Seit einigen Tagen macht in den Medien eine “Westminster Declaration“ die Runde. Sie beansprucht, sich gegen Zensur und für Meinungsfreiheit einzusetzen. Die Meinungsfreiheit würde weltweit bedroht:

„Weltweit arbeiten staatliche Akteure, Social-Media-Unternehmen, Universitäten und Nichtregierungsorganisationen verstärkt daran, die Bürger zu überwachen und ihnen ihre Stimme zu nehmen. Diese groß angelegten und koordinierten Bemühungen werden manchmal als “industrieller Zensurkomplex” bezeichnet.“

Google weiß zum Begriff „industrieller Zensurkomplex“ zwar jenseits der aktuellen Deklaration nichts zu berichten*, aber dass es viele Länder gibt, in denen die Meinungsfreiheit nicht viel wert ist, darüber muss man nicht diskutieren. Nur werden sich Länder wie der Iran, China oder Russland durch so eine Deklaration gewiss nicht beeindrucken lassen. Sie sind wohl auch nicht gemeint. Den „industriellen Zensurkomplex“ verorten die Unterzeichner:innen vermutlich eher in den westlichen Ländern und dort wiederum vor allem in den Ländern mit einer lebendigen Zivilgesellschaft.

Im Grunde ist die Erinnerung daran, dass die Demokratie vom Meinungsstreit lebt, auch nicht verkehrt. Viele Debatten, von Corona über das Gendern bis hin zum Ukrainekrieg, sind zuweilen durch eine Hypermoral geprägt, die den Gewinn an Einsichten durch den Austausch an Argumenten erschwert und mitunter auch berufliche Karrieren beschädigen kann. Aber gehen wir wirklich einer weltweiten Zensurgesellschaft entgegen?

Schaut man sich die Unterzeichner:innen an, so fällt auf, dass es sich um eine ausgesprochen illustre Runde handelt. Da finden sich Leute wie Julian Assange oder Edward Snowden, die durch ihre Veröffentlichungen geheimer Dokumente bekannt geworden sind, der mit kritischen Einlassungen zur politischen Entwicklung nie sparsame Philosoph Slavoj Žižek, der ehemalige griechische Finanzminister Yanis Varoufakis oder der Filmemacher Oliver Stone, aber auch Figuren wie Ulrike Guérot, die es in der letzten Zeit diskursiv aus der Kurve getragen hat, reihenweise Leute wie Mathias Bröckers, Robert Cibis oder Robert Malone, die obskurantistische und verschwörungstheoretische Positionen vertreten, und auch Leute, die zum ideologischen Dunstkreis des erzreaktionären Gouverneurs DeSantis gehören, oder der Schweizer Weltwoche, die sicher ein ganz eigenes Verständnis von Meinungsfreiheit haben.

Die Buntheit der Unterzeichner:innen wird im Deklarationstext explizit betont:

„Als Unterzeichner dieser Erklärung haben wir grundlegende politische und ideologische Meinungsverschiedenheiten. Aber nur wenn wir uns zusammentun, können wir die eindringenden Kräfte der Zensur besiegen, damit wir weiterhin offen debattieren und uns gegenseitig herausfordern können.“

Allerdings dürfte der Kreis der Unterzeichner:innen so bunt sein, dass es die Glaubwürdigkeit des Anliegens schlicht zerstört. Manche werden es sicher mit der Deklaration ganz ernst meinen, vielen dürfte es aber vor allem darum gehen, ihre obskuren – und zuweilen andere herabwürdigenden – Ansichten frei und ungestört verbreiten zu können, manchen vielleicht auch nur um ihr Desinformations-Business.

Die Deklaration ging, wie die Unterzeichner:innen schreiben, aus einer Tagung im Juni in London hervor. Wer diese Tagung organisiert hat, wer eingeladen hat, wer sie finanziert hat, erfährt man auf der Seite der Deklaration nicht.** Sie hat – Stand heute – auch kein Impressum. Dabei wäre es doch gut zu wissen, wer da aktiv ist. Dubiose Deklarationen, die vorgeben, sich für die Freiheit einzusetzen, gibt es schließlich genug, so manche initiiert von amerikanischen rechtslibertären Think Tanks, die alles andere als die Freiheit des Wortes oder der Wissenschaft im Sinn haben.

Aber vielleicht ist das in dem Fall ja auch nur ein Hauch von Verschwörungstheorie – die Deklaratisten sollte es nicht stören, so viel Meinungsfreiheit muss sein, oder in der klassischen Formulierung: Das wird man doch noch sagen dürfen. Oder müssen.

—————
* Nachtrag 22.10.2023: Zum englischen Original “Censorship-Industrial Complex” wird google fündig, aber das scheint meist auch aus dem Umfeld des Mitinitiators der Deklaration, Michael Shellenberger, zu kommen.

** Noch ein Nachtrag 22.10.2013: Bei der Tagung hat es sich augenscheinlich um diese gehandelt: https://censorshipindustrialcomplex.org/blog-4-1/live-in-london-censorship-industrial-complex-exposed

Kommentare (106)

  1. #1 hto
    wo die Wirklichkeit von "Soylent Green" zunehmend ...
    21. Oktober 2023

    @Kuhn: “Aber gehen wir wirklich einer weltweiten Zensurgesellschaft entgegen?”

    Eine stumpf- wie blödsinnige Frage, wenn man die VERINNERLICHTE Konfusion von “Werten”, wie “Demokratie”, “Freiheit” und “Frieden”, für den Kolonialismus der zeitgeistlich-reformistischen Globalisierung der “Dienstleistungsgesellschaft”, genau / OHNE wettbewerbsbedingte Symptomatik bedenken kann!? 😉

    • #2 Joseph Kuhn
      21. Oktober 2023

      Freiheit für alles!

  2. #3 Joseph Kuhn
    21. Oktober 2023

    Beifall von der falschen Seite?

    Die Deklaration findet vor allem Anklang in den einschlägig bekannten Foren der demagogisierenden “Meinungsfreiheit”, von Reitschuster bis zu den Nachdenkseiten. Auch die AfD freut sich: https://afd-fraktion-sachsen.de/jede-meinung-muss-erlaubt-sein/

    Beifall von der falschen Seite? Oder von der richtigen Seite? Jede Meinung soll den Leuten zufolge ja erlaubt sein. Genauer: Soll öffentlich ungehindert geäußert werden dürfen.

    Noch genauer: Wenn es ins eigene Weltbild passt. Wie einst schon Alice Weidel sagte: “Die politische correctness gehört auf den Müllhaufen der Geschichte.” Es sei denn, man ist selbst betroffen, dann klagt man. Und wenn das Gericht die Meinungsfreiheit verteidigt, heißt es: “Dieses erste Urteil zeigt, wie weit man in Deutschland unter dem Deckmantel der Satire gehen kann.”

  3. #4 2xhinschauen
    21. Oktober 2023

    >> gegen Zensur und für Meinungsfreiheit

    Nein. Der Deklaration geht es um Redefreiheit (freedom of speech) vorwiegend nach US-amerikanischem Verständnis. Das ist was ziemlich anderes als “unsere” Meinungsfreiheit, und es ist kein Wunder, dass das in Europa und Deutschland Zuspruch von genau den Leuten findet, die JK da aufzählt.

    Es mag sein, dass die Redefreiheit im US-Verständnis gefährdet ist, das kann ich nicht beurteilen. Die Meinungsfreiheit bei uns ist es definitiv nicht – oder eher durch die Überschreitung ihrer Grenzen von interessierter Seite. Nicht durch ihre Beschränkung.

  4. #5 Neumann
    22. Oktober 2023

    Ein praktisches Beispiel für die Einschränkung der Meinungsfreiheit.
    „Seit 2008 sind die EU-Mitgliedsländer per Rahmenbeschluss verpflichtet, „das öffentliche Billigen, Leugnen oder gröbliche Verharmlosen von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen“ unter Strafandrohung zu stellen, wenn diese Verbrechen „nach den Kriterien der Rasse, Hautfarbe, Religion, Abstammung oder nationale oder ethnische Herkunft“ begangen wurden.
    Im Zuge der internationalen Budapester Konvention 2001 gegen Internetkriminalität wurden entsprechende Inhalte auf Wunsch der Vereinigten Staaten, die auf strong<Meinungsfreiheit verwiesen, explizit ausgespart.
    So ist in den USA die: „Holocaustleugnung nicht strafbar, aber im Zivilrecht unter Umständen schadensersatzpflichtig .

    Das zeigt die die verschiedenen Rechtsauffassungen, was die Grenzen von Meinungsfreiheit angeht.

  5. #6 RPGNo1
    22. Oktober 2023

    @2xhinschauen

    Nein. Der Deklaration geht es um Redefreiheit (freedom of speech) vorwiegend nach US-amerikanischem Verständnis.

    Danke, das ist ein sehr wichtiger Hinweis. In der Deklaration wird auch explizit auf den 1. Zusatzartikel der USA verwiesen.

    “Der erste Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten ist ein gutes Beispiel dafür, wie das Recht auf Meinungs-, Presse- und Gewissensfreiheit gesetzlich verankert werden kann. Man muss nicht in allen Fragen mit den USA übereinstimmen, um anzuerkennen, dass dies eine wichtige “erste Freiheit” ist, aus der sich alle anderen Freiheiten ableiten. Nur durch die Meinungsfreiheit können wir Verletzungen unserer Rechte anprangern und für neue Freiheiten kämpfen.

    Wer sich in der US-amerikanischen bzw. erweitert in der angelsächsisch geprägten Blogosphäre tummelt, kann einen guten Eindruck davon erlangen, wie viele Personen, die sich selbst politisch der Mitte oder links einordnen, den 1. Zusatzartikel bzw. “freedom of speech” vehement verteidigen.

    https://de.wikipedia.org/wiki/1._Zusatzartikel_zur_Verfassung_der_Vereinigten_Staaten

    Ein Neonazi leugnet den Holocaust, ein Querdenker verkündet, dass mit Impfungen ein Genozid vorbereitet wird? Lasst sie reden, verwert ihnen nicht den Zugriff auf Medien. Setzt ihnen stattdessen hartnäckige Argumentation mittels Fakten immer und immer wieder entgegen.

    Für jemanden, der in Deutschland sozialisiert wurde, ist das oft schwer verständlich oder sogar unerträglich.

  6. #7 Peter Friedrich
    22. Oktober 2023

    @RPGNo1

    Die eigentliche Intention dieses übelkeitserregend peinlichen, anbiedernden, hirnverdrehten Textes besteht ja gerade darin, die Meinungsfreiheit abzuschaffen, um dann widerstandslos antiwissenschaftlichen Nonsens und Menschenfeindlichkeit verbreiten zu können.
    Wenn die AfD lauthals polternd von Demokratie, Frieden und Meinungsfreiheit schwadroniert, wissen wir, was damit gemeint ist.
    Die bauernfängerische Attitüde solcher Schwadroneure prägt auch diesen Text.
    Man streut möglichst viele euphemisierende Begriffe, damit möglichst viele Opfer daran kleben bleiben.

  7. #8 Kai
    22. Oktober 2023

    “Für jemanden, der in Deutschland sozialisiert wurde, ist das oft schwer verständlich oder sogar unerträglich.”

    Weil man in Deutschland eingesperrt wird, wenn man Querdenker ist?

    Also mir fallen eher wenige Situationen ein, in denen hier die Meinungsfreiheit eingeschränkt wird. Tatsächlich hauptsächlich Holocaust-Leugnung. Vielleicht hängt das aber eher mit unserer Geschichte zusammen und weniger mit einer mangelnden Freiheitsauffassung in Deutschland.

  8. #9 Dr. Webbaer
    22. Oktober 2023

    Im Grunde ist die Erinnerung daran, dass die Demokratie vom Meinungsstreit lebt, auch nicht verkehrt. [Artikeltext, Dr. Joseph Kuhn]

    Die Freiheit der individuellen Meinungsäußerung gilt als für liberale (d.h. es gibt auch andere) Demokratien konstitutiv.

    Insofern kann auch Unsinn geredet werden, zudem Sinn ja auch gemacht wird, nicht einfach so gefunden werden kann.

    Bei als falsch nachgewiesenen Fakten wird es a bisserl problematisch, an sich kann es aber auch alternative Fakten geben, wie bspw. jeder Richter, der Zeugen zu hören hatte, bestätigen kann.
    Verleumdung ist übrigens auch in den Staaten strafbar, dort wo die Freiheit der individuellen Meinungsäußerung höher gehalten wird als anderswo.

    Zudem ist es so, dass wenn die Falschen [TM – kleiner Gag an dieser Stelle] etwas sagen, die Aussage so alleine nicht falsch werden muss. [1]
    Dies zur ‘ausgesprochen illustren Runde’ (diese Einschätzung scheint zutreffend zu sein, jedenfalls Dr. Webbaer [2]) mit ihrem Aufruf angemerkt.

    Mit freundlichen Grüßen und weiterhin viel Erfolg, Herr Dr. Joseph Kuhn
    Dr. Webbaer

    [1]
    Dr. W hantiert hier gerne mit “Satan”, der, wenn er böse genug ist, wovon auszugehen ist, gelegentlich auch richtige Aussagen beibringen dürfte, um diese zu diskreditieren, weil sie von ihm sind.

    [2]
    Aussagen sind in “n:m”-Verhältnissen zur Kenntnis zu nehmen und in der Folge zu bearbeiten.
    Der Systematiker fragt immer, wenn A über B etwas aussagt, wer A ist, er fragt sogar so zuerst, ohne selbstverständlich sofort daraus bestimmte Schlüsse zu ziehen, gar streng ablehnender Art.
    (Mit “Man”- oder “Wir”-Sätzen kann sich so nicht herausgeschlawinert werden.)

  9. #10 Dr. Webbaer
    22. Oktober 2023

    @ Kommentatorenfreund ‘2xhinschauen’ :

    Der Deklaration geht es um Redefreiheit (freedom of speech) vorwiegend nach US-amerikanischem Verständnis. Das ist was ziemlich anderes als “unsere” Meinungsfreiheit, und es ist kein Wunder, dass das in Europa und Deutschland Zuspruch von genau den Leuten findet, die JK da aufzählt.

    Erklären Sie Dr. Webbaer gerne ‘unseren’ Begriff von ‘Meinungsfreiheit’.
    Werden Sie gerne definitorisch.

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer (der sich einstweilen noch so festhält)

    • #11 Joseph Kuhn
      22. Oktober 2023

      @ Webbär:

      Ihr Link zitiert einen wichtigen Satz: “Damit verbietet Artikel 19 eine staatliche Zensur.”

      Abgesehen davon, dass die in Deutschland nach Art. 5 GG verfassungswidrig wäre, den Deklaratisten geht es um anderes. Sie wollen in sozialen Netzwerken nicht gesperrt werden, sie wollen nicht, dass Suchmaschinen vertrauenswürdige Informationen bevorzugen, sie wollen nicht mit dem Etikett “Desinformation” belegt werden, in Talkshows eingeladen werden usw., d.h. sie wollen einfach alles ungehindert verbreiten.

      Aber wehe, wenn ihnen etwas nicht passt. Sehr nett in dem Zusammenhang, außer der schon zitierten Causa Weidel, war Kubickis Versuch, auf der sog. “Achse des Guten” ins Horn der Meinungsdikatatur zu stoßen, damals noch in der Opposition. Lesenswert die Kommentare der Leute dazu: https://www.achgut.com/artikel/eine_weitverbreitete_lust_meinungen_abzudraengen

  10. #12 uwe hauptschueler
    22. Oktober 2023

    1951 hat die KPD das Volk um seine Meinung zur Wiederbewaffnung befragt. Diese Meinungsumfrage hat der Regierung nicht gepaßt. Sie wurde verboten.
    htttps://igel-muc.de/cv-muc/2005/maerz14.htm

    • #13 Joseph Kuhn
      22. Oktober 2023

      @ uwe hauptschueler:

      Sie haben schon recht, die Nachkriegszeit hierzulande mit ihrem bruchlos aus dem Nationalsozialismus weitergeführten Antikommunismus oder die McCarthy-Periode in den USA waren keine Blütezeit der Meinungsfreiheit. Wobei das für manche der Deklaratisten eigentlich das goldene Zeitalter gewesen sein müsste, sie beklagen ja einen zunehmenden Verlust an Meinungsfreiheit.

  11. #14 Johannes Schmidt
    22. Oktober 2023

    Unterzeichnet wurde das Dokument praktisch ausschliesslich von weissen (>90%) Männern (>80%).

    Die dabei schnell noch der Welt mansplainen, was diese gefälligst zu dulden hat und dass Worte ja nur „Gefühle verletzen“ und keinen „echten“ Schaden anrichten würden, „We recognize that words can sometimes cause offence, but we reject the idea that hurt feelings and discomfort, even if acute, are grounds for censorship“.

  12. #15 Dr. Webbaer
    22. Oktober 2023

    Eine liberale Demokratie hat es, sofern nicht ein erklärter Ausnahmefall, ein Krieg zum Beispiel, nicht nötig anders zu leisten als so :

    -> https://lexetius.com/GG/3,2 [1]

    So weh es hier einigen auch tut, ist antizionistische, effektiv : antisemitische Meinung, auszuhalten.
    Es darf in diesem Sinne auch in liberaler Demokratie demonstriert werden, auch gegen Israel und gegen Verbote die Leugnung an sich klarer historischer Lage meinend.


    Die liberale Demokratie ist direkt abhängig davon, dass hinreichend viele Demokraten bereit stehen.
    Grob zusammen gefasst so :
    -> https://de.wikipedia.org/wiki/Böckenförde-Diktum

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer

    [1]
    Ein Gesetz, das nicht wahlfrei angewendet werden kann, auch auf unsere sozusagen bärtigen Freunde nicht.
    Abär zivilisatorisch tödlich sein könnte.

    • #16 Joseph Kuhn
      22. Oktober 2023

      @ Webbär:

      “So weh es hier einigen auch tut, ist antizionistische, effektiv : antisemitische Meinung, auszuhalten.”

      Nein. Antisemitismus fällt unter das Diskriminierungsverbot von Art. 3 GG und muss nicht “ausgehalten” werden. Vielleicht googeln Sie mal zur mittelbaren Drittwirkung von Art. 3 GG.

      “Es darf in diesem Sinne auch in liberaler Demokratie demonstriert werden, auch gegen Israel und gegen Verbote die Leugnung an sich klarer historischer Lage meinend.”

      Natürlich darf gegen Israel demonstriert werden, auch gegen das Verbot der Leugnung des Holocaust. Aber solange das Verbot besteht, dürfen Sie den Holocaust nicht leugnen. Das gilt übrigens nicht nur für Deutschland: https://de.wikipedia.org/wiki/Gesetze_gegen_Holocaustleugnung

      Aber was hat das alles mit der “Westminster Declaration” und ihrer Motivation zu tun?

  13. #17 Staphylococcus rex
    22. Oktober 2023

    In dieser Deklaration vermisse ich eine Definition, was ist Meinungsfreiheit und was nicht? Solange es nur um den Austausch von Meinungen geht, ist gegen Meinungsfreiheit nichts einzuwenden. Aber was ist, wenn das Wort selbst zur Gewalt wird? Diese verbale Gewalt kann auf unterschiedlichsten Ebenen auftauchen, gegen Gruppen von Menschen mit anderen Weltanschauungen, Religionen oder Nationalitäten, aber auch auf auf persönlicher Ebene als üble Nachrede, Stalking oder Mobbing.

    Ich sehe da durchaus einen Mentalitätsunterschied zwischen den USA und Deutschland. Ist der Schutz des Bürgers vor Gewalt Aufgabe des Staates oder Eigenverantwortung? In den USA hat jeder das Recht eine Schusswaffe zu tragen. Die Konsequenz ist, dass sich der Staat lediglich in die vollzogene Gewalt einmischt, aber nicht prophylaktisch eingreift. In Bezug auf verbale Gewalt bedeutet dies, jeder kann alles sagen, kann aber auch für diese Äußerungen verklagt werden.

    Minderheiten oder arme Menschen haben bei einer juristischen Durchsetzung ihrer Interessen schlechtere Chancen, deshalb habe ich persönlich auch kein Problem damit, wenn gewaltsame Sprache in ihrer Ausbreitung behindert wird, also zensiert wird.

    Ein aktuelles Beispiel von gewaltsamer Sprache ist der Versuch von Donald Trump bei seinen aktuellen Gerichtsprozessen die Prozessbeteiligten (Ermittler, Richter etc.) persönlich einzuschüchtern. Er wurde deswegen schon mehrfach verwarnt und ich würde es hochgradig bedenklich finden, wenn dies durch Meinungsfreiheit gedeckt wäre.

    In der o.g. Deklaration wird an einer Stelle der Kampfbegriff “Mainstreammedien” gebraucht; wenn dort Faktenchecker Lügen zerpflücken, dann ist das keine Zensur, sondern die redaktionelle Pflicht dieser Medien. Zumindest in Deutschland habe ich nicht den Eindruck, dass wir ein Zensurproblem haben. Wozu überhaupt Informationen zensieren, wenn die Einwohner einer Echoblase eine wirksame Selbstzensur betreiben?

    Wenn in der Einleitung zur o.g. Deklaration ein Satz stehen würde, dass sich Meinungsfreiheit nur auf gewaltfreie Sprache bezieht, dann wäre diese Diskussion überflüssig.

  14. #18 user unknown
    https://demystifikation.wordpress.com/2015/08/28/melden-dialog-geleakt/
    23. Oktober 2023

    Sie wollen in sozialen Netzwerken nicht gesperrt werden, sie wollen nicht, dass Suchmaschinen vertrauenswürdige Informationen bevorzugen, sie wollen nicht mit dem Etikett “Desinformation” belegt werden, in Talkshows eingeladen werden usw., d.h. sie wollen einfach alles ungehindert verbreiten.

    Und wer könnte besser geeignet sein, vertrauenswürdige Informationen von nicht vertrauenswürdigen zu unterscheiden, als Suchmaschinenbetreiber, die ihren Umsatz mit Werbung machen?

    Meinungsfreiheit wollen wir schon, aber bitte nur für genehme und faktengecheckte Meinungen.

    Und wie eitel, nicht mit dem Begriff “Desinformation” belegt werden zu wollen! Ungehindert wollen sie die Meinung verbreiten – wo gibt’s denn sowas?

    Zur Meinungsfreiheit gehört übrigens auch die Freiheit sich ungehindert aus öffentlich verfügbaren Quellen frei zu informieren. Ich persönlich würde gerne selbst auswählen, wem ich vertraue und wem nicht. Ich wünsche mir keine Gouvernante, das eine Vorauswahl für mich trifft.

    Und wer von verbaler Gewalt redet, der bereitet oft Gewaltakte gegen die vor, deren Rede er zur Gewalt erklärt hat (den Begriff der Gewalt somit verwässernd), um sie als Gegengewalt, als Notwehr zu verwässern (punch a Nazi).

    Dass der Staat Google u.a. dazu anhält, vermeintliche Desinformation zu kennzeichnen, ist m.E. GG-widrig. Er darf die Zensur auch nicht an Private delegieren. Staatlich geförderte Faktenchecker sondern auch einen sehr üblen Geruch ab.

    Aber hej – Du wirst auf einer Social-Media-Plattform gesperrt? Geh doch zu einer anderen, wo keiner Deiner Kollegen und Freunde ist! Und wo wir Dich natürlich leicht mit Obskuranten und politischen Extremisten in einen Topf werfen können, die auch alle dahin mussten, weil sie gesperrt wurden.

    Wir wollen hier ein werbefreundliches Umfeld schaffen, in dem Blümchen, Katzen und Ukraineflaggen gedeihen.

    • #19 Joseph Kuhn
      23. Oktober 2023

      @ user unknown:

      Im Prinzip ist alles richtig, was Sie sagen. Mein Einwurf war auch kein Persilschein für die Medienpolitik des Bundes oder der EU, oder für tendenziöse Programmierungen bei Suchmaschinen.

      Mir geht es um die Deklaration. Die klingt mit Blick auf manch bedenkliche Entwicklung natürlich erst einmal ganz sympathisch, ähnlich wie augenscheinlich für Freiheit und Wahrheit werbende Deklarationen im wissenschaftlichen Feld. Die Leute, die so was machen, sind ja nicht dumm. Aber soll man angesichts ersichtich obskurer Unterzeichner:innen gar nicht nach der Glaubwürdigkeit des Anliegens fragen? Keine Einordnung versuchen?

  15. #20 Staphylococcus rex
    23. Oktober 2023

    Beim zweiten Durchlesen würde ich sagen, diese Deklaration ist naiv/weltfremd und zudem mehrdeutig formuliert. Bei der Meinungsfreiheit im Internet geht es um die Nutzer, um die Plattformen und Suchmaschinen (dies sind in der Regel gewinnorientierte Privatunternehmen) und um staatliche Einflußnahme.

    Ein Teil der staatlichen Einflussnahme ist dadurch notwendig, dass einige Nutzer das Internet als unreglementierten und rechtsfreien Raum betrachten. Was Umgangsformen in der analogen Welt sind, das ist die Netiquette im Internet. Es gibt nun einmal keine absolute Freiheit, eine komplexe Gesellschaft funktioniert nur, wenn ein Minimum an Regeln als allgemeinverbindlich akzeptiert sind. Und wenn man inhaltlich nicht eingreifen möchte, dann ist ein Eingreifen bei bestimmten Verhaltensweisen geboten (Hassrede etc.). In dieser Deklaration fehlt ein expliziter Hinweis auf die Verantwortung der Nutzer sich an Regeln der Netiquette und Streitkultur zu halten.

    Der Hinweis auf staatliche Einflussnahme bei der Zensur ist etwas weltfremd. Der Hinweis auf Gefahren beim Aushebeln der Verschlüsselung ist berechtigt und geht in der Masse des Textes leider unter. Auch ist mir nicht ganz klar, wer der Adressat dieser Deklaration sein soll. Regierungen in Staaten, wo die Meinungsfreiheit bedroht ist, werden sich von einer derartigen Deklaration nicht beeindrucken lassen. Die Plattformen und Suchmaschinen sind gewinnorientierte Unternehmen, die für ihr Geschäftsmodell auf das Wohlwollen der jeweiligen Regierungen angewiesen sind.

    Damit diese Deklaration Sinn macht, müßte sie komplett anders formuliert sein. Die Plattformen und Suchmaschinen sind zusätzlich zu ihrer Rolle als Unternehmen nämlich auch Teil der essentiellen digitalen Infrastruktur und haben in dieser Rolle einen Versorgungsauftrag und eine Verantwortung für die Gesellschaft. Es ist naiv, eine Infrastruktur ohne Regeln einzufordern, eine derartige Deklaration sollte eher klarstellen, welche Regeln mit dem Konzept der Meinungsfreiheit vereinbar sind und welche nicht.

    Das ist vielleicht off topic, aber Meinungsfreiheit beinhaltet einen AUSTAUSCH von Meinungen. Mitspieler, die auf einem Kreuzzug sind und nur ihre Meinung predigen ohne dabei anderen Personen zuzuhören, sind an einem Austausch der Meinungen nicht interessiert. Diese Mitspieler auszubremsen ist für mich keine Verletzung der Meinungsfreiheit.

  16. #21 Alisier
    23. Oktober 2023

    Passt dieser offene Brief, den ich unterzeichnen würde, zur hier diskututierten “Westminster Declaration”?
    https://taz.de/Offener-Brief-juedischer-Intellektueller/!5965154/
    Ehrlich gesagt weiß ich das noch nicht so recht.

  17. #22 Alisier
    23. Oktober 2023

    Und solche Geschichten und (zum Teil erfolgreichen) Versuche haben einen etwas anderen Dreh als reine Deklarationen, wenn es um die Erweiterung von Meinungs- und Ausdrucksfreiheit geht:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Radio_Dreyeckland_(Freiburg_im_Breisgau).
    So sehr ich das deutsche öffentlich finanzierte Radio und die Presselandschaft hier schätze: mir fehlen manchmal seriöse, ernstzunehmende und originelle Stimmen, die allgemein Geglaubtes in Frage stellen oder zumindest relativieren.
    Sonst überlässt man u.U. Stimmen das Feld, die Fehlannahmen festigen oder gleich querdenkermäßig herumschwurbeln.
    Die Deklaration scheint mir allzu unkonkret zu sein, und erlaubt jede mögliche Interpretation, was die wilde Mischung der Unterzeichner erklären könnte. Es ist gefühlt für jeden was dabei, und das entwertet diese Deklaration in meinen Augen deutlich.

  18. #23 Staphylococcus rex
    23. Oktober 2023

    Vielleicht ist es bei der Bewertung der Deklaration hilfreich zu vergleichen, wie funktionieren die grundlegenden Bürgerrechte in der früheren analogen Zeit und wie funktionieren sie jetzt?

    1. Meinungsfreiheit. In der grundlegenden Bedeutung heißt Meinungsfreiheit, dass man seine Meinung äußern kann, ohne Angst haben zu müssen, von Sicherheitsdiensten abgeholt zu werden oder wegen einer unbedachten Äußerung seine Arbeit zu verlieren. Die Meinungsfreiheit ist ein grundlegendes Schutzrecht. Der Anspruch, mit mit minimalem Aufwand maximale Reichweite zu generieren, ist dagegen kein grundlegendes Schutzrecht. Ich bin in der ehemaligen DDR aufgewachsen und manchmal fühle ich mich bei derartigen Diskussionen wie im falschen Film.

    2. Versammlungsfreiheit. Früher und auch jetzt ein grundlegendes Bürgerrecht. Das Internet erleichtert es einerseits dieses Bürgerrecht wahrzunehmen, andererseits kann die Reichweite sozialer Medien dazu führen, dass mehr Leute kommen als erwartet und den Organisatoren die Kontrolle entgleitet und außerdem dass Personen kommen, die man nicht dabei haben möchte (Gewalttourismus). Hier gibt es Handlungsbedarf für eine Modernisierung des Versammlungsrechts, ohne dass ich hier eine einfache Lösung anbieten kann.

    3. Fernmelde- und Briefgeheimnis, Schutz der Privatsphäre, kein staatliches Eindringen in diesen Schutzbereich ohne richterlichen Durchsuchungsbeschluss. Hier sehe ich die größten Risiken in der aktuellen Zeit. Der Versuch Verschlüsselungen auszuhebeln ist gleichwertig einem Angriff auf das Briefgeheimnis. Eine zusätzliche Missbrauchsgefahr sehe ich in der Telekommunikation, früher mußte man eine Telefonleitung gezielt anzapfen, jetzt wo alle Telefonate als VoIP über das Internet laufen, wer hindert Sicherheitsdienste daran, die Datenströme in Echtzeit durch eine Spracherkennung analysieren und ggf. aufzeichnen zu lassen? Was geschieht mit den Metadaten (wann wo welche Seite angeklickt) die wir generieren? Wer darf welche Daten zu welchen Zwecken zusammenführen? Wann hinterläßt man so viele Spuren im Netz, dass man bei der Zusammenführung dieser Daten zum “gläsernen Bürger” wird. Hier sehe ich eine echte Gefahr einer unheiligen Allianz der Datensammelwut der Internetfirmen (aus kommerziellen Gründen) und der Regierungen (aus “Sicherheitsgründen”). Ob die DSGVO hier ausreicht, wird sich noch zeigen müssen.

  19. #24 Joseph Kuhn
    23. Oktober 2023

    @ Alisier:

    “Passt dieser offene Brief, den ich unterzeichnen würde, zur hier diskututierten “Westminster Declaration”?”

    Hm. Die meisten Namen unter dem offenen Brief sagen mir zwar nichts, aber immerhin stoßen einem nicht gleich haufenweise schräge Figuren auf, anders als bei der Westminster Deklaration.

    Und zum Inhalt: Natürlich sollten auch Palästinenser für ihre Rechte demonstrieren dürfen, wie man mit Pro-Hamas-Demonstrationen umgehen sollte, ist noch mal eine andere Frage.

  20. #25 Alisier
    24. Oktober 2023

    @ Joseph Kuhn
    Über den Inhalt zu diskutieren lag mir fern.
    Ein Artikel zu dem Thema, das mir aber in diesem Thread nicht als zentral erscheint:
    https://taz.de/Nahost-Diskurs-seit-7-Oktober/!5967886/
    Was mich mehr als stört und mir zunehmend Sorgen bereitet ist vielleicht dasselbe, das manche UnterzeichnerInnen der Westminster Declaration zur Unterstützung derselben bewogen hat.
    Es herrscht das Geschwätz und dem Geschwätz wird zuweilen ein derart großer Raum zugestanden, dass sinnvolle und wertvolle Informationen im Rauschen unterzugehen drohen.
    Meinungsfreiheit sollte eben nicht heißen, dass jeder Schwachkopf seinen Blödsinn unwidersprochen überall hinblasen kann. Und das ist nicht nur meiner Meinung nach zunehmend der Fall,
    Da noch sinnvoll zu filtern scheint nicht mehr vielen zu gelingen.

    • #26 Joseph Kuhn
      24. Oktober 2023

      @ Alisier:

      “Meinungsfreiheit sollte eben nicht heißen, dass jeder Schwachkopf seinen Blödsinn unwidersprochen überall hinblasen kann.”

      Wie gesagt, und schon im Blogtitel formuliert, ich glaube, genau das hat die schrägen Unterzeichner:innen der Westminster Declaration nicht motiviert, sondern sie wollen auch quergedachten oder ideologischen Blödsinn unwidersprochen überall hinblasen dürfen. In welchem Maße auch das zur Meinungsfreiheit gehört, darüber kann man diskutieren, siehe den Kommentar von “user unknown”, und dazu gibt es ja auch Berge an Literatur.

      Interessanter finde ich bei solchen Deklarationen, ob sie für ganz andere Ziele instrumentalisiert werden, und ein Teil der Unterzeicher:innen vielleicht gleich mit. Die “Brusssels Declaration” der Tabaklobby hatte ich bereits erwähnt, die “Great Barrington Declaration” zu Corona und ihr Gegenstück, das “John Snow Memorandum”, gehören auch hier her, man könnte auch das “Manifest für Frieden” von Wagenknecht/Schwarzer mitdiskutieren, die von der Esoterik immer wieder geforderte “Unvoreingenommenheit” gegenüber ihren Glaubenssätzen oder eben das berühmte Mantra “das wird man doch noch sagen dürfen”.

      Es ist die immergleiche Frage: Welche Rolle spielen die Motive eines Sprechers für die Glaubwürdigkeit und Vertrauenswürdigkeit des Gesprochenen?

      Zum verlinkten taz-Artikel: Klingt vernünftig, aber in der Tat nicht zentral für das Thema hier. Der dort erwähnte Omri Boehm, bzw. sein letztes Buch, war übrigens vor kurzem hier mal Thema. Über den Nahost-Konflikt hat er schon einiges geschrieben. Vor ein paar Tagen hatte er mit Susan Neiman, die den von dir weiter oben verlinkten offenen Brief jüdischer Intellektueller mitgezeichnet hat, im Potsdamer Einstein-Forum über das Geschehen in Israel diskutiert.

  21. #27 Alisier
    24. Oktober 2023

    @ Joseph Kuhn
    Wir sind ja auch mal wieder nicht besonders weit auseinander, außer dass der Kommentar von user unknown aus meiner Sicht nicht zum ersten Mal eine deutliche Schlagseite hat, auf die ich aber nicht schon wieder eingehen möchte.
    Die Instrumentalisierung ist oft der Knackpunkt bei solchen Geschichten. Und mir gehts hier auch wie von Dir woanders beschrieben: ich habe weit mehr Fragen als Antworten.

  22. #28 Neumann
    24. Oktober 2023

    Freiheit für Irrsinn ??
    Wer entscheidet, ob Irrsinn oder nicht ?
    zu demos cratia gehört das Unverständnis für die Meinung Anderer.
    Das beginnt bei der Einstellung zu Gott und endet bei der Einstellung zu der Impfpflicht.
    Nur mal als Aufwachgutsl.

  23. #29 Staphylococcus rex
    24. Oktober 2023

    Eine bisher unerwähnte Bedrohung der Meinungsfreiheit sehe ich in internetgetriggerten Empörungswellen. Auseinandersetzungen zu wichtigen politischen Themen sind wichtig und sie sind zuweilen schmerzhaft. Als aktuelle Beispiele stehen Precht und Mazraoui im Raum. Precht hat seine Honorarprofessur aufgegeben, bei Mazraoui werden “harte Konsequenzen” gefordert.
    https://www.spiegel.de/sport/fussball/fc-bayern-muenchen-zentralrat-der-juden-fordert-harte-konsequenzen-fuer-noussair-mazraoui-a-51066759-3278-4fec-a5ad-28aeb7579194

    Beide stehen zu recht unter Kritik, die Äußerungen von Precht zeugen von latenten Vorurteilen und die Äußerungen von Mazraoui sind kontextsensitiv mehrdeutig (wenige Tage nach den Kriegsverbrechen der Hamas dem palästinensischem Volk den Sieg zu wünschen ist selbst bei wohlwollender Betrachtung als Instinktlosigkeit zu werten). Als Personen in der Öffentlichkeit müssen sie sich aktiv mit ihren Äußerungen auseinandersetzen. Meinungsfreiheit bedeutet aber auch dass diese Auseinandersetzung nicht gleich zur existenziellen Bedrohung der Andersdenkenden wird. Die Kriegsverbrechen wurden von der Hamas begangen, und ich habe aktuell den Eindruck, weil man die wirklich Verantwortlichen der Hamas derzeit nicht zur Verantwortung ziehen kann, wird ein Großteil der (sicher berechtigten) Wut auf die Personen projeziert, die sich gerade nicht ausreichend von der Hamas distanzieren.

    Die Hamas ist bildhaft gesprochen ein Krebsgeschwür in der palästinensischen Gesellschaft. Wenn ein Chirurg ein Krebsgeschwür herausschneidet, muss er dies tief im gesunden Gewebe tun. Wenn das israelische Militär “chirurgische Operationen” gegen die Hamas verspricht, sind großflächige Kollateralschäden unvermeidbar. Bei einer Immuntherapie werden Krebszellen dagegen gezielt angegriffen. Wer die Hamas wirklich eliminieren möchte, ist dafür auf die Mitarbeit der Palästinenser angewiesen. Dieser Krieg ist auch ein Krieg um die Köpfe und die aktuelle öffentliche Diskussion trägt eher dazu bei, die Palästinenser und ihre Unterstützer in einer Wagenburgmentalität um die Hamas zu versammeln anstatt bei diesen Personen Denkprozesse zu starten, wo der wirkliche Feind steht. Kurz gesagt, ich wünsche mir mehr Aufklärung und weniger Empörung.

  24. #30 Alisier
    24. Oktober 2023

    @ Staphylococcus rex
    Weniger Empörung von wem?
    Weder bei den verlinkten Artikeln noch bei den hier im Thread getätigten Äußerungen kann ich eine solche erkennen.
    Auch die Behauptung, das ja alle so empört sind trägt eher nicht zu einer konstruktiven Diskussion bei. Und wird gerade denen nicht gerecht, die sich um Deeskalation und gute Argumente bemühen.
    Das gilt übrigens auch für andere Themen, von Klimaschutz bis Asylrecht.

  25. #31 Alisier
    24. Oktober 2023

    @ Alfred E.
    Manches ist einfach Unsinn und Irrsinn und wird auch von wirklich Informierten meist problemlos als solches erkannt.
    Aber ja, entscheiden muss man das nicht. Sondern sich höchstens wundern und ein wenig den Kopf schütteln.

  26. #32 Staphylococcus rex
    24. Oktober 2023

    @ Alisier, offensichtlich haben wir eine unterschiedliche Wahrnehmung der Realität.

    Ich habe des Beispiel Richard David Precht gebracht, weil dieser nach seinen Äußerungen vom Studierendenparlament zum Rücktritt gedrängt wurde.
    https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/richard-david-precht-tritt-von-honorarprofessur-in-lueneburg-zurueck-a-0f071f2d-c0f7-4b7b-8b34-d6400bacf113
    Richard Precht hat unprofessionell gehandelt, indem er seine Vorurteile ungeprüft in der Öffentlichkeit präsentiert hat. Er hat sich dafür öffentlich entschuldigt. Insgesamt rechtfertigt dieser Vorgang keine fristlose Kündigung, genau darauf läuft aber das Auftreten des Studentenparlaments hinaus. Richard Precht ist kein unbeschriebenes Blatt, es gibt kontroverse Äußerungen seinerseits aus der Corona-Zeit (siehe entsprechender Wikipedia-Artikel). Ob er für die Stelle als Honorarprofessor geeignet ist, ist eine ganz andere Frage. Hier wäre ggf. eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Semesterende eine adäquate Reaktion.

    In der aktuellen Situation stört mich ein Umstand, den ich als Turbomoral bezeichnen möchte. So wie die Nachrichten im Sekundentakt über uns hereinbrechen, wird von uns erwartet, dass wir uns im gleichen Sekundentakt positionieren und auch im Sekundentakt Konsequenzen ziehen. Dies widerspricht unserer Physiologie, Denkprozesse brauchen ihre Zeit, insbesondere wenn Wertesysteme und Grundüberzeugungen auf dem Prüfstand stehen und diese Zeit für Denkprozesse und die Zeit an Fehlern zu reifen, sollte man den Menschen auch zugestehen.

    Im Fall Mazraoui geht es um die “harten Konsequenzen”. Harte Konsequenzen bei einem Fussballprofi sind personalrechtliche Maßnahmen, die Entscheidung darüber obliegt einzig dem Arbeitgeber. Die Forderung des Zentralrats ist als übergriffig zu werten, zudem ist diese Forderung aufgrund der erheblichen Konsequenzen als gewaltsame Sprache zu werten. Gegen eine “konsequente und nachdrückliche Aufarbeitung” hätte niemand etwas einzuwenden. Der Zentralrat der Juden ist die politische Vertretung der Juden in Deutschland. In dieser Rolle hat der das Recht und auch die Pflicht entschieden für die Interessen der jüdischen Mitbürger einzutreten. Gleichzeitig betätigt sich der Zentralrat der Juden auch in der Rolle als moralische Instanz. Diese moralische Instanz wird durch eine derartige gewaltsame Sprache beschädigt.

    Der Umgang mit Andersdenkenden sagt viel aus über den Reifegrad einer Gesellschaft und gerade bei arbeitsrechtlichen Konsequenzen sollte man sich vorher die Zeit nehmen zu prüfen, ob derartige Maßnahmen angemessen sind.

  27. #33 Alisier
    24. Oktober 2023

    @ Staphylococcus rex
    Ich weiß nicht, ob ich darauf antworten will.
    Antisemitische Stereotype einfach mal eben rauszuhauen, dazu noch welche aus der untersten Schublade hat wirklich nichts mit unprofessionellem Verhalten zu tun. Unprofessionell vielleicht insofern, dass Precht gerne völlig merkbefreit schwurbelt. Aber das gehört zu seinem Auftreten seit Jahren dazu und ist quasi sein Markenzeichen. Und dass jemand, der ein bisschen Philosophie studiert hat, aber ansonsten Gernanist ist, sich gerne “Philosoph” nennt, nur weil die Bezeichnung nicht geschützt ist und sehr viele ausuferndes Herumschwurbeln für Philosophie halten macht das Ganze auch nicht besser.
    Und was den Rest anbelangt…..keine Ahnung wo ich da ansetzen soll,

  28. #34 Alisier
    24. Oktober 2023

    Nachtrag zu Mazraoui: dort gibt es keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen.
    Bei Anwar Al Ghazi ist das schon anders.
    Außerdem erlaube ich mir darauf aufmerksam zu machen, dass selbst ein halbgares und lediglich angedeutetes “die Juden haben oder nehmen zu viel Einfluss und überhaupt nehmen sie sich zu viel raus” auch in der Form in der Du es bringst für mich völlig inakzeptabel ist.

  29. #35 Alisier
    24. Oktober 2023

    Noch was: Precht hat dem Druck nicht standgehalten und ist zurückgetreten. Entlassen wurde er nicht.
    Das sind mir viel zu viele unbelegte Behauptungen und Halbwahrheiten in einem einzigen Kommentar.
    Aber mit Überzeugung vorgetragen, zugegeben.

  30. #36 Joseph Kuhn
    24. Oktober 2023

    @ Alisier:

    “Antisemitische Stereotype … Precht”

    Was ihm bei “Diamanthandel und ein paar Finanzgeschäfte” durch den Kopf ging, würde mich wirklich mal interessieren. Das wirkt ja wie eine psychische Projektion des “Geldjuden”-Vorurteils ins Judentum selbst. Hat er das inzwischen irgendwo schlüssig erklärt?

    Dann jetzt noch die schrägen Postings von Greta Thunberg. Alles merkwürdig.

    “@ Alfred E.”

    Wer ist damit gemeint?

    “ein halbgares und lediglich angedeutetes ‘die Juden haben oder nehmen zu viel Einfluss und überhaupt nehmen sie sich zu viel raus'”

    Auf welche Formulierung von Staphylococcus rex nimmst du hier Bezug?

  31. #37 Alisier
    24. Oktober 2023

    @ Joseph Kuhn
    “Alfred E.” ist ein interner Gag, den Robert schon kennt.
    Ich dachte und denke, dass es ihm nichts ausmacht, wenn jemand anderes seine Nicksammlung erweitert.
    Was den Rest betrifft: das Thema nehme ich sehr ernst.
    Antisemitismus ist keine “andere Meinung” auf die irgendjemand Rücksicht nehmen sollte oder muss. Da gehts schon los.
    “Die Forderung des Zentralrats ist als übergriffig zu werten, zudem ist diese Forderung aufgrund der erheblichen Konsequenzen als gewaltsame Sprache zu werten.”
    Das zu belegen sollte erstmal Pflicht sein.
    “Gleichzeitig betätigt sich der Zentralrat der Juden auch in der Rolle als moralische Instanz. Diese moralische Instanz wird durch eine derartige gewaltsame Sprache beschädigt.”
    Aber klar doch. Ich möchte derart verschwurbelte Versuche dann auch mal beim Namen genannt sehen, da sie immer wieder so oder so ähnlich auftauchen.
    Und worin besteht ist denn bitte die Gewalt, wenn man darauf besteht, dass jemand für die Forderung zur Vernichtung eines Staates oder der direkten Velinkung einer Webseite, die die Vernichtung fordert zur Rechenschaft gezogen wird?
    Precht? Lappalie! Und jetzt habt euch doch nicht so. Immer diese moralisierenden Juden…..

  32. #38 Alisier
    24. Oktober 2023

    …..die mit ihrer Macht, die sie ja offensichtlich (immer noch) haben, andere gewaltsam verdrängen.
    Das Narrativ kehrt immer wieder, und war schon bei der üblichen offiziellen Zionismus-Positionierung der DDR überaus beliebt.

  33. #39 Staphylococcus rex
    24. Oktober 2023

    @ Alisier, solange diese Diskussion durch die Wutbrille geführt wird, werden wir weiter aneinander vorbei reden. Ich habe nicht vor, Precht oder Mazraoui vor den Konsequenzen ihrer Fehltritte zu bewahren, aber für derartige Auseinandersetzungen gelten Regeln und der Zweck heiligt eben nicht alle Mittel. Und die Regeln für das Auftreten in der Öffentlichkeit gelten für alle, auch für den Zentralrat der Juden in Deutschland.

    Wo ist die Grenze zwischen inhaltlicher Kritik und Antisemitismus? Und welche “sichtbar harten Konsequenzen” mag Herr Schuster wohl gemeint haben, ohne dabei übergriffig zu wirken oder sich einer gewaltsamen Sprache zu bedienen? Sprache ist Kommunikation, Sprache ist aber auch eine Waffe. Das gilt für alle Beteiligten.

  34. #40 Alisier
    24. Oktober 2023

    Ich denke ich bin recht nüchtern.
    Bis ich jemandem solches massiv über die Stränge Schlagen durchgehen lasse müsste aber noch einiges passieren.
    Ist der Zentralrat der Juden also Schuld, dass der arme Precht zurücktreten musste (ganz nebenbei: musste er nicht!) und die beiden Fussballer Schwierigkeiten kriegen?
    Diese völlige Pervertierung der Verantwortlichkeiten bin ich nicht bereit schweigend hinzunehmen.
    Und andere hoffentlich ebenfalls nicht.

  35. #41 Alisier
    24. Oktober 2023

    Und da wären wir doch glatt wieder beim Thema:
    Soll man alles sagen dürfen, was einem so durch den Kopf geht?
    Unbedingt, so lange es nicht ganz offiziell strafbar ist.
    Muss man zuweilen mit Widerspruch, auch dezidiertem rechnen?
    Ebenfalls unbedingt.

  36. #42 Staphylococcus rex
    24. Oktober 2023

    Wenn mir jedes Wort im Munde verdreht wird, ist es sinnlos diese Diskussion weiter zu führen.Vielleicht später, wenn gegenseitiges Zuhören wieder möglich ist, aber nicht jetzt.

  37. #43 Alisier
    24. Oktober 2023

    Ein “Nein, der Zentralrat der Juden ist nicht Schuld” hätte mir gereicht. Weil es eben genau so klang und aus meiner Sicht auch genau so formuliert war als trüge er zumindest Mitschuld an der Situation.
    Dann hätte ich aber natürlich trotzdem gerne erklärt gehabt wieso es suggeriert wird.

  38. #44 Joseph Kuhn
    25. Oktober 2023

    @ Alisier, @ Staphylococcus rex:

    “Wenn mir jedes Wort im Munde verdreht wird … Weil es eben genau so klang”

    Kommunikation kann viele Motive haben, z.B.
    – sich zu verständigen
    – den Anderen zu belehren
    – zu versuchen, zu verstehen
    – den Anderen ins Unrecht setzen
    – sich selbst auf die Seite der Guten zu bringen
    – Differenzen hervorzuheben
    – konstruktive Kritik zu üben
    – Skandalöses zu benennen
    – Dritte zu beeindrucken
    – Wahrheiten zu verschleiern
    – usw. usw.

    Das gilt für eure Motive, die sich vielleicht von Kommentar zu Kommentar auch ändern, ebenso wie für die Westminster Deklaration, soweit sie als Kommunikation gelten kann.

    Kommunikativ floppt die Deklaration trotz vieler prominenter Namen bisher allerdings, zumindest außerhalb des Milieus, das rituell eine Meinungsdiktatur beklagt. Die Unterzeichner:innen werden das Schweigen des medialen Mainstreams vielleicht als Beweis für ihre Thesen sehen, aber vielleicht ist Ignorieren der beste Umgang mit solchen Papieren und ich hätte es am besten auch so gehalten?

  39. #45 PDP10
    25. Oktober 2023

    Könnten wir hier bitte trotzdem das tun, was der eine anmerkt und vom anderen dafür kritisiert wird?

    Nämlich verbal ein wenig abrüsten?

    Natürlich ist der Post von Mazraoui ein No Go. Die laue Reaktion des FC Bayern darauf ist beschämend. Und natürlich hat Josef Schuster jedes Recht der Welt sich darüber zu empören.
    Und natürlich ist Herr Precht, was er schon immer war. Nämlich ein intellektuell dünn laminierter, auf Stammtischniveau schwätzender Germanist aus Solingen, der sich aber im Gegensatz zu seinen Fähigkeiten trotzdem gerne als deutscher Großintellektueller sieht. Das ist nicht beschämend (ausser was Fremdscham angeht) sondern die lächerliche bis traurige Schaffensbilanz eines Narzissten.

    Das sind die Fakten.

    Wie man das ganze persönlich und nach eigenem moralischem oder ethischen Empfinden bewertet ist wieder eine ganz andere. Darüber kann man trefflich streiten, wie man so sagt. Aber wir könnten das ja auch tun ohne die ganze Empörungsspirale von da draußen weiter zu spiralen. Also ohne das wir den Vorschlaghammer raus holen.

    • #46 Joseph Kuhn
      25. Oktober 2023

      @ PDP 10:

      “Darüber kann man trefflich streiten, wie man so sagt. Aber wir könnten das ja auch tun ohne die ganze Empörungsspirale”

      “Natürlich ist der Post von Mazraoui ein No Go”

      Sollte also alles sagbar sein, nur in gesitteter Form? Oder gibt es auch Unsagbares? Freedom of speech? Netiquette? Political correctness? Cancel culture? Gibt uns die Westminster Declaration einen moralischen Kompass für öffentliche Diskurse? Folgt sie selbst einem?

  40. #47 Alisier
    25. Oktober 2023

    @ PDP10
    Wer was genau als Vorschlaghammer empfindet, respektive wer zwar einen Vorschlaghammer benutzt, den aber als weiches Federkissen sieht hängt oft von der jeweiligen Perspektive ab.
    Ich empfand das weiter oben nicht als Empörungsspirale sondern aus meiner Sicht als Versuch einer Klarstellung, von beiden Seiten.
    Und vielleicht ist dennoch sogar (fast) alles drin, was Joseph Kuhn unter #44 auflistet.
    Die “Man darf ja nichts sagen ohne dass einem gleich alles Mögliche unterstellt wird”-Reaktion ist ebenfalls verständlich. Eventuell hat man aber auch wirklich unbedachte Äußerungen getätigt, die man schlecht erklären oder gar wieder einfangen kann.
    Was mir wichtig wäre ist, dass bei der nächsten Diskussion vieles, wenn nicht alles auf Null gesetzt wird.
    Denn unerträglich wird es dann, wenn Menschen immer wieder auf das, was sie irgendwann einmal gesagt haben sollen, zurückgeworfen werden.
    Wer z.B. einen Diskussionsstil pflegt, der das Persönliche und Ins Unrecht Setzen zum zentralen Prinzip macht, mit dem möchte ich mich nicht unterhalten, geschweige denn gepflegt streiten.
    Gut dass hier gerade keiner von der Fraktion unterwegs ist.
    Und all das und vieles andere, spielt, so wie ich das sehe, bei der hier zur Debatte stehenden Deklaration überhaupt keine Rolle.
    Das Ding ist wahrscheinlich nicht mal ein Rohrkrepierer, sondern tatsächlich ein Lüftchen ohne Inhalt, Wert oder Bedeutung.

  41. #48 Neumann
    25. Oktober 2023

    Wer redet Unsinn , Antonio Guterres oder der israelische UN Botschafter ?

  42. #49 Alisier
    25. Oktober 2023

    @ Alfred E.
    Beide vertreten genau das, was sie aufgrund ihrer Position vertreten sollten oder meinen vertreten zu müssen.
    Unsinn reden beide nicht, aber den Kontext in dem sie sich als öffentliche Personen bewegen ist ebenfalls in Betracht zu ziehen.
    Und wer aus welcher Ecke an diesen Personen Kritik übt oder sogar verbal ganz direkt zuschlägt sollte ebenfalls registriert werden.

  43. #50 Staphylococcus rex
    25. Oktober 2023

    Im Augenblick interessiert mich die Antwort auf genau zwei Fragen: 1. Wie kann man die Hamas loswerden? 2. Wie kann man den Friedensprozeß, der nach der Ermordung Rabins für viele Jahre unterbrochen wurde, wiederbeleben?

    Wenn es auf diese Fragen keine befriedigende Antwort gibt, wird genau folgendes passieren: Der Teufelskreis aus palästinensischer Gewalt, heftiger israelischer Gegengewalt, einer mehrjährigen palästinensischen Resignations- und Aufrüstungsphase und einer neuen Welle palästinensischer Gewalt durch die nächste Generation (die ihre Perspektivlosigkeit in Wut transformiert) wird in die nächste Phase eintreten. Der Nahostkonflikt wird auf die nächsten 10-15 Jahre zementiert, bis dann die nächste Gewaltwelle hereinbricht und der Teufelskreis von Neuem beginnt. Es ist die große Lebenslüge Israels, diese Resignationsphase mit Frieden zu verwechseln.

    Die Frage, wie soll es in den nächsten Wochen weitergehen, wird von allen Seiten gestellt. Die Opferzahlen zum jetzigen Zeitpunkt sind bereits schlimm und trotzdem nur ein kleiner Vorgeschmack auf die drohende Zukunft. Die Hamas ist auf eine asymmetrische Kriegsführung besser vorbereitet als Israel und wer wissen möchte, welche taktischen Möglichkeiten ein Tunnelsystem in einer unübersichtlichen Landschaft bietet, sollte sich an die Schlacht um Iwojima und an den Vietnamkrieg erinnern.

    Unter diesem Blickwinkel zeugen die Aussagen von Guterres von Hilflosigkeit und die des israelischen UN-Botschafters von Realitätsverweigerung.

  44. #51 Alisier
    25. Oktober 2023

    @ Staphylococcus rex
    Die Ermordung Rabins war die Katastrophe mit der alles Schlimme neu anfing, und diese Katastrophe wurde von einem fanatischen Juden verursacht.
    Und deine beiden Fragen halte ich für sehr relevant.
    Ich stelle eine weitere: wie kriegt man den Hass bei beiden Seiten raus oder vermindert ihn zumindest so sehr, dass echter Dialog möglich wird?
    Wenn der Hass weg ist, ist auch die Hamas weg, wetten?
    Weswegen ich alle, die dort oder woanders Hass schüren für diese unerträgliche Situation verantwortlich mache. Egal auf welcher Seite sie scheinbar stehen.
    Miteinander reden kann ganz schön schwierig sein, und da helfen dann auch keine windelweichen Deklarationen.

  45. #52 Alisier
    25. Oktober 2023

    Wenn Kommunikation oder sogar einfaches Reden kaum noch möglich ist:
    https://idw-online.de/de/event75216
    Ich bewundere Menschen, die auch in scheinbar ausweglosen Situationen noch Wege finden sich zu Relevantem und Schwierigem zu äußern.

  46. #53 uwe hauptschueler
    25. Oktober 2023

    Einer der ersten urkundlich bekannten Völkermorde soll bei der ersten Landname Kanaans durch Juden erfolgt sein. Man
    schaue im alten Testament nach. Die Story ist vermutlich erstunken und erlogen, aber sie legimitiert Völkermord. Bei der Eroberung Jerusalems 1099 durch Kreuzritter sollen diese sich wie Affen und Schweine benommen haben. Bei der Gründung Israels gab es das
    “Massaker von Deir Yasin”

    Die Aktion wurde vom späteren israelischen Premierminister und Friedensnobelpreisträger Menachem Begin kommandiert

    s.Wiki
    Nun hat die Hamas zugeschlagen.
    Die religiöse Verblödung aller Beteiligten ist offensichtlich. Solange die Gebetsmühlen aber “das hat nichts mit Religion zu tun” leiern, wird sich in der Gegend kein Frieden einstellen.

  47. #54 Neumann
    25. Oktober 2023

    zu #49 ” Unsinn reden beide nicht, aber den Kontext in dem sie sich als öffentliche Personen bewegen ist ebenfalls in Betracht zu ziehen.”
    Das ist der Schlüssel zur Lösung.
    Was im Gazastreifen passiert ist Irrsinn, kein Unsinn, weil jede Seite ihrer eigenen Logik folgt.

    Was den Krieg zum Irrsinn macht ist das Ausblenden des menschlichen Leides, hauptsächlich der Zivilbevölkerung.

    Was hat das jetzt noch mit der Westminster Declaration zu tun ? Die richtet sich gegen eine Beeinflussung von außen in der Form von Meinungszensur.
    In der Tat findet die gerade in jedem Land statt, in der sich eine offizielle Meinung für Israel oder für Neutralität oder pro Hamas durchsetzt. Bei dem Treffen in Luxemburg haben sich Deutschland und Belgien für einen weiteren Krieg gegen die Hamas ausgesprochen.
    Spanien, Slovenien und Irland haben sich für eine Feuerpause ausgesprochen. Iran unterstützt weiterhin die Hamas.
    Und obwohl die Westminster Declaration die Meinungszensur aus einer ganz anderen Ecke erwartet, beschreibt sie doch wie man in diesem Falle zu verfahren hat. Weiter miteinander reden.

  48. #55 naja
    25. Oktober 2023

    Ich finde, die Situation in Israel und den palästinensischen Gebieten zeigt, wie schnell Identitätspolitik an ihre Grenzen gerät.

    Natürlich haben Isrealis als Nation eine einzigartige Geschichte von Genozid, Krieg, Leid, Unterdrückung, Bomben, Attentaten. Leider haben das Palästinenser auch. Genozid würde ich ausnehmen, Attentate auch. Trotzdem empfinde ich, hier zu entscheiden, wer identitätspolitisch marginalisierter ist, ist absurd und irrelevant für eine Kommunikation.

    Ich gehöre zur Hälfte selbst einer marginalisierten Volksgruppe (Assyrer) an, die von einer anderen marginalisierten Volksgruppe (Kurden) stark dezimiert wurde. Assimiliert wurde. “Wir” sind zum größten Teil ausgewandert und leben jetzt anderswo, in der Welt zerstreut. “Wir” hatten auch die Möglichkeit auszuwandern. Und das ist/war gut so. Ich kann aber auch verstehen, wenn weder Israelis, noch Palästinenser das wollen. Oder können?!

    Für “uns” war es die richtige Entscheidung um abzuschließen, glaube ich, ich habe mit alledem aber auch nicht viel am Hut. Was ja gut ist. Ich bin zur Hälfte zweite Generation und empfinde mich als komplett Deutsch.

  49. #56 naja
    25. Oktober 2023

    “deutsch” meine ich natürlich.

  50. #57 Neumann
    25. Oktober 2023

    naja,
    deine Meinung deckt sich mit unseren Erfahrungen.
    Identitätspolitik sollte zum Auslaufmodell werden, weil sie die Position des Andersseins zementiert.
    Menschen mit Migrationshintergrund haben zwei Möglichkeiten. Von einer Rückkehr in das Land ihrer Heimat träumen oder ganz strikt in der neuen Heimat eine Existenz begründen.
    Einer unserer Nachbarn, ein Libanese hat einen Blumenhandel und spricht schon von den “Ausländern”, die gerade in Deutschland einwandern.

  51. #58 Staphylococcus rex
    25. Oktober 2023

    @JK, dem Kommentar kann ich mich nur anschließen. Wir haben hier intensiv zum Thema Meinungsfreiheit gestritten, aber der “industrielle Zensurkomplex” war in dieser Diskussion absolut irrelevant.

  52. #59 Joseph Kuhn
    25. Oktober 2023

    Wikipedia-Eintrag zur Deklaration:

    https://en.wikipedia.org/wiki/Westminster_Declaration

    Der History nach gibt es den Eintrag seit dem 21.10.2023. Sehr schön: “Considering the high profile of the signatories, media coverage on the declaration was noticeably low.”

    In Deutschland, oder genauer, in München, hat der private Sender “Radio München” die Deklaration aufgegriffen und spricht ganz ungeniert von den Unterzeichner:innen als “renommierten Intellektuellen und Akademikern”. Hintergrundrecherche offensichtlich gleich Null.

  53. #60 PDP10
    25. Oktober 2023

    @Joseph Kuhn (#46:

    Ich habe aber gar nichts zur Westminster Declaration gesagt, sondern nur zur Diskussion hier.

    Wie kommst du von meinem “Darüber kann man trefflich streiten, wie man so sagt. Aber wir könnten das ja auch tun ohne die ganze Empörungsspirale” zu:

    Sollte also alles sagbar sein, nur in gesitteter Form?

    ?

    • #61 Joseph Kuhn
      26. Oktober 2023

      Wie ich darauf komme? Einfach so. Ist das keine vernünftige Nachfrage in dem Kontext? Warum so gereizt?

      Mein Blogbeitrag behandelt die Westminster Declaration. Daher erlaube ich mir, immer wieder darauf zurückzukommen. Das wird man doch noch dürfen, vielleicht sogar empörungsspiralenfrei? 😉

  54. #62 Neumann
    26. Oktober 2023

    Westminster Declaration for dummies.

    Der Wortlaut „Weltweit arbeiten staatliche Akteure, Social-Media-Unternehmen, Universitäten und Nichtregierungsorganisationen verstärkt daran, die Bürger zu überwachen und ihnen ihre Stimme zu nehmen „ ist direkt und für paranoide Persönlichkeiten erschreckend.

    Also beginnen wir ganz sanft mit einer Veränderung der sprachlichen Ausdrücke.
    Für „überwachen“ verwenden wir „ beeinflussen“ und für „ihre Stimme zu nehmen“ gebrauchen wir „sie mit gezielter public relation zu toppen“.

    Und dieses Szenario gibt es schon im wirtschaftlichen Bereich.
    Beispiel Streamen versus Energieeinsparung.
    Da wird jeden Tag Werbung für diese neue Art sich Filme anzuschauen gemacht, gebührenpflichtig selbstverständlich und als modern hingestellt.
    Geschäftsmodell „Kauf per Internet“, Umtausch inbegriffen. Ein großer internationaler Konzern, Weltmarktführer ist dafür zuständig, dass dann die zurückgeschickte Ware im Müll landet .
    Freiheit für Irrsinn, diesesmal ohne Fragezeichen.

  55. #63 zimtspinne
    26. Oktober 2023

    Sollte also alles sagbar sein, nur in gesitteter Form? Oder gibt es auch Unsagbares? Freedom of speech? Netiquette? Political correctness? Cancel culture? Gibt uns die Westminster Declaration einen moralischen Kompass für öffentliche Diskurse? Folgt sie selbst einem?

    Ich greife das mal als konstruktive Hinterfragerei auf und delegiere weiter an TBoR:
    Der Dritte im Bunde fehlt in dieser Runde, macht aber nichts, drei von diesem Kaliber sind mir oft zu viel an… input.

    https://www.youtube.com/watch?v=QJhrLtClY2Y
    .
    Mich selbst motivieren oder inspirieren die Boys nach einer Therapiestunde Trainingseinheit bei ihnen ungefähr eine Million mal mehr zu besserem Verhalten (=sich weierentwickeln) als sämtliche Moralpolizeien der sozialen Medien zusammen. Das mag aber auch an einfach nur gleicher mentalitärer Wellenlänge liegen.

    Die Boys bringen jetzt hier auch mal wieder etwas Bodenständigkeit rein, nach dem industriellen Zensurkomplex aus der Metawelt… mich erinnert das gerade an magisches Denken in allen möglichen Welten und Sphären.

    Video ist recht lang, für heutige eher kurze Aufmerksamkeitspannen, aber es lohnt sich wirklich bis zum Ende.
    Wer bei Sinans “Kein Aids, keine Rolle” nicht in Galgengelächter ausbricht, ist definitiv auf einer anderen Wellenlänge.. oder ganz auf einem anderen Kanal, triffts wohl eher.

    Ich würde eine Petition nur unterzeichnen, wenn ein klar erkennbares Ziel formuliert wird.
    Das ist sowieso Pflicht – Anliegen und Begründung (!) müssen knapp und allgemein verständlich formuliert sein.
    Das ist bei der Declaration Westminster nicht der Fall und daher würde ich auch -so- nicht unterschreiben.

  56. #64 zimtspinne
    26. Oktober 2023

    ach, der “Zensurkomplex” könnte aus DDR-Sprech stammen, Subgenre: Stasi (oder allgemein Parteizensurprozesse?)
    Man könnte das auch als Zensurkomplex (im Sinne von Minderwertigkeitskomplex) verstehen.
    Das vorangestellte “industriell” klingt wiederum nach Postmoderne (“strukturell” etc).
    Zensurindustrie, die global agiert, stelle ich mir eher schwierig vor. Es gibt ja nicht mal eine internationale, interdisziplinäre Mafia. Obwohl sich das lohnen würde.

  57. #65 Neumann
    27. Oktober 2023

    Westminster Declaration zum Zweiten.

    Die Unterzeichner der Deklaration, lauter ehrwürdige Vertreter europäischer Kulturie nehmen eine Anleihe an einem geschichtlich/kirchlichen Ereignis in England, wo damals eine Zeitenwende stattfand.. Eine Zeitenwende im religiösen Bereich. Mit der Deklaration hat man das Glaubensbekenntnis englischer Lesart festgeschrieben.

    Wir erleben auch gerade eine Zeitenwende von der Ökonomie einzelner Nationen hin zu einer freien Weltwirtschaft. Die hat nur Bestand, wenn das Prinzip „Freiheit“ festgeschrieben wird.
    Und das geschieht gerade. Als Begründung und zur Unterstützung malt man ein Gefahrensszenario, wo einzelne Interessengruppen versuchen zuerst die Meinungshoheit zu erlangen und danach einen industriellen Zensurkomplex anstreben.

    Im Augenblick findet eher ein noch friedlicher Kampf um die Einflusssphären statt, man denke an China, das Ländereien in Afrika zukauft, man denke an die US Strategie, wo nicht die Länder besetzt werden, sondern stattdessen deren Industrie aufgekauft wird. Man denke an die russische Lesart, wo abtrünnige Länder bedroht und besetzt werden.
    Und die Europäer, die handeln nicht, die schreiben philosophisch/politische Abhandlungen darüber.

    • #66 Joseph Kuhn
      27. Oktober 2023

      Wie viele Europäer:innen haben Sie denn gezählt?

  58. #67 Staphylococcus rex
    27. Oktober 2023

    @ Alisier #21, der Link in diesem Kommentar verweist auf ein ganz wichtiges Problem in der aktuellen Situation: ausführliche Gespräche sind in der emotional aufgeheizten Situation schwierig, deshalb steigt die Rolle der Symbolik. Gibt es eine einfache Antwort auf die Frage, wie man Solidarität für Palästina zeigen kann und sich gleichzeitig von der Hamas distanzieren kann? Palästinenserflaggen und Kufiya erlauben keine differenzierte Symbolik.

    Theoretisch könnte man eine Palästinenserflagge neben einer Israelflagge und einer durchgestrichenen Hamasflagge auf einem Transparent zeigen. Aber auch hier lauern Fallstricke, die Hamas-Flagge ist ein religiöses Symbol (für alle Moslems), die Distanzierung müßte sich auf das Hamas-Emblem beziehen.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Hamas

    Die spiegelbildliche Frage dazu ist, wie kann man Solidarität mit den Bürgern Israels zeigen ohne sich gleichzeitig von der religiösen Rechten um Netanjahu und der radikalen Siedlungsbewegung instrumentalisieren zu lassen? Gibt es ein Symbol für das säkulare Israel?

  59. #68 Alisier
    27. Oktober 2023

    @ Staphylococcus rex
    Gute Fragen.
    Antworten und vernünftige Vorschläge sind mir bis jetzt noch nicht eingefallen.
    Deswegen sollten wir gemeinsam danach suchen.
    Gesucht und gestritten haben auch schon Amos Oz und Philip Roth, Hannah Arendt und die damaligen Zionisten um Kurt Blumenfeld.
    Aus meiner Sicht gut argumentiert und gehandelt haben z.B. Uri Avnery aber auch Daniel Barenboim.
    Dass mir spontan kein palästinensischer Intellektueller von ähnlichem Format oder ähnlicher Reichweite einfällt, obwohl es diese sicher gibt, sagt auch etwas über Medienpräsenz und (meine?) Wahrnehmung aus.

  60. #69 Staphylococcus rex
    27. Oktober 2023

    Es gibt Zeichen, die Hoffnung machen und es gibt Zeichen, die Angst machen.

    Dass gläubige Juden und Moslems miteinander reden, ist ein Zeichen der Hoffnung:
    https://www.spiegel.de/panorama/bochum-vertreter-der-juedischen-gemeinden-besuchen-moschee-signal-gegen-hass-und-gewalt-a-746d4166-b85e-4e85-abec-dd1703a3ae0d

    Dies und das Verhalten der radikalen Siedler im Westjordanland zeigen wiederum, dass der Nahostkonflikt nicht allein als nationaler Konflikt beschrieben werden kann, sondern gleichzeitig auch als ein Konflikt zwischen religiösen Fanatikern und dem Rest der Bevölkerung verstanden werden muss:
    https://www.spiegel.de/ausland/westjordanland-joe-biden-verurteilt-angriffe-von-siedlern-auf-palaestinenser-a-32674b50-7d82-4aa7-8a9b-0cd2bee94d9b

  61. #70 Neumann
    27. Oktober 2023

    Herr Kuhn,
    allzu wörtlich dürfen Sie einen Text nicht nehmen.
    Die Europäer, das ist keine Mengenangabe, das ist als Hinweis zu verstehen, das Old Europe tatsächlich alt geworden ist, was den Einfluss auf die übrige Welt betrift.

  62. #71 Alisier
    27. Oktober 2023

    https://www.arte.tv/de/videos/117400-000-A/zwei-staaten-loesung-was-ist-aus-dieser-idee-geworden/
    Nur 3 Minuten, aber als Zusammenfassung und Diskussionsgrundlage sehr brauchbar, wie ich finde.
    Und was die Springerpresse gerade macht ist aus meiner Sicht undifferenzierte Palästinenserhetze.
    So viel zu jeder soll und muss alles sagen können, wenn Ethik jedweder Art überhaupt keine Rolle spielt, sondern aus Kalkül völlig einseitig Partei ergriffen wird, was dann letztendlich allen schadet

  63. #72 Alisier
    27. Oktober 2023

    Nachtrag:
    Dass sich religiöse Fundamentalisten auf Gottes Versprechen berufen können ohne dass man ihnen konsequent den Vogel zeigt ist ein Skandal.
    Der Schaden der durch solche Menschen angerichtet wird und die Menschenleben, die sie auf dem Gewissen haben gehen inzwischen in die Millionen.
    Nicht dass nationalistische Ideologien irgendwie besser wären. Das ganze Zeug, ob mit Gott oder ohne ist zwar aus der Zeit gefallen aber immer noch so gefährlich, dass davor gewarnt werden muss, und gerade da ist “Es muss doch jeder sagen können was er will!” viel zu verkürzt und eine Deklaration hinter der sich jeder versammeln kann bestenfalls völlig wertlos.

  64. #73 zimtspinne
    27. Oktober 2023

    @ S. rex

    Warum müssen manche Kreise ausgerechnet in diesem Moment ihre überbordende Solidarität mit palästinensischen Anliegen herausposaunen?

    Wo waren die denn in den letzten Monaten und Jahren?

    Am Tag oder kurz nach einem heimtückischen Terroranschlag auf feiernde Menschen eines Festivals ist in jedem Fall der absolut unpassendste Zeitpunkt. Auch bei unterstellten besten Absichten (dass viele auch weniger gute Absichten haben, ist eh klar).

    Auch einige Tage oder wenige Wochen danach finde ich das schlichtweg unpassend und daneben, sofern es nicht einen spezifischen Kontext gibt.
    Den erläutere ich jetzt nicht, denn jeder mit etwas Verstand weiß ganz genau, was damit für Situationen gemeint sind.

    Stell dir einfach mal zur Veranschaulichung vor, deine Familie läge seit Generationen mit einer Nachbarsippe im Clinch.
    Gibts ja duraus auch hier bei uns, wie wir spätestens seit dem Maschendrahtzaun wissen.
    Manchmal ufern solche Konflikte über Generationen hinweg auch hier in strafrechtlich relevante Dimensionen aus, wenn zum Glück auch eher selten.

    Nun seid ihr gerade in einer relativen Waffenruhephase, vielleicht müssen alle auch nur ihre Batterien für neue Kämpfe aufladen, vielleicht finden hier und dort auch schon zarte Verhandlungsversuche statt.

    Eines hellichten Tages feiert deine Familie ein rauschendes Familienfest und plötzlich fällt aus dem Hinterhalt ein Trupp der verfeindeten Nachbarssippe bei euch ein, raubt Kinder und Greise, ballert in die Menge, verfolgt Fliehende und vergewaltigt nebenbei noch eure Töchter, bevor die ebenfalls vor deinen Augen ermordet wären.

    Käme dir in den folgenden Tagen jemand aus eurer Gemeinde mit Frieden, Freude, Eierkuchen, “ist ja nun auch wirklich langsam an der Zeit und sollte möglich sein – wie würdest du dich fühlen?

    Und wie würdest du dich fühlen, wenn sich ausgerechent am Tag des mörderischen Anschlags auf deine Familie andere Menschen in eurer Siedlung mit euren Nachbarn solidarisieren?

    Um zu betonen, dass schließlich beide Seiten an diesem Konflikt beteiligt sind, den Nachbarn ebenfalls schon Unrecht getan wurde (ihr Hund wurde mal von einem von euch überfahren, Teile eures Landes wurden geklaut und bebaut u.ä.) und sie schließlich auch Rechte hätten?

    Aus anderen, weit entfernteren Gegenden würden sich zusätzlich alle möglichen Gruppen und Leute zu Wort melden und fordern, doch nun endlich bitte miteinander zu reden. Das muss doch möglich sein, also bitte.

    Und jetzt visualisiere nochmal deine bestialisch ermordeten, vergewaltigten, verstümmelten Familienmitglieder durch eine Gruppe jener Nachbarn.

  65. #74 Alisier
    27. Oktober 2023

    @ zimtspinne
    Ja, ich hätte durchaus verstanden, wenn Mitglieder meiner Familie darauf bestanden hätten, dass nach dem 8 Mai 1945 alle Deutschen an die Wand gestellt werden.
    Und? Hätte das irgendjemandem geholfen?

  66. #75 zimtspinne
    27. Oktober 2023

    Ja, ich gehe davon aus, dass es den Mitgliedern deiner Familie enorm geholfen hat (hätte!?), wenn sie nach ihrer Geschichte Raum für ihr Leid, ihre Trauer und ihren Schmerz erhalten haben.

    Ohne, dass sich andere, zum Teil gar nicht Betroffene aus der Ferne davor und in den Mittelpunkt schieben, um ihre Sorgen zu besprechen.

    Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde.

    /aus Verzweiflung über manche Empathiedefizite werde nun schon ich religiös.

  67. #76 Alisier
    27. Oktober 2023

    @ zimtspinne
    Trotzdem, unabhängig davon und zugegeben aus der Ferne:
    was spricht dafür Empathie selektiv zu verteilen?

  68. #77 wereatheist
    27. Oktober 2023

    Einer der Unterzeichner der Deklaration ist (wenig überraschend), Jordan Peterson.
    Der verdient sehr viel Geld mit Büchern und Vorträgen für toxische Männchen, und solche die’s noch werden wollen.
    Nur wurmt es ihn gar mächtig, dass er dies nicht mehr als Professor einer halbwegs renommierten Uni tun kann.
    Die Unterzeichner wollen einen safe space gegen das Widerlegtwerden, ein Recht auf Reichweite, und ein lebenslanges Bleiberecht auf jeglicher Plattform, die sie einmal erklommen haben.

  69. #78 Wulliem
    27. Oktober 2023

    Die Verwendung des Begriffs “toxische Männchen” lässt doch vermuten, dass hier ein Mensch schreibt, der schnell seine Feindbilder bestätigt sieht ohne zweimal darüber nachzudenken. Durch welche Behauptung der Decleration lässt sich denn belegen, dass die Unterzeichner nicht durch Argumente widerlegt werden wollen. Die Intention der Dekleration ist meines Erachtens, dass die Unterzeichner es sich wünschen, dass der Meinungskorridor geöffnet wird. Inwieweit man der Meinung ist, der Korridor sei nicht eng, der teilt nicht meine Meinung. Es geht eben aber auch immer um die Freiheit des Andersdenkenden.

  70. #79 Wulliem
    27. Oktober 2023

    @wereatheist

    Durch welche Stelle der westminster declaration lässt sich denn belegen, dass die Unterzeichner nicht durch Argumente widerlegt werden wollen? Ich verstehe die Unterzeichner in der Weise, dass sie verhindern möchten, dass der Meinungskorridor immer enger wird. Inwieweit diese Entwicklung tatsächlich statt findet, lässt sich gut diskutieren, denn das tatsächliche offensichtliche Verbot der Meinungsäußerung ist in Deutschland schwer nachweisbar. Ich glaube aber, dass es heute schwieriger ist der öffentlichen Meinung stand zu halten als dies z.B. vor zwanzig Jahren der Fall war. Man erinnere sich nur an den Umgang mit den Coronamaßnahmen, die am besten auf gar keinen Fall in Frage gestellt werden durften. Ansonsten war man schnell dem Vorwurf ausgesetzt, man würde daran glauben, dass Bill Gates allen Chips einsetzen will. Schwer ist es heute auch für Menschen, die der Meinung sind, dass der Ukrainekonflikt nicht monokausal zu begründen ist oder dass Palastinänser in einem großen Gefängnis leben. Das muss alles nicht richtig sein, aber schwierig wird es, in der öffentlichen Diskussion die Argumente von beiden Seiten zu hören. Dies wird verhindert, weil sonst eine sogenannte False balance entsteht. Ich denke diese False Balance ist der Dreh-und Angelpunkt der Diskussion um die Deklaration. Wer entscheidet wie und wann welcher Meinungsposition noch vor der öffentlichen Diskussion das entsprechende Gewicht beigemessen wird und welche Standpunke mehr oder weniger unter den Tisch fallen dürfen?

  71. #81 wereatheist
    28. Oktober 2023

    Dass der “Meinungskorridor” immer enger werde, scheint mir eine falsche Wahrnehmung zu sein, denn ich finde, dass eher eine Art Zersplitterung stattfindet.
    Innerhalb eines breiten “Korridors”.

  72. #82 wereatheist
    28. Oktober 2023

    Selbstverständlich leben die Gazastreifianer in einer Art großen Gefängnis.
    Mit der Hamas als Wachteln und dominierender prison gang.
    Und wer hat die lieben Leute dort hinein gebracht?
    Der boese Klapperstorch, meistens.

  73. #83 wereatheist
    28. Oktober 2023

    Aus irgendwelchen Gründen fehlt Alex Jones auf der Unterzeichnerliste.
    Der wär doch die Kirsche auf der Sahne gewesen.

  74. #84 Joseph Kuhn
    28. Oktober 2023

    Maximilian Steinbeis zu Sonderrechtsvorschriften bei der Meinungsfreiheit

    Im heutigen Editorial bei Verfassungsblog kommentiert Maximilian Steinbeis aktuelle Bestrebungen, weitere Formen unappetitlicher Meinungsäußerungen strafrechtlich zu verbieten: https://verfassungsblog.de/sonderrecht/

    Das könnte man, was den speziellen Aspekt staatlicher Rechtssetzung angeht, als Unterstützung der Westminster Declaration lesen, ist aber – vermutlich – anders motiviert.

    Ein Fall von “quot licet Iovi, non licet bovi”? Oder ein Fall unterschiedlicher “Implikaturen”, wie Sprachanalytiker es formulieren würden, wenn der Satz “Wenn zwei das Gleiche sagen, ist es noch lange nicht dasselbe” zutrifft?

  75. #85 Neumann
    28. Oktober 2023

    „Wenn zwei das Gleiche machen“,
    also Westminster Declaration zum Dritten.
    Bei den nichtstaatlichen Organisation kommt man auch zu den Geheimbünden und Interessenvertretern.
    Die gibt es , erinnert sei an die antisemitische Thulegesellschaft von Rudolf von Sebottendorf in München, oder die Großindustrie aus einer verbündeten Großmacht, die die NSDAP finanziert hat.
    Nicht erinnern müssen wir uns an die Freimaurer, die gibt es heute noch.

    Die Behauptung, dass es außerstaatliche Akteure gibt , die die öffentliche Meinung beeinflussen, die ist begründet. Als Nachschlag der Skandal um Rupert Murdoch, der in England sogar auf die Polizei Einfluss genommen hat. Kein Irrsinn !

    • #86 Joseph Kuhn
      28. Oktober 2023

      @ Neumann:

      “Die Behauptung, dass es außerstaatliche Akteure gibt , die die öffentliche Meinung beeinflussen, die ist begründet.”

      Ach was! Wirklich? Unglaublich! Wer hätte das gedacht!

  76. #87 Joseph Kuhn
    28. Oktober 2023

    Kommentar in der “Jungen Welt”

    Die linke Zeitung “Junge Welt” kommentiert die Deklaration unter der Überschrift “Gegen die grassierende Zensur”. Geht es um Zensur? Dann würde sich die Deklaration gegen die Unterdrückung der Presse- und Meinungsfreiheit in Ländern wie Russland, China oder Iran richten. Das ist aber, wie gesagt, offensichtlich nicht ihr Ziel.

    Die “Junge Welt” fragt sich ebenfalls, warum die Deklaration so wenig Resonanz in den deutschen Leitmedien hat und meint, vielleicht, weil nur wenig Deutsche unterschrieben hätten.

    Vielleicht, das könnte ich mir vorstellen, aber auch, weil die Deklaration inhaltlich nichts Neues gegenüber vielen anderen Initiativen zum Thema “cancel culture” bietet und ihre Genese unklar ist?

    Die Frage, wer hinter der Deklaration steht und ob sie ggf. eine hidden agenda hat, wird von der “Jungen Welt” nicht gestellt. Lediglich Mathias Bröckers darf erzählen, er habe unterschrieben, weil er “von einem Kollegen aus den USA gefragt worden, ob er die Erklärung unterzeichnen wolle”. Damit ist man allerdings nicht viel klüger, als man es ohne diesen Hinweis wäre.

  77. #88 Neumann
    28. Oktober 2023

    “Ach was! Wirklich?”
    Ja, weil das so offensichtlich ist, ist die Westminster Declaration auf jeden Fall wert, beachtet zu werden.
    Nachtrag, es gibt sogar innerstaatliche Akteure, die den Inneren Frieden bedrohen.

    • #89 Joseph Kuhn
      28. Oktober 2023

      @ Neumann:

      “Nachtrag, es gibt sogar innerstaatliche Akteure, die den Inneren Frieden bedrohen.”

      Ach was! Wirklich? Unglaublich! Wer hätte das gedacht!

  78. #90 Neumann
    28. Oktober 2023

    XXX

    [Kommentar gelöscht. Gönnen Sie sich mal wieder eine Pause. JK]

  79. #91 naja
    28. Oktober 2023

    @ Wulliem
    Es ist mE nicht schwieriger geworden, “in der öffentlichen Diskussion beide Seiten zu hören.” Ich glaube eher, dass es leichter geworden ist.

    “Wir … sind uns einig in unserem Bekenntnis zu den universellen Menschenrechten und zum Recht auf freie Meinungsäußerung, und wir sind alle zutiefst besorgt über die Versuche, geschützte Meinungsäußerungen als “Fehlinformation”, “Desinformation” und mit anderen schlecht definierten Begriffen zu bezeichnen.” (aus der Deklaration)

    Um in der Logik der Deklaration zu bleiben, wenn jemand sein Recht auf freie Meinungsäußerung nutzt und dabei Dinge äußert, die ich als Desinformation ansehe, dann darf ich (angenommen ich hätte Reichweite) mein Recht auf freie Meinungsäußerung nicht nutzen und das sagen? Verstehe ich nicht. Was sind das für geschützte Meinungsäußerungen? Wo werden die getätigt? In Russland oder China? In Deutschland oder England? Was meinen sie genau?

    “Der industrielle Zensurkomplex arbeitet jedoch mit subtileren Methoden. Dazu gehören die Filterung der Sichtbarkeit, die Kennzeichnung und die Manipulation von Suchmaschinenergebnissen. Durch Deplatforming und Tagging haben die Zensoren der sozialen Medien bereits legitime Meinungen zu Themen von nationaler und geopolitischer Bedeutung zum Schweigen gebracht. Sie taten dies mit voller Unterstützung der “Desinformationsexperten” und “Faktenprüfer” in den Mainstream-Medien, die die journalistischen Werte der Debatte und intellektuellen Auseinandersetzung aufgegeben haben.” (aus der Deklaration)

    Auch da würde ich gerne Beispiele hören, auf was sie sich beziehen. Nehmen wir die Pandemie, den Krieg in der Ukraine und jetzt Israel und Palästina. Ein großer Teil der öffentlichen Debatte thematisiert hier doch permanent “beide Seiten”. Auf allen Plattformen und allen Ebenen. Jedem ist bewusst, dass ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung in vielen Dingen anders denkt, als man selbst. In Abstufungen. Legitime Meinungsäußerungen bis hin zu eher “Impfpass und Maske ist nur der Anfang der Totalüberwachung! 5G!1!”. Die Diskussionen sind vielleicht zum Teil hysterisch, aber sie werden geführt. Niemand wird zum Schweigen gebracht. Manche deplatformen sich selbst. Oder meinen die Unterzeichner die Mainstreammedien in Bangladesch und Nordkorea? Wohl kaum.

  80. #92 Uli Schoppe
    30. Oktober 2023

    @wereatheist
    28. Oktober 2023

    Selbstverständlich leben die Gazastreifianer in einer Art großen Gefängnis.
    Mit der Hamas als Wachteln und dominierender prison gang.
    Und wer hat die lieben Leute dort hinein gebracht?
    Der boese Klapperstorch, meistens.

    Und das bleibt jetzt so weil die sitzen ja ihre verdiente Strafe ab? Ach ich weiß, Bombardierung der Hamas wird das Problem schon richten. Ist ja nicht so als wäre eine solcher Lösungsversuch schon mal gescheitert.

  81. #93 Staphylococcus rex
    31. Oktober 2023

    @ Zimtspinne, der Beitrag #73 ist sehr emotional geschrieben, aber er ignoriert wesentliche Elemente dieses Konflikts.

    Die größte Besonderheit des Nahostkonflikts ist seine extreme Asymmetrie, die es außerordentlich schwierig macht, diesen Konflikt mit den richtigen Worten zu beschreiben. Die Kriegsverbrechen der Hamas möchte hier niemand schönreden, aber dieser Teil der Geschichte ist nur die halbe Geschichte. Die andere Hälfte der Geschichte ist der Teufelskreis aus palästinensischer Gewalt, heftiger israelischer Gegengewalt, einer längeren Resignationsphase auf Seiten der Palästinenser, bis es zum nächsten Gewaltausbruch kommt. Diese Resignationsphasen werden als Pseudofrieden wahrgenommen und akzeptiert, vor dem 07.10. war der Blutzoll seitens Israels überschaubar und wahrscheinlich in der gleichen Größenordnung wie die Verkehrstoten, gelegentliche palästinensische Gewaltausbrüche waren aus israelischer Sicht somit allgemein akzeptiertes Lebensrisiko. Die Sicht der Palästinenser auf diesen Teufelskreis sieht etwas anders aus, dies würde diesen Beitrag aber sprengen.

    Ich bin mir absolut sicher, dass auf beiden Seiten genügend Leute sich dieses Teufelskreises bewußt sind, warum ist es dann so schwierig diesen Teufelskreis zu durchbrechen? Auf israelischer Seite sind es etwa 450 000 Argumente, so groß ist die Zahl der Siedler im Westjordanland, die Liste dieser Siedlungen ist eine Liste der Schande. Ein Friedensvertrag kann nur auf der Basis der Grenzen von 1967 verhandelt werden. Zum Zeitpunkt der Ermordung Rabins war die Zahl der Siedler bedeutend geringer, und bereits dies hätte Israel damals beinahe zerrissen.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_israelischer_Siedlungen_im_Westjordanland
    Auf palästinensischer Seite sind es etwa 800 000 Vertriebene (wenn ich die richtigen Zahlen im Kopf habe) und deren Nachkommen, dazu erfordert ein Frieden die Akzeptanz der Grenzen von 1967 und die Erkenntnis, dass am aktuellen Elend der Palästinenser Israel zwar eine Mitschuld trägt, dass aber die Palästinensergebiete sich ohne Korruption und ohne Islamisten auch ganz anders hätten entwickeln können.

    Bevor es dort Frieden oder wenigstens einen dauerhaften Waffenstillstand geben kann, müssen beide Seiten einige sehr schmerzhafte Erkenntnisprozesse durchlaufen und ich bin mir nicht sicher, ob ich dies noch erleben werde. Die Toten der letzten Wochen kann niemand zurück holen, für die Angehörigen wäre es evtl. ein schwacher Trost, wenn es die letzten Toten in diesem Konflikt wären. Und genau dies kann niemand versprechen. Mit militärischen Mitteln kann die Hamas geschwächt, aber nicht besiegt werden. Aktuell geben sich Netanyahu und die Hamas die grüßte Mühe, den nächsten Zyklus in diesem Teufelskreis zu vervollständigen, beide brauchen den gegenseitigen Hass als Lebenselixier.

    Noch ein paar klare Worte zur Hamas. Die Moslembruderschaft war bei ihrer Gründung in Ägypten eine antikoloniale Befreiungsorganisation. Die Hamas hat sich von diesen Wurzeln weit entfernt und besteht aus einem politischen (islamistischen) Teil, einem Hilfswerk und einem paramilitärischen Teil. Der paramilitärische Teil hat die Kriegsverbrechen vom 07.10. begangen. Diese Kriegsverbrechen erforderten eine präzise Planung und kalte Berechnung, sie sind damit das genaue Gegenteil eines spontanen Gewaltausbruchs (in der Westbank, womit man hätte rechnen können).Der paramilitärische Teil und die politische Führung der Hamas haben Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen und stehen moralisch auf einer Stufe mit Nazis und IS. Der Rest der Hamas-Angehörigen sind Mitglieder einer kriminellen Organisation.

    Der komplexe Aufbau der Hamas macht es unmöglich, sie militärisch zu zerschlagen, dazu wäre mit Mithilfe der Palästinenser erforderlich. Ich würde es sehr begrüßen, wenn es gelingen würde Vertreter der obersten Führungsebene der Hamas gefangen zu nehmen und ihnen den Prozeß zu machen vergleichbar dem Eichmann-Prozess. In einem derartigen Prozess könnten die Schuldigen zur Verantwortung gezogen werden, könnte den Angehörigen der Opfer vom 07.10. eine Stimme gegeben werden und könnte eine Aufarbeitung der Rolle der Hamas stattfinden, damit sich die palästinensische Bevölkerung ihrer Verantwortung für die Hamas bewußt wird.

  82. #94 Dr. Webbaer
    2. November 2023

    Der Schreiber dieser Zeilen versteht die allgemeine Kritik an der angeblichen oder tatsächlichen Beschränkung der freien individuellen Meinungsäußerung so, dass der Staat auf die Social Media, nicht nur in der BRD, sondern auch bspw. in den Staaten, im Vereinigten Königreich und in Kanada, Einfluss nimmt und bestimmte Tatsachenbehauptungen (“Fakten”) als falsch zensiert sehen möchte, wie auch “falsche Meinung” und “falsche Meinungsträger” (gar generell) zensiert sehen möchte, was er in liberaler Demokratie nicht darf.

    Die wie gemeinte Social Media hat denn auch besondere Schnittstellen für staatliche Stellen bereit gestellt, die dafür da waren Zensurwünsche der Regierungen zeitnah zu übermitteln.

    Das ist ein ganz heißes Eisen, denn es gibt alternative Fakten, was eigentlich jeder weiß, bspw. der Richter, der Zeugen zu hören hat, deren Aussagen sich widersprechen.
    Oder der Naturwissenschaftler, der bestimmte Versuchsergebnisse nicht reproduzieren kann, zu anderen Ergebnissen, eben Tatsachen oder Fakten, kommt.
    Oder die In Wirtschaftsunternehmen tätige Person, die verschiedene Abteilungen zu hören hat, “wenn mal etwas schief ging”, mit deren unterschiedlichen Fakten bzw. Tatsachenbehauptungen.

    Bei “falscher Meinung” wird das Eisen sozusagen noch heißer.

    Dies ohne jede Schärfe angemerkt, sicherlich wird so auch hier verstanden.

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer (der im Zusammenhang mit der “Hamas”-Aggression und dem Zurückschlagen Israels sozusagen täglich neue Zensurwünsche erwartet, gar in Gesetz gegossene; das nur gut Gemeinte ist ja bekanntlich der stärkste Gegner des Richtigen)

  83. #95 Frank Wappler
    10. November 2023

    Dr. Webbaer schrieb (2. November 2023):
    > […] bestimmte Tatsachenbehauptungen (“Fakten”) […] alternative Fakten […]

    > […] bspw. der Richter, der Zeugen zu hören hat, deren Aussagen sich widersprechen.

    Von zwei solchen sich (exakt) widersprechenden Tatsachenbehauptungen kann höchstens nur eine (ggf. “die Aussage des guten Zeugen”) der betreffenden Tatsache (“dem Fakt(um)”, “dem wahren Wert”, …) entsprechen.

    Ein “falscher Zeuge” hätte dagegen

    – gewissenlos “falsches Zeugnis” gegeben, das “er” gar nicht in Auswertung von (ansonsten) relevanten eigenen Wahrnehmungen geschlossen hatte, sondern zu dem er “anders” gekommen wäre,

    – ungewissenhaft “falsches Zeugnis” gegeben, das er zwar im Bewusstsein und in Betrachtung von (ansonsten relevanten) eigenen Wahrnehmungen geschlossen hatte, aber nicht ausdrücklich in Anwendung der Auswertungs-“Methodik”, die (idealer Weise) insbesondere anhand der Fragestellung des Richters definiert wäre, oder (sogar)

    – wider besseren Wissens “falsches Zeugnis” gegeben, indem er zwar relevante eigene Wahrnehmungen gesammelt und wie angefragt ausgewertet hatte, aber (“aus Gründen” …) etwas anderes behauptet/aussagt.

    > Oder der Naturwissenschaftler, der bestimmte Versuchsergebnisse nicht reproduzieren kann,

    Beim “Reproduzieren” geht es um die Versuchs-Anordnung bzw. die Auswertungs-Methodik (sofern diese eben überhaupt schon festgesetzt, in vorausgegangenen Versuchen genutzt und womöglich mitgeteilt wurden)!

    Wenn es dagegen um Gleichheit oder Ungleichheit von in verschiedenen Versuchen jeweils einzeln reproduzierbar ermittelten Ergebnissen (Werten) geht, sprechen wir von “Replikation” und “Replizierbarkeit” dieser Ergebnisse — oder eben vom Gegenteil, d.h. von “Nicht-Replizierbarkeit”, “Replikations-Krise” usw.

    Wenn ein Experimentator also von vornherein gar keine Gewissheit über “das Experiment” (Anordnung, Methodik, …) hat, “das” (womöglich zum Vergleich von Ergebnissen) “nachgestellt” werden sollte, dann … wäre es jedenfalls nicht gewissenhaft, eigene Ergebnisse überhaupt zum Vergleich vorzulegen.

    Wenn “das Experiment” (Anordnung, Methodik, …) aber an sich nachvollziehbar und somit in (wissentlichen, oder auch unabhängigen) Wiederholungen reproduzierbar war, dann lassen sich die Ergebnisse der verschiedenen Versuche überhaupt gewissenhaft miteinander vergleichen. Und erst dann sollte und kann herausgefunden werden, ob all diese kommensuraten Ergebniswerte etwa alle gleich waren (oder ggf. “zumindest konsistent innerhalb des Vertrauensbereiches”), oder ob sie einander (signifikant) ungleich waren.

    “Fakt” wären alle diese Ergebniswerte jedenfalls schon einzeln, und also auch deren (paarweise Boolesche) Vergleichswerte.
    (In wie fern Fälle von ungleichen kommensuraten Ergebniswerten ausdrücklich als “alternative Fakten” gemeint sind und verstanden werden, sei dahingestellt.
    Es wäre dann aber zweifellos — sagen wir mal — “unredlich”, “die Kirschen herauszupicken” und den Rest zu vergessen, o. Ä.)

    > Oder […]
    > Bei “falscher Meinung” wird das Eisen sozusagen noch heißer.

    Bzw. bei “falschen Richtern”.
    Oder in Sachen “Cargo Cult”.
    (Ich erinnere mich auch deutlich daran, mal eine ausgeprägte Meinung zu einem bestimmten Zitat aus Carl Sagans “The Demon-Haunted World” gehabt zu haben. Leider weiß ich gerade nicht mehr, ob meine Meinung besonders zustimmend oder ablehnend gewesen war; geschweige denn den Inhalt oder gar konkreten Wortlaut des Zitats. Da schau ich noch mal nach. …)

  84. #96 PDP10
    11. November 2023

    Ui! Da hat sich aber jemand in Gänsefüßchen verliebt!

    Und in hochtrabend klingende Begriffe, die er/sie/es besser mal nachgeschlagen hätte. Vor der Verwendung.

    Denn ach! – wer die Begriffe kennt, weiß, dass da nur heiße Luft verbreitet wird, da sie samt und sonders falsch gebraucht werden …

    So werden die Begriffe Replizierbarkeit und Reproduzierbarkeit in den (Natur-)Wissenschaften in der Regel synonym gebraucht. Sowohl für Methode als auch Ergebnis. Und “Kommensurate” gibt es nur in der Gruppentheorie. Möglich, dass “kommensurable” gemeint waren. Aber das passt eigentlich auch nicht wirklich.

    Ein echter Wappler halt. Aufgeblasen bis zum geht nicht mehr. Aber wenn man mal rein piekst macht es leise und kläglich püüüüf und die Luft ist raus.

    • #97 Joseph Kuhn
      11. November 2023

      @ PDP10:

      “die Luft ist raus”

      Das passt dann immerhin zur Deklaration, sofern da je Luft drin war. Sie ist still entschlafen. Außer in den einschlägigen Foren hat sie nicht wirklich Resonanz erhalten, dazu waren wohl doch zu viele obskure Figuren in der Mitzeichnungsliste.

      Wichtiger als die Auseinandersetzung mit dieser schrägen Deklaration wäre sicher die Auseinandersetzung mit dem Papier “Philosophy for Palestine”, mit dem sich kluge Leute im Solidaritätslabyrinth verlaufen haben und z.B. für eine “Campaign for the Academic and Cultural Boycott of Israel” werben.

      Wenngleich damit, wenn ich es richtig verstehe, “nur” Events mit staatlicher israelischer Beteiligung gemeint sind, ist das der falsche Weg, um die israelische Politik zu kritisieren, so wie auch das Gesamtpapier in die falsche Richtung geht, wenn man Solidarität mit den zivilen Opfern in Gaza zeigen will. Eine in vielen anderen Fällen durchaus berechtigte postkoloniale Perspektive kann auch Scheuklappenfunktion haben und spätestens wenn ein Appell nur allzu leicht als “Kauft nicht bei Juden” missverstanden werden kann, sollten alle Alarmglocken läuten.

      Man muss das Papier nicht zum Skandal aufblasen, aber es macht einmal mehr deutlich, dass auch Philosoph:innen manchmal besser schweigen würden, oder, Diskurs soll ja sein, auch nicht immer besonders weise sind.

  85. #98 Dr. Webbaer
    12. November 2023

    Die konstruktivistische Sicht auf die Welt (das, was “schaltet und waltet” ist gemeint), auch Experimente meinend, ist halt die, dass Fakten gemacht (‘ficere’, ‘facere’, ‘factum’) und Tatsachen getätigt werden, durch Personen, es so um die Beobachtung mit anschließender Theoretisierung geht, um Erkenntnis – und nicht um ‘wahre Werte’, Wahrheit und absolutes Wissen, sondern um Verstehen, im Sinne der Näherung.
    Insofern spielt die empirische Adäquatheit von Theorie, Sicht, eine wichtige Rolle.
    Wer anders denkt, wird manchmal Szientist genannt, von sogenannte Skeptizisten, die dem Falsifikationsprinzip folgen.
    Das sich naturwissenschaftlch, wenn auch nicht von selbst, durchgesetzt hat, vor nicht langer Zeit, es wird ja dankenswerterweise nicht mehr verifiziert.

  86. #99 Frank Wappler
    13. November 2023

    Dr. Webbaer schrieb (#98, 12. November 2023):
    > […] dass Fakten gemacht (‘ficere’, ‘facere’, ‘factum’) und Tatsachen getätigt werden, durch Personen,

    Das ist (doch von mir) unbestritten.
    Aber, um das Entscheidende am hoffentlich verständlicheren Beispiel der Essenszubereitung zu illustrieren:

    “gemacht” wird in der Regel nach Rezept,
    das entweder von vornherein ganz festgesetzt ist, oder, sofern “es der Köchin erst während des Zubereitens einfiel”, dann doch wenigstens erinnerlich und mitteilbar sein sollte (und sich dann jeder überlegen mag, genau dieses Rezept “auch mal” bzw. “noch mal” zu befolgen); und

    “gemacht” wird zwangsläufig aus Zutaten,
    die “im Rezept” in der Regel benannt sind, und die ausschließlich und konkret aus genau dem, was als gegeben (von vornherein vorhanden bzw. “noch rechtzeitig beschafft”) vorfindbar war, ggf. entsprechend auszuwählen sind.

    Sofern “das (jeweilige) Rezept” gewissenhaft befolgt wurde —
    was übrigens voraussetzt, dass “das (jeweilige) Rezept” überhaupt soweit festgesetzt (und ggf. mitgeteilt) gewesen war, dass “es” überhaupt gewissenhaft befolgt werden konnte
    dann resultiert genau das Essen, das im jeweiligen Versuch aus den dabei gegebenen Zutaten nach dem bestimmten, benennbaren Rezept zuzubereiten war.
    In anderen Worten: das entstandene Essen stellt den Wert der in diesem Versuch gegebenen Zutaten hinsichtlich dieses Rezepts dar.

    > […] mit anschließender Theoretisierung […]

    Wenn Du den Begriff “Theoretisierung” eben unbedingt für etwas verballern musst, was (ausschließlich) im Anschluss an die Ergebnis-Ermittlung (alias Essens-Zubereitung) erfolgen soll,
    dann bleibt die Frage weiterhin unbeantwortet, wie Du denn im Allgemeinen das zu nennen gedenkst, das vorher erfolgen kann und muss; also wie Du die Verallgemeinerung dessen nennst, was im obigen Beispiel und Spezialfall als “Rezept-Festlegung” bezeichnet werden kann.

    Ich dagegen finde den Begriff “Theoretisierung” ausdrücklich und ausschließlich für die Vorab-Festlegungen verwendbar; für alles Nachgeordnete gibt es ja den Begriff “Modellierung” bzw. “Test von Modellen”.

    p.s.
    Auch wenn ich für meinen obigen Kommentar #95 so recherchiert hätte (was ich zugegebenermaßen nicht hatte), dann hätte ich genauso geschrieben, wie ich habe.

    p.p.s.
    Wer über die Kommentare #95 und #96 so lacht, wie im Kommentar #97 (Joseph Kuhn, 11. November 2023) nahegelegt, lacht selbstverständlich am besten.

  87. #100 Alisier
    13. November 2023

    @ Joseph Kuhn #97
    Ich stimme zu, aber was wäre denn der richtige Weg um die Politik der israelischen Regierung zu kritisieren?
    Vermintes Gelände überall und das auch noch aus unterschiedlichsten Gründen.
    Ich bin ratlos, zunehmend.

    • #101 Joseph Kuhn
      13. November 2023

      @ Alisier:

      “Ich bin ratlos, zunehmend.”

      In Bezug auf das, was in Nahost geschieht, vermutlich eine vernünftige Ratlosigkeit.

  88. #102 Dr. Webbaer
    19. November 2023

    Einer Theoretisierung gehen die Begrifflichkeiten voraus, die letztlich nicht eindeutig sind und nicht sein können, die Axiome sozusagen, nicht wahr sein können, sondern nur sozusagen auf der Hand liegen, insofern sozial ausgetauscht werden können [1], Herr Dr. Frank Wappler. [2]

    Insofern kann weltlich nur Betrachtung mit letztlich nur unzureichender begrifflicher Bildung erfolgen, um in der Folge methodisch, dann aber der Falsifikation unterworfen Theorie, Sicht bereit zu stellen, die auch in Anwendungen funktioniert, empirisch auch so adäquat bleibt.

    Ischt doch eigentlich ganz einfach, wenn die Welt für den Beobachter oder Teilnehmer, außerhalb der Logik die Folgerichtigkeit meint und insofern nur methodisch bearbeitet werden kann, wobei die Methode die Bearbeitung meint, es insofern bereits tautologisch wird.

    Betrachten Sie gerne die moderne skeptizistische Naturwissenschaft als Übung, die schief gehen kann und am besten nicht sollte,

    Dankenswerterweise verhält sich die Welt sozusagen regional stabil – und dem hier gemeinten Primaten sozusagen zuvorkommend.
    Sie muss sich nicht so verhalten.

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer

    [1] [2]
    Das Bemühen um das Wesen der (Natur-)Welt ist eine soziale Veranstaltung, es ist seit aufklärerischer Zeit fein heraus gearbeitet, es wird szientifische Mehode genannt, was nicht falsch, sondern richtig (“gerichtet”) ist, aber Wahrheit im Bestimmen der Welt entsteht so nicht.
    Was auch vglw. cool ist, wie einige finden.
    Der Weg ist das Ziel.
    SCNR

  89. #103 Alisier
    19. November 2023

    War der wb vielleicht nicht doch ein früher Versuch KI mit viel Schwurbelinput eine Art scheinbare Intellektualität zu verpassen, um einfachen Gemütern Inhalt vorzugaukeln?
    Wann das Programm dann allerdings so dermaßen zerschossen wurde, dass nur noch gequirlter Schwachfug produziert werden konnte lässt sich nicht mehr nachvollziehen.
    Muss aber wohl recht früh passiert sein, denn anderes kennen wir hier gar nicht.

  90. #104 Frank Wappler
    20. November 2023

    Dr. Webbaer schrieb (#102, 19. November 2023):
    > Einer Theoretisierung gehen die Begrifflichkeiten voraus […]

    Ich habe ja schon (sicherlich mehrfach, und zuletzt jedenfalls 26.07.2023, 09:46 Uhr) die Frage gestellt, wie denn jemand die Findung und Festsetzung von Begrifflichkeiten stattdessen nennen würde, der das Wort “Theoretisierung” ausgerechnet dafür nicht gebrauchen wollte (obwohl es doch mir und zumindest einigen anderen gerade dafür geeignet und naheliegend erscheint), sondern das Wort “Theoretisierung” irgendwie anders verballern will.

    Eine Anwort darauf wurde zwar schon (26.07.2023, 13:19 Uhr) gegeben — nachmals danke dafür — aber der in dieser Antwort unterbreitete Begriff (“Erkenntnis”) ist konkret nur für die Findung und Festsetzung von Begrifflichkeiten unbefriedigend, weil dieser Begriff wiederum wesentlich umfassender gebraucht und verstanden werden kann. (Außerdem gilt er offenbar als »in der Philosophie umstritten; eine einheitliche Definition hat sich nicht herausgebildet.«.)

    > [… dass] Axiome […] nicht wahr sein können, sondern nur sozusagen auf der Hand liegen, insofern sozial ausgetauscht werden können

    Dem stimme ich weitgehend zu; und für mich verbindet sich das insbesondere mit N. Bohrs berühmter Formulierung.

    Und wenn “Theoretisierung” deshalb nicht als falsifizierbar gelten kann, ist jedoch ein Leichtes all das zu benennen, was stattdessen falsifizierbar ist; nämlich: Modelle.

    p.s.
    Dem Rest des Kommentars #102 konnte ich (leider) nichts (als Zitat) entnehmen, dem ich direkt hätte zustimmen, oder wenigstens nur direkt widersprechen können.

  91. #105 Frank Wappler
    18. Dezember 2023

    Frank Wappler schrieb (#95, 10. November 2023):
    > […] Beim “Reproduzieren” geht es um die Versuchs-Anordnung bzw. die Auswertungs-Methodik (sofern diese eben überhaupt schon festgesetzt, in vorausgegangenen Versuchen genutzt und womöglich mitgeteilt wurden)!

    > Wenn es dagegen um Gleichheit oder Ungleichheit von in verschiedenen Versuchen jeweils einzeln reproduzierbar ermittelten Ergebnissen (Werten) geht, sprechen wir von “Replikation” und “Replizierbarkeit” dieser Ergebnisse — oder eben vom Gegenteil, d.h. von “Nicht-Replizierbarkeit”, “Replikations-Krise” usw.

    Um dem Eindruck entgegenzutreten, es seien andere nicht schon längst selber darauf gekommen:

    http://rescience.github.io/faq/#What's.the.difference.between.replication.and.reproduction?.

  92. #106 RPGNo1
    24. April 2024

    Die Kündigung der umstrittenen Politologin Ulrike Guérot durch die Universität Bonn ist nach einem Gerichtsurteil rechtmäßig gewesen. Das Arbeitsgericht Bonn wies am Mittwoch eine Klage der 60 Jahre alten Wissenschaftlerin gegen die Kündigung ab. Gegen das Urteil kann Berufung eingelegt werden.

    https://www.welt.de/regionales/nrw/article251186226/Gericht-Kuendigung-von-Politologin-Guerot-rechtmaessig.html