilfen für einen einzigen Monat aufgelegt. Nahezu die einzige Politikerin, die wenigstens im Ansatz versucht hat, die Wahrheit zu sagen, war damals Angela Merkel. Von den meisten anderen nichts als Traumtänzerei, von vielen anderen sogar noch der Versuch, die ohnehin schon laschen Regeln für den Lockdown zumindest für ihr eigenes Bundesland auszuhebeln.

    Dabei war damals jedem, der seine vier Grundrechenarten noch beieinander hatte, klar, dass die Situation Anfang Dezember sebst im besten Falle nicht besser sein würde, als zum Zeitpunkt der Beschlussfassung im Oktober. Die Politik hat von einem Monat geschwätzt, viele Bürger hingegen haben sich voneinander ‘bis April, Mai dann…’ verabschiedet.

    Was hat sich seitdem gebessert? Nichts. Für das erste Quartal 21 erwartet Deutschland laut Plan 16,8 Dosen Vakzine zu verimpfen, ausreichend für 10% der Bevölkerung. 10% in drei Monaten – da kann jeder selbst leicht ausrechnen, wie lange es bis zur Herdenimmunität braucht. Und was plappert Spahn? “Ein Impfangebot für alle Interessierten im zweiten Quartal 2021”

    Ist das noch Dyskalkulie? Ist der Mann vielleicht schwachsinnig? Oder ist er einfach nur ein verantwortungsloser Lügner und Großmaul?

    Andere schwätzen von Impfpflicht. Hallo? Sollen wir uns vielleicht mit Kochsalzlösung selbst impfen?

    Wieder andere zerreißen sich das Maul bei Twitter oder in Talkshows über “Privilegien für Geimpfte”. Privilegien für wen? Für ein paar Urgroßeltern, die vielleicht bis zum Sommer mal geimpft sein werden? Dürfen die dann wieder in die Disko oder zum Schalkespiel?

    Du fragst, ob es die Politik sei, die dafür verantwortlich ist, wenn die Bürger sich inkonsequent verhalten. Das glaube ich nicht, denn wie käme ein Bürger dazu, angesichts des derzeitigen Totalversagens der deutschen Coronapolitik und der völligen Verantwortungslosigkeit vieler unserer Politiker, es ihnen nachzutun und auch sich selbst gehen zu lassen.

    • #12 Christian Meesters
      29. Januar 2021

      Du fragst, ob es die Politik sei, die dafür verantwortlich ist, wenn die Bürger sich inkonsequent verhalten.

      Nochmal lesen, bitte.

  9. #13 Howie Munson
    29. Januar 2021

    ***10 % in drei Monaten – da kann jeder selbst leicht ausrechnen, wie lange es bis zur Herdenimmunität braucht. ***

    6 Monate, wenn die weiteren Werke in Betrieb gehen. Das war im Dezember aber auch schon bekannt. Dauerte halt bis man neue Fertigungslinien eingerichtet hat. Ist in Marburg aber fast soweit.

    https://www.rnd.de/gesundheit/produktion-von-corona-impfstoff-in-marburg-biontech-erhalt-arzneimittelrechtliche-erlaubnis-HPKQRMRELAM52XYQDJLDUMVZQY.html

  10. #14 Holger
    29. Januar 2021

    Info:
    MaiLab hat Video exakt dazu produziert.
    Das “Leben mit Sars-Cov2”

    https://youtu.be/pGJEVXvOcRY

    “wird eben wie ein Erkältungsvirus sein an dem sich dann erstmals Kinder von 3 bis 5 Jahre erstmals infizieren – und da ist verlauf mild

    Alle anderen Menschen haben dann entweder schon Erstinfektion hinter sich oder sind durch Impfung geschützt.

    die Zukunft ist perfekt.

    • #15 Christian Meesters
      29. Januar 2021

      … exakt dazu …

      Hat sie nicht. Sie hat aber ein sehr sehenswertes Video produziert. Ich schlage vor, sie sehen es sich mal an (wenigstens ab hier). Wenn ich davon schreibe, dass ich mir Sorgen mache, sind es auch ein paar Langzeitfolgen.

      Bis zur “perfekten Zukunft” ist noch ein weiter Weg. Und wenn wir “wir” denken, sollten wir deshalb über den Tellerrand schauen, weil das pandemische “wir” eben durch die Drift des Virus eben immer global ist, bis wir rein lokale Ausbrüche erleben werden – dann womöglich mit einem Virus, dass über die Zeit (nicht zuletzt durch Impfungen) den Schrecken verloren hat.

  11. #16 schorsch
    29. Januar 2021

    Es war im Dezember aber auch schon bekannt, dass meine Eltern (90 u. 87) noch im Januar geimpft werden würden. Inzwischen ist der 29., und noch haben meine Eltern nicht einmal einen Termin. Aber wer weiss, vielleicht macht der Spahn dieses Wochenende ja Überstunden!

    • #17 Christian Meesters
      30. Januar 2021

      Den Unmut kann man verstehen, doch gilt es im förderalen Wirrwarr nicht alles über einen Kamm zu scheren:

      • die Beschaffung und das Genehmigungsverfahren für die Impfstoffe wurde wesentlich an die EU übergeben (s. Text)
      • Herr Spahn hat koordinative Verartwortung und Aufräge mit Geschmäckle vergeben – da gibt es Einiges mehr zu kritisieren
      • Das Bundesgesundheitsministerium ist zusammen mit den Ländern dafür verantwortlich, dass es keine durchgreifende Digitalisierung der Gesundheitsämter gibt – was letztlich zur Konsequenz beiträgt, dass vollständie Nachverfolgung von Infektionsfällen nur bei kleinerer Inzidenz funktioniert als möglich wäre. Und selbst dahinter ist ein Fragezeichen zu setzen, weil noch lange nicht alle möglichen Infizierten erfasst werden.
      • wir können sicher verstehen, dass die Politik sich auf Unternehmen bis zu einem gewissen Grad verlassen muss. Die Unternehmen wussten jedoch auch welche Verträge sie unterschreiben und wie hoch der Bedarf sein wird. Manche der Begründungen für Verzögerungen oder kleinere Liefermengengen sind daher schwer zu akzeptieren.

      Die Liste ist sicher nicht vollständig. Wie gesagt: Vorsicht bei der Versuchung der einfachen Verantwortungszuweisung.

      Aber ja, auch ich erwarte, wie @Howie, eine Erhöhung der Impffrequenz. Bald. Sehr bald. Alles andere wäre auch Politikversagen.

  12. #18 Statist
    Hamburg
    31. Januar 2021

    Covid ist ein RNA-Virus. RNA-Viren haben keinen DNA-Strang. Alle Viren lösen sich auf (Autokatalyse) und erschaffen sich neu (Reproduktion). Bei der Neuerschaffung “kopieren” sie sich. Das kopierte Virus ist daher nicht identisch mit dem Original. Das kopierte Virus ist eine “Imitation” und keine Mutation (Veränderung, Umwandlung).

    Ein Staat kann mutieren von der Demokratie zur Diktatur. Es bleibt derselbe Staat.

    Im Mai letzten Jahres waren schon hunderte “Imitationen” des SARS-CoV-2 bekannt. Mittlerweile sollte es sich um millionen handeln.

    Viren bestehen zumeist aus Eiweißen – wie auch Corona. Sie haben auch kein Gedächtnis, auf das sie sich beziehen können. Daß sie sich anpassen und dabei gefährlicher werden, ist wissenschaftlich nicht haltbar.

    Aus der Erfahrung wissen wir, daß Viren sich zwar “imitieren” und infektiöser werden können, sie werden aber auch harmloser.

    Die gesamte Matrix durch ein Mikroskop zu überschauen, halte ich für unmöglich.

    • #19 Christian Meesters
      31. Januar 2021

      Hier steht sehr viel Unsinn, der auf einen Troll schließen lässt. Ich behalte mir vor ähnliche Kommentare zu löschen, beantworte aber gerne – so weit möglich – ernst gemeinte Fragen.

      Das kopierte Virus ist daher nicht identisch mit dem Original.

      Das ist eine Frage der Wahrscheinlichkeit. Das Enzym (Protein mit bestimmter Funktion), dass die RNA des Virus kopiert, hat eine bestimmte Fehlerrate.

      Das kopierte Virus ist eine “Imitation” und keine Mutation (Veränderung, Umwandlung).

      Das ist sinnentkernte Wortklauberei: In der Biologie wird mit Mutation eine Veränderung im Genom eines Virus oder Lebewesens bezeichnet. Eine “Mutante” kann den veränderten Phänotyp – also das “Aussehen” des Virus bzw. seine Proteine bezeichnen. Das ist schlichtweg der Sprachgebrauch.

      Ein Staat kann mutieren von der Demokratie zur Diktatur. Es bleibt derselbe Staat.

      Das wäre eine veränderte Regierungsform. Insofern ist die Natur des hypothetsichen Staates kein guter Vergleich zu einem Virus.

      Im Mai letzten Jahres waren schon hunderte “Imitationen” des SARS-CoV-2 bekannt. Mittlerweile sollte es sich um millionen handeln.

      Nicht jede Mutation resultiert in einem funktionalen Protein. Die meisten Mutationen bewirken gar nichts, einige eine Veränderung auf Proteinebene, wovon ein Großteil ein nicht funktionales Protein bewirkt. Insofern ist aus Sicht eine Virus nur relevant: Was ist eine funtionale Mutation und welche bietet einen evolutionären Vorteil (kann also Wirte besser anstecken, macht sie infektiöser, etc.)? Alles andere wird auf Ebene der Population nicht häufig sein.

      Viren bestehen zumeist aus Eiweißen – wie auch Corona. Sie haben auch kein Gedächtnis, auf das sie sich beziehen können. Daß sie sich anpassen und dabei gefährlicher werden, ist wissenschaftlich nicht haltbar.

      Alle Viren enthalten Erbmaterial; RNA oder DNA. Das “Prinzip Virus” ist es Wirte dazu zu bringen den Virus und sein Erbmaterial zu vervielfältigen. Sie passen sich nicht aktiv an, sondern Kopierfehler akkumulieren sich und können u. U. eine funktionalere Variante entstehen lassen – funktionaler, wie beschrieben im Sinn von ansteckender oder – sehr häufig – weniger tödlich (denn Viren profitieren davon weitergegeben zu werden, was tote Wirte meist nicht so gut können).

      Die gesamte Matrix durch ein Mikroskop zu überschauen, halte ich für unmöglich.

      Matrix ist in diesem Zusammenhang kein wissenschaftlicher Begriff. Was meinen Sie? Es gibt – zu Ihrer Information – durchaus einige Proteinstrukturen des Virus, welche mit Hilfe der Elektronenmikroskopie gewonnen wurden. Man kann sogar mikroskopieren, wie das Virus mit seinen Wirtszellen interagiert.