Dieter Köhler war für eine kurze Zeit der Liebling der Medien, die dachten, jede ungewöhnliche Botschaft hat Nachrichtenwert. Man kennt das ja: Mann beißt Hund ist die bessere Schlagzeile als Hund beißt Mann.

Jetzt beißen die Medien ihren Mann. Er habe sich mehrfach verrechnet. Ja klar. Erstens hat er so gut wie gar nichts gerechnet. Die in seinem 2-Seiten-Papier genannten „genaueren Analysen“, die zeigen sollen, dass die Epidemiolog/innen ihre Daten einseitig interpretiert hätten, gibt es schlicht nicht. Und dass selbst seinen Milchmädchen-Rechnungen nicht zu trauen ist, hätte man sich spätestens denken können, als er davon sprach, bei 900.000 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter Luft fingen gerade mal Asthmatiker an, Probleme zu haben. Da haben die Medien nicht nachgefragt, so wie sie auch die „genaueren Analysen“ nie sehen wollten.

Nun gut, so läuft das mit den Medien. Der Weg von „Hosianna“ bis „kreuzigt ihn“ kann manchmal sehr kurz sein. Sehr schön ist dieser Satz in den Medienmeldungen: “Seine Rechenfehler und veralteten Angaben erklärt er so: ‘Ich mache ja praktisch alles allein und habe nicht einmal mehr eine Sekretärin als Rentner.’ “

Ob eine Sekretärin besser gerechnet hätte? Mag sein. Aber vielleicht hat es ja doch seinen Sinn, dass das normalerweise Epidemiolog/innen machen.

Kommentare (33)

  1. #1 knorke
    14. Februar 2019

    Es ist schade, dass sich, auch dank kritikloser Medien, solche Leute nicht lächerlicher machen, als sie es sind. Kurz Staub aufwirbeln und die Sache ist vergessen. Was dann doch hängenbleibt ist das Gefühl, dass an der eigentlichen Qatschmeldung vielleicht ja doch was dran war. Wahrscheinlich ist das die Keimzelle des Erfolgs von AfD, Homöpathie, Klimawandelskeptizismus und der Hälfte aller Verschwörungstheorien.

  2. #2 Kai Petzke
    Digitaler Nomade
    14. Februar 2019

    @knorke: Wenn unsere Medien es mit der Prüfung von Quellen genauer nehmen würden, dann würden alle über Zensur meckern. So schreien halt alle über Fake News. Dabei ist die Meldung “seniler Pneumologe hält Feinstaub-Grenzwerte für überhöht” ja trotzdem richtig

  3. #3 RPGNo1
    14. Februar 2019

    Ich mache ja praktisch alles allein und habe nicht einmal mehr eine Sekretärin als Rentner.

    Und ich dachte, er wäre auf seiner Tastatur ausgerutscht. 🙂

  4. #4 MartinB
    14. Februar 2019

    @RPGNo1
    Ne, die Katze ist drübergelaufen und da waren es ein paar Nullen mehr…

  5. #5 Dr. Thomas Nesseler
    DGAUM; München
    14. Februar 2019

    In Deutschland erleben wir derzeit wieder eine heftige Diskussion über Fahrverbote für Dieselfahrzeuge, wobei vor allem Gesundheitsrisiken durch NO2 als Begründung verwendet werden. Aber wie sind diese Risiken tatsächlich einzuordnen? Mehr zum Wissenschaftsstand der Toxikologie und Epidemiologie, welche gesundheitlichen Auswirkungen verkehrsabhängige Schadstoffe wie NO2 haben und wie wir in der öffentlichen Diskussion weiterkommen können erfahren Sie im Beitrag „Wird die gesundheitliche Bedeutung von NO2 in der öffentlichen Diskussion richtig eingeschätzt?“.
    Den Beitrag finden Sie als PDF online unter: http://www.dgaum.de
    Autoren:
    Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Heinz-Erich Wichmann, ehem. Präsident der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS)
    Prof. Dr. med. Hans Drexler, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V. (DGAUM)
    Prof. Dr. med. Caroline Herr, Präsidentin der Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin (GHUP)
    Prof. Dr. med. Klaus F. Rabe, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP)
    Quelle und Copyright:
    Umwelt – Hygiene – Arbeitsmedizin 23 2018
    ecomed Medizin https://www.ecomed-umweltmedizin.de/

  6. #6 roel
    14. Februar 2019

    Aus der Stellungnahme zur Gesundheitsgefährdung durch umweltbedingte Luftverschmutzung, insbesondere
    Feinstaub und Stickstoffverbindungen (NOx):

    “Die Konzentration an Feinstaub im Hauptstrom des Zigarettenrauches erreicht tatsächlich 100-500 g/m³ und ist damit bis zur 1 Million Mal größer als der Grenzwert.”

    Das Tabakgewicht einer Zigarette ist 0,633g. Der Mittelwert zwischen 100g und 500g ist 300g. Das entspricht dem Gewicht von 474 Zigaretten. Wie soll aus den Verbrennungsprodukten einer Zigarette soviel Feinstaub entstehen?

    Schade, das ich die Stellungnahme nicht sofort angeschaut habe.

  7. #7 shader
    14. Februar 2019

    Ich finde es schon erschreckend, dass es Monate braucht, ehe eine sachlich falsche Aussage auch in der Öffentlichkeit als solche enttarnt wird. Und ich frage mich, ob jemand wie Herr Köhler überhaupt vor 20 Jahren in der Öffentlichkeit Gehör gefunden hätte. Mein Eindruck, die Qualitätskriterien, überhaupt mal in den Medien zitiert zu werden, waren wesentlich strenger. Heute kann sich jeder Depp als Experte schimpfen lassen.

  8. #8 Wizzy
    14. Februar 2019

    @roel
    An anderer Stelle las ich, dass eine Zigarette ca. 40 mg als Feinstaub freisetzt. Das kann gut sein, das wären 6% der Zigarettenmasse.
    Wenn allerdings der “Hauptstrom” des Zigarettenrauches direkt 1 cm über der Zigarette in stiller Laborumgebung gemessen wird, dann würde 300g/m³ einem betrachteten Luftvolumen von 130 cm³ entsprechen – wäre also schon möglich.

  9. #9 ralph
    14. Februar 2019

    “Seine Rechenfehler und veralteten Angaben erklärt er so: ‘Ich mache ja praktisch alles allein und habe nicht einmal mehr eine Sekretärin als Rentner.’ “
    Tja, wenn das rauskommt, was man gerne hätte, dann muss man nicht nochmal nachrechnen. Ich fürchte, da ist er nicht der Einzige. Es muss also keine Ausrede sein.

  10. #10 roel
    14. Februar 2019

    @Wizzy “dann würde 300g/m³ einem betrachteten Luftvolumen von 130 cm³ entsprechen – wäre also schon möglich.”

    Aber wo kommen 300g aus 0,633g her?

  11. #11 RPGNo1
    14. Februar 2019

    @MartinB
    Es war der Hamster und nicht die Katze. 😀
    (Verneigung an Shakespeare)

  12. #12 werner
    14. Februar 2019

    40mg (0.040g)Feinstaub in 130cm³ (1 Zigarette) Luftentsprechen 1’000’000 / 130 (7’296 Zigaretten) x 0.040 = 307.7 g Feinstaub in 1m³ Luft.
    Das heisst, die rund 300g stammen aus rund 4.6 kg Tabak, was plausibel erscheint.

  13. #13 Ludger
    14. Februar 2019

    Prof. Dr. Joachim Heinrich, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Universität München hat auf den Aufsatz von Köhler im Deutschen Ärzteblatt eine Erwiderung geschrieben , der folgender Satz vorkommt Dtsch Arztebl 2018; 115(38): A-1652 ) https://www.aerzteblatt.de/archiv/200814/Kommentar-Gesundheitliche-Auswirkungen-der-Exposition-von-Feinstaub-und-NO-sub-2-sub-Grundlegende-Missverstaendnisse :

    Gesundheitlich relevant ist der Feinstaub, während NO2 lediglich als Indikator für ein verkehrsabhängiges Schadstoffgemisch angesehen wird. Die epidemiologisch zu beobachtenden Assoziationen zwischen NO2-Exposition und Morbidität/Mortalität werden nicht allein auf die Wirkung des NO2 als Gas zurückgeführt. Ausnahme: Seine Wirkunge bei Personen mit geschädigten Atemwegen (Asthmatiker).

    Dieser Aussage dürfte Herr Köhler uneingeschränkt zustimmen.

    Was aber bedeutet das? Aus dem Surrogatparameter Feinstaub hat die WHO einen Richtwert gemacht, aus dem die Politik einen rechtverbindlichen Grenzwert gemacht hat, dessen Einhaltung von einem Abmahnverein juristisch durchgesetzt wird. Deshalb werden manche Städte gezwungen, den Surrogatwert NO2 durch Diesel-Fahrverbote isoliert zu senken, obwohl das die Luftverschmutzung im eigentlichen Problembereich Feinstaub kaum bessert, weil Dieselfahrzeuge mit einem Rußpartikelfilter besonders wenig Feinstaub freisetzen. Dabei bleiben die großen Feinstaubproduzenten (direkteinspritzende Benziner, Holz-Pelletheizungen u.a. ) ungeschoren.
    Das nennt man „Kurieren an Symptomen“ und Leidtragende sind die Falschen.

  14. #14 ralph
    14. Februar 2019

    @Ludger

    Es steht zu vermuten, dass, ohne ein Gesamtkonzept der Luftreinhaltung, ein Dieselfahrverbot nicht viel bringt. Es ist eher Herumpfuschen an den Symptomen einer kurzsichtigen, lobbylastigen Verkehrs- und Infrastrukturpolitik. Falls ich TV Expertin und Chemikerin Nguyen-Kim richtig verstanden habe, würde, etwa in Stuttgart, selbst ein komplettes Dieselfahrverbot die Feinstaub- und Ozon belastung nicht mindern. Das Ozon ist durch andere Faktoren gedeckelt, die Feinstaubbelastung kommt eben in der kritischen Menge nicht vom Diesel.

  15. #15 Joseph Kuhn
    14. Februar 2019

    Wenn die Sekretärin noch da ist:

    Gerade ist in der Zeitschrift “Gesundheitswesen” online first eine neue Version der Kritik von Peter Morfeld an der Berechnung von vorzeitigen Sterbefällen erschienen: https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/pdf/10.1055/a-0832-2038.pdf

    Peter Morfeld war zwar mit der EUGT verbandelt, aber seine Kritik ist diskussionswürdig – und ein ganz anderes Niveau als Köhler. Vermutlich hat er noch eine Sekretärin, was Fehler natürlich nicht ausschließt.

    Morfeld übt seit längerem Methodenkritik in Sachen vorzeitiger Sterblichkeit, siehe z.B. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5364254/ und die dort angegebene Literatur, so wie auch andere das Konzept immer wieder kritisch diskutieren. Ganz normale Wissenschaft, sozusagen.

  16. #16 RPGNo1
    14. Februar 2019

    Scheuer hat es die Sprache verschlagen. Schade, dass das nicht bereits häufiger geschehen ist.

    https://www.spiegel.de/politik/deutschland/andreas-scheuer-schweigt-zu-fehlern-des-lungenarztes-dieter-koehler-a-1253255.html

    • #17 Joseph Kuhn
      14. Februar 2019

      Auf dem Foto im SPIEGEL sieht man, dass Scheuer gerade die Leopoldina beauftragt, die Rechnereien von Köhler zu überprüfen, mit einer speziell ausgebildeten Sekretärin. Deswegen kann er gerade nichts sagen. 😉

  17. #18 RPGNo1
    15. Februar 2019

    Scheuer wollte so offenbar auf der Empörungswelle reiten, die gerade gegen Diesel-Fahrverbote durch das Land schwappt. Es funktioniert allerdings nicht, in der Regierung zu sitzen und gleichzeitig die AfD rechts überholen zu wollen. Und schon erst recht nicht, wenn man sich dafür einen unzuverlässigen Kronzeugen aussucht, der emeritierter Lungenarzt mit akuter Dyskalkulie ist.

    https://www.spiegel.de/auto/aktuell/andreas-scheuer-hat-mit-dieter-koehler-auf-den-falschen-gesetzt-a-1253280.html

  18. #19 Adent
    15. Februar 2019

    @Joseph
    Sekretärin hin oder her, was ist wenn die auf der Maus ausrutscht, oder beim Nickerchen die falschen Tasten mit dem Kopf auslöst, Fragen über Fragen und soviel Antworten :-).

  19. #20 Wizzy
    15. Februar 2019

    @roel
    Ich glaube Du hattest da noch ein nicht ganz richtiges Konzept von Konzentrationsangaben verwendet. Wenn ich ein Sandkorn nehme und sage, dieses Sandkorn hat eine Dichte von 3000 kg/m³ , dann könnte diese Aussage durchaus der Wahrheit entsprechen – obwohl das Sandkorn unter 1 g wiegt.

  20. #21 M
    Bolivien
    15. Februar 2019

    @Kuhn: Danke für den Hinweis auf Morfeld!

    @roel: Du solltest dir mal den Unterschied zwischen Konzentrationen und Frachtmengen klar machen.

  21. #22 Joseph Kuhn
    16. Februar 2019

    Updates:

    Der taz-Journalist Malte Kreutzfeldt zu Köhlers Stickoxid-Rechnung:
    https://www.taz.de/pdf/koehler_rechnung_stickoxid.pdf

    Und zu seiner Feinstaub-Rechnung:
    https://www.taz.de/pdf/Koehler_Rechnung_Feinstaub.pdf

  22. #23 luftikus
    17. Februar 2019

    Ein paar aktuelle Links zu Peter Morfeld:

    23.1.19: „„Dass bei der Berechnung von Stickstoffdioxid-Konzentration falsche Zahlen zugrunde gelegt wurden, ist in Zeiten von Fake-news eine politische und wissenschaftliche Katastrophe“, sagt der Epidemiologe und Mathematiker Peter Morfeld in einem Twitter Video. Damit meint Morfeld aber nicht die falschen Zahlen von Dieter Köhler, sondern die Zahlen des UBAs.

    https://twitter.com/zdfnrw/status/1088064810389000192?lang=de

    29.1.19 Professor Koch, einer von Köhlers Mitautoren, bedauert, dass „eine Diskussion über fachliche Inhalte kaum mehr möglich erscheint.“ Er regt eine Sachdebatte an, „basierend auf einem Streben nach Fakten und Tatsachen mit dem Ziel des Aufbaus von Wissen.“ Er kritisiert die Herleitung der vom Umweltbundesamt publizierten Daten zu den vorzeitigen Toten durch NO2.

    https://www.ifkm.kit.edu/152.php

    4.2.19 In der aktuellen Unstatistik des Monats wird die Berichterstattung über den Zusammenhang von Feinstaub und vorzeitigen Todesfällen kritisiert unter Berufung auf Peter Morfeld.

    https://www.rwi-essen.de/unstatistik/87/

    6.2.19 Morfeld spricht auf der 3.Tagung “Motorische Stickoxidbildung”, eingeladen von Prof. Thomas Koch über:
    Mathematische Analyse der Belastbarkeit von epidemiologischen Berechnungen vorzeitiger Todesfälle durch Stickstoffdioxid.

    https://www.ifkm.kit.edu/noxtagung.php

    • #24 Joseph Kuhn
      17. Februar 2019

      @ luftikus:

      Dass die “Unstatistik des Monats” das Thema noch mal aufgreift, war zu erwarten. Wenn es um Regulation im Umweltbereich geht, reagieren sie schnell allergisch (und einseitig). Dass die verlorenen Lebensjahre der bessere Indikator sind als die vorzeitigen Sterbefälle, war auch vor Morfeld kein Geheimnis, darüber wurde immer wieder diskutiert. Sein Alarmismus in dem verlinkten Video ist daher nicht angebracht. Oder, um einmal ein Argument Köhlers aufzunehmen (sein Kommentar zu seinem Rechenfehler): “Das ändert an der Gesamtaussage nichts.”

  23. #25 roel
    25. Februar 2019

    @Wizzy

    “Ich glaube Du hattest da noch ein nicht ganz richtiges Konzept von Konzentrationsangaben verwendet.”

    Ich weiß nicht.

    “Wenn allerdings der “Hauptstrom” des Zigarettenrauches direkt 1 cm über der Zigarette in stiller Laborumgebung gemessen wird”

    Das ist aber auch nicht das ganz richtige Konzept vom Hauptstrom.

    “Zieht der Raucher an seiner Zigarette, wird der so genannte Hauptstromrauch gebildet, den der Raucher inhaliert. Demgegenüber entsteht zwischen den einzelnen Zügen oder wenn die brennende Zigarette im Aschenbecher abgelegt wird, der so genannte Nebenstromrauch. ”

    aus https://www.lungenaerzte-im-netz.de/rauchstopp/schadstoffe-in-tabakwaren/

    Nochmals zu meiner oben schon gestellten Frage:

    Dieter Köhler: “Die Konzentration an Feinstaub im Hauptstrom des Zigarettenrauches erreicht tatsächlich 100-500 g/m³ und ist damit bis zur 1 Million Mal größer als der Grenzwert.”

    Meine Frage: “Das Tabakgewicht einer Zigarette ist 0,633g. Der Mittelwert zwischen 100g und 500g ist 300g. Das entspricht dem Gewicht von 474 Zigaretten. Wie soll aus den Verbrennungsprodukten einer Zigarette soviel Feinstaub entstehen?”

    Hier die Anteile des Gesamtrauchs einer Zigarette (insgesamt :

    https://www.lungenaerzte-im-netz.de/fileadmin/bilder/rauchen/gasphase_hauptstrom.jpg

    Wie kommt man dann auf 100-500 g/m³ Konzentration an Feinstaub im Hauptstrom des Zigarettenrauches?

  24. #26 roel
    25. Februar 2019

    und aus wikipedia

    https://de.wikipedia.org/wiki/Tabakrauch

    “Im Hauptstromrauch einer filterlosen Zigarette finden sich insgesamt zwischen 15 Milligramm und 40 Milligramm biologisch aktive Schad- und Giftstoffe („toxische Substanzen“). Mit modernen Analysenmethoden lassen sich im Tabakrauch bis zu 9.600 verschiedene Substanzen aus unterschiedlichen Stoffklassen nachweisen.”

  25. #27 No_Illusions
    11. April 2019

    Nun ja, das Köhler-Gebashe war nicht anders zu erwarten. Dass er sich verrechnet hatte, ist natürlich saudoof, schwächt aber sein Argument nur ab und verkehrt es nicht ins Gegenteil, wie es der taz-Journalist behauptet. Der Zigarettenvergleich ist bzgl. Partikeln nach wie vor legitim, sogar bei NOx kann man ihn in abgeschwächter Form heranziehen. Daneben bleibt sein Hauptargument der ungenauen Confounderkontrolle natürlich unabhängig von Rechenfehlern bestehen. Darüber hinaus hatte ich schon vor geraumer Zeit in einem anderen Beitrag den NO2-Witz der Epidemiologen bloßgestellt. Man misst noch nicht einmal die Ausgangsgröße (Exposition) und behauptet am Ende, sie korreliere nicht nur, sondern sie bewirke sogar einen Effekt. Ein Witz hoch 3, die Methodik hat grundlegende, systematische Fehler, da sie auf massiven differential als auch non-differential misclassifications aufbaut. Sie lässt überhaupt keinen Schluss zu, geschweige denn Kausalitäten. siehe hier: https://scienceblogs.de/gesundheits-check/2018/03/07/diesel-wissenschaft/#comment-72456

    Dass man sich hier über Rechenfehler mokiert und gleichzeitig unfähig ist, einen einfachen Dreisatz aufzustellen, wenn es um Partikelkonzentrationen im Zigarettenrauch geht, ist beschämend für das Bildungsniveau im postmodernen Deutschland. Kleiner Tipp: Das Partikelgewicht der Zigarette muss auf das beim Rauchen eingesogene Luftvolumen bezogen werden. Danach rechnet man es auf m³ hoch und voilà, plötzlich hat man im Zähler ein viel größeres Gewicht als das einer Zigarette stehen :-))) Eigentlich müsste das alleine schon stutzig machen, aber soweit kann in Deutschland offenbar keiner mehr denken.

    Aber ich kann euch beruhigen: Selbst in Köhlers korrigierter Version sind immer noch Rechenfehler (https://www.lungenaerzte-im-netz.de/fileadmin/pdf/Pressemeldung_VPK_17-02-19.pdf). Ich glaube, er nimmt das Teergewicht der Zigarette als Ausgangsgröße für die spätere Partikelkonzentrationsberechnung. Das wären 10 mg/Zigarette. Unter der Annahme, dass die in 8 Lungenzügen à 0,5L Volumen weggesaugt ist, errechnet sich die Konzentration auf 10/4 mg/Liter. Das entspräche dann einer Konzentration von 2,5 g/m³ und nicht 25 oder 100 oder 500 µg/m³ wie Köhler behauptet. Daraus errechnet sich die Zeitspanne, bis ein Raucher das Partikelgewicht einer lebenslangen Inhalation des Stundengrenzwerts von 50 µg/m³ erreicht, zu 2,43 Monaten. Das passt komischerweise halbwegs, aber eben nicht genau zu Köhlers Rechnung von 2,1 Monaten (man darf wohl 2 Fehler in der Rechnung vermuten). Nimmt man seine Angabe von 25 g/m³ Partikelkonzentration im Rauch als gegeben hin, errechnete sich die Dauer auf 0,24 Monate also ca. 1 Woche.

    Um die Größenordnungen einzuordnen, berechnet man einfach das absolute Maximum, wenn also das komplette tabakgewicht in Partikel verwandelt würde. Nähme man das unzulässigerweise als Ausgangsbasis, wäre die theoretisch maximal erzielbare, aber praktisch unerreichbare Partikelkonzentration bei 158 g/m³.

    Wahrscheinlich ist es nur ein kleiner Bruchteil davon. Aber selbst der reicht aus, um in wenigen Monaten das zu inhalieren, was man mit dem Grenzwert ein Leben lang inhaliert. Da hat Köhler definitiv vom Prinzip her Recht. Die Gewichtsangaben von Zigaretten habe ich nicht überprüft, ich habe nur die oben angegebenen 633 mg Tabak bzw. den offiziellen Grenzwert von Teer von 10 mg genommen.

    Aber Medien und Umweltaktivisten konnten die Steilvorlange des Rechenfehlers, den die wenigsten selbst nachvollziehen konnten (erschreckend!) natürlich perfekt propagandistisch nutzen, um ihn mundtot zu machen. Natürlich war auch klar, dass man alle Kritiker der NO2-Lachnummer über Verbindungen zur Autoindustrie mundtot machen wollte, weil da irgendeiner mal irgendwann einen Vortrag gehalten hatte. Armselig, wenn man keine Argumente hat, dann eben auf die Person. Leute, schaut euch doch zuerst die Argumente an, bevor ihr auf die totalitäre Diskreditierungswelle aufspringt!

    Dass die Leopolidina die geschürte und intellektuell unterirdische NO2-Debatte jetzt endlich etwas zurecht rückt, ist erfreulich. Es hat aber einen faden Beigeschmack, weil die Leopoldina jetzt zwar NO2 von der Tagesmenükarte der Aktivisten nimmt, aber dafür die Klima- und Partikelkeule herausholt, um einem weiteren Wendenfiasko das politische Wort zu reden. Anmaßend und wenig wissenschaftlich. Aber gut, was anderes will man heute von einer durch und durch einseitig politisierten Wissenschaft, die überwiegend am Staatstropf hängt, erwarten? Sie macht das, was Staat und EU als Legitimation ihrer Kontrollpolitik brauchen. Das Incentive der Wissenschaft, dem Hauptsponsor zu folgen, ist natürlich viel größer als der Wirtschaft zu folgen, die im Thema Wissenschaft zu Luftschadstoffen quasi abstinent ist. Wenn doch ein Kritiker auf die Bühne tritt, dann ist sdas meist einer, der eben nicht vom Staatssäckel abhängig ist.

    Die Umwelt- und Gesundheitsgefärdung zu untersuchen ist nun mal Aufgabe des Gesetzgebers, aber es verführt unter den heutigen Gegebenheiten leider auch zu einer künstlichen Aufblähung von Pseudogefahren. Denn welches Institut will sich schon Folgeaufträge vermiesen bzw. Budgetkürzungen ans Bein hängen, indem es potenziellen Luftschadstoffen in Kleinstkonzentrationen einen durchaus berechtigten Persilschein ausstellt? Zudem dürfte der Auftraggeber (Staat) ein erhebliches Interesse an der Gefahr als Resultat haben. Nur so kann er sich selbst und seine Politik rechtfertigen.

  26. #28 No_Illusions
    11. April 2019

    Es ist übrigens mittlerweile vollkommen überholt, dass Benziner allesamt riesige Feinstaubsünder wären. In der unter 2L Hubraum Klasse (das sind die allermeisten) sind Benziner auch heute noch gleich gut oder besser als die Diesel mit Partikelfilter. Natürlich kann ein ganz großer Spritschlucker ohne Filter irgendwann nicht mehr mithalten. Die Anpassung der Regulierung der Partikelanzahl auch bei Benzinern wird dem Problem, so es denn überhaupt eins ist, sowieso den Garaus machen. Dann dürfte hier nichts mehr herauskommen und die Gefahren durch Fahrzeugabgase an sich könnten ad acta gelegt werden. HEI Studie 2015b: https://www.healtheffects.org/system/files/ACES-RR184-Parts1%E2%80%934_0.pdf

    Beim angeblich besonders schädlichen PM2,5 und Ultrafeinstaub emittieren die teils vom Staat geförderten Holzfeuerungen mittlerweile schon deutlich mehr als die Verbrennungsmotoren und der Trend wird eher weiter gehen. Der ökologische Rat in Dänemark hatte mal die Innenraumkonzentration von Ultrafeinpartikeln mit betriebenem Kaminofen gemessen. Dort erreichte man alleine nach 3h durch Leckagen des Ofens und durch das Öffnen beim Holz nachlegen (also ohne die Hauptemission durch den Kamin) in etwa das, was ein Auto auf 15 bis 30 km ausstößt. D.h. Für 3h Ofenfeuerung kann man auch gerne mal 15 km im Wohnzimmer abspulen. https://www.ecocouncil.dk/images/Luftforurening/1801_artikel_GE_Forurening_fra_br%C3%A6ndefyring.pdf

    86% der Partikelemissionen eines Haushalts waren demnach dem Holzofen zuzuordnen und nur 1% dem Auto (allerdings mit geringer Fahrleistung). Nur um mal die Verhältnisse ins rechte Licht zu rücken. Daraus kann man folgern, wie schlimm die Öfen, oder eben wie gut die Autos schon sind. Ich denke, letzteres ist im Hinblick auf die Toxikologie (s.o.) die richtige Interpretation. Ein Effekt durch Partikel düfte sich nicht mehr nachweisen lassen, außer durch falsche Statistik, die einfach die falsch berücksichtigte, höhere Sterblichkeit in schlechteren Wohngegenden den Partikeln zuordnet.

    • #29 Joseph Kuhn
      11. April 2019

      @ No_Illusions:

      Wie wäre es, Ihren Interessenkonflikt mal offenzulegen?

  27. #30 No_Illussions
    11. April 2019

    Ich arbeite zwar im Umfeld der Automobilindustrie, sehe darin aber keinen Interessenkonflikt. Denn durch die geforderte e-mobility, die ich zum derzeitigen Zeitpunkt mit den derzeitigen Technologien für einen riesigen Unfug halte, der dem ganzen Land viel mehr und viel schneller als bisher angenommen schaden dürfte, würden meine Firma und ich überproportional profitieren. Trotzdem bin ich dagegen. Lasst die Technologien reifen und der Beste soll sich durchsetzen. Subventionierte Lösungen erzeugten bisher stets kontraproduktive Resultate und die heutige Technologie ist so ausgereift, dass sie uns günstig und schadlos mit Mobilität versorgt. Es besteht also kein Zwang. Wohlwissend dass die Politik dumm genug ist, diesem Rat nicht zu folgen, werde ich wohl oder übel profitieren müssen.

  28. #31 Basilios
    Jūni Kokuki
    12. April 2019

    Subventionierte Lösungen erzeugen oftmals produktive Resultate und die heutige Technologie ist so ausgelaufen, dass sie uns zu immensen Kosten mit Mobilität versorgt und uns allen langfristig enorm schadet.

  29. #32 No_Illussions
    12. April 2019

    Wo sind die Kosten? Wo die Schäden? Wo die Beispiele sinnvoller Subventionen? Definiere „ausgelaufen“.

    Ich kenne nur haltlose Behauptungen und unterirdische Studien. Also her mit den Fakten.

  30. #33 Basilios
    Jūni Kokuki
    13. April 2019

    @No_Illussions

    Ich kenne nur haltlose Behauptungen und unterirdische Studien. Also her mit den Fakten.

    Richtig.

    Aber Du hast damit angefangen.
    ^_^