Die vor einem guten halben Jahr hier gestellte Frage, was die seinerzeit vom Institut für Transkulturelle Gesundheitswissenschaften an der Viadrina in Frankfurt/Oder als Überlebensstrategie angekündigte „gleichberechtigte Trägerschaft (…) mit einer medizinischen Fakultät“ macht, ist nun beantwortet. Auf der Seite „Aktuelles“ des Instituts kann man lesen:

KWKM: Kooperation mit Medizinischer Hochschule eingegangen
Das Institut für transkulturelle Gesundheitswissenschaften (IntraG) hat die Medizinische Universität Poznan in Polen als Kooperationspartner für den Studiengang “Kulturwissenschaften und Komplementäre Medizin” (KWKM) gewonnen. In der Folge hat der Fakultätsrat der Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Europa-Universität Viadrina auf seiner Sitzung am 1.7.2015 einer Weiterführung des Studiengangs zugestimmt.

Nun denn, so bleiben der Viadrina die Drittmittel der alternativen Pharmaindustrie erhalten. Ob diese Kooperation eine „gleichberechtigte Trägerschaft“ ist, sei dahingestellt. Der Kooperationspartner, die Medizinische Universität Poznan, macht immerhin einen seriösen Eindruck. Getreu dem Motto „Unkraut vergeht nicht“ hat das IntraG es also geschafft, dem Totengräber noch einmal von der Schippe zu springen: Die Brandenburgische Hochschulstrukturkommission hatte 2012 ja schlicht und einfach die Abwicklung des Instituts empfohlen. Ob mit dem neuen Kooperationspartner auch das Niveau von Forschung und Lehre in Frankfurt besser wird? Man darf gespannt sein. Hoffen wir einmal, dass man in Frankfurt nicht nach dem Hesse-Wort “Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne” verfährt.

Kommentare (8)

  1. #2 Dr. Webbaer
    11. Juli 2015

    @ Herr Dr. Kuhn :
    Ist eigentlich auch I.E. etwas dran sein, wenn bei der Viadrina mit ihrem bekannten zumindest leichten Hang zur Esoterik ein Zusammenhang wie folgt erschnüffelt bzw. festgestellt wird:
    -> https://www.europa-uni.de/de/ueber_uns/portrait/viadrina/index.html (‘eine multikulturelle Versuchung’)
    -> https://www.europa-uni.de/en/forschung/institut/institut_intrag/Selbstverstaendnis.html (‘Beijing Declaration’)
    -> https://www.who.int/medicines/areas/traditional/congress/beijing_declaration/en/

    Bonus-Frage:
    Kann Wissenschaft außeraufklärerischer Art I.E. angestrebt und möglich sein?

    MFG
    Dr. W

    • #3 Joseph Kuhn
      11. Juli 2015

      @ Webbär:

      Ich kann nicht ganz folgen. Was hat die Geschichte mit der Masterarbeit über den Kozyrevspiegel und ihre Verteidigung durch die Frankfurter Professoren mit dem – sicher kritisierbaren – Statement der WHO zu traditioneller Medizin zu tun? So weit ich weiß, gehören Aluminiumkessel zur Kontaktaufnahme mit Außerirdischen nicht zum Repertoire der mittelalterlichen Klostermedizin oder zu den Kneippschen Heilmethoden.

      Und ob “außeraufklärerische” Wissenschaft möglich ist? Das ist eine Frage, die sich nicht so einfach beantworten lässt. In unserem normalen Verständnis, das für die Diskussion mit den “Frankfurtern” auch völlig ausreicht, würde man das erst einmal als Widerspruch in sich ansehen: Wissenschaft ist ein Weg der Aufklärung. Was sicher möglich ist, ist eine Kritik von Wissenschaft und Aufklärung in ihren konkreten historischen Formen, dazu gibt es ja Unmengen an Literatur unterschiedlichster Provenienz und Zielrichtung. Vertrackter wird es, wenn man Konzepte wie Wissenschaft, Wahrheit oder Aufklärung selbst als ideologische Denkformen dekonstruiert, was so unterschiedliche Geister wie Nietzsche und Marx auf hohem Niveau getan haben, und in ihrem Gefolge viele danach, bis hin zu den postmodernen Verfallsformen dieser Kritik. Ich glaube, dass dies letztlich auch in Widersprüche führt, zumindest zu relativistischen Positionen, siehe auch Paul Boghossians “Angst vor der Wahrheit”. Aber darüber mögen sich gelernte Philosophen streiten. Eine Legitimation esoterischer Ansichten lässt sich daraus jedenfalls nicht ableiten, in diesen Kreisen wird ja nicht etwa auf den Spuren Nietzsches gedacht und z.B. “Wahrheit” als Machtanspruch der Schwachen naturalisiert, sondern man glaubt halt einfach an Dinge, die es nicht gibt und begründet dies hinreichend unlogisch, damit man bei seinem Glauben bleiben kann.

  2. #4 Dr. Webbaer
    11. Juli 2015

    @ Herr Dr. Kuhn :

    Was hat die Geschichte mit der Masterarbeit über den Kozyrevspiegel und ihre Verteidigung durch die Frankfurter Professoren mit dem – sicher kritisierbaren – Statement der WHO zu traditioneller Medizin zu tun?

    Herr Dr. Walach, der auch als Wissenschaftstheoretiker Anspruch erhebt, nicht nur als Geisteswissenschaftler, exponiert sich, hier scheint Einvernehmen vorzuliegen, ungünstig, nicht nur beizeiten, sondern fortdauernd.
    Er ist wohl auch physikalisch bemüht, medizinisch sowieso, und insofern drängt sich, zumindest bei einigen, die die BRD beobachten, wenn auch eher in Freizeit, der Gedanke auf:
    Wie kann so (staatlich finanziert) vorgetragen werden? [1]

    Es sind wohl nicht allzu viele, die Herrn Dr. Walach bundesdeutsch kritisch begleiten, insofern Ihnen vielen Dank, dass Sie hier ein wenig nagen.


    ‘Und ob “außeraufklärerische” Wissenschaft möglich ist? Das ist eine Frage, die sich nicht so einfach beantworten lässt.’ [Hervorhebung: Dr. Webbaer] – Danke für Ihre Ergänzungen hierzu!

    MFG
    Dr. Webbaer (gerne auch ohne deutsche Umlaute)

    [1]
    Mögliche Ideologisierung, auch Zahlungsfolgen meinend, hat natürlich Ursachen und ist politologisch und / oder wissenschaftnah betrachtbar.

  3. #5 Dr. Webbaer
    11. Juli 2015

    @ Herr Dr. Kuhn (v2):

    Was hat die Geschichte mit der Masterarbeit über den Kozyrevspiegel und ihre Verteidigung durch die Frankfurter Professoren mit dem – sicher kritisierbaren – Statement der WHO zu traditioneller Medizin zu tun?

    Herr Dr. Walach, der auch als Wissenschaftstheoretiker Anspruch erhebt, nicht nur als Geisteswissenschaftler, exponiert sich, hier scheint Einvernehmen vorzuliegen, ungünstig, nicht nur beizeiten, sondern fortdauernd.
    Er ist wohl auch physikalisch bemüht, medizinisch sowieso, und insofern drängt sich, zumindest bei einigen, die die BRD beobachten, wenn auch eher in Freizeit, der Gedanke auf:
    Wie kann so (staatlich finanziert) vorgetragen werden? [1]

    Es sind wohl nicht allzu viele, die Herrn Dr. Walach bundesdeutsch kritisch begleiten, insofern Ihnen vielen Dank, dass Sie hier ein wenig nagen.


    ‘Und ob “außeraufklärerische” Wissenschaft möglich ist? Das ist eine Frage, die sich nicht so einfach beantworten lässt.’ [Hervorhebung: Dr. Webbaer] – Danke für Ihre Ergänzungen hierzu!

    MFG
    Dr. Webbaer (gerne auch ohne deutsche Umlaute – der mittlerweile die fehlende Möglichkeit zur Korrektur von Kommentaren, hier bei den Scienceblogs.de, zu hassen beginnt)

    [1]
    Mögliche Ideologisierung, auch Zahlungsfolgen meinend, hat natürlich Ursachen und ist politologisch und / oder wissenschaftnah betrachtbar.

  4. #6 klauszwingenberger
    20. Juli 2015

    “Er ist wohl auch physikalisch bemüht,… ”

    Sagen wir: er war stets bemüht, gute physikalische und medizinische Leistungen zu zeigen.

    Herzlichen Dank für diese Steilvorlage.

  5. #7 echt?
    2. August 2015

    Seit dem die sich vom Global Scaling getrennt haben, sehe ich keinerlei Wissenschaftlichkeit mehr als gegeben an!

  6. #8 Joseph Kuhn
    2. August 2015

    @ echt?

    Naja, vielleicht gibt es jetzt eine Testreihe mit dem Kozyrev-Spiegel in polnischer Sprache, das muss man ja alles mal ausprobieren, wenn man nicht einer “völlig verkürzten Sicht dessen, was Rationalität und wissenschaftliche Methodik ist”, verfallen ist.