Das Amtsgericht Weimar hat mit Urteil vom 11.01.2021 – 6 OWi – 523 Js 202518/20 einen Bürger freigesprochen, der im Frühjahr 2020 gegen die Kontaktbeschränkungen in Thüringen verstoßen hatte. Zugleich erklärt das Gericht die Rechtsverordnung, die die Kontaktbeschränkungen vorgab, für verfassungswidrig.

Über ein Urteil eines Gerichts, das die Verhältnismäßigkeit von Infektionsschutzmaßnahmen verneint, müsste man nicht allzu viel Worte verlieren, das kommt schließlich ständig vor und die Gerichte sind u.a. auch genau dazu da, dem Staat bei seinen Maßnahmen kritisch auf die Finger zu sehen. Dass es bei den Infektionsschutzmaßnahmen auch eine Menge grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Fragen gibt, kann man auf dem Juristenportal Verfassungsblog nachlesen.

Das Bemerkenswerte an dem Urteil des Weimarer Gerichts ist vielmehr der weitreichende Anspruch, die Verfassungswidrigkeit der ganzen Thüringer Coronapolitik festzustellen und die Begründung dazu. Die liest sich nämlich wie von den Querdenkern diktiert. Da wird z.B. unkritisch die These vom sinnlosen Lockdown aufgrund eines schon vorher rückläufigen R-Werts übernommen, ein inzwischen hinreichend ausdiskutiertes Thema, bei der Letalität wird auf die mutmaßlich zu niedrigen Werte von John Ioannidis Bezug genommen (die sich allerdings bei entsprechender Durchseuchung der Bevölkerung schon schlimm genug ausgewirkt hätten), der querdenkende Regensburger Psychologieprofessor Christof Kuhbandner wird mehrfach mit seinen unhaltbaren Telepolis-Veröffentlichungen zitiert, es wird wild herumspekuliert, dass Übersterblichkeit, soweit überhaupt vorhanden, eher durch die Maßnahmen als durch das Virus bedingt sei, bei den Suiziden wird ein Artikel der Berliner Zeitung zitiert, dem Feuerwehreinsätze in Berlin zugrunde liegen, statt die vollständigeren Polizeistatistiken zu befragen (die für den ersten Lockdown 2020 keinen Anstieg der Suizide zeigen), um dann ein apodiktisches Fazit zu ziehen:

„Nach dem Gesagten kann kein Zweifel daran bestehen, dass allein die Zahl der Todesfälle, die auf die Maßnahmen der Lockdown-Politik zurückzuführen sind, die Zahl der durch den Lockdown verhinderten Todesfälle um ein Vielfaches übersteigt.“

Und weiter:

„Bei der von der Landesregierung im Frühjahr (und jetzt erneut) verfolgten Politik des Lockdowns (…), handelt es sich um eine katastrophale politische Fehlentscheidung mit dramatischen Konsequenzen für nahezu alle Lebensbereiche der Menschen, für die Gesellschaft, für den Staat und für die Länder des Globalen Südens.“

Dass die Rechnung für die Infektionsschutzmaßnahmen noch nicht auf dem Tisch liegt, ist unstrittig. Dass die Rechtsverordnung in Thüringen „dramatische Konsequenzen für die Länder des Globalen Südens“ hat, ist juristischer Karneval, dass „kein Zweifel daran bestehen“ kann, dass der Lockdown mehr Todesfälle verursacht hat als das Virus, dürfte zumindest für Thüringen eine haltlose Behauptung sein und dass sich das Urteil nicht unwesentlich auf Social-Media-Artikel von Christof Kuhbandner stützt, könnte Rechtsgeschichte schreiben. Vielleicht hätte der Richter vorher etwas Nachhilfe in Epidemiologie nehmen sollen, und darin, was es bedeutet, aus dem einseitigen Heranziehen von Quellen die Schlussfolgerung „kein Zweifel“ zu ziehen.

Da erlaube ich mir die Frage, ob das Amtsgericht die Sache mit der blinden Justitia vielleicht falsch verstanden hat, und die Spekulation, ob der Tag der Urteilsverkündung womöglich nur das Mindesthaltbarkeitsdatum des Urteils war.

Kommentare (45)

  1. #1 RPGNo1
    23. Januar 2021

    Ich lege mich fest. Der Amtsrichter IST ein Querstänker. Eventuell hat er seine Kollegen in den AfD-Bundes- und Landtagsfraktionen um Rat gefragt, um das Urteil zu verfassen.

  2. #2 Herr Senf
    23. Januar 2021

    Och, ich hatte mal den Fall, wo ein Gericht einem Guachter gefolgt ist, daß eine
    Holzhalde eines Holzheizkraftwerkes nicht abbrennen kann.
    Die Gegenfrage, wofür das ganze Holz denn dann da liege, wurde nicht erörtert.
    Das “Osterfeuer” ein paar Monate später hat eine Woche gedauert.

  3. #3 Pollo
    23. Januar 2021

    Bei der Zustimmungsrate zur AfD in Thüringen wäre es ein Wunder, wenn sich aus der Richtung kein beamteter Institutionenvertreter finden lassen würde. Interessant wird allerdings die Revision, insbesondere die Formulierung der Begründung des zukünftig revidierten Urteils.

  4. #4 borstel
    23. Januar 2021

    Von richterlicher Selbstbeschränkung hat dieser Amtsrichter jedenfalls noch nichts gehört.

  5. #5 rolak
    23. Januar 2021

    Von richt

    ..hofen hätte noch ganz andere Kapriolen bei einem Soloflug unternommen.
    Hoffenwerma, daß aus diesem unrühmlichen Anlaß demnächst nicht der nächste Göring einen ‘Ehrentag für die treudeutsche Justiz’ einführt…

  6. #6 Ludger
    23. Januar 2021

    Die haben draußen gefeiert. Dort gibt es nach Kekulé keine Aerosole und damit bei etwas Abstand kein Superspreading. Ein Richter muss in Strafprozessen immer In Dubio pro Reo entscheiden. Ob dazu auch die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der Grundrechtseinschränkung gehört, weiß ich nicht. Bin gespannt, wie es weitergeht.

    • #7 Joseph Kuhn
      23. Januar 2021

      @ Ludger:

      Interessanterweise geht das Gericht aber gar nicht auf die konkrete Situation der Feier im Hinterhof ein, der Abstand der Leute zueinander wird überhaupt nicht beschrieben und bewertet. Statt dessen liegt der Fokus des Urteils eindeutig auf allgemeinen epidemiologischen Betrachtungen und der Kritik an der Coronapolitik – und da aus einer völlig einseitigen Perspektive und unter Rückgriff auf dubiose Quellen wie Herrn Kuhbandner. Ich bin kein Jurist, aber diesem Urteil wird nach meiner Meinung keine lange Lebensdauer beschieden sein.

  7. #8 ajki
    23. Januar 2021

    oben, “… in dubio pro reo …”

    Die im Blogartikel angeführten Zitate legen nahe, dass (mindestens) der Vorsitzende keinerlei Zweifel an seinen “Feststellungen” hegte. Die Formulierungen lassen auch durchaus darauf schliessen, dass (mindestens) der Vorsitzende auch schon VOR Eröffnung des Verfahrens an sich selbst und seinen Überzeugungen keinen Zweifel hegte.

  8. #9 Phil
    23. Januar 2021

    @Joseph Kuhn
    Die StA hat bereits angekündigt, gegen das Urteil anzugehen.

    • #10 Joseph Kuhn
      23. Januar 2021

      @ Phil:

      Ja, das ist in allen Medien. Leider gibt es kaum inhaltliche Kommentare zum Urteil in den Medien, weder was die (fehlende) Tatbestandswürdigung angeht noch die Ausführungen in der Urteilsbegründung* oder den Hintergrund der ganzen Geschichte. Mal sehen, was da noch nachkommt.

      ———————-
      * Nachtrag 24.1.2020: Lesenswerte Ausnahme ist der nebenan von RPGNo1 verlinkte Focus-Artikel zum Weimarer Urteil.

  9. #11 borstel
    23. Januar 2021

    @ rolak: Totalabsturz der Justiz in einem klapprigen Dreidecker? Klingt unterhaltsam, aber dann bitte nicht über meinem Haus.

    Ich habe gelinde gesagt den Eindruck, daß dieser Richter von der (nicht nur unter Juristen) verbreiteten Krankheit befallen ist, fachfremde Texte ganz ohne fremde Hilfe verstehen zu wollen. In Verbindung mit der vorgefaßten Meinung, die er gewiß hatte, kommt es dann zu solchen Fehleinschätzungen. – Ich meine, ich pfusche einem Bauingenieur doch auch nicht ins Handwerk, nur weil ich in der Kindheit mal mit Holzklötzen Türmchen errichtet habe. Sich bei der Beurteilung der aktuellen Maßnahmen Expertenrat zu holen, ist ja nun wirklich keine Schande angesichts der Komplexität des Themas.

  10. #12 RPGNo1
    23. Januar 2021

    Ich habe noch zwei Anmerkungen:

    1) Der Richter untermauert sein Urteil mit Aussagen von Ioannidis, Schrappe und Kuhbandner. Das sind Personen, die mit Kritik, Ablehnung von Coronamaßnahmen oder offenkundigen Fehlaussagen aufgefallen sind. Warum aber werden die gegenteiligen Einschätzungen von echten Experten z.B. Brinkmann, Ciesek, Drosten, nicht berücksichtigt?

    2) Wie kann ein Artikel auf Telepolis oder der Apothekerzeitung der Urteilsfindung dienen? Das sind keine Fachartikel in anerkannten wissenschaftlichen Zeitschriften. Wenn ich als Grundlage für eine Einschätzung zur Medikamentenzulassung einen Artikel aus der Mitgliederzeitschrift von “Natur und Medizin e.V. als Quelle angeben würde, dann hätte ich aber massiven Ärger zu erwarten. Für den Richter aber scheint das kein Problem zu sein.

    • #13 Joseph Kuhn
      23. Januar 2021

      @ RPGNo1:

      Zu 1.: Man sollte Ioannidis, Schrappe et al. und Kuhbandner nicht in einem Atemzug nennen. Kritik am Mainstream der Coronapolitik ist das verbindende Element, aber der Rest ist nicht vergleichbar.

      Zu 2.: So ist es. Darüber sollten auch mal die Medien nachdenken.

  11. #14 noch'n Flo
    Schoggiland
    23. Januar 2021

    Das Problem ist, dass uns die abschliessende Rechnung bezüglich Suiziden infolge der Lockdowns wohl erst in ein paar Jahren präsentiert wird, wenn Menschen, die durch die Massnahmen ruiniert wurden irgendwann keinen anderen Ausweg mehr aus ihrer Verzweiflung sehen.

    WIr sehen in unserer Praxis derzeit viele Menschen, denen die Pandemie-Massnahmen psychisch sehr zugesetzt haben; dass da noch ein dicker Rattenschwanz hinterherkommt, ist für uns sehr wahrscheinlich.

    Aber ich denke, dass man nicht über verlorene und gerettete Leben sprechen muss, sondern vielmehr über verlorene und gerettete Lebensjahre. Und da könnte die Rechnung durchaus ungünstig für die Massnahmen ausfallen. Von zerstörter Lebenszeit mal ganz zu schweigen.

  12. #15 RPGNo1
    23. Januar 2021

    @JK

    Ich sprach von “Kritik, Ablehnung von Coronamaßnahmen oder offenkundigen Fehlaussagen”. Der Gegensatz zu den mir benannten Brinkmann, Ciesek, Drosten ist nun mal vorhanden. Oder war es, denn durch “Contain COVID-19” kommt Bewegung in die Angelegenheit.

    • #16 Joseph Kuhn
      23. Januar 2021

      @ RPGNo1:

      “Ich sprach von “Kritik, Ablehnung von Coronamaßnahmen oder offenkundigen Fehlaussagen”.”

      Nichts für ungut, aber dass das man diese Kombination, auch mit betontem “oder”, nicht einfach auf verschiedene Leute anwenden darf, sollte auch dir einleuchten. Ioannidis irrlichtert zeitweise beim Thema Corona ein wenig herum, ist aber ein hochqualifizierter Epidemiologe, Schrappe et al. ist eine Gruppe mit sehr begründeten Kritikpunkten, wenngleich mit manch seichter Stelle, Kuhbandner ist dagegen ein Missionar des akademisch gepflegten Irrtums.

      “Der Gegensatz zu den mir benannten Brinkmann, Ciesek, Drosten ist nun mal vorhanden.”

      Ja. Aber was bedeutet es, wenn ein Fisch, ein Elefant und ein Affe nicht klettern?

  13. #17 Karl Mistelberger
    mistelberger.net
    24. Januar 2021

    > bei der Letalität wird auf die mutmaßlich zu niedrigen Werte von John Ioannidis Bezug genommen …

    Randomisierte kontrollierte Studien sind unabdingbar, will man es genau wissen:

    Parachute use to prevent death and major trauma related to gravitational challenge: systematic review of randomised controlled trials

    It is often said that doctors are interfering monsters obsessed with disease and power, who will not be satisfied until they control every aspect of our lives (Journal of Social Science, pick a volume). It might be argued that the pressure exerted on individuals to use parachutes is yet another example of a natural, life enhancing experience being turned into a situation of fear and dependency. The widespread use of the parachute may just be another example of doctors’ obsession with disease prevention and their misplaced belief in unproved technology to provide effective protection against occasional adverse events.

    https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC300808/

  14. #18 Jolly
    24. Januar 2021

    @Karl Mistelberger

    Danke für den Hinweis auf den Artikel.

    However, an adverse outcome after free fall is by no means inevitable. Survival has been reported after gravitation challenges of more than 10 000 metres (33 000 feet). In addition, the use of parachutes is itself associated with morbidity and mortality

    Das sollte für das Gericht in Weimar genug Stoff liefern, auch die Anschnallpflicht zu kippen, eine Forderung der Querlenker. Was senkrecht nicht hilft, hilft auch nicht waagrecht.

    Freies Deutschland.

  15. #19 Ludger
    24. Januar 2021

    Der Vergleich mit einer Fallschirmstudie ist nicht ganz passend.
    Das Gericht urteilt nicht über die Wirksamkeit eines Lockdowns. Es hält die Verhängung einer Geldstrafe in diesem konkreten Fall aus formellen Gründen für verfassungswidrig. Ein Eingriff in die Grundrechte wäre durch eine Rechtsverordnung wäre verfassungskonform, wenn sie zur Abwehr einer akuten und konkreten Gefahr erlassen worden wäre. Wegen der damaligen Fallzahlen, der Intensivbelegung, der wechselnden politischen Ziele und der uneinheitlichen Einschätzung der Wissenschaft war seiner Einschätzung nach die Gefahr nicht so akut und so konkret, dass die Rechtsform einer Rechtsverordnung ausreichte, um jemanden zu bestrafen.
    Von mir ausgedachtes Beispiel:
    Wir sind uns einig, dass Alkohol am Steuer Menschenleben kostet. Dazu braucht es keinen Doppelblindversuch. Die Promillegrenze ist ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte. Die Festlegung einer Grenze ist durch ein vom Parlament verabschiedetes Gesetz (Straßenverkehrsgesetz (StVG) § 24a 0,5) geregelt. Wäre das nur eine Verordnung, könnte jeder Rechtsanwalt eines “Alkoholsünders” darauf plädieren, dass eine solche Verordnung verfassungswidrig sei. Ein solcher Eingriff in die Persönlichkeitsrechte müsse durch Gesetz geregelt werden. Deswegen müsse der “Alkoholsünder” aus formellen Gründen freigesprochen werden.
    Ein entsprechendes Urteil würde nicht gerichtlich feststellen, dass Alkohol im Straßenverkehr unbedenklich sei.

    • #20 Joseph Kuhn
      24. Januar 2021

      @ Ludger:

      “Es hält die Verhängung einer Geldstrafe in diesem konkreten Fall aus formellen Gründen für verfassungswidrig.”

      Wenn es dem Gericht um formelle Gründe gegangen wäre, hätte es sich nicht so intensiv (gleichwohl einseitig) mit der Corona-Epidemiologie abgeben müssen. Dem Gericht ging es sichtlich nicht um Formales, sondern um die Coronapolitik.

  16. #21 Karl Mistelberger
    mistelberger.net
    24. Januar 2021

    > #19 Ludger, 24. Januar 2021
    > Der Vergleich mit einer Fallschirmstudie ist nicht ganz passend. Das Gericht urteilt nicht über die Wirksamkeit eines Lockdowns. Es hält die Verhängung einer Geldstrafe in diesem konkreten Fall aus formellen Gründen für verfassungswidrig.

    Das Gericht schwurbelt was das Zeug hält, z.B.:

    “b. Als Nutzen des Lockdowns wäre die Zahl der verhinderten COVID-19-Todesfälle und schweren Erkrankungen anzusehen, wobei, präzise formuliert, nach dem Nutzen zu fragen ist, den der Verordnungsgeber zum Zeitpunkt des Verordnungserlasses am 18.04.2020 unter Berücksichtigung seines Einschätzungsspielraumes berechtigterweise erwarten durfte. Hierzu ist erneut darauf zu verweisen, dass der Verordnungsgeber wissen musste, dass die Zahl der Neuinfektionen bereits seit Mitte März sank, dass die effektive Reproduktionszahl seit Beginn des Lockdowns am 23.03.2020 um den Wert 1 schwankte und ein positiver Effekt des bereits dreieinhalb Wochen andauernden Lockdowns nicht erkennbar war. Auch die Grafik betreffend den Verlauf der Neuerkrankungen zeigte eine nahezu gleichmäßig abfallende Kurve ohne erkennbare Stufung, so dass auch an ihr ein Effekt des Lockdowns nicht ablesbar war. Dafür, dass die Zahl der Neuerkrankungen durch die Verlängerung des Lockdowns mit der Verordnung vom 18.04.2020 signifikant beeinflusst werden könnte, gaben die Daten des Robert Koch-Instituts keinerlei Anhaltspunkte. Der Verordnungsgeber konnte somit allenfalls eine sehr geringfügige Reduzierung der Zahl der Neuerkrankungen (und damit der Todesfälle) erwarten. Tatsächlich zeigte die Fortschreibung der Kurve der Neuerkrankungen in den Täglichen Situationsberichten dann auch nach dem 18.04.2020 keinen erkennbaren Effekt der Verlängerung des Lockdowns.”

    https://openjur.de/u/2316798.html

    Verglichen mit den Passagen des Gerichtsurteils zu COVID-19 ist die Fallschirmsatire eine todernste Angelegenheit.

  17. #22 Joseph Kuhn
    24. Januar 2021

    Frage: Weiß man inzwischen etwas über den Hintergrund des Richters?

  18. #23 RPGNo1
    24. Januar 2021

    @JK

    Ich habe eínen Namen gefunden: Matthias Guericke

    https://www.nordkurier.de/politik-und-wirtschaft/sensationelles-corona-urteil-soll-rueckgaengig-gemacht-werden-2342173101.html

    Der Volksverpetzer hat zudem mit einem Artikel regiert, der u.a.die Reaktion von Querdenker-Rechtsverdreheranwalt Fuellmich beleuchtet.

    https://www.volksverpetzer.de/corona-faktencheck/weimar-urteil-verfassung/

    • #24 Joseph Kuhn
      24. Januar 2021

      @ RPGNo1:

      Danke für’s Recherchieren. Herr Guericke scheint im Netz nicht als Querdenker aufzutreten, das macht die Sache umso interessanter. Wie kommt er zu so einer einseitigen Wahrnehmung der epidemiologischen Situation und dazu, sich Quellen wie Kuhbandner zu bedienen?

  19. #25 Gerald Fix
    24. Januar 2021

    Rechtlich ist das Urteil wahrscheinlich gar nicht so sehr daneben.
    Prof. Dr. Henning Ernst Müller mit einer umfassenden rechtlichen Würdigung auf dem beck-blog.

    • #26 Joseph Kuhn
      24. Januar 2021

      @ Gerald Fix:

      Danke für den Link. Ich lese den Kommentar von Herrn Müller allerdings anders als Sie, aus meiner Sicht kommt er – juristisch argumentierend – zu einem ganz ähnlichen Fazit wie ich. Habe mal den Link zum Blogbeitrag dort hinterlassen. Vielleicht ergibt sich ja ein kleiner Austausch.

  20. #27 Ludger
    24. Januar 2021

    @J. Kuhn #20
    “formelle Gründe”
    Das schreibt das Gericht im Satz 16 so. Solche Entscheidungen müssen den damaligen Wissensstand widerspiegeln. (Im weitesten Sinne: nulla poena sine lege)
    @Karl Mistelberger #21
    Das Beispiel mit den Fallschirmen würde gut zu der Frage passen, ob eine Behandlung einer eitrigen Mandelentzündung mit beta-hämolytischen Streptokokken der Gruppe A mit Penizillin sinnvoll sei. Dazu gibt es m.E. keine Doppelblindstudie. Müssen wir also eine Doppelblindstudie nachholen?
    Bei der Frage, in welcher Situation Grundrechtseinschränkungen durch Rechtsverordnung, durch Gesetz oder eben gar nicht erfolgen dürfen, finde ich mein Beispiel mit dem Alkohol am Steuer treffender.
    Ein Richter muss unabhängig sein anders als ein Staatsanwalt. Natürlich darf ein Richter andere Meinungen haben als ich oder J. Kuhn. Er darf wegen dieser Meinungen nur keine Rechtsbeugung begehen. Dann würde er selber bestraft. Und er muss damit rechnen, dass ihm eine höhere Instanz ein sachlich falsches Urteil um die Ohren schlägt. Das Gericht “schwurbelt” nicht nur “was das Zeug hält” [Karl Mistelberger], es formuliert auch eine handfeste Kritik an der Regierung. Es zwingt die Rechtsprechung zu einer Klarstellung.
    Insofern bleibe ich bei Meiner Einschätzung von #6: Bin gespannt, wie es weitergeht.

  21. #28 Ludger
    24. Januar 2021

    @Gerald Fix #25
    Danke für den Link.
    Das ist m.E. eine gute Würdigung des Urteils durch einen juristischen Hochschullehrer.
    Kurz: Es gab ausreichend Zeit und Gelegenheit, die coronabedingten Grundrechtseinschränkungen als Gesetz herauszubringen. Deswegen sind sind die Einschränkungen in der Form der Rechtsverordnung möglicherweise verfassungswidrig. Wissenschaftliche Außenseitermeinungen gehören in ein solches Urteil nicht hinein und sind für die Frage der Verfassungskonformität der Corona-Rechtsverordnung irrelevant.

  22. #29 Ludger
    24. Januar 2021

    Der Moderationsalgorithmus nervt.

  23. #30 borstel
    24. Januar 2021

    Im Volksverpetzer verlinkt ein Statement zum Urteil von Herrn Jun: https://twitter.com/Anwalt_Jun/status/1353073566133043201.

  24. #31 Gerald Fix
    25. Januar 2021

    Der BayVGH watscht Weimar ab.

    ***
    eine “methodisch höchst fragwürdige Einzelentscheidung, die hinsichtlich der Coronapandemie im Widerspruch zur – vom Amtsgericht nicht ansatzweise berücksichtigten – ganz überwiegenden Rechtsprechung der deutschen Gerichte stehe”.
    ***

    Allerdings wird das wesentliche Argument Müllers,
    ***
    Dennoch denke ich, dass der Freispruch im konkreten Fall durchaus vertretbar war, denn in den zwei Monaten, die der thüringischen Verordnung voraus gingen, hätte schon genügend Zeit bestanden, § 28 InfSchG so zu gestalten, wie es dann erst im November geschehen ist.
    ***
    nicht angesprochen.

  25. #32 RPGNo1
    25. Januar 2021

    @Gerald Fix

    Na, es war zu erwarten gewesen, dass die Querstänker das Urteil des Amtsgerichts Weimar als Argumentationshilfe nehmen würden, um ihre Ziele durchzudrücken. Dieses Winken mit einem Eichenstamm (Zaunpfahl genügt nicht) an den Herrn Amtsrichter finde ich allerdings noch besser.

    Das AG Weimar maße sich mit seiner Einschätzung, dass eine epidemiologische Lage nicht vorgelegen habe, ohne sich mit den wissenschaftlichen und tatsächlichen Grundlagen auseinandergesetzt zu haben, eine Sachkunde an, die ihm nicht zukomme, und setze seine Auffassung an die Stelle der Einschätzung des Bundestages und des Verordnungsgebers.

    Gegenteilige Quellen und Hinweise blendete das AG nach Auffassung der bayerischen Richterinnen und Richter systematisch aus, die zentral vom AG herangezogene Studie sei “bestenfalls umstritten”. Außerdem zeige die Entscheidung des AG auch mangelnde Kenntnisse im Gefahrenabwehrrecht auf: So sei im Urteil des AG Weimar die Ex-ante- mit der Ex-post-Betrachtung vermengt worden und Überlegungen zu Kausalitäten bzw. Koinzidenzien fehlten. Das AG spare beispielsweise die naheliegende Annahme, dass die niedrige Übersterblichkeit und geringe Auslastung der Intensivbetten auf die vom AG als unverhältnismäßig eingeordneten Schutzmaßnahmen im Frühjahr 2020 zurückzuführen sein könnte, komplett aus.

  26. #33 Florian
    Tuttlingen
    25. Januar 2021

    Blöd gelaufen – ein Richter geht erstmals seiner Pflicht nach und widerspricht dem Narrativ der “tödlichen Pandemie”.

    Er bedient sich dazu vieler öffentlicher und für jeden zugänglicher Fakten. Und schon geht der Shitstorm los. Es kann nicht sein was nicht sein darf.

    Wenn man allerdings die bisherigen Begründungen ansieht, die Gerichte zu den Maßnahmen gesprochen haben, stützen sich diese zu großen Teilen auf das RKI (Bundesbehörde) oder ziehen einfach Stumpf Argumente wie “Jeder könnte jeden Töten” durch.

    Wenn wir diesen Anspruch an unsere Gerichte haben, können wir solche Urteile einfach ganz lassen und immer pauschal auf “SCHULDIG” plädieren.

    Es ist an der Zeit DANKE zu sagen für diesen Mut an den Richter und sich auch, so gut es geht, schützend vor diesen mutigen Menschen zu stellen.

  27. #34 Herr Senf
    25. Januar 2021
  28. #36 Tom
    Weimar
    25. Januar 2021

    Es ist erschreckend, wie viele Seuchen-Nazis aus den Löchern kriechen, wie man hier an den Kommentaren sehen kann.

  29. #37 Phil
    25. Januar 2021

    “Der Senat folgte insbesondere nicht einem Urteil des Amtsgerichts Weimar, auf das der Antragsteller verwiesen hatte, um unter anderem zu belegen, dass eine gefährliche Epidemie gar nicht vorliege. Dieses Urteil widerspreche der ganz überwiegenden Rechtsprechung deutscher Gerichte und sei methodisch fragwürdig. Außerdem maße sich das Amtsgericht eine Sachkunde an, die ihm angesichts der hochkomplexen Situtation ersichtlich nicht zukomme.”

    BayVGH
    https://www.volksverpetzer.de/wp-content/uploads/2021/01/pm_querdendenk_am_24.01.2021_in_munchen.pdf

  30. #38 RPGNo1
    25. Januar 2021

    @Herr Senf

    Danke für den Link.

    @Florian, Tom

    Es ist immer wieder faszinierend (auf eine morbide Art und Weise) zu lesen, wie Personen sich die Wahrheit zurechtbiegen, bis sie in ihr krudes Narrativ passen. Ihre beide seid anschauliche Beispiel dafür.

    Ach ja, @Tom, für die “Seuchen-Nazis” gibt es einen Vermerk auf der Godwin-Liste.

  31. #39 Joseph Kuhn
    25. Januar 2021

    Bitte um Nachhilfe: Was sind denn “Seuchen-Nazis”? So was wie “Gift-Kommunisten”, oder “Erdbeben-Christen”? Ohne dass ich wüsste, was das wiederum sein soll.

    Mir gefällt die von “Phil” verlinkte Pressemitteilung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs mit der Feststellung, der Weimarer Amtsrichter maße sich eine “eine Sachkunde an, die ihm angesichts der hochkomplexen Situtation ersichtlich nicht zukomme”. Das sagt eigentlich genauso viel wie mein ganzer Blogbeitrag.

    Dabei gibt es so kluge Urteile gegen unverhältnismäßige Vorschriften, was musste er seinen Privatkrieg gegen Coronaauflagen als Richter weiterführen?

  32. […] Amtsgericht Weimar und die Epidemiologie, Gesundheits-Check am 23. Januar […]

  33. #42 MarcAurel
    27. Januar 2021

    @borstel

    Es kann halt nicht jeder ein Universalgelehrter sein, wie der wohl bekannteste Meister aller Klassen Dr. Elmar Borsdorff.

  34. #43 Regine Blecher
    Düsseldorf
    3. Februar 2021

    ich habe das Urteil gelesen, sehr fundiert. Komischerweise mäkelt der Autor des Artikels nicht daran herum, dass jeder als Coronatoter gezählt wird, der einen positiven Test hatte, auch wenn er vom Bus überfahren wurde. Der PCR-Test ist nicht zur Diagnose zugelassen, das hat sich ja endlich schon bis zur WHO rumgesprochen. Der massenhafte Test an Symptomlosen ist grober Unfug, besonders bei niedriger Prävalenz.

    • #44 Joseph Kuhn
      3. Februar 2021

      @ Regine Blecher:

      Im Zusammenhang mit dem Urteil mäkele auch nicht am Wetter herum. Und das, obwohl jeder über’s Wetter redet. Stellen Sie sich das nur mal vor!

      Nur mal interessehalber: Wissen Sie von einem Coronapositiven, der vom Bus überfahren wurde? Vermutlich ein Querdenker, der die Quarantäneauflage nicht eingehalten hat? Er gälte übrigens nicht als „an Corona“ gestorben.

  35. […] ein paar Tagen hat das Amtsgericht Weimar, nachdem es schon im Januar quergedacht hatte, wieder mit einem obskuren Beschluss gegen die Corona-Infektionsschutzmaßnahmen für bundesweite […]