In der Süddeutschen Zeitung wird heute Sigmar Gabriels Interesse am Kanzleramt mit einem mehrseitigen Beitrag diskutiert. Dabei werden auch Politiker aus anderen Parteien, darunter Gregor Gysi, gefragt, für wie wahrscheinlich sie es halten, dass der nächste Kanzler Gabriel heißt. Gysis Antwort: „Frei nach dem Alten Testament: Das ist so wahrscheinlich, wie ein Kamel durchs Nadelöhr passt.“ Böse, den rundlichen Gabriel in diesen Zusammenhang zu bringen. Vor allem aber falsch wiedergegeben: Dass eher ein Kamel durchs Nadelöhr geht als ein Reicher in das Reich Gottes kommt, ist nicht aus dem Alten Testament, sondern ein Gleichnis aus dem Neuen Testament (Markus 10,25, Lukas18,25, Matthäus 19,94). Nun gut, mehr ist vielleicht von den väterlichen Kirchengeschichten nicht hängengeblieben – Gysis Vater war zu DDR-Zeiten ja Staatssekretär für Kirchenfragen – und von Gysi erwartet man auch eher eine kompetente Marx- als Bibelexegese, in der Redaktion der Süddeutschen war man schließlich auch nicht bibelfester.

Kommentare (16)

  1. #1 Hobbes
    22. November 2014

    Naja das jemand nicht Bibelfest ist und trotzdem meint aus der Bibel zitieren zu müssen ist ja nichts ungewöhnliches. Zeugt natürlich immer davon das so jemand eher eine Person ist die mit gerne Halbwissen um sich wirft.
    Dabei muss man noch nicht einmal wirklich viel über die Bibel wissen (ich tue es zum Beispiel nicht) um zu erkennen das eine Aussage das “Reiche nicht in den Himmel kommen” im Alten Testament völlig fehl am Platz wäre.

  2. #2 rolak
    22. November 2014

    nicht aus dem Alten

    Na komm, Joseph, auch Das Neue Testament ist schon ziemlich alt, war doch wohl nur Gysis bevorzugte Abrenzung zu Das Neuss Testament. Oder so…

    Böse, den rundlichen Gabriel

    Ach ich weiß nicht, bei dem Szenario hätte ja auch der Suppenkaspar im finalen Stadium überhaupt keine Aussicht auf Erfolg gehabt.

    • #3 Joseph Kuhn
      22. November 2014

      “Neuss Testament”

      Auch schon wieder lange her, dass der alte Indianer sein Testament gemacht hat.

      “bei dem Szenario hätte ja auch der Suppenkaspar im finalen Stadium überhaupt keine Aussicht auf Erfolg gehabt.”

      Vielleicht gibt es auch größere Modelle?

    • #4 rolak
      22. November 2014

      auch größere Modelle?

      Selbstverständlich, Joseph – die schöpferisch Tätigen haben ja nicht nur die Knochen der biblischen Riesen (und sogar von jhwh höchstselbst) ausgegraben, sondern auch deren Lebensumstände weitgehend erforscht. So fand sich ua auch eine formschöne Nähnadel, leider noch nicht komplett freigelegt.
      Allerdings dürfte feststehen, daß die in biblischen Zeiten unbekannt war, weil sich sonst schon damals auf allen semantischen Ebenen eine umfassende Sinnleere offenbart hätte.

  3. #5 rolak
    22. November 2014

    <leicht OT>
    Nachdem sich unter den Autoren bereits ein Prophet fand, werden jetzt selbst die oftgesungenen Werke der Mundorgel ins Hier Und Jetzt umgesetzt:

    Wir lagen vor Madagaskar
    Und hatten die Pest an Bord
    (src)

    Vielleicht enthält Margarine tatsächlich Koks, bei Bananen wars letztens ja schon soweit.
    </leicht OT>

  4. #6 odet
    22. November 2014

    In nem Science Blog jemanden zu dissen, weil er nicht bibelfest ist muss aber auch nicht unbedingt sein.

  5. #7 Bibeltest
    22. November 2014

    Tja, immer die Halbwissenden, mit Nadelöhr ist das kleine Personentor der Stadtmauer gemeint 😉

  6. #9 werner
    22. November 2014

    Das ist doch wieder mal ein typisches Beispiel fehlenden Primärquellenwissens. Ist doch selbst in den Wissenschaften en vogue, Zitate zu zitieren und nicht die Urquelle. “Ich kenne jemanden, der einen kennt , der gelesen hat, dass einer weiss, wo’s steht.”

    • #10 Joseph Kuhn
      23. November 2014

      @ werner: Ich weiß zwar nicht, worauf Sie anspielen, aber zumindest bei dem Nadelöhr-Gleichnis ist die Urquelle aus bekannten Gründen nicht zitierbar. Matthäus beansprucht jedoch, glaube ich, Primärquellenwissen.

  7. #11 Dr. Webbaer
    23. November 2014

    Bspw. hier wird noch ein wenig ergänzt, was das angebliche Kamel betrifft:
    -> https://de.wikipedia.org/?title=Liste_gefl%C3%BCgelter_Worte/E#Eher_geht_ein_Kamel_durch_ein_Nadel.C3.B6hr.

  8. #12 Statistiker
    24. November 2014

    Gysi ist der letzte deutsche Politiker, der Wahrheit verkündet. Josef Kuhn versündigt sich an der heiligen Schrift, er wird die ewige Hölle erleben, solange er nicht Abbitte leistet.

    Anders gesagt: Wer solchen populistischen Mist herbetet, hat nur Ignoranz verdient……

  9. #13 Trottelreiner
    25. November 2014

    @Hobbes:
    Naja, auch im “Alten Testament” (von welchem Kanon reden wir noch einmal? *g*) gibt es durchaus “reichtumskritische” Stellen, z.B. in den Sprichwörtern:

    “Besser ein Armer, der schuldlos seinen Weg geht, / als ein Reicher, der krumme Wege geht.”

    “Der Reiche hält sich selbst für klug, / doch ein verständiger Armer durchschaut ihn.”

    “Nach Reichtum giert ein neidischer Mensch / und bedenkt nicht, dass Mangel über ihn kommen wird.”

    “Ein Armer redet mit Flehen, aber ein Reicher antwortet hart.”

    Aufschlußreicher ist da schon, daß vom “Himmelsreich” gesprochen wird, AFAIR bildeten sich entsprechende Vorstellungen vom Lebens nach dem Tod erst relativ spät im Judentum heraus,

    https://de.wikipedia.org/wiki/Leben_nach_dem_Tod#Judentum

    davor ging man von einer Belohnung im Diesseits aus, und irgendwann merkte wohl jemand, daß da was nicht paßt…

  10. #14 Randifan
    4. Dezember 2014

    Das biblische Wissen ist im Allgemeinen sehr oberflächlich, da sollten die einzelnen Aussagen von Politiker nicht überbewertet werden

    • #15 Joseph Kuhn
      5. Dezember 2014

      Auch wenn das biblische Wissen im Allgemeinen nicht oberflächlich wäre, sollten Aussagen von Politikern, einzelne oder mehrere, nicht überbewertet werden. Dito Aussagen von Maurern und Krankenschwestern 😉

  11. #16 Gunter Schwarze
    Berlin
    26. Dezember 2015

    Gib bitte meinen Namen und “Kamel” bei Google ein!