Der vielzitierte Satz, die Wahrheit sei immer das erste Opfer im Krieg, ist einerseits Unsinn, weil immer zuerst Menschen sterben, andererseits bringt er zu Recht zum Ausdruck, dass es stets auch um einen Krieg der Bilder und einen Krieg um die öffentliche Meinung geht. Es ist schwer, Orientierung zu finden, zumindest geht es mir so. Hier ein paar Fragen und ein paar Antwortversuche.

Ist es Putins Krieg?

Ja.

Ist es Russlands Krieg?

Ja, auch. Zwar ist die Bevölkerung Russlands ein Opfer der russischen Staatspropaganda, aber das spricht sie nicht gänzlich frei von Verantwortung. Es war auch nicht nur Hitler, der in den zweiten Weltkrieg zog und alleine die Juden ermordet hat.

Hat der Westen eine Mitverantwortung?

Ja, der Angriff Russlands auf die Ukraine macht aus dem Westen keine Gesellschaft von Engeln. Die USA haben auch imperiale Ziele, die Europäer auch ihre Interessen. Aber das rechtfertigt Putins Überfall auf die Ukraine trotzdem nicht. So wenig, wie ein Mann, der seine Kinder misshandelt, sich darauf berufen kann, dass er als Kind selbst geschlagen wurde. Vielleicht liegt die Hauptverantwortung des Westens aber darin, dass er die „westlichen Werte“ zu Floskeln ohne Überzeugungskraft gegenüber Diktaturen verkommen ließ.

Hat die Ukraine eine Mitverantwortung?

Vielleicht. Vielleicht hat die Ukraine Fehler in ihrer Nationalitäten- und Sprachenpolitik gemacht. Aber auch hier gilt: Das würde Putins Krieg nicht rechtfertigen.

Ist die Ukraine ein künstliches Geschöpf?

Putin spricht der Ukraine das Existenzrecht ab, weil sie erst von den Kommunisten geschaffen worden sei. Das mag für ihre Grenzen stimmen. Aber auch dieses Argument rechtfertigt seinen Krieg nicht. Sonst wäre auch Hitlers gewaltsame Zerschlagung der Tschechoslowakei gerechtfertigt gewesen, ganz zu schweigen von Kriegen gegen die von den Kolonialmächten in aller Welt willkürlich gezogenen Grenzen.

Sind in der Ukraine Faschisten an der Macht?

Nein. Auch wenn auf Seiten der Ukraine rechte Kriegsabenteurer und Neonazis gegen ostukrainische Separatisten gekämpft haben, wird dadurch die Regierung der Ukraine nicht faschistisch. Dazu muss man nicht erst Selenskyjs Religionszugehörigkeit bemühen. Klar ist dafür: Im Moment sitzt ein Faschist in Moskau und in Trumps Umfeld gab es auch Geister, die eher so zu etikettieren wären, z.B. Leute wie Michael Flynn oder Steve Bannon.

Sollte der Westen den Weltkrieg riskieren, um Putin zu stoppen?

Nein. Die tausendfache oder millionenfache Vermehrung unschuldiger – und ungefragter – Opfer wäre unmoralisch.

Ist Putin verrückt?

War Hitler verrückt?

Ist ein Sturz Putins wünschenswert?

Viele politikwissenschaftliche Beobachter befürchten danach Machtkämpfe in Russland, die die Welt noch mehr in eine unsichere Zukunft führen. Aber vermutlich wäre das das kleinere Übel zumindest gegenüber der Alternative eines Weltkriegs. Letztendlich: Ich weiß es nicht.

Kann der Westen vermeiden, dass Menschen außerhalb der Ukraine sterben?

Nein. Der Hunger in Afrika wird zunehmen und auch in Europa könnte es durch die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage zu – statistischen – Einbußen an Lebenserwartung kommen. Kriege sind immer auch Public Health-Krisen jenseits der unmittelbaren Kriegstoten.

Was lernt Nordkorea aus der Sache?

Gib nie deine Atomwaffen ab, egal welche Sicherheitsgarantien sie dir geben. Früher oder später kommt ein Putin oder ein Xi oder ein Trump. Im Iran wird man sich auch seine Gedanken machen. Auch in diesen Fällen hat Putin die Welt ein Stück unsicherer gemacht.

Was lernt China aus der Sache?

Gute Frage. Vielleicht fragt sich die chinesische Regierung das gerade selbst und zieht Schlüsse, die die Zukunft der Welt nicht noch mehr eintrüben.

Wie wird es weitergehen?

Ich weiß es nicht. Aber sicher nicht, wie in den letzten 30 Jahren.

Kommentare (194)

  1. #1 Thilo
    18. März 2022

    „Vielleicht hat die Ukraine Fehler in ihrer Nationalitäten- und Sprachenpolitik gemacht.“ Ist das wirklich so? Ich kenne mich natürlich nicht aus, aber man hört doch durchaus anderes, dass an vielen Orten Russisch gesprochen wird und das kein Problem ist. Nicht zuletzt ist ja auch Selensky eigentlich russischsprachig.

  2. #3 Rob
    Oberland
    18. März 2022

    Steckt möglicherweise noch mehr dahinter? Putin scheint unter dem Eindruck zu handeln, dass ihm die Zeit ausgeht, wenn er noch als Erschaffer eines Großrusslands in die Geschichte eingehen will. Vielleicht hat er eine schwere Krankheit, von der wir nichts wissen?

    Sein Vorgehen in der Ukraine unterscheidet sich deutlich von seinem bisherigen Verhalten, das von schrittweiser, durchdachter Methodik geprägt war. Seine ursprüngliche Argumentation gegen eine Osterweiterung der NATO ist ja auch durchaus nachvollziehbar.

    Doch dann war es so, als ob jemand einen Schalter umgelegt hätte und er verfiel in eine völlig absurde Rhetorik mit blatanten Lügen. Er wollte den Krieg unbedingt erzwingen, sofort und ohne Rücksicht auf langfristige Perspektiven. Dass er sein Land völlig isoliert scheint ihm egal geworden zu sein.

    • #4 Joseph Kuhn
      18. März 2022

      @ Rob:

      “Vielleicht hat er eine schwere Krankheit, von der wir nichts wissen?”

      Es besteht Verdacht auf Morbus Dugin.

      “Doch dann war es so, als ob jemand einen Schalter umgelegt hätte”

      Der Schalter muss schon lange umgelegt worden sein, siehe z.B. Tschetschenienkrieg, Syrienkrieg, Ermordung von Journalisten und Dissidenten …

      “Dass er sein Land völlig isoliert scheint ihm egal geworden zu sein.”

      Wer größenwahnsinnige Ideen wie Eurasien, die Reinheit der arischen Rasse, Make America great again usw. verfolgt, nimmt keine Rücksicht auf einzelne Menschen mit ihren Wünschen, die eigenen Kinder aufwachsen zu sehen, in Urlaub zu fahren, ins Theater zu gehen, Fußball zu spielen, mit Freunden essen zu gehen oder was auch immer. Solche Wünsche haben mit Ideen wie Eurasien nichts zu tun.

  3. #5 Alisier
    18. März 2022

    Kurze steile These: Es war und ist völlig egal, was die Ukraine gemacht oder nicht gemacht hat.
    Und es war und ist auch völlig egal, was der Westen, respektive EU und Nato gemacht haben oder nicht gemacht haben.
    Die empfunde Kränkung durch den Zusammenbruch der Sowjetunion und den Verlust der “Größe” führte notwendigerweise über kurz oder lang zu dieser und anderen ähnlichen Reaktionen.
    Es war in gewisser Weise der “Schandfrieden von Versailles II” und den kann man nicht durch Handeln, Verhandeln, oder gutes Benehmen abmildern, sondern (aus Sicht der sich gekränkt Fühlenden) nur durch einen nationalistischen Befreiungsschlag, der die Ehre (was auch immer das sein soll) wiederherstellt.
    Sich immer zu fragen, was für Fehler der Westen gemacht hat führt in diesem Falle weit am Thema vorbei. Liest man die entscheidenden Stichwortgeber, angefangen bei Iwan Alexandrowitsch Iljin, den Putin sehr schätzt
    https://de.wikipedia.org/wiki/Iwan_Alexandrowitsch_Iljin,
    merkt man relativ schnell, dass es um Logik, Schuld oder Ähnliches eher nicht geht.
    Ein nationalistisches, ultrapatriotisches mit Religion/Ideologie verwobenes Konstrukt ist genau so wenig durch Zugeständnisse auszuhebeln wie antisemitische Narrative.
    Es haben wenigstens die meisten von uns gelernt und begriffen, dass die Juden nicht an der Shoah Schuld sind. Und das sollte uns eine Lehre sein.
    Wir haben es mit einem zutiefst gekränkten und kranken Weltbild zu tun. Wie man darauf angemessen reagieren könnte ist wahrscheinlich die entscheidende Frage.

  4. #6 Alisier
    18. März 2022

    @ Joseph Kuhn
    Ok, fast wieder eine ähnlicher Gedanke bei Überschneidung, aber nur fast.

  5. #7 BMK
    Berlin
    18. März 2022

    Die Fragen sind klug gewählt, um so klüger auch die Antworten. Eine zusätzliche Frage:
    Ist das ein Krieg der Männer?
    Ja, oder ist jemandem bei all den Verhandlungen und dem allgemeinen Säbelgerassel eine Frau aufgefallen? (Geht ja nicht, denn die sind ja mit Weinen und Fliehen beschäftigt.) Hier geht es auf einmal wieder ganz archaisch zu. Mut, Heldentod, Ehre, Rache, Sieg, alles Männerangelegenheiten. Hier muss man bei der Berichterstattung nicht mal mehr gendern. Auch Selenskiy gefällt sich in der Heldenpose. Ich bin sehr sicher, dass Frauen diesen Krieg sehr schnell und pragmatisch beenden würden, bzw. hätte es diesen Krieg mit Frauen an der Macht gar nicht erst gegeben. (Es lebe das Matriarchat, na ja, wenigstens eine Quote…)

    • #8 Joseph Kuhn
      19. März 2022

      @ BMK:

      “Ist das ein Krieg der Männer?”

      Siehe Putins Oben-ohne-Macho-Bilder.

  6. #9 Felix
    Niederbayern
    18. März 2022

    Ich denke schon, daß es eine längere Entwicklung bis zu diesem Krieg gab.
    Angefangen im Baltikum, das noch zu Gorbatschovs Zeiten attakiert wurde – allerdings erfolglos, dann Tschetschenien im ersten Krieg noch unter Jelzin und den zweiten unter Putin.
    Auch die Entwicklung einer Großrussischen Ideologie reicht schon länger zurück.
    Vor allem der explizit antiwestliche Kurs der in den letzten Jahren vom Kreml betont wurde kam nicht so plötzlich.
    Daß die Medienpolitik über die letzten Jahre immer repressiver wurde und schon fast an Nordkorea erinnert beschäftigt mich besonders.
    Meine Frage wäre ob man nicht sehr viel mehr leisten müßte den Russen Senderalternativen anzubieten zB über ein Sat – Fernsehprogramm von Exilrussen sowie mehr Westsendungen in russischer Sprache oder Untertitel.
    Der Kurs Putins fährt ja vor allem Russland selbst an die Wand.
    Felix

  7. #10 knorke
    19. März 2022

    @Alisier (5)
    Aus Bevölkerungspsychologischer Sicht halte ich auch ich eine Art Schandfrieden 2.0 für nachvollziehbar, und den Schuh muss der Westen sich auch anziehen, dass man in seiner schächsten Phase nach dem Trauma des Zusammenbruchs der UdSSR nicht entschiedener zur Hand gegangen ist. Eine Art Marschallplan hätte hier einiges an Porzellan heil lassen können, statt eine Wildwest-Zeit die ein Jahrzehnt dauerte und es einer selbstbewussten Zivilgesellschaft nicht eben leichter gemacht hat, sich zu entfalten – logisch, dass dann ein nicht totzukriegender Revanchismus auf viel fruchtbareren Boden fällt.
    Dazu kommt immernoch, dass man danach seitens des sog. Westens mit dem zunehmend sich radikalisierenden Russland auch nicht konsequent genug umgegangen ist. Den Europäern fiel sowieso kaum mehr als wirtschaftspolitik ein, und aus Amerika kamen fast im 4-Jahrestakt andere Signale – wer will sich auf so ein Hin- und Her verlassen? Sowas schafft alles kein Vertrauen.

    Das rechtfertigt natürlich den Krieg in keiner Weise.

    Hätte der Westen den verhindern können? Ich glaube: Bis zum letzten Moment noch dass Ja.

    Allerdings hätte man im Westen dafür ein außendiplomatisches Risiko eingehen müssen und der Ukraine die territoriale Integrität garantieren müssen. Dazu hätte man aber eine gewisse Einmütigkeit in Europa und den USA erreichen müssen, die so erst danach so einigermaßen entstanden ist. Diese Möglichkeit hat man aus der Hand gegeben, weil keiner bereit war, ein hohes Blatt zu spielen – dabei besteht Politik mit Aggressoren immer auch zu einem gewissen Grad darin, Risiken in Kauf zu nehmen, Stärke zu zeigen und es darauf ankommen zu lassen. (Der Zeitpunkt war seitens Putin aber auch an sich wirklich gut gewählt: Europa uneins, USA mit Asien und sich selbst befasst, neue Regierung in Deutschland, Präsidentschaftswahlen in Frankreich. <- viele auch verständliche Gründe, warum keiner so ein Risiko eingehen wollte.

    (Nebenbei bemerkt stellt sich für mich auch die Frage, ob die NATO auch deswegen den Krieg scheut, weil sie aktuell für so einen Kontinentalen Konflikt der substanziell Landstreitkräfte bindet nicht gut genug aufgestellt ist. Dieser Eindruck wird ja konsequent vermieden wenn man mal über einzelne Mitgliedsländer hinwegsieht, aber die Frage darf erlaubt sein).

    Wie dem auch sein: Ich bezweifle sehr stark, dass Putin den Krieg dann zu diesem Zeitpunkt riskiert hätte. Letztlich hat er ihn ja dann auch nur riskiert, weil er sich in zweierlei Dingen massiv geirrt hat: Die Geschlossenheit des Westens nach dem Angriff und die Dauer des Krieges d.h. die Effektivät der Ukrainischen Verteidigungsmaßnahmen. Wahnsinn unterstelle ich diesem Mann nicht, aber Verblendung und Selbsttäuschung schon.

    Stephen Kotkin, den ich gern zitiere äußerte sich dazu erst neulich wie folgt: Autoritäte Regime neigen mit der Zeit dazu, immer enger zu werden, sich immer mehr in bestimmte Richtungen zu verrennen, weil ihnen das Korrektiv demokratischer Personal- und Richtungswechsel fehlt. Zwar hat eine Demokratie an der Macht oft nicht die fähigsten Personen (auch bei Diktaturen und Atuokratien ist das aber die Ausnahme), aber sie korrigiert sich dauernd selbst. Autokratien dagegen fehlt dieses Korrektiv, und je mächtiger die Person an der Spitze wird, umso mehr schlägt sich dies nieder, denn umso weniger werden im engsten Kreis der Macht noch abweichende Ansichten toleriert oder können überhaupt dorthin vorstoßen. Allein damit lässt sich bereits gut – im Nachinein – erklären, warum Putin diesen völlig irrwitzigen Krieg begonnen hat und diverse Gerüchte und Nachrichten bzgl. Abberufung / Verhaftung von Generalität und FSB im Verlauf des Krieges stützen diese Beobachtung.

  8. #11 Alisier
    19. März 2022

    @ knorke
    Deinem letzten Abschnitt stimme ich gerne bei der Kernaussage (Fehlen eines Korrektivs) zu.
    Was den Rest anbelangt komme ich teilweise zu anderen Einschätzungen.
    Mal sehen was andere für Gedanken dazu haben.
    Jetzt ist erstmal Wochenende und Rechnerpause.

  9. #12 knorke
    19. März 2022

    @Joseph Kuhn “Es besteht Verdacht auf Morbus Dugin.”

    Das erinnert mich an Biermanns “Ballade von den verdorbenen Greisen” -> Honeckers “Stalinistischer Syphillis” 🙂

    Kommt das davon, wenn man in zerrütteten Verhältnissen aufwächst?

  10. #13 knorke
    19. März 2022

    @11 Alisier
    In Bezug auf was konkret?

  11. #14 hwied
    19. März 2022

    Bei der Analyse geschichtlicher Ereignisse sollte man den Focus nicht nur auf eine Person richten.
    Bei der franz. Revolution z.B. waren es drei Personen, Marat. Danton, Robespierre. Und zwei von denen waren Moralisten.
    Bei den Nationalsozialisten war es auch nicht Hitler allein, neben ihm standen Himmler, Göhring, Goebbels.
    Bei Putin wird es schwieriger, weil dessen Hintermänner Teil einer in Rußland staatstragenden Institution sind, dem KGB. Von 1918 bis 1953 war der russische Geheimdienst die „Macht im Staate“.
    Danach stellte die Sowjetarmee die Parteivorsitzenden.
    Und der letzte Präsident der UdSSR , Gorbachow kam wieder vom Geheimdienst.
    Und wie könnte es anders sein, Putin war ebenfalls der Chef des Geheimdienstes.
    Dort ist das Zentrum der Macht verortet.
    Mit Recht weist Alisier auf Iljin hin, der die philosophische Begründung für Macht und Gewalt liefert. Praktisch ausgeführt hat diese Ideen der KGB, Man beschäftige sich mal mit Jurij Andropow, Chef des KGB, Parteivorsitzender der KPdSU, Moralist und Ziehvater von Putin.

  12. #15 LasurCyan
    19. März 2022

    Putin spricht der Ukraine das Existenzrecht ab, weil sie erst von den Kommunisten geschaffen worden sei.

    Scheint mir zumindest fragwürdig, aber ich bin auch nicht vom Fach. Andere schon, diesen Artikel fand ich hilfreich.

    Die Ukraine erklärte sich bereits im März 1917 – und nicht erst im Gefolge der Oktoberrevolution – als selbständige Republik innerhalb eines föderativen Russlands.

  13. #16 hwied
    19. März 2022

    Wenn man die rechtliche Seite der Annexion der Ukraine betrachtet, dann ist ein Vergleich mit Schottland hilfreich.
    “Am 21. März 2013 legte die schottische Regierung den Termin für das Unabhängigkeitsreferendum auf den 18. September 2014 fest. Beim Referendum stimmte die Mehrheit der Schotten mit 55,3 % gegen eine Abspaltung vom Vereinigten Königreich, die Wahlbeteiligung lag bei 84,59 %.”
    Im Falle Schottlands entschied der Wille der Bevölkerung. So sollte es auch im Falle der Ukraine sein. Die hat sich nicht für einen Zusammenschluss mit Rußland ausgesprochen.
    Russland verstößt also rechtlich gegen die UN-Charta, der sie ja zugestimmt hat.

  14. #17 Skeptikskeptiker
    19. März 2022

    Ich glaube, die ersten zutiefst ehrlichen Äußerungen zu seinen Absichten in letzter Zeit waren Putins Ausführungen zu den anstehenden Säuberungen des russichen Volkes von Verrätern. Und leider hat er auch da weiterhin die überwiegende Mehrheit der Russen hinter sich, und das wird sich meiner Meinung nach selbst bei einem völligen wirtschaftlichen Kollaps in Russland oder eine de facto Niederlage in der Ukraine nicht ändern. Und ich glaube, bei einem wie auch immer geartetem Abtreten Putins brauchen wir auch nicht auf einen verhandlungsbereiteren Typen hoffen.

  15. #18 tomtoo
    19. März 2022

    Ist doch faszinierent, das sich ganze Staaten genauso psychisch krank wie einzelne personen verhalten können?

  16. #19 wereatheist
    52.x N 13.y O
    19. März 2022

    @BMK:

    Leider ist es nicht ganz so einfach.
    Die erste Frau im Weltall ist voll auf Linie.

  17. #20 Alisier
    19. März 2022

    Und lasst uns Margereth Thatcher nicht vergessen.
    Plus all die unterstützenden Soldatenfrauen und führerhörigen Gebärmütter im dritten Reich.
    Von den KZ-Scherginnen gar nicht zu reden.
    Sich mal eben qua Geschlecht aus der Verantwortung zu ziehen ist kein besonders guter Stil.

  18. #21 Alisier
    19. März 2022

    @ knorke
    Präziseres kommt noch.

  19. #22 Joseph Kuhn
    19. März 2022

    @ Alisier,@ wereatheist:

    Frauen sind nicht per se die besseren Menschen, aber man sollte trotzdem sehen, dass die großen Schlächter heute wie früher vor allem Männer waren. Frauen mögen den Tyrannen zugejubelt haben, in Hitlers und Stalins Lagern Grausamkeiten begangen haben, aber die verbrecherischen Befehle ganz oben haben Frauen selten gegeben. Auch Thatcher hat keine Städte zerbomben lassen.

    Bei Putin ist zudem die toxische Männlichkeit unübersehbar, mit seinen albernen Oben-ohne-Auftritten. Nicht umsonst jubeln ihm die deutschen Rechten auch deswegen zu, weil er gegen das Gendern und gegen Homosexuelle ist. Ein gemeinsamer Boden dieser Typen mit den Orbans, Trumps oder Erdogans dieser Welt.

  20. #23 Alisier
    19. März 2022

    @ Joseph Kuhn
    Falklandkrieg? Junge Soldaten wegen nix in den Tod schicken konnte sie schon ganz gut.
    Das Thema ist wichtig aber recht heikel.
    Möchte ich zwischen Tür und Angel ungern abhandeln.

    • #24 Joseph Kuhn
      19. März 2022

      @ Alisier:

      “Falklandkrieg?”

      War das ein Angriffskrieg? Hat sie dort Städte zerbomben lassen? Wollte sie erobern?

      “wegen nix”

      War es wegen “nix”? Oder hat sie die argentische Militärjunta gestoppt? Die Bevölkerung dort wollte nicht von der Junta befreit werden, sondern bei Großbritannien bleiben.

      “Möchte ich zwischen Tür und Angel ungern abhandeln.”

      Dann tu es doch einfach nicht.

  21. #25 Alisier
    19. März 2022

    @ Joseph Kuhn
    Mit dem Reinwerfen des Begriffs “Toxische Männlichkeit” ist es leider auch nicht getan.
    Aber ehe wir uns jetzt ernsthaft festbeißen: Wochenendfrieden.
    Die Lage ist ernst genug.

  22. #27 Alisier
    19. März 2022

    @ Joseph Kuhn
    Ich halte den Verweis auf die teilweise extreme Brutalität der in Konzentrationslagern tätigen weiblichen Verantwortlichen für durchaus legitim.
    Gut belegt sind diese Fälle schließlich auch.
    Mich würde es tatsächlich sehr beruhigen, wenn die Hälfte der Menschheit was solche Dinge betrifft nicht anfällig wäre.
    Allein mir fehlt die Überzeugung.
    Aber jetzt: schönes Restwochenende Dir.

    • #28 Joseph Kuhn
      19. März 2022

      @ Alisier:

      Ich halte den Verweis auf die teilweise extreme Brutalität der in Konzentrationslagern tätigen weiblichen Verantwortlichen für durchaus legitim.

      Wie ich schon sagte, Frauen sind nicht per se die besseren Menschen, aber in diesem Krieg haben keine KZ-Aufseherinnen die Ukraine überfallen, sondern Putin mit seinem demonstrativ zur Schau gestellten Macho-Gehabe, das er mit Trump & Co. teilt, bis in die Bildwelten hinein.

      “Gut belegt sind diese Fälle schließlich auch.”

      Das steht nicht infrage. Es gehört nur nicht hierher.

      “Mich würde es tatsächlich sehr beruhigen, wenn die Hälfte der Menschheit was solche Dinge betrifft nicht anfällig wäre.”

      Interessant ist, dass auf den Hinweis darauf, dass hier Machos am Werk sind, sofort mit “Frauen sind auch keine besseren Menschen” gekontert wird. Als ob es darum ginge. Auch die meisten Männer führen übrigens keine Angriffskriege. Ein Argument wäre vielleicht, dass es Frauen in autoritären Regimen nur nicht schaffen, ganz nach oben zu kommen. Aber wäre damit etwas gewonnen gegen das Argument, dass der Machismo Putins in seinem Handeln eine relevante Rolle spielt, und toxische Männlichkeit generell konfliktfördernd ist?

      @ all:

      Was Sorgen bereiten könnte: Francis Fukuyama schreibt in der NZZ, Putin wird verlieren, es wird alles gut, die Freiheit wird am Ende weltweit gestärkt dastehen. Fukuyama hat sich schon 1989 mit dem “Ende der Geschichte” geirrt, kein gutes Omen also. Vielleicht verliert Putin, aber die ganze Welt ist am Ende militarisierter, konfrontativer, illiberaler?

  23. #29 PDP10
    19. März 2022

    Mir fiele zu dem Post von BMK noch was anderes ein …

    Er schreibt:

    oder ist jemandem bei all den Verhandlungen und dem allgemeinen Säbelgerassel eine Frau aufgefallen?

    Ja. Eine bemerkenswert souveräne deutsche Außenministerin.

    Und was diese Aussage angeht:

    bzw. hätte es diesen Krieg mit Frauen an der Macht gar nicht erst gegeben.

    Habe ich damit ähnliche Schwierigkeiten wie Alisier, denn da steckt implizit ein Allquantor (Frauen machen nie Krieg) drin. Und da fiel mir auch sofort der Falkland-Krieg ein.

    Aber natürlich hat Joseph Kuhn mit dem erwähnten nackerten Oberkörper von Putin und seine sonstigen Männlichkeitsinszenierungen einen Punkt.

    Ich bin kein Soziologe und habe keine empirischen Daten das zu belegen (könnte man aber wahrscheinlich finden, wenn man danach sucht), aber mir scheint in den Gesellschaften in Osteuropa und Russland ist ein archaischer Begriff von “Ehre”, Machismo, Chauvinismus, etc. immer noch sehr viel weiter verbreitet und gesellschaftlich angesehener als in Mittel- und Westeuropa. Die weit verbreitete LGBTI-Feindlichkeit ist da IMHO ein ganz guter Indikator. Angst vor Schwäche, möglicherweise vor eigenen homoerotischen Neigungen, das Argument der “Unnatürlichkeit”. Das Verbot darüber auch nur zu reden (in Russland) oder das in der Schule zu erwähnen (Ungarn, Polen). Alles Sachen, die man in westlichen Gesellschaften schon seit einiger Zeit zu überwinden versucht. Oder die frauenfeindliche Gesetzgebung in Russland, die es als ganz normal und nicht strafbar betrachtet wenn Frauen von ihren Ehemännern geschlagen werden etc. pp.

    In solchen Gesellschaften glaubt man dem starken Mann (Putin) der bewiesen hat, dass er der stärkste ist weil er nunmal an der Spitze ist, dann eben auch alles. Weil er eben der stärkste ist.

    Das lustige (nicht lustig-“haha” sondern lustig-seltsam) ist: Das man im Westen schon seit Jahrzehnten versucht diese Art von toxischer Männlichkeit zu überwinden wird dem Westen von Putin und Co. als Schwäche ausgelegt. Das Herr Putin jetzt daran scheitert ein Land wie die Ukraine, dass sich diesen westlichen Werten in den letzten Jahren mehr und mehr versucht hat anzuschließen mal eben im Handstreich zu nehmen .. sollte ihm eigentlich zu denken geben. Wird es aber nicht, fürchte ich.

  24. #30 naja
    19. März 2022

    Hat der Westen eine Mitverantwortung?
    Eine gute und schwierige Frage. Ja, der Westen betreibt Machtpolitik und hat die NATO nach Osten erweitert, aber nicht gegen den Willen der neuen Mitglieder. Hätte er das aus Rücksicht sein lassen sollen? Ist jetzt noch viel schwieriger zu beantworten als vor dem Krieg.

    Ist die Ukraine ein künstliches Geschöpf?
    Ich denke, jetzt spätestens nicht mehr.

  25. #31 PDP10
    19. März 2022

    @Joseph Kuhn:

    Was Sorgen bereiten könnte: Francis Fukuyama schreibt in der NZZ, Putin wird verlieren, es wird alles gut, die Freiheit wird am Ende weltweit gestärkt dastehen.

    Oh je …

    Wobei: Mehr als ein Jahrzehnt lang hatte er ja Recht. In den Neunzigern dachten wir ja wirklich wir hätten gewonnen (so wie Morpheus es Neo in Matrix – erschienen in 1999 – erklärt: “Wir dachten, wir wären auf dem Höhepunkt unserer Zivilisation”). Im Rest der Welt wird dann schon auch noch alles gut, weil alle das gleiche wollen wie wir: Autos, Handys, McDonald’s, und dieses Dingsda – wie heißt das noch? Achso .. Demokratie oder so.

    Würde man mal für den Moment den Geschichtsphilosophen geben, könnte man sagen, dass die Neunziger auch nicht am 31.12.1999 zu Ende waren. Sie endeten am 11. September 2001. Das und was der Westen danach angerichtet hat, hat alles verändert. Und mit diesen Veränderungen schlagen wir uns heute noch rum.

    Wenn Russland ein zweites Mal zusammenbricht werden wir allerdings meiner bescheidenen Meinung nach in einer Welt stecken, die sich Herr Fukuyama – bei allem Respekt – garantiert nicht vorstellen kann. Oder möchte.

  26. #32 Joseph Kuhn
    20. März 2022

    @ PDP 10:

    “Er schreibt”

    Sicher?

    “hätte es diesen Krieg mit Frauen an der Macht gar nicht erst gegeben … Frauen machen nie Krieg”

    Das sind zwei völlig verschiedene Aussagen.

    “Und da fiel mir auch sofort der Falkland-Krieg ein”

    Siehe oben. Kein Angriffskrieg Thatchers mit Eroberungsabsichten.

    “Mehr als ein Jahrzehnt lang hatte er ja Recht.”

    Nicht einmal in Europa: https://de.wikipedia.org/wiki/Jugoslawienkriege, geschweige denn weltweit: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Kriegen

  27. #33 PDP10
    20. März 2022

    @Joseph Kuhn:

    Das sind zwei völlig verschiedene Aussagen.

    Das eben wage ich zu bezweifeln. Denn “mit Frauen wär das nie passiert” ist mir zu platt.

    Nicht einmal in Europa

    Ich glaube nicht, dass Herr Fukuyama davon ausging, dass es von 1990 an keine Kriege mehr geben wird.

    • #34 Joseph Kuhn
      20. März 2022

      @ PDP10:

      1. Die Aussage, Frauen hätten diesen Krieg nicht angefangen, ist eine Aussage über diesen Krieg. Die Aussage, Frauen würden nie Krieg führen, ist eine ganz andere Aussage.

      2. Ob die erste Aussage “platt” ist oder nicht, darüber kann man spekulieren. Wenn Sarah Palin Präsidentin Russlands wäre, wäre es vielleicht genauso gekommen. Aber der Präsident Russlands ist eben Putin mit seinem ganzen Macho-Gehabe. Vielleicht hat das nichts mit dem Krieg zu tun, kann sein, aber Baerbock als Präsidentin Russlands hätte vermutlich keinen Krieg angefangen.

      3. Fukuyama wird nicht gemeint haben, dass es gar keine Kriege mehr geben wird, aber seine These war schon, dass die Weltkonflikte von einer Art Welthandelsgemeinschaft abgelöst werden würden: https://de.wikipedia.org/wiki/Ende_der_Geschichte.

      Gute Nacht 😉

  28. #35 PDP10
    20. März 2022

    @Joseph Kuhn:

    Nachtrag:

    Das ich Fukuyamas Behauptung von Damals vom Ende der Geschichte – und das Überlegenheitsgefühl des Westens damals – ein bisschen naiv finde, sollte eigentlich klar geworden sein.

  29. #36 tohuwabohu
    Berlin
    20. März 2022

    2008 wurde der NATO-Beitritt Georgiens diskutiert.  In diesem Zusammenhang soll Putin im NATO-Russland-Rat bereits die Ablösung der Krim und Ostukraine von der Ukraine und Angliederung an Russland angesprochenkündigt haben.
    Das ist selbstverständlich kein Grund (nachdem seit 2014 völkerrechtswidrig die Krim annektiert und Teile des Donbas unter russischer Kontrolle sind) nach der überraschenden, vormals ausgeschlossenen Anerkennung der von den Separatisten kontrollierten selbst ernannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk durch Russland nun die gesamte Ukraine mit einem als “Militärische Spezialoperation” bezeichneten Angriffskrieg zu überziehen und damit neben den vielen Verletzten und Toten auch Milliardenschäden anzurichten.  Dabei müssen durch Putins Krieg auch die Russen selbst entsprechende Opfer (getötete und verwundete Soldaten und wirtschaftliche Einbußen durch die Sanktionen des Westens) bringen.
    Neben den wirtschaftlichen Einbußen durch die Sanktionen belasten uns auch, bei aller Hilfsbereitschaft (die christleuropäischen Werte wirken hier wohl besser als bei Flüchtlingen aus Afrika, Syrien, Afghanistan, usw.), die vielen Geflüchteten.

    Nun stellt sich die Frage, was sind Europa (und die USA) bereit, noch zu tun?  Überwiegt unsere Angst vor einem Weltkrieg mit dem Einsatz von Atomwaffen (wenn Putin mit der Atombombe droht, dann reagieren wir mit Wirtschaftssanktionen – außer für Öl und Gas; das heben wir uns auf, für den Fall, dass er uns tatsächlich mit seinen Raketen angreift) oder könnten wir Putin auffordern seine Truppen wieder zurückzuziehen (ein Ultimatum zum Truppenabzug gekoppelt mit der Ankündigung sonst der Ukraine auch militärisch beizustehen)?
    Könnten wir die von der Ukraine erbetene Flugverbotszone einrichten?&nbsp Schließlich verletzt Russland das Völkerrecht und setzt seine Flugzeuge über (und seine Soldaten in) der Ukraine widerrechtlich ein.  Geht das auch, ohne dass die Ukraine NATO-Mitglied ist (oder können wir der Ukraine wenigstens die Vorstufe einer Mitgliedschaft an die NATO anbieten)?
    Kann man ein UN-Mandat erwirken (und Russland wegen seiner eigenen Beteiligung die Möglichkeit entziehen ein Veto einzulegen)?

    Neben den Zerstörungen in der Ukraine trifft dieser Krieg insbesondere die Armen auf dieser Erde, denn bereits jetzt verteuern sich neben fossilen Energieträgern auch Nahrungsmittel (insbesondere Weizen), denn die erwarteten Verknappungen treiben in unserem kapitalistischen System schon jetzt die Preise durch entsprechende Spekulationen an den Terminbörsen in die Höhe.

    Putins Angriffskrieg schadet nicht nur der Ukraine sondern neben Europa und dem Rest der Welt, insbesondere Russland, massiv.  Wer gewinnt hier überhaupt oder sieht er seinen Gewinn darin, der Ukraine schwerer zu schaden, als Russland?  Glaubt er vielleicht, dass die Russen ihm Reiterstandbilder (mit bloßem Oberkörper) errichten werden?  Wie lange kann er den Russen noch was vorlügen?

    Nachtrag:
    Ich habe mich bisher weder besonders für die Ukraine, Russland und die dort jeweils herrschenden Verhältnisse interessiert.
    Auch hatte ich im Februar der Aussage Putins, dass die Russen nur ein Manöver (auf russischem Boden) durchführen, geglaubt, als “Säbelrasseln” missdeutet und selbst nach der Anerkennung der Volksrepubliken Luhansk und Donezk nicht mit einem Angriff auf die gesamte Ukraine gerechnet.
    Das ist ein Irrtum gewesen.

  30. #37 PDP10
    20. März 2022

    @Joseph Kuhn:

    Wenn Sarah Palin Präsidentin Russlands wäre, wäre es vielleicht genauso gekommen.

    Ich möchte mir gar nicht vorstellen, was wie gekommen wäre, wäre Sarah Palin Präsidentin der USA geworden … 😉

  31. #38 Karl Mistelberger
    mistelberger.net
    20. März 2022

    Es blubbern die Kommentare. Erkenntnisse gibt es eher hier:

    In den letzten Wochen gab es eine Reihe prominenter Wissenschafter, zum Beispiel John Mearsheimer und andere sogenannte Neorealisten, die sagen, dass die Vereinigten Staaten an diesem Krieg schuld seien, weil die Russen sich durch die Erweiterung der Nato bedroht fühlten. Die Russen und Putin hätten uns das sogar gesagt. Was halten Sie von diesem Argument?

    Erstens, wenn Sie sich die Erklärungen und Vorhersagen ansehen, die John Mearsheimer gemacht hat: Niemand hat sich in seiner gesamten Laufbahn so konsequent in allem geirrt, was er gesagt hat. Nach dem Ende des Kalten Krieges sagte er voraus, dass in einer multipolaren Welt die Nato zusammenbrechen und sich die europäischen Länder gegenseitig an die Kehle gehen würden. Er meinte hier nicht die Russen, sondern Westeuropa. Er forderte Deutschland und Japan auf, sich Atomwaffen zuzulegen. Und er veröffentlichte mit seinem Kollegen Stephen Walt ein Buch, in dem sie das ziemlich verrückte Argument brachten, dass die jüdische Lobby für den Irak-Krieg verantwortlich sei. Deshalb überrascht es mich nicht, dass mein ehemaliger Student John noch mehr Unsinn verbreitet.

    https://www.nzz.ch/gesellschaft/wieso-wir-kriege-fuehren-ld.1675138

    • #39 Joseph Kuhn
      20. März 2022

      @ Karl Mistelberger:

      Danke für den Link zu Lebows NZZ-Interview, viele interessante Punkte, vieles von dem, was man in den letzten Wochen lesen konnte, nochmal eingeordnet. Seine historischen Analysen zu Kriegsursachen und Kriegserfolgen kann ich nicht kommentieren, dazu fehlt mir das Hintergrundwissen. Was ich mich frage:

      1. Er schreibt, die “Rationalisten” unter den Kriegstheoretikern gingen davon aus, es gäbe erst Krieg, wenn die Initiatoren “glauben, dass sie gewinnen können. Es ist die Aussicht auf einen billigen Sieg, die sie dazu bringt, den Krieg überhaupt erst zu beginnen. Nichts davon ist wahr.” Das klingt etwas seltsam. Die Initiatoren mögen falschen Vorstellungen davon folgen, wie ihre Erfolgsaussichten sind, aber sie ziehen doch sicher nicht in den Krieg, wenn sie glauben, ihn nicht zu gewinnen?

      2. Er schreibt, bei Kriegen würde oft das Motiv der Anerkennung, er spricht vom “Thymos”, eine Rolle spielen. Das wird ja mit Blick auf den Ukrainekrieg und Russlands Motive oft gesagt, regelmäßig Obamas Spruch von Russland als Regionalmacht zitiert. Aber ist das ein Widerspruch zum rationalen Abwägen von Erfolgschancen? Und weiter, müsste man das nicht generell zu anderen Kriegsursachen ins Verhältnis setzen? Ein solches (massen-)psychologisches Element schließt ja andere Kriegsursachen nicht nach einem Entweder-oder-Muster aus und es entsteht auch nicht aus dem Nichts.

      3. Er schreibt von einem Feldzug Hitlers 1930. Vermutlich ein Schreibfehler und es sollte 1940 heißen? Oder ist etwas ganz anderes gemeint?

      4. Er lässt offen, wie der Krieg ausgeht. Das ist einerseits vernünftig, man weiß es ja wirklich nicht. Aber was meint er damit, er sei “pessimistisch”? Was bedeutet das mit Blick auf den Krieg?

  32. #40 knorke
    20. März 2022

    @Joseph Kuhn 22

    “Frauen mögen den Tyrannen zugejubelt haben, in Hitlers und Stalins Lagern Grausamkeiten begangen haben, aber die verbrecherischen Befehle ganz oben haben Frauen selten gegeben.

    Bei Putin ist zudem die toxische Männlichkeit unübersehbar, mit seinen albernen Oben-ohne-Auftritten.”

    Sagt für mich mehr über ein patriarchalisches System und über Signale von Macht aus, als über Männer und Frauen an der Herrschaft. Ich bin mir ziemlich sicher, wären unsere Gesellschaften matriarchalisch organisiert, würden also in Autokratien, Diktaturen und Parlementen Frauen klar überwiegen, würde sich die Welt nicht drastisch ändern – jedenfalls nicht solange Macht, Autonomie, Dominanz die Faktoren sind, die mit den Herrschenden und dem Selbstvertrauen von Nationen und Nationalitäten gleichgesetzt werden. Frauen würden vielleicht nicht mit nacktem Öberkörper auf dem Pferd reiten (jedenfalls vermute ich es) aber auch sie würden in so einer Gesellschaft diese Schlüsselfaktoren bedienen und dementsprechend kämen auch nur solche Frauen dort hin, die das auch gut können. Wir würden dann heute vielleicht von toxischer Weiblichkeit sprechen und das gleiche Verhalten meinen – zugegeben mögen Männer aber die stärkere genetische Disposition zu so einem Verhalten aufweisen (evolutionär bedingt).

    Man darf aber auch erwähnen, dass in Sachen Emanzipation Russland um die 20-30 Jahre hinter Deutschland oder Frankreich zurückliegt, das was Putin da zeigt ist das von dem er glaubt was das Volk mit Führungsstärke verbindet. Für mich trifft hier ein 30 Jahre altes Trauma “Fall from Greatness” auf ein Tausende Jahre altes und überkommenes Vorstellungsbild wie ein Lenker der Nation auszusehen hat. Und im Fall der Russen kann man dabei leider im Moment noch das Gendern getrost bleiben lassen. Putin bedient dieses natürlich.

    (Einschub: Dass viele Russen mit Putins Politik konform gehen hat nicht zuletzt mit Revanchismus zu tun. Und den trägt die russische Gesellschaft in sich – ebenso, wie ihn die deutsche Gesellschaft nach WK1 in sich trug). Es ist, wir wir aus unserer Geschcihte wissen, eine Krankheit, die durchaus innerhalb von 1-2 Generationen geheilt werden kann, dabei hat der Westen dem Cold-War Verlierer aber nicht allzusehr geholfen. Einschub Ende)

    Worauf ich abschließend hinauswill:
    Zum Geburtsfehler der Politik gehört für mich, dass immer die falschen mächtig werden – nicht die, die besonders gut für den Job des Problemlösens und Zukunft gestaltens geeignet wären, sondern die mit dem besten Machtinstinkt. Ist das nicht eigentlich vor Allem toxisch?

    • #41 Joseph Kuhn
      20. März 2022

      @ knorke:

      Inwieweit ein Matriarchat toxische Weiblichkeit hervorbringen würde, wissen wir nicht, aber ein Matriarchat wäre naheliegenderweise ohnehin nicht die Geschlechterordnung, die ich mir wünschen würde. Gender Mainstreaming fände ich besser.

      Eine interessante und empirisch auch besser zugängliche Frage ist, ob nicht autokratische Strukturen, die Umsetzung von Ressentiments in eine aggressive Politik, ein auf Macht (oder Ehre, Heroentum usw.) statt auf Problemlösung (Verwaltung, Abstimmung usw.) zentriertes Politikverständnis und toxische Männlichkeit ganz gut harmonieren? Dazu passt das postsowjetische Russland so gut wie das Deutschland (oder Italien) nach dem ersten Weltkrieg. Lektüreempfehlung: Thomas Huetlin “Berlin, 24. Juni 1922”, eine Art Historienroman zum Mord an Walter Rathenau durch männerbündlerische Rechtsterroristen. Das Buch liegt derzeit auf den Neuerscheinungstapeln in den Läden. Und eine zweite Lektüreempfehlung: Das schon etwas ältere Buch von Avishai Margalit “Politik der Würde”, zu Unrecht weitgehend vergessen.

      Zu alldem eher assoziativ (“reingeworfen”, wie Alisier vielleicht meint): Carl Schmitt, der Kronjurist der Nazis, hat die Unterscheidung zwischen Freund und Feind zum Wesen des Politischen erklärt. Er greift damit einerseits ein reales Element politischen Handelns auf, hypostasiert es aber zum Wesen des Politischen, das m.E. andere, z.B. Hannah Arendt mit ihrer Orientierung auf das Politische als öffentlicher Sache, die uns alle angeht, menschenfreundlicher und anthropologisch auch stimmiger erfasst haben.

  33. #42 zimtspinne
    20. März 2022

    @ JK

    Die Frau Grünin (ich weiß immer nicht, wie man den Namen genau schreibt) ist aber auch in einem ganz anderen System aufgewachsen, geprägt und sozialisiert worden.
    Außerdem hat sie doch ganz offensichtlich einen typisch weiblichen Hormoncocktail abbekommen – so vollweibig, wie sie ausschaut^^

    Da müsste man als Vergleich eine eher testosteronlastige Dame nehmen, wie Margaret Thatcher zB.

    Wenn Männer über Frauen labern…. jajajajajaja.
    Wir machen schon unser Ding und fertig.

    • #43 Joseph Kuhn
      20. März 2022

      @ zimtspinne:

      “Die Frau Grünin (ich weiß immer nicht, wie man den Namen genau schreibt)”

      Das kann man googeln.

      “ist aber auch in einem ganz anderen System aufgewachsen”

      Ach was.

      “einen typisch weiblichen Hormoncocktail abbekommen”

      Wenn Frauen über Frauen labern? Empfehle für Diskussionen dieser Art den OLT nebenan bei CC.

  34. #44 Alisier
    20. März 2022

    @ Joseph Kuhn
    Vielen Dank für die Erwähnung von Arvishai Margalit!
    Er war mir bisher völlig entgangen.
    Und manchmal bin ich einfach nur todmüde, besonders wenn es für mich kein wirkliches Wochenende gibt.
    Darunter leidet dann die Diskussionsfähigkeit eheblich, selbst wenn der Wille da ist.

    • #45 Joseph Kuhn
      20. März 2022

      @ Alisier:

      “Avishai”, ohne r.

      “Todmüde”: Ja, manchmal ist man nicht auf der Höhe seiner Diskussionsfähigkeit. Bei einem persönlichen Stammtisch würde man dann sagen, er (sie) ist heute nicht gut drauf, lassen wir’s. In Internetdiskussionen sieht man das “todmüde” nicht, das bringt dann eine Schärfe ins Spiel, die es sonst vielleicht nicht gäbe. Obwohl in Bayern auch handfeste Wirtshausschlägereien Tradition haben.

  35. #46 knorke
    20. März 2022

    @Jospeh Kuhn (41)

    Das ist mit Autokratien und Diktaturen sicherlich so. Sie wissen ja, dass sie stets nur so mächtig sind wie sie es kraft eigener Mittel erreichen und erhalten können, sodass Machterhalt die primäre politische Maxime wird, jederzeit zulasten anderer Maximen.

    Es ist allerdings interessant, wie unterschiedlich Diktaturen das versuchen, ich bin mir nicht sicher, ob das immer in erster Linie toxische Maskulinität ist. Bei den Kims in Nordkorea, bei Stalin, war es doch eher Männlichkeit als “Vater” und “Mentor” als Cowboy- und Heldentum. Man müsste vielleicht mal definieren, was toxische Männlichkeit meint, und ich bin mir sicher, wir finden dann bei fast allen großen Führungspersonen (vermutlich nicht nur den Diktatoren und Autokraten) hinweise darauf, aber ich finde zwischen dem Wild-West-Echter-Kerl Auftritt Putins und dem Wirken des Weisen Vaters der Nation Stalin in der Propaganda sehe ich schon große qualitative Unterschiede.
    Über den realen Führungsstil oder den Terror brauchen wir in diesem Zusammenhang sicher nicht zu reden – Propaganda und Realität sind ja immer verschiedene Schuhe, aber diese Bild eines Stalin mit nacktem Obekörper auf einem Pferd käme mir ebenso unpassend vor, wie das eines Putin der Kinder in seine Arme schließt und ihnen den Weg in die Zukunft weist. (Ich vermute, davon gibts auch Propagandabilder, aber es geht mir eher um propagandistische Stereotype).

  36. #47 hwied
    20. März 2022

    Nur mal zum Überdenken, nur 5 % der in Strafanstalten Einsitzenden sind Frauen.
    Und wer immer noch Zweifel hat, ob Menschen weiblichen Geschlechtes gewalttätig seien, der gehe zu einem Kindergeburtstag. In der Ecke der Jungen wird gehauen, gestoßen, gestochen und geschlagen, während in der Mädchenecke die Menschen weiblichen Geschlechtes ihre Puppen anziehen.

    Als Zweites muss man das System mit berücksichtigen. In leitende Stellungen kommen überwiegend Männer, man kann das schon als Seilschaft bezeichnen, und zwischen Männern zählt eben Macht und Kraft mehr als Intelligenz und gutes Benehmen. Das System ist maskulin.

    Eine Ausnahme bildet hto, der macht gar keinen Unterschied zwischen Mann und Frau.

  37. #48 Karl Mistelberger
    mistelberger.net
    20. März 2022

    > #39 Joseph Kuhn, 20. März 2022
    >1. Er schreibt, die “Rationalisten” unter den Kriegstheoretikern gingen davon aus, es gäbe erst Krieg, wenn die Initiatoren “glauben, dass sie gewinnen können. Es ist die Aussicht auf einen billigen Sieg, die sie dazu bringt, den Krieg überhaupt erst zu beginnen. Nichts davon ist wahr.” Das klingt etwas seltsam. Die Initiatoren mögen falschen Vorstellungen davon folgen, wie ihre Erfolgsaussichten sind, aber sie ziehen doch sicher nicht in den Krieg, wenn sie glauben, ihn nicht zu gewinnen?

    Alle Initiatoren blenden aus, was ihren Vorstellungen zuwider läuft. Putin ist ein Extrembeispiel.

    > 2. Er schreibt, bei Kriegen würde oft das Motiv der Anerkennung, er spricht vom “Thymos”, eine Rolle spielen. Das wird ja mit Blick auf den Ukrainekrieg und Russlands Motive oft gesagt, regelmäßig Obamas Spruch von Russland als Regionalmacht zitiert.

    Obamas Spruch war der ultimative Tiefschlag für Putin. Seit 2000 spricht alles dafür, dass die Angst Putins nicht ernst genommen zu werden sein größtes Problem ist.

    > 3. Er schreibt von einem Feldzug Hitlers 1930. Vermutlich ein Schreibfehler und es sollte 1940 heißen? Oder ist etwas ganz anderes gemeint?

    Ich habe über Henry Turner nachgelesen und interpretiere den Satz als Flüchtigkeitsfehler. Vermutlich hieß es im Original “campaign of 1933”, also der Wahlkampf von 1933.

    > 4. Er lässt offen, wie der Krieg ausgeht. Das ist einerseits vernünftig, man weiß es ja wirklich nicht. Aber was meint er damit, er sei “pessimistisch”? Was bedeutet das mit Blick auf den Krieg?

    Eine chinesische Lösung (“Die chinesische Invasion in Nordvietnam war für die Chinesen so kostspielig, dass sie sich zurückzogen. Die Chinesen haben also eigentlich verloren. Aber sie beanspruchten den Sieg für sich, weil sie behaupteten, sie hätten Nordvietnam eine Lektion erteilt.”) wird es in Russland wahrscheinlich nicht geben. Der Krieg könnte leicht der brutalste seit Hitler werden.

    RUSI Mission Statement:

    As an independent institution, we produce evidence-based research, publications and events on defence, security and international affairs to help build a safer UK and a more secure, equitable and stable world.

    Die Kommentare sind frei zugänglich: https://rusi.org/explore-our-research/publications/commentary

  38. #49 rolak
    20. März 2022

    ein Schreibfehler und es sollte 1940 heißen?

    Vielleicht ist über der vermeintlichen Null nur dieses kleine, fimschige Häkchen vom originalen 1936 weggefallen… Sein politischer Durchmarsch, beginnend mit den Wahlerfolgen ab 1930 passte zwar zeitlich deutlich besser, dafür jedoch semantisch um so schlechter.

    btw: Ebenfalls schönen Dank für die interessant( (mangels ‘gelesen’) scheinend)en Buchempfehlungen!

  39. #50 Solarius
    20. März 2022

    Ist es Russlands Krieg?

    Ja, auch. Zwar ist die Bevölkerung Russlands ein Opfer der russischen Staatspropaganda, aber das spricht sie nicht gänzlich frei von Verantwortung…

    Hat denn die Bevölkerung Russlands eine Chance, der Staatspropaganda zu eintgehen? Ich meine Nein!

    Und wer es doch schafft, der Staatspropaganda zu entgehen und es weiter schafft, sich eine eigene Meinung zu bilden und diese womöglich sogar öffentlich zu machen, der wird verhaftet.

    Das ist nicht nur in Russland so.

  40. #51 hwied
    20. März 2022

    Karl Mistelberger,
    Wenn von einem “Feldzug 1930” die Rede ist, dann kann das nur bildlich gemeint sein. 1930 begann der Aufstieg der NSDAP . Bei den Wahlen 1930 konnte die “Hitlerbewegung” wie sie auch genannt wurde ,sich von 3 auf 18 % verbessern. Innerhalb von 3 Jahren wuchs ihr Stimmenanteil auf 37 %
    Das war das Ergebnis aus taktisch kluger Parteipolitik und rücksichtslosem Kampf gegen die Linken mit Straßenschlachten.
    Der Ausdruck Feldzug ist schon irgendwie passend, die SA, die Schlägertruppe der Nazis, hatte über 400000 Mitglieder. Vor der hatte sogar die Polizei Respekt.

  41. #52 Moreno
    20. März 2022

    Sehr gute Analyse des moskauer Historiker Andrei Subow.

    “Die gebildete Schicht und die machtnahe Elite haben es längst begriffen. Sie begreifen, dass dieser Krieg scheitern wird, viele begreifen auch, dass fast die gesamte lange Regierungszeit Putins gescheitert ist.”
    https://www.tagesspiegel.de/kultur/moskauer-historiker-andrei-subow-deutliche-beweise-fuer-putins-militaerisches-scheitern/28166102.html

  42. #53 Spritkopf
    20. März 2022

    Eine sehr interessante, aber leider auch bedrückende Analyse der amerikanisch-russischen Journalistin Julia Ioffe. Sie kommt zu dem Urteil, dass Putin zum großen Teil die Verbindung zur Realität verloren hat und die meisten Mitglieder seiner Regierung dies zwar realisieren und auch, wie schädlich dieser Krieg für Russland selber sein wird, aber zu ängstlich sind, irgendetwas dagegen zu unternehmen. Und dass die Perspektiven, wie (und ob überhaupt) dieser Krieg enden wird, ziemlich düster aussehen.

  43. #54 knorke
    20. März 2022

    @Solarius (50)
    Bei dieser Argumentation sind Diktatoren unvermeidbar und das Volk immer machtlos. Das ist mir zu einfach gedacht!

    Die Bevölkerung hat Putin gewählt, es hat ihn gewähren lassen, es hat ihn weiter gewählt und weite Teile weigern sich nicht nur seit Jahren, die Signale aus dem eigenen Land und aus Welt zu hören, sondern, wenn sie sie zur Kenntnis nehmen, dann stellen sie sich demonstrativ hinter den Präsidenten oder schweigen.

    Das mag menschlich sein, es mag in Teilen verständlich sein, aber das heißt nicht, dass es unabänderlich ist und war.

    Und darum ist es völlig richtig zu sagen, eine Bevölkerung die den Präsidententen mehrheitlich wählt, das seine Träume eines wieder großen Russlands teilt und seine potemkinschen T14-Armatas und SU-53 Waffensysteme feiern, statt gegen Korruption und für mehr sozialen Ausgleich anzutreten hat natürlich eine Verantwortung. Wir reden hier von einer Gesellschaft als Ganzes, nicht von Individuen.

    Und daran dürfen wir auch mal gern denken, bevor wir selbst uns mal versucht fühlen, die AfD, den Populisten aus Volkspartei X oder den Radikalen Volksverführer Y von der extremen Linken oder Rechten zu wählen.

  44. #55 knorke
    20. März 2022

    @Spritkopf (52) bzw. auch Moreon (51)

    Bisher will Putin nicht verhandeln, und im Grunde wünsche ich mir, er wird geputscht bevor er verhandelt – für beides braucht es aber wohl lange und viel Druck von innen, der irgendwann aus der Bevölkerung oder dem machtzirkel um Putin an Putin weitergegeben wird.

    Wir wissen alle, dass Begreifen und Handeln zwei paar Schuhe sind, trotzdem ist ein Begreifen schonmal ein Anfang. Irgendwann KANN daraus handeln entstehen und wenn der einzige Weg dahin der Blutzoll in der Ukraine ist, dann ist das zwar eine traurige Perspektive, aber es ist eine Perspektive.

  45. #56 Moreno
    20. März 2022

    @ knorke: “… im Grunde wünsche ich mir, er wird geputscht …”

    Paul Watzlawick sagte stets: “Das Gegenteil von schlecht muss nicht gut sein – es kann noch schlechter sein.”

    In Russland gäbe es nur zwei Gruppen die Herrn Putin putschen könnten, das Militär oder der FSB. In beiden Fällen stellt sich die Frage, was bzw. wer kommt danach? Ein Puscht beinhaltet auch immer ein extrem großes Bürgerkriegsrisiko. Da es sehr unwahrscheinlich ist, dass der gesamte Machtapparat sich einheitlich gegen den (ehemaligen) Präsidenten verschwört.

  46. #57 knorke
    20. März 2022

    Das ist ein guter Einwand.

    Der aktuelle Präsident jedenfalls zögert nicht, Angrffskriege durchzuführen. Ich bezweifle dass ein anderer starker Mann in Russland für Europas politische Sicherheit ein größeres Problem darstellt.

    Naja, wir haben es ohnehin nicht direkt in der Hand. Mit einem demokratischen Aufbruch wie in der DDR braucht man auf absehbare Zeit ja nicht zu rechnen.

  47. #58 Moreno
    20. März 2022

    @ knorke: “… starker Mann in Russland …”

    Der einstige KPDSU-Generalsekretär Michail Gorbatschow wollte mit seiner Glasnost und Perestroika Politik den sowjetischen Machtapparat reformieren, mit dem Ergebnis, dass dieser mit seinen Sattelitenstaaten kollabierte. Der demokratische Aufbruch in der DDR war das Ergebnis davon. Gorbatschow wurde selber vom Militär geputscht.
    In Russland hat Gorbatschow kein hohes Ansehen, er gilt als weich und schwach. Man sagt ihm nach, er habe Russland an den Westen verkauft. Die Russen brauchen wohl ihren “starken Mann” – selbst wenn Putin nicht mehr sein wird, eine weitere zweifelhafte Person wird wohl in seine Fußstapfen treten.

  48. #59 Spritkopf
    20. März 2022

    @knorke

    im Grunde wünsche ich mir, er wird geputscht

    Ich stimme da Julia Ioffe zu. Putin weiß sehr gut, dass er vermutlich nicht viele Freunde in seinem Umfeld haben wird. Dafür hat er zuviele Leute mit blanken Machtdemonstrationen gedemütigt. Man erinnere sich nur, wie er kurz vor der Invasion den Chef des Auslandsgeheimdienstes Sergej Naryshkin vor laufender Kamera heruntergeputzt hat wie einen Schuljungen. Und dies wurde nicht live gesendet, d. h., man hat die Szene für die nachträgliche Ausstrahlung nicht herausgeschnitten, sondern bewusst dringelassen als Zeichen, wer hier das Sagen hat.

    Dementsprechend paranoid wird Putin im Umgang mit seinem Umfeld sein. Wer nur im Ansatz den Anschein erweckt, gegen Putin zu konspirieren, wird umgehend abgesägt (wie immer das auch aussehen wird). Falls jemand einen Putsch gegen Putin plant, dann muss er das sehr gut vorbereiten, wenn es irgendeine Aussicht auf Erfolg haben soll.

  49. #60 Moreno
    20. März 2022

    Die Putschisten müssten auf jeden Fall selbstlos den eigenen Martyrer-Tod mit einplanen, sonst wird das nichts.

  50. #61 knorke
    20. März 2022

    @Moreno 57
    Ja davon würde ich auch ausgehen. Aber vielleicht einer, der A) weniger Hausmacht hat und dem daher an Ausgleich und nicht an Machtdemonstrationen gelegen ist und B) einer, der vielleicht weniger von russischer Großmacht träumt bzw. für den die Verwirklichung erstmal in weiter Ferne liegt.

    In jedem Fall ist ein Shift zu einem liberaleren System weniger wahrscheinlich als vom Regen in die Traufe. Möglicherweise ist aber das machtgefüge ein schwächeres. Oder eines, das mehr mit sich selbst beschäftigt ist. Oder auch nur eine Marionette der Reichen in Russland, denen an der großen weiten Welt und ihren Möglichkeiten gelegen ist. Was immer es ist, eine potenzielle Verbesserung wird eher auf die europäische Sicherheitssituation zu erwarten sein als für die russische Zivilgesellschaft.

    bzgl. Geschichte: Ja ich weiß. Gobatchov ist dort nicht gut gelitten und – offen gestanden – auch nicht ganz zu Unrecht aus Sicht der Russen, denn sein Reformwerk wird heute doch als kurzsichtig und überhastet bewertet – es gibt ja auch in Deutschland in den neuen Bundesländern genug Menschen, die der guten alten Zeit und der wirtschaftlichen Sicherheit der DDR hinterhertrauern, und die sich vom Westen damals übern Tisch gezogen fühlten und ihnen das nochimmer nachtragen – selbst jetzt nach >30 Jahren noch.

    Das russische Gefühl ist dem vielleicht gar nicht so unähnlich und der Wunsch nach einfachen Antworten und starken Gesten auch nicht. Um den Bogen zurück zu Russland zu schlagen: Genau aus dem Grund ist das eben vielleicht Putins Krieg, aber ein Krieg Putins mit dessen Kernzielen viele in Russland sympathisieren und die deshalb auch mit in der Verantwortung stehen, dass Putin diesen Krieg vom Zaun gebrochen hat.

  51. #62 LasurCyan
    20. März 2022

    der DDR hinterhertrauern, und die sich vom Westen damals übern Tisch gezogen fühlten und ihnen das nochimmer nachtragen

    Wau. Die blöden Ossis lassen sich nicht nur über den Tisch ziehen, die sind auch noch nachtragend. Aber keine Angst, knorkator, die Zonies sind oben (da wo Macht, politisch/wirtschaftlich) derart unterrepräsentiert, dass keine Gefahr droht.

    Dabei wollte ich auf ganz was anderes hinaus: Ein ChomskyInterview zum Thema hier >

    https://truthout.org/articles/noam-chomsky-us-military-escalation-against-russia-would-have-no-victors/

  52. #63 knorke
    20. März 2022

    Schlecht geschlafen oder schlecht gelesen?

  53. #64 LasurCyan
    20. März 2022

    Schlecht geschlafen oder schlecht gelesen?

    Ersteres definitiv nicht, beim zweiten Einwand weiss ma nie. Sorry, das ging nicht gegen Dich, das Narrativ passt einfach nicht. Die Russen sind keine JammerOssis. SO einfach geht Geschichte nicht^^

  54. #65 knorke
    20. März 2022

    Mir scheint doch. Hab ich nämlich nicht behauptet.

    Ich habe lediglich den Einfluss eines Traumas auf beide Gruppen miteinander verglichen. Und das Gleiche gabs in Deutschland in den 20ern. In allen drei Fällen wurde eine große Kränkung umgewandelt in einen gewissen Revanchismus, die Verklärung der Vergangenheit, die Suche nach einfachen Lösungen, ein Feindbild und das Bedürfnis nach starken Männern an der Spitze die vermeintlich Probleme lösen.

    Und selbstverständlich geht Geschichte nicht so einfach, sonst müssten sich ja nicht Historikergenerationen an den selben Themen wieder und wieder abarbeiten. Natürlich hinken geschichtliche Vergleiche auch immer. Das macht sie aber nicht automatisch nutzlos sondern durchaus hilfreich, und sei es nur um Teilaspekte zu illustrieren oder aus grundlegenden Mustern zu lernen – was den Umgang mit Diktatoren und Wannabe-Weltmächten angeht, beispielsweise…

  55. #66 Karl Mistelberger
    mistelberger.net
    21. März 2022

    Ukraine-Konflikt: Wer gehört zu Putins engstem Kreis und führt den Krieg?

    Wladimir Putin macht eine einsame Figur und führt das russische Militär in einen hochriskanten Krieg, der droht, die Wirtschaft seines Landes auseinanderzureißen.

    Selten hat er isolierter gewirkt als bei zwei kürzlich choreografierten Auftritten mit seinem engsten Kreis, wo er mit entschiedener Distanz zu seinen engsten Beratern sitzt.

    Als Oberbefehlshaber liegt die letztendliche Verantwortung für die Invasion bei ihm, aber er hat sich immer auf ein zutiefst loyales Gefolge verlassen, von denen viele ihre Karriere auch in den russischen Sicherheitsdiensten begannen. Die Frage ist, wer in diesem schicksalhaften Moment seiner Präsidentschaft sein Ohr hat?

    Wenn jemand das tut, dann ist es der langjährige Vertraute Sergej Schoigu, der Putins Linie nachgeplappert hat, die Ukraine zu entmilitarisieren und Russland vor der sogenannten militärischen Bedrohung des Westens zu schützen.

    Es handelt sich um einen Mann, der mit dem Präsidenten auf Jagd- und Angelreisen nach Sibirien geht und in der Vergangenheit als möglicher Nachfolger gehandelt wurde.

    Aber werfen Sie einen Blick auf dieses außergewöhnliche Foto von ihm am Ende dieses Tisches, auf dem er unbeholfen neben dem Chef der Streitkräfte sitzt, und Sie fragen sich, wie viel von Präsident Putins Ohr er erreichen kann.

    https://www.bbc.com/news/world-europe-60573261

  56. #67 Moreno
    21. März 2022

    Sergej Schoigu als Putin-Nachfolger? Hmm, der ist gerade mal 3 Jahre jünger als Putin, sieht aber 10 Jahre älter aus, und hat ein Hautbild als hätte er eine original russische Vodka-Leber.

  57. #68 Alisier
    21. März 2022

    @ knorke #10
    Nochmal kurz:
    Der Dissens besteht letztendlich darin, dass ich mir spätestens nach der Annektion der Krim nicht mehr vorstellen konnte, das es nicht genau so weiter geht.
    Und da es kein ernsthaftes Bestreben der westlichen Staaten und der Allianzen gab diesem Treiben Einhalt zu gebieten, ist das, was wir jetzt sehen, die logische Konsequenz.
    Daher kommt auch die Überraschung Russlands, dass es jetzt plötzlich Widerstand gibt. Das konnte sich Putin, denke ich, kaum vorstellen.
    Aber aufhalten konnte man das Ganze lediglich mit Muskelspielen und nicht mit irgendwelchen Zugeständnissen, egal wann sie erfolgt wären.
    Die Fehler wurde, und da stimme ich Dir zu, kurz nach 1989 begangen, übrigens auch gegenüber China!
    Zum großen Leidwesen der jeweilgen Bevölkerungen.
    Dann war es irgendwann zu spät.
    Ansonsten halte ich Deine Analyse für stimmig, selbst wenn ich ihr nicht in jedem Punkt zustimmen mag.

  58. #69 knorke
    21. März 2022

    @Alisier:
    Ich denke dann besteht gar kein Dissens: Ich sehe das ganz ähnlich wie Du: Bei Imperialisten kommt man mit Zugeständnissen immer an den Punkt, wo noch mehr Zugeständnisse gefordert werden.

    Der Westen war lange Enabler der Russischen Vormachtsbestrebungen (die immer auch Sicherheitsbestrebungen sind, aber das ist im Moment unwichtig). Spätestens ab 2014 hätte man entschiedener auftreten müssen, die Abhängigkeit in Sachen Rohstoffen verringern und aufhören müssen, nur Appeasement zu betreiben, mit anderen Worten: Aufhören enabler zu sein und das anfangen schrittweise zu tun, was man jetzt auf Hauruck tut. Auch wenn mir noch der große Rahmen fehlt, in dem die EU sich hier selbst eine Sicherheitspolitik verpasst, die nicht auf Teufel komm raus von der NATO bzw. den USA abhängt.

    Ich habe selber davor lange die Augen verschlossen was da in Osteuropa rumort und offen gestanden bin ich jetzt auch so klar in meiner Meinung, weil mir die eigene Selbsttäuschung darüber wie die Lage ist, übel im Magen liegt. Ich habe immer sehr stark die russsiche Perspektive in den Vordergrund gerückt, aber die Wahrheit ist nunmal: Auch wenn die nachvollziehbar ist, kann man sich als mächtiger Westen nicht von der Regionalmacht Russland so am Nasenring durch die Manege ziehen und ausspielen lassen und es ist viel zu spät, dass man sich mal auf die eigene Stärke besinnt. Hätte man es vor einem Jahr getan und hätte man sich selbstbewusst vor Ukraine gestellt, dann wäre es soweit nicht gekommen.

  59. #70 knorke
    21. März 2022

    @Moreno (67)
    Besser als 20 Jahre jünger und kerngesund, würde ich mal ganz unzynisch einwerfen wollen

  60. #71 Alisier
    21. März 2022

    Das schlägt gerade hohe Wellen:
    https://web.de/magazine/panorama/debatte-aeusserungen-pen-praesident-deniz-yuecel-36709396
    Interessant ist die scharfe Reaktion des PEN auf Deniz Yücel, die ich aufgrund seiner Position durchaus einordnen kann, dennoch würde ich mir eine echte Debatte zum Gesagten wünschen, ohne dass immer nur “Das darf man doch nicht!” gesagt wird.
    Ich fürchte, dass das was man traditionell darf oder nicht darf gerade teilweise Makulatur geworden ist.
    Dazu passt die aktuelle Meldung, dass die EU anfängt eine miltärische Eingreiftruppe zu planen.
    Und ich habe wirklich keine Lust mehr, mir von den immer gleichen Leuten “Frieden, bitte Frieden” ins Ohr hauchen zu lassen, wenn sie sich gleichzeitig weigern auch nur ein böses Wort über Putin zu sagen.
    Was soll denn das, und vor allem, was soll denn das jetzt bringen?
    Niemand ist Kriegstreiber, nur weil er jede mögliche Option diesen Angriff Russlands möglichst schnell zu beenden in Erwägung zieht und öffentlich diskutiert haben will.

  61. #72 Tina
    21. März 2022

    @Alisier

    Sagen darf er das ja. Die Frage ist, ob er nur seine private Meinung kundtut oder aber als Präsident des PEN spricht. Steht ja auch genauso im Artikel,
    Ohne zu wissen, was er sonst noch so gesagt hat, deutet jedenfalls das Zitierte auf eine sehr primitive Sichtweise hin, die der komplexen Lage ja nun gar nicht gerecht wird (Schulhofschlägerverglich…). Vielleicht will er aber auch nur provozieren, keine Ahnung. Gut, dass er nicht in der Position ist, irgendetwas wirklich Wichtiges und Weitreichendes entscheiden zu können.

    Gestern Abend war übrigens Marina Weisband bei Anne Will. Und obwohl sie selbst in der Ukraine geboren ist, einen ukrainischen und einen deutschen Pass hat und Verwandte und Freunde, die noch in der Ukraine sind, hat sie gesagt, dass sie verstehen kann, warum man keine Flugverbotszone einrichten kann. Was ja auch nicht besonders schwer zu verstehen ist. Sie hat dann andere Forderungen gestellt, z.B. schnell wirkende Sanktionen gegen Rußland.

    Wenn also eine Frau Weisband in der Lage ist, trotz der entsetzlichen Katastrophe des Krieges in der Ukraine einen kühlen Kopf zu bewahren (unter Schmerzen, was man ihr deutlich ansieht), dann frage ich mich, warum das Deniz Yücel nicht kann.

  62. #73 Alisier
    21. März 2022

    @ Tina
    Man kann meiner Meinung nach einen sehr kühlen Kopf haben und die Flugverbotszone trotzdem in Erwägung ziehen.
    Unter anderem weil gerade kein Mensch eine Idee zu haben scheint, wie dieser Krieg wirklich zu beenden wäre.
    Disclaimer: ich bin persönlich nicht der Meinung, dass eine Flugverbotszone mit allen Konsequenzen eine Lösung darstellt. Nur würde ich mir trotzdem wünschen, dass alle Optionen erstmal auf den Tisch kommen. Und Putin nicht so verdammt sicher sein kann, dass sie von den demokratischen Staaten keiner ziehen wird.

  63. #74 Tina
    21. März 2022

    Der Spiegel berichtet übrigens auch gerade über den Fall:

    https://www.spiegel.de/kultur/literatur/pen-zentrum-deutschland-ruecktrittsforderungen-gegen-deniz-yuecel-a-2f3bddc7-49e3-495b-bb01-d39fa9b31d91

    Und hier noch ein Beitrag zur gestrigen Anne Will-Talkshow:

    https://www.spiegel.de/kultur/anne-will-talk-zur-ukraine-krise-wenn-es-so-weitergeht-wird-es-im-winter-keine-ukraine-mehr-geben-a-68c5b410-3be9-4b27-88a9-ed293120e50a

    Im Studio von Anne Will ist nun die in der Ukraine geborene Publizistin Marina Weisband anwesend. Sie fordert eigentlich nicht viel – aber das Wenige schnell. Sie sagt: »Meine Familie wünscht sich mit ganzem Herzen eine Flugverbotszone.« Sie selbst fordere das nicht, weil sie die Gefahr der Entfesselung des Krieges sehe. »Aber wir müssen alles machen, was ökonomisch möglich ist. De facto überweisen wir Geld, um den Rubel zu unterstützen.« Es müsse zügig gehandelt werden, es ginge um wenige Wochen.

  64. #75 Tina
    21. März 2022

    @Alisier

    Was meinst du denn mit allen Optionen?
    Dir ist schon klar, dass eine sehr große Angst der Verantwortlichen gerade darin besteht, dass die NATO in diesen Krieg reingezogen werden könnte?
    Dass z.B. durch irgendeine fehlgeleitete Rakete, die auf NATO-Gebiet einschlägt, also beispielweise in Polen, ein Handlungszwang entstehen könnte. Die warnen ja nicht umsonst vor einer unabsehbaren Eskalation, die in einen Weltkrieg führen könnte. Mit Beteiligung von Atommächten…
    Neulich sagte jemand, die derzeitige Situation sei gefährlicher als die Kubakrise 1962.

  65. #76 Alisier
    21. März 2022

    @ Tina
    Entschuldige, aber ganz Europa ist gerade in diesen Krieg reingezogen worden. So zu tun als wäre das nicht so, hilft nicht.
    Die Eskalation ist längst passiert.

  66. #77 Tina
    21. März 2022

    @Alisier

    Reingezogen ja, aber nicht die NATO offiziell. Das ist schon ein gewaltiger Unterschied.

  67. #78 Alisier
    21. März 2022

    @ Tina
    Für die Ukrainer ist das Sch…egal.

  68. #79 Tina
    21. März 2022

    @Alisier

    Das ist richtig. Es ist aber auch nicht sinnvoll und keine Lösung, wenn sich der Krieg noch auf weitere Länder ausweitet und wir am Ende alle ins Gras beißen.
    Wäre ich in der Ukraine, würde ich natürlich auch eine Flugverbotszone fordern, aus reinster Verzweiflung.

  69. #80 knorke
    21. März 2022

    Ja, aber Europa ist nicht aktiver Kriegsteilnehmer. Mit Ausnahme von gegenwärtig genau zwei europäischen Ländern sind alle anderen – auch die Belarussen (NOCH!) höchstens Unterstützer.
    Wenn Du so willst, nenn es Stellvertreterkrieg.

    Ich äußere jetzt mal eine vermutlich unpopuläre Reihe von Thesen:
    1) Die USA ist gar nicht so traurig drum, dass ein paar für sie billige Wirtschaftshilfen und Waffenlieferungen die Russen so beschäftigen und schwächen, dass es fraglich ist, ob sie langfristig ein bedrohlicher Akteur bleiben (mit Ausnahme der Atombomben, die aber nur als Abschreckung funktionieren und sonst erwiesenermaßen werbefreit sind). Je länger die Russen von den Ukrainern militärisch beschäftigt werden, je länger die Europäer und andere die Hauptlast der Wirtschaftssanktionen tragen, kann die USA das recht nüchtern betrachten. Hauptgegner ist China und Russland ein Risiko- und Störfaktor in diesem gößeren Konkurrenzkampf.
    2) Die Europäer wollen auf keinen Fall einen Krieg – es sei denn er wird ihr aufgezwungen und sind ganz froh, wenn Ukraine die Russen ordentlich beschäftigt, auch für sie gilt: Flüchtlinge und Sanktionen ist billiger als ein Krieg. Die Empörung über Putins Angriffskrieg kombniniert sich hier mit dem Gefühl, dass man eigentlich auf dem flaschen Fuß erwischt wurde und man froh sein kann, wenn Putins Russland nun schwächer wird, statt stärker, ohne dass man damit selbst so richtig in Schwierigkeiten gerät. Nicht ohne Grund ist Habeck im Moment der wichtigste der drei in der Krise relevanten Minister – Wirtschaft, Verteidigung, Äußeres. Ohne sein Wirken ist Deutschland praktisch unfähig, noch weiter zu gehen, selbst wenn es nur im kleinen Umfang militärisch aktiv würde.

    Wie dem auch sei: Worauf das hinausläuft ist, ist das im Prinzip keiner im Westen die Flugverbotszone wirklich wollen kann. Vielleicht schielen die Osteuropäischen NATO-Staaten drauf, weil sie hoffen, damit Russland endgültig ruhig zu stellen aber alle anderen wollen eine möglichst billige Eindämmung der Russen und nehmen die gern so hin wie sie gerade kommt. Darum guckt man sich auch unter Schmerzen an, was da mit den Zivilisten passiert.

    Thema Flugverbotszone: Selbst wenn der Wille dazu da wäre, wäre es eine bestenfalls halbherzige Aktion, denn es erzwingt regelrecht direkte Auseinandersetzungen mit Russland in der Luft und am Boden – und zwar auch auf russischem Terrain. Zur Luftüberlegenheit und damit effektiven Sperre des Luftraums muss man nämlich auch die russische Luftabwehr unterdrücken. Und die steht zu wesentlichen Teilen am Rande oder sogar im russischen oder belarusssichen Territorium. Das ist für Tarnkappen-Flugzeuge kein allzugroßes Problem, ändert aber nichts am militärischen direkten Eingreifen. Daher ist es gleichbedeutend mit einer Kriegserklärung, pozenzielles Freindly Fire der NATO und der Ukraine aufeinander mal gar nicht eingerechnet.

    Ich persönlich kann mir durchaus vorstellen, dass so ein Krieg sogar konventionell und begrenzt bleiben könnte,aber ich habe 100% Verständnis wenn man darauf nicht setzen will. Vielleicht sogar weniger wegen der Furcht vor A-Bomben, und eher weil man damit -so hart wie es klingt – die Schwächung Russlands noch einmal unglaublich teurer macht ohne selbst viel mehr davon zu haben. Werte und Menschenrechte werden von den Demokratien immer gern hochgehalten, die andere Seite der Medaille ist aber sehr kalte Interessenpolitik, die nur selten nicht Vorfahrt bekommt.

    Jedenfalls: Man kann eine Flugverbotszone im Prinzip nicht fordern, ohne den Krieg in Kauf zu nehmen. Ebensowenig kann man das machen was die linke fordert: Auf Diplomatie setzen, ohne Russland auch militärisch an den Tisch zwingen zu wollen. Das sind alles hohle Statements, die die Konsequenz entweder nicht bedenken oder bewusst verschleiern.

    Scheibenkleister alles!

  70. #81 Joseph Kuhn
    21. März 2022

    @ Alisier:

    Ich bin bekanntlich kein Militärexperte und bei dem, was die (meist im Ruhestand befindlichen) Militärexperten in den Talkshows bisher von sich gegeben haben, bin ich mir zudem nicht mehr sicher, ob sie wirklich mehr zur Konfliktlösung zu sagen haben als Lieschen Müller und ich. Wer weiß, wie man Flugzeuge zur Unterstützung von Bodentruppen einsetzt, weiß vielleicht trotzdem nicht, wie man mit Putin umgehen soll.

    Nach dieser Vorrede: Was ich mir (manchmal) zutraue, ist, die Logik von Sätzen zu überprüfen. Du schreibst zur Flugverbotszone:

    “Nur würde ich mir trotzdem wünschen, dass alle Optionen erstmal auf den Tisch kommen. Und Putin nicht so verdammt sicher sein kann, dass sie von den demokratischen Staaten keiner ziehen wird.”

    Gilt das auch für einen präventiven Atomangriff des Westens? Für ein Eingreifen von Nato-Bodentruppen, um das Leid der bombardierten Ukrainer zu beenden? Für die Besetzung russischer Botschaften in westlichen Ländern? Oder sind “alle Optionen” nicht “alle Optionen”?

    @ knorke:

    “Flüchtlinge und Sanktionen ist billiger als ein Krieg.”

    Kurzfristig sicher. Mittelfristig rechnet man damit, dass ein Viertel der Bevölkerung der Ukraine flüchten könnte. Das wäre dann eine doppelte Herausforderung: Wenn der Teil der ukrainischen Bevölkerung, der am meisten Angst vor Putin hat, die Ukraine verlassen hat, kann Putin den Rest den Ukraine vielleicht doch zu einem gewissen Grad kontrollieren. In Westeuropa gibt es dann aber vielleicht militante ukrainische Kräfte wie früher die Palästinenser im Libanon.

    Vielleicht, vielleicht. Ich glaube, die Destabilisierungsstrategien der USA gegenüber Russland und Russlands gegenüber dem Westen liegen nicht offen auf dem Tisch. Die Bevölkerung wird im Krisenfall in keinem Land in strategische Überlegungen einbezogen. Daher sollte man in friedlichen Zeiten dafür sorgen, dass es möglichst nicht zu einem Krisenfall kommt. Dafür wiederum sind demokratische, zivilgesellschaftliche Strukturen die beste Versicherung.

    Leider unterscheidet sich das kaum von der wenig hilfreichen Einsicht, dass die Welt besser wäre, wenn sich alle mehr darum bemühen würden.

    Guter Rat ist teuer. Ich freue mich auf die Zeit, wenn wieder viele von Anfang an das Richtige gewusst und gesagt haben wollen, sprich, wenn die Krise vorbei ist.

    “Scheibenkleister alles!”

    Zu dieser Situation sicher nicht der dümmste Kommentar.

  71. #82 Alisier
    21. März 2022

    @ Joseph Kuhn
    Genau das soll sich Putin fragen müssen: was genau mit allen Optionen gemeint ist.
    Und der demokratische Westen sollte es offen lassen.
    Zeit, mal wieder die aus meiner Sicht großartige Verfilmung von John le Carrés “Tinker, Taylor, Sailor,Spy” mit Gary Oldman als George Smiley anzusehen.

    • #83 Joseph Kuhn
      21. März 2022

      @ Alisier:

      “Genau das soll sich Putin fragen müssen: was genau mit allen Optionen gemeint ist.”

      Wenn er sich das fragen soll, muss es auch möglich sein. Du würdest also einen präventiven Atomschlag der USA für ein Mittel der Politik halten?

      Und du würdest das auch weiter befürworten, selbst wenn das das Risiko erhöhen würde, dass sich Putin angesichts einer solchen Entscheidungslage dafür entscheiden könnte, Hannover, oder, vermutlich realistischer, Klaipéda auszulöschen, um seiner Eskalationsbereitschaft bis zum Weltuntergang Glaubwürdigkeit zu verleihen?

      Noch was ganz anderes: Was sagst du zu Habecks Gaseinkaufstour in den arabischen Autokratien?

  72. #84 Moreno
    21. März 2022

    @ knorke: “Die USA ist gar nicht so traurig drum, dass ein paar für sie billige Wirtschaftshilfen und Waffenlieferungen die Russen so beschäftigen und schwächen, …”

    Genau zu dieser These ein wirklich gutes YT-Video von VisualPolitik. Was übrigens vor der Invasion online ging. Putin hätte es sich besser vorher anschauen sollen.
    http://www.youtube.com/watch?v=fqX75LRPkiA

    [Edit: Link bearbeitet. JK]

  73. #85 Alisier
    21. März 2022

    @ Joseph Kuhn
    Klaipéda, mit “a”
    Es geht um die Drohkulisse, und im Moment um nichts anderes.
    Nur könnte man jetzt einen Churchill brauchen, der dieser Drohkulisse Glaubwürdigkeit verleiht.
    Abschreckung muss nicht per se schlecht sein.
    Zu Habeck: lass mir bitte Zeit für eine Antwort.

    • #86 Joseph Kuhn
      21. März 2022

      @ Alisier:

      “Klaipéda, mit “a””

      Danke, ist korrigiert.

      “Abschreckung muss nicht per se schlecht sein.”

      Da hast du leider recht.

      “Es geht um die Drohkulisse, und im Moment um nichts anderes.”

      Na, um mehr als “nichts anderes” geht es schon, sonst ist die Drohkulisse nicht glaubwürdig. Wenn Putin weiß, dass es nur eine leere Drohung ist, wird es ihn nicht beeindrucken. Wenn er sie glaubwürdig hält, könnte es seinerseits Handlungen provozieren, um zu zeigen, dass er mehr Eskalation als der Westen wagen würde, wiederum als Drohkulisse.

  74. #87 Tina
    21. März 2022

    @Joseph

    Die Bevölkerung wird im Krisenfall in keinem Land in strategische Überlegungen einbezogen.

    Das ist genau der Punkt. Niemand wird auf das hören, was wir hier Militärstrategisches schreiben (was ganz eventuell auch ganz gut so ist…). Aber man will natürlich verstehen und sich austauschen, auch oder gerade wenn man weiß, dass man selber recht hilflos vor dem Ganzen davorsteht und nicht sehr viel machen kann. Hier in Hamburg sieht man jetzt übrigens schon des Öfteren Autos aus der Ukraine rumfahren.

    Guter Rat ist teuer. Ich freue mich auf die Zeit, wenn wieder viele von Anfang an das Richtige gewusst und gesagt haben wollten, sprich, wenn die Krise vorbei ist.

    Hoffen wir, dass es nicht allzu lange dauern wird bis dahin.

  75. #88 Alisier
    21. März 2022

    @ Joseph Kuhn
    Wie gesagt und gemeint: die Kunst besteht halt darin einer Drohkulisse Glaubwürdigkeit zu verleihen ohne es zum Äußersten kommen zu lassen.
    Wir haben es hier mit einem Geheimdienstmann mit Geheimdienstapparat zu tun. Das Spiel sollte er beherrschen.
    Den realen Konflikt, dessen Einschätzung und Planung beherrscht er offensichtlich weniger.

  76. #89 rolak
    21. März 2022

    einer Drohkulisse Glaubwürdigkeit zu verleihen

    ist ihre Grundlage – sonst macht die Kulisse den Drohenden nur lächerlich. Jedenfalls als Strategie nicht einfach in einer Kultur, die die Dörfer des G.A.Potjomkin als Kulissen-Mahnfabel kultiviert.

    mit Gary Oldman

    Wg der Vorliebe für Guinness, Alec Guinness, ist mir die ´79er BBC-Reihe lieber – und das liegt mit Sicherheit nicht am Bier gleichen Namens. Aber das mit dem Wieder-Anschauen ist ne gute Idee.

  77. #90 Joseph Kuhn
    21. März 2022

    @ Tina:

    “Aber man will natürlich verstehen und sich austauschen, auch oder gerade wenn man weiß, dass man selber recht hilflos vor dem Ganzen davorsteht und nicht sehr viel machen kann.”

    So ist es. Das geht mir genauso.

    @ Alisier:

    “ohne es zum Äußersten kommen zu lassen”

    Das “Äußerste” kann für Putin anders aussehen als für Scholz, für Biden, oder gar Trump. Was wäre für dich das “Äußerste”?

    “Das Spiel sollte er beherrschen.”

    1. Was, wenn nicht?
    2. Was, wenn er so spielt, dass er das “Äußerste” mit dem Auslöschen von Klaipéda verhindern will?

    Wie spielt man denn dieses “Spiel” und woher weißt du, wie es gespielt wird? Wenn du es nicht weißt, ist dein Satz sinnlos.

  78. #91 PDP10
    21. März 2022

    Wie spielt man denn dieses “Spiel” und woher weißt du, wie es gespielt wird?

    Jetzt wäre es ganz praktisch, wenn hier der eine oder die andere gute Pokerspiel/in mitdiskutieren würde …

  79. #92 Alisier
    21. März 2022

    @ Joseph Kuhn
    Rabulist, elender 😉
    Genaues wissen wir alle nicht, aber die Generäle und politischen Verantwortlichen eben auch nicht.
    Ein wirklich guter Instinktpolitiker mit großem Wissen (plus gut informierten Stab) an entscheidender Position könnte hier schon von großem Nutzen sein.
    Wer das gerade sein könnte weiß ich allerdings nicht.
    Du vielleicht?

  80. #93 Joseph Kuhn
    21. März 2022

    Putins Glaubwürdigkeit

    Wie weit Putin den Krieg eskalieren würde, wissen wir nicht. Aber beim Preis seiner Jacke war er nicht zimperlich: https://www.n-tv.de/leute/Putin-predigt-Krieg-in-12-000-Euro-Jacke-article23212021.html

    In dem Beitrag wird auch noch mal aus seiner Rede letzte Woche zitiert, da kritisierte er die (anderen) Reichen, “die auf Gänseleberpastete, Austern oder die sogenannten Gender-Freiheiten nicht verzichten können”. Passt auch zu dem Thema toxische Männlichkeit, über das wir diskutiert hatten.

  81. #94 schmiddi
    21. März 2022

    Ich weiß nicht, ob das hier schon verlinkt / diskutiert wurde. Ist schon ein paar Tage her. Aber ein wirklich interessantes Interview mit Militärökonom Marcus Matthias Keupp, dass ich gerade gelesen habe.

    https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/wirtschaft-russland-krieg-putin-embargo-ukraine-militrkonom-keupp/

    Kurze Zusammenfassung:

    Finanzieren wird durch Rohstoff-Importe den Krieg?
    Ein Gasembargo könne leider keinen Einfluss auf die Kriegsmaschinerie haben, da die russische Kriegsführung autark ist (selbstproduzierte Rüstungsgüter, Bezug sämtlicher Öl-, Diesel- und Kerosinlieferungen von Rosneft, Bezahlung kann daher alles in Rubel abgewickelt werden, sowie auch der Sold der Soldaten). Allerdings werden die Einnahmen für Sozialleistungen, Subventionen und auch für den Militärhaushalt benötigt. Es könne aber zunächst auf den staatlichen Wohlfahrtsfonds zurückgegriffen werden. Er schätzt aber nicht, dass dieser allzu schnell aufgebraucht wäre. Und wenn, würde Putin wohl eher bei den Sozialleistunge kürzen, als am Militärhaushalt.

    Russland auf dem Weg zum Entwicklungsland
    Nach seiner Einschätzung werde sich Russland bald durch die Kombination von Inflation und Rezession zu einer Mangelwirtschaft wie in der Sowjetunion zurückentwickeln. Der Kollaps des Finanzsystems stünde unmittelbar bevor.

    Russland werde zur billigen Tankstelle Chinas
    Dass sich China viel um Russland schert, denkt er nicht. Die Chinesen würden abwarten, bis Russland kurz vor dem Zusammenbruch steht und dann günstig Firmen, Staatsanleihen, etc. aufkaufen.

    Welche Option hat die Ukraine?
    Für die Ukraine glaubt er, sei es taktisch das Beste, den Krieg möglichst in die Länge zu ziehen:

    Aus militärischer Logik ist das das Opfer, das die Ukraine bringen muss, um ihre Staatlichkeit zu erhalten. So traurig das aus humanitärer Perspektive ist. Aber Selenskij hat keine andere Option.

  82. #95 naja
    22. März 2022

    Ich finde es extrem frustrierend, dass Russland alle Trümpfe in den Händen zu halten scheint. Wenn man davon ausginge, dass Russland zum nächsten Eskalationsschritt bereit wäre, ist für mich auch die Frage, ab wann die NATO mitgeht. MiGs liefern geht nicht, Flugverbotszone geht sowieso nicht. Greift die NATO denn ein, wenn ein Mitglied (zB Polen) bedroht wäre? Ist die Frage dumm? Riskiert sie das, obwohl Putin evt weitere Eskalationsschritte in petto hat?
    Die NATO wird schon wissen was sie tut, vielleicht gibt es sogar Absprachen, aber ich verstehe es nicht. Ist ein NATO Mitglied dann die nächste Eskalationsstufe eher wert? Aber MiGs in die Ukraine liefern geht nicht? Obwohl neben Russland auch GB und die USA der Ukraine im Budapest Agreement ’94 Sicherheit sogar – zugegebenermaßen rechtsunverbindlich – zugesichert haben? Das Agreement ist immerhin als völkerrechtlicher Vertrag bei den UN hinterlegt.
    In meinen Augen reagiert die NATO falsch.

  83. #96 naja
    22. März 2022

    Mir ist klar, dass NATO und UN nicht die gleiche Institution sind…

  84. #97 Karl Mistelberger
    mistelberger.net
    22. März 2022

    #93 Joseph Kuhn
    21. März 2022

    Putins Glaubwürdigkeit

    Wie weit Putin den Krieg eskalieren würde, wissen wir nicht. Aber beim Preis seiner Jacke war er nicht zimperlich: https://www.n-tv.de/leute/Putin-predigt-Krieg-in-12-000-Euro-Jacke-article23212021.html

    In dem Beitrag wird auch noch mal aus seiner Rede letzte Woche zitiert, da kritisierte er die (anderen) Reichen, “die auf Gänseleberpastete, Austern oder die sogenannten Gender-Freiheiten nicht verzichten können”. Passt auch zu dem Thema toxische Männlichkeit, über das wir diskutiert hatten.

    Die Deutschen tun sich schwer:

    “Die deutsche Hysterie – Ursachen und Geschichte, geschrieben zwischen 1942 und 1944 (sic!), ist eine schonungslose Analyse der deutschen Geschichte, die nach Bibó angesichts historischer Fehlentwicklungen bereits im 19. Jahrhundert und angesichts des Versailler Friedensdiktats, das beredtes Zeugnis dafür ablegt, daß die westlichen Demokratien die junge deutsche Demokratie im Stich ließen, unweigerlich in die Sackgasse und in die Katastrophe des Hitlerismus führen musste.”

    https://www.amazon.de/Die-deutsche-Hysterie-Istv%C3%A1n-Bib%C3%B3/dp/3458161473

    Aus der Geschichte lernen sie nichts. Einer hat sich Jahrzehnte mit Putin beschäftigt und seit 2000 unmissverständlich und eindringlich gewarnt:

    Otto Habsburg warnte 2005: “Europas größtes Problem ist die Herrschaft Putins”

    Der frühere Alterspräsident des Europäischen Parlaments hielt Russland nach eigenen Worten für “äußerst gefährlich”, wie er 2002 der FPÖ-nahen, rechts stehenden Wochenzeitschrift “Zur Zeit” sagte. “Natürlich kehrt der Kommunismus, wie er unter Stalin war, nicht wieder. Aber es kommt der Nationalsozialismus, natürlich auch nicht in der Form von Hitler, sondern mit Putin”, sagte der damals 89-Jährige. Der russische Präsident würde eine “ganz klare Politik der Expansion nach außen und der Schaffung eines scharfen autoritären Systems nach innen” verfolgen, analysierte Habsburg damals.

    “Unser größtes Problem in Europa ist heute Russland und die Herrschaft Putins”, sagte Habsburg. Das Vorgehen Putins erinnerte ihn zu dieser Zeit an die Herrschaft des sowjetischen Diktators Josef Stalin. Schließlich nannte Habsburg Putin in einem Atemzug mit dem nationalsozialistischen Diktator Hitler: Putin spreche sehr offen über seine Absichten, dies habe auch Hitler getan. “Sie machen, was sie sagen”, meinte Habsburg. Katastrophen könnten allerdings nur entstehen, wenn auf Gefahren nicht reagiert würde.

    https://www.diepresse.com/6112057/otto-habsburg-warnte-2005-europas-groesstes-problem-ist-die-herrschaft-putins

    http://www.youtube.com/watch?v=om2Fl9Y3I2I

    [Edit: Link bearbeitet. JK]

    • #98 Joseph Kuhn
      22. März 2022

      @ Karl Mistelberger:

      Der Antidemokrat Habsburg, der selbst immer mit restaurativen Ideen gespielt hat, ist vielleicht nicht der beste Kommentator in Sachen Putin. Andere, in ihrer demokratischen Gesinnung glaubwürdige Menschen, haben schließlich auch vor Putin gewarnt.

  85. #99 knorke
    22. März 2022

    @94 schmiddi

    Ich glaube den meisten Dingen kann ich zustimmen, aber ganz so einfach ist es mit dem Militär nicht. Auch in alten Panzern steckt inzwischen verdammt viel moderne Technik, in Flugzeugen und Raketen sowieso. Nicht alles davon kann Russland in der Qualität herstellen, die militärisch geboten ist.
    Wichtiger ist aber, dass die Sanktionen bzw. die Unternehmen die sich zurückgezogen haben, auf ganz anderen Ebenen – der Beschaffung, der Verwaltung und der Logistik große potenzielle Probleme schaffen. Das ist auch ein Grund, warum manche Hersteller sichzurückgezogen haben, denn profitables Wirtschaften war sowieso nicht mehr möglich, wegen dieser Limitierungen. Selbst bei Öl- und Gasfröderung und Verarbeitung kommt Technologie aus dem Ausland zum Einsatz. Wie Nordkorea und Iran zeigen bringt sowas ein Regime nicht zu Fall. Aber es richtet ungeheuren Schaden an schwächt den Einfluss massiv. Ob das reicht? Zur traurigen Wahrheit gehört leider, dass Russland militärisch für seine südlichen und südwestlichen Nachbarn so oder so eine militärische Bedrohung bleiben wird. Jedenfalls, solange Putin der starke Mann bleibt.

  86. #100 knorke
    22. März 2022

    @95 naja
    Ich glaube nicht dass Putin noch viele Trümpfe hat. Im Gegenteil, alles was gerade passiert wirkt eher wie reagieren auf die militärische Entwicklung und krampfhafte Versuche, die Initiative zu behalten – militärisch. Politisch hat er aktuell nur einen Ausweg.

    Putin wird immer mehr zum Scheinriesen, je länger das hier dauert. Das macht ihn nicht weniger gefährlich, aber er weiß genau: Viel weiter kann ers mit der NATO und Europa nicht treiben dann hat er verloren. Die Frage ist, ob das in absehbarer Zet irgendwas am Krieg in der Ukraine verändert, dort scheint es seitens der NATO und EU keine klaren roten Linien zu geben – auch menschrechtsverbrechen im großen Stil schaut man sich nur an. Das macht nicht eben Mut, dass man beim Einsatz von ABC Waffen plötzlich die Meinung ändert, auch wenn man sorgsam jedes Statement dazu vermeidet, ob das dann eine rote Linie wäre die überschritten wurde. Ich befürchte: Nein.

  87. #101 naja
    22. März 2022

    @ knorke
    Ich schrieb auch bewusst zu halten scheint.
    Der größte Trumpf Putins ist, dass man ihn für evt. verrückt hält und ihm deshalb alles zutraut. Und zu Recht vorsichtig ist. Ich denke manchmal, er hat sich das von Trump abgeguckt.

    Ich würde die russische Armee jetzt auch nicht unterschätzen nur weil man ihr vorher zu viel zugetraut hat oder die Ukrainer unterschätzt hat, aber mir von der NATO oder eben den Unterzeichnern des Agreements wünschen, dass man der Ukraine militärisch mehr unter die Arme greift. Oder zum Beispiel, wie du sagst, als NATO rote Linien für den Krieg in der Ukraine aufzeigt. Krieg beinhaltet Menschenrechtsverletzungen, auch wenn “Deutschlands Sicherheit am Hindukusch” verteidigt wird. Wenn man jetzt zuschaut, wie die Ukraine zermürbt wird und zivile Opfer scheinbar als Kriegsstrategie eingesetzt werden, aber die NATO nicht eingreifen kann, wirkt der Spruch noch zynischer.

  88. #102 Alisier
    22. März 2022

    Habe mich durchgezappt.
    Scheint wirklich interessant zu sein.
    https://www.arte.tv/de/videos/108299-000-A/putins-weg-in-den-krieg/

  89. #103 Skeptikskeptiker
    22. März 2022

    Knorke: “Putin wird immer mehr zum Scheinriesen, je länger das hier dauert.”

    Woher die Zuversicht stammt, dass Putin (fast) am Ende ist, ist mir rätselhaft. Zwar musste er sicher nach seinem wegen völliger Fehleinschätzung gescheiterten “Befreiungsblitzkrieg” die Strategie ändern und setzt jetzt offensichtlich auf die massenhafte und dauerhafte Vetreibung der Ukrainer durch den Terror gegen die Städte. Win-win – vielleicht 30 Millionen Ukrainer (A.-L. B. erwartet jetzt schon 8 Millionen) in Mittel-West-Europa passen doch wunderbar ins Destabilisierungkonzept, man vergesse nicht die ca. 3 Millionen, zum großen Teil putintreuen Russischstämmigen alleine in Deutschland – zusätzlich zu allen wirtschaftlichen, sozialen und Energiebezugs-Problemen.
    Letztendlich hat er dann eine Ukraine nach seinen Vorstellungen – russischstämmige (Rest)Bevölkerungsmehrheit in einem de-industralisierten Brachland. Wie das in etwa aussehen könnte, kann man sich im Kaliningrader Gebiet ansehen, ach ne, ist grade schlecht. War mal auch eine Kornkammer – ohne das jetzt geschichtlich gleichsetzen zu wollen.

    Ein Stimmungsumschwung nach der gegenwärtigen Schock-Einheit und allen Solidaritätsbekundungen ist wohl eher im Westen zu befürchten, wenn die Energie- und Rohstoffverteilungswettkämpfe erst mal richtig beginnen. Einem Orban würde ich z.B. als erstem einen “Sonderweg” zutrauen (trotz 1956!) – wie heißt es: Erst kommt das Fressen, dann die Moral.

  90. #104 Moreno
    22. März 2022

    Kommt doch der Putsch?

    „Vergiftung, plötzliche Krankheit, Unfall“: Russlands Elite soll Putsch gegen Putin planen
    https://www.fr.de/politik/news-russland-wladimir-putin-ukraine-krieg-putsch-alexander-bortnikow-kreml-geheimdienst-zr-91424571.html

  91. #105 knorke
    22. März 2022

    @Skeptikerskeptiker 102
    Oh, dass er fast am Ende ist, ist überhaupt nicht was ich meine.
    Aber Europa stellt grade fest, dass es ohne Russland geht oder langfristig gehen wird, man also nicht so abhängig von ihm ist, wie man sich gemacht hat.
    Auch die Armee – die ja als Landstreitmacht respektiert ist, wirkt nun recht auf Normalmaß geschrumpft.
    Und Diplomatisch ist Russland so weit isoliert, wie wahrscheinlich seit der Oktoberrevolution nicht mehr.
    Das meine ich mit Scheinriese. Das gilt für die Ökonomie auch.

    Deine Szenarien, die ich alle nicht undenkbar finde, bleiben davon ja unberührt. Ich bin fern davon, hier viele Gewinner auszumachen, Europa von West bis Ost inklusive Russland verliert. Es gewinnen die Amerikaner und etwas die Chinesen, auch wenn der Gewinn für letztere langfristigerer Natur ist und sie kurzfristig eher Probleme mit dem Geschehen haben.

  92. #106 knorke
    22. März 2022

    @Moreno 103
    Im Link steht: “das berichtet der ukrainische Gehemidienst”
    Wünschenswert, aber bei der Quelle bin ich skeptisch bis zum Beweis des Gegenteils. Das kann sehr gut bloße Propaganda sein.

  93. #107 Naja
    22. März 2022

    @ knorke @ Moreno
    Dass es veröffentlicht wird, könnte auch der Begründung für weitere “Säuberungsaktionen in den eigenen Reihen” und noch mehr Druck auf die Zivilgesellschaft dienen. Wie Erdogan nach dem Militärputsch Versuch oder fast jeder Diktator, der lange genug an der Macht war. Stalin, Mubarak und Saddam fallen mir spontan ein.

  94. #108 naja
    22. März 2022

    Ups, verlesen, der ukrainische Geheimdienst. Nehme meinen Kommentar zurück.

  95. #109 Alisier
    22. März 2022

    @ Joseph Kuhn
    Zu Robert Habeck:
    Ich habe in der letzten Stunde über Mittag nochmal alle für mich auffindbaren Kommentare von FAZ bis taz durchforstet.
    Und habe natürlich auch eine eigene Meinung dazu, unabhängig vom soeben Gelesenen.
    Eine Energiewende brauchen wir aus meiner Sicht schon lange und unbedingt. Dass Habeck das ernsthaft angeht unterstütze ich und halte ihn auch für kompetent und zielstrebig.
    Die moralischen/ethischen Implikationen bei Geschäften mit Voll- und Halbdiktaturen sind nicht erst seit gestern ein Problem und sind bei Geschäften mit China nicht weniger relevant.
    Nur ist der Mann Wirtschaftsminister und Vizekanzler, und nicht grüner Kassierer beim Ortsverband Neu-Erkenschwick.
    Die Wahl zwischen Pest und Cholera werden wir leider noch öfter haben. Mir ist aber wichtig, dass niemand so tut, als wäre das alles jetzt erst ein Problem.
    Es soll im Bereich Energiewende endlich gehandelt werden und vieles wurde in den letzten Jahrzehnten ausgebremst und verschleppt.
    Kröten mussten leider schon immer geschluckt werden, selbst wenn das jetzt erst thematisiert wird.
    Und wenn jemand eine bessere Idee hat, wie in dieser Situation vorgegangen werden könnte, möge er/sie sie vorbringen. Ich habe bis jetzt keine aus meiner Sicht sinnvollen Alternativvorschläge wahrgenommen.
    Außer frieren und die Wirtschaftskraft mal eben in den Keller sacken lassen. Hat auch was, ist aber in einem demokratischen System wahrscheinlich nicht durchsetzbar und auf Dauer vielleicht auch nicht sinnvoll.

  96. #110 rolak
    22. März 2022

    Scheint

    ..zur Zeit von MediathekView noch nicht gefunden zu werden – dann eben händisch.
    Schönen Dank für den Tipp!

  97. #111 schmiddi
    22. März 2022

    @knorke

    Ich glaube den meisten Dingen kann ich zustimmen, aber ganz so einfach ist es mit dem Militär nicht. Auch in alten Panzern steckt inzwischen verdammt viel moderne Technik, in Flugzeugen und Raketen sowieso. Nicht alles davon kann Russland in der Qualität herstellen, die militärisch geboten ist.

    Das stimmt, aber das betrifft nur die Maschinerie, welche nicht bereits produziert wurde. Ob das auf absehbare Zeit schon Auswirkungen nach sich ziehen wird, kann ich nicht beurteilen. Mir ging es nur darum, dass ein Embargo in der Hinsicht wahrscheinlich wenig bringen wird. Da kann man ja gleich den Export der benötigten Technik einschränken. Das wäre mit Sicherheit die effektivere Variante.

    @Alisier #108

    Die Wahl zwischen Pest und Cholera werden wir leider noch öfter haben. Mir ist aber wichtig, dass niemand so tut, als wäre das alles jetzt erst ein Problem.

    Das ist wohl wahr.

    Kröten mussten leider schon immer geschluckt werden, selbst wenn das jetzt erst thematisiert wird.

    Ich bin gespannt welche das sein werden. Wenn es nach der FDP wohl lieber Frieren für Geringverdiener statt Tempolimit für Leistungsträger. Wobei ich mir da in Bayern keine Gedanken machen muss, da sind wir ja längst überall die Nr.1*. Dürften jetzt mittlerweile zwar alle wissen, aber Markus Söder hat zur Sicherheit noch einmal daran erinnert. https://youtu.be/rlaIl4Z1nus?t=796

    *außer bei Windkraft

  98. #112 Beobachter
    22. März 2022

    @ Alisier, # 109:

    Es ist erstaunlich, was jetzt alles verhandelbar wird, was nicht verhandelbar ist.
    Man ändert einfach je nach Bedarf die eigenen und/oder gesellschaftlichen Wertmaßstäbe, seine grundlegenden Überzeugungen (falls man welche hatte) und/oder auch das Grundgesetz – und schon passt alles wieder.

    Realpolitischer grüner Vizekanzler geht auf Gas-Shoppingtour bei menschenverachtenden autokratischen Regierungen/Diktaturen.
    SPD-Altkanzler Schröder ist auch jetzt noch Putin-Freund und Gazprom-Lobbyist.

    Und welche Bürger besonders jetzt wohl wieder die größten Kröten schlucken müssen?!
    Geringverdiener/Arme oder Besserverdiener/Vermögende?

    “Zeitgeistiger” Artikel im Tagesspiegel:

    https://www.tagesspiegel.de/politik/arabisches-gas-gilt-nicht-mehr-als-blutig-habeck-entdeckt-in-katar-das-kleinere-uebel-wieder/28186164.html

    Man muss heutzutage halt “geschmeidig” sein … –
    Rückgrat und Überzeugung war gestern … ?!
    Tja, wenn man an die Macht will, ist ein klares “Jein” geradezu geboten – auf jeder Ebene …

  99. #113 Wetterwachs
    22. März 2022

    @Alisier
    #92 “Rabulist, elender”

    Aus Wiktionary.org :
    Rabulist
    Bedeutungen:
    bildungssprachlich, abwertend: eine Person, die spitzfindig und rechthaberisch argumentiert, ohne Rücksicht auf die tatsächliche Sachlage zu nehmen
    Synonyme:
    Erbsenzähler, Haarspalter, Korinthenkacker, Prinzipienreiter, Rechtsverdreher, Silbenklauber, Wortverdreher

    Auch mit Zwinkerköpfchen eine dämliche und völlig unpassende Charakterisierung von dir, der in allen Wortgefechten mit JK regelmäßig den Kürzeren zieht.

  100. #114 Alisier
    22. März 2022

    Hmm………..
    Ist das jetzt Wetterwachs oder Beobachter?
    Und wie wärs denn mal damit, andere einfach
    – erstens ihre eigenen Schlüsse ziehen zu lassen?
    – in Ruhe zu lassen, wenn man so gar nichts beizutragen hat?
    – nicht zu belästigen, nur um auch noch seinen Senf dazuzugeben?
    – selbst reagieren zu lassen, weil diese Ironie identifizieren können?

  101. #115 Alisier
    22. März 2022

    @ Wetterwachs Nachtrag
    Aber ich denke, dass die Anstrengung, die es erforderte eine gänzlich unbekannten Begriff zu ergoogeln erheblich war.
    Dafür eine Belobigung am Band mit Schleifchen.

  102. #116 RainerO
    22. März 2022

    @ Alisier
    Ich kann beobachten, dass du in letzter Zeit zunehmmend dünnhäutiger und unsouveräner wirst. Die aktuelle Kombination an Sch***e in der Welt scheint ziemlich an dir zu zehren.

  103. #117 PDP10
    22. März 2022

    Ich kann beobachten [..]

    Ich nicht. Das schwankt halt so. Wie bei jedem von uns.

    Und das hinter “Rabulist, elender” ein Zwinkerli war ist mir auch aufgefallen. Anders als andere hier habe ich aber offenbar auch verstanden, wie das gemeint war.
    Und den Begriff “Rabulistik” musste ich dafür nicht mal in der Wikipedia nachschlagen.

    Könnten wir jetzt alle wieder ein bisschen friedlicher sein? Danke.

  104. #118 RainerO
    22. März 2022

    @ PDP10
    Ich bezog mich auf #113 f., nicht auf “Rabulist”. Aber ich bin schon ruhig. Muss ich ja, ich habe schließlich nichts beizutragen. Peace! In jeglichem Sinne.

  105. #119 PDP10
    23. März 2022

    @RainerO:

    Ich bezog mich auf #113 f.,

    Ich auf #112 ff. Und nicht auf dich, sonst hätte ich dich direkt angesprochen. Ich habe dich bloß anlassbezogen zitiert.

    Aber ich bin schon ruhig

    Muss niemand sein.

    Peace! In jeglichem Sinne.

    Tja. Hamwa grad nich. Es nervt und ist entsetzlich anstrengend und zum Fürchten und reden muss man trotzdem. Und mir fällt das gerade genauso schwer, wie vielen anderen. Eher schwerer.

    Aber, wie heißt der Podcast von Florian und Holger nebenan noch (habe ich, glaube ich, schon mal erwähnt hier)?

    “Wer redet ist nicht tot”.

  106. #120 stone1
    23. März 2022

    @knorke #80
    &
    @Joseph Kuhn

    Vielleicht, vielleicht. Ich glaube, die Destabilisierungsstrategien der USA gegenüber Russland und Russlands gegenüber dem Westen liegen nicht offen auf dem Tisch. Die Bevölkerung wird im Krisenfall in keinem Land in strategische Überlegungen einbezogen. Daher sollte man in friedlichen Zeiten dafür sorgen, dass es möglichst nicht zu einem Krisenfall kommt. Dafür wiederum sind demokratische, zivilgesellschaftliche Strukturen die beste Versicherung.

    Ich sehe die Situation im Wesentlichen genau so wie durch die Thesen von knorke im Kommentar #80 beschrieben, obwohl mir nicht klar ist, warum diese ‘unpopulär’ sein sollen, das spielt aber auch keine Rolle.

    Was mir dazu einfällt, eine harte aber vielleicht gerechte Lösung, um diesen Krieg schnell zu einem Ende zu bringen und so vor allem das Leiden der betroffenen Ukrainer Innen und die Zerstörung ihrer Heimat möglichst rasch einzudämmen, ist natürlich rein theoretisch und hat, so wie die Interessen und Entscheidungsprozesse in den europäischen Staaten und den USA nun mal de facto sind, wohl gar keine Chance, dass sie umgesetzt wird.

    Nichtsdestotrotz kann man ja mal was andenken, das wohl auch im eigentlichen Sinn der ‘westlichen und europäischen Werte’, so man sie ernst nimmt, ist.

    Nämlich tatsächlich aktiv militärisch einzugreifen. Es muss ja nicht die ganze NATO mitmachen, im Prinzip würde es wohl reichen, wenn ein paar Länder mit modernen, einsatzbereiten Armeen eine Allianz bilden würden. Damals in Kuwait/Irak ging das ja auch auf einmal ganz flott, als die Warnung vor den vom/im Irak entwickelten Massenvernichtungswaffen rausging, was übrigens, soweit ich informiert bin, eine glatte Lüge war, um einen vorgeschobenen triftigen Grund für einen Krieg gegen Saddams Irak zu haben.

    Diesmal bräuchte man keine Lüge als Vorwand, es wurde ein souveräner Staat völkerrechtswidrig miliitärisch angegriffen, und auch wenn dieser nicht Mitglied der Nato oder der EU ist, was bitte sonst wäre ein triftiger Grund, in den Krieg zu ziehen, um Leid für ein Volk abzuwenden, das ohne einen Angriff provoziert zu haben, also im wesentlichen unschuldiges Opfer ist. Die Propaganda von russischer Seite über die von ach so dubiosen ‘Nazis’ bedrohten Teile der russisch/ukrainischen Bevölkerung lass ich hier mal außen vor.

    Groß ist hier bei die Angst&Panik vor einer Art ‘3. Weltkrieg’, aber mal ehrlich, wie könnte der denn aussehen? Putins Russland ist nach diesem verrückt scheinenden Akt der Aggression international fast komplett isoliert, und so gut wie alle Staaten der Welt haben erklärt, dass sie dies ablehnen. Selbst die chinesische Führung behauptet, diesen Krieg abzulehnen, obwohl sie sich wie immer nicht deutlich festlegt und alle Optionen offen hält. Die chinesische Armee wurde zwar über den letzten Jahren stark modernisiert und es wurde viel investiert, um in einen größeren Krieg zu ziehen und den auch zu gewinnen, reicht das aber wohl noch nicht, vor allem solange der nicht im pazifischen Raum stattfindet. Und dort hätten sie gleich mal die USA mit den nach wie vor mächtigsten Streitkräften der Welt und eventuell auch Japan als Gegner. So ein einen Krieg zu ziehen, damit Putin seine Macht in der Ukraine, wo es diesem wohl vor allem um die Stützpunkte auf der Krim geht – ich bin kein Experte, aber no Chance sag ich, so blöd ist die chinesische Führung nicht, ein derart hohes Risiko einzugehen.

    Es würde demnach bei einem lokal begrenzten Krieg bleiben, und wenn der Luftraum über der Ukraine erst mal dicht gemacht worden ist, ist Putin gezwungen, sich jedenfalls für Erste zurückzuziehen und seine Truppen zurückzupfeifen, ansonsten drohen weitere herbe Verluste für die russische Armee und sein Ruf daheim ist komplett ruiniert.

    Dann kann man an den Verhandlungstisch zurückkehren, aus einer den wirtschaftlichen und militärischen Tatsachen angemessenen Position der Stärke, wohingegen Putins potjemk’sche Supermachtsposition wie ein Kartenhaus zusammengekracht ist.

    Und das ganze beschlossene irre Aufrüsten, Paradebeispiel €100 Mrd. Sonderbudget für die deutsche Bundeswehr, kann man sich auch schenken, weil verteidigungsfähig ist man ja eh, solange man halt die Streitkräfte ausreichend budgetiert, sodass sie einsatzbereit und auf halbwegs aktuellem Stand gehalten werden.

    Ich halte überhaupt nichts davon, dass jetzt plötzlich, ohne dass eigentlich Zeit war, die künftige Bedrohungslage mal strategisch zu analysieren und einzuschätzen, ja wie auch, wenn noch überhaupt nicht klar ist, wie dieser Krieg gegen die Ukraine schließlich ausgehen wird, bereits die Rufe nach neuen Spezial- und Eingreiftruppen für die EU laut werden. Sogar die hiesige, österreichische Verteidigungsministerin Tanner hat bereits verlautbart, dass Österreich eine Spezialtruppe formen soll, die man eventuell auch für EU-Einsätze anbieten könnte, mit der immerwährenden militärischen Neutralität Österreichs wird sich das dann schon irgendwie ausgehn…
    Grmpf.

    Soweit meine Gedanken dazu.

    Vielleicht noch kurz zum vermutlich gefährlichsten Szenario, das bei einem Krieg gegen Russland zur Verteidigung der Ukraine eintreten könnte:

    Ein strategischer Nuklearangriff auf einen Staat, der bei der Allianz mitmacht. Diese Gefahr hat man auf dem Zettel, seit der kalte Krieg und das nukleare Wettrüsten begonnen hat, und es gibt ausgetüftelte Verteidigungs- und Abfangpläne sowie die dafür nötige Infrastruktur in den NATO-Staaten. Dieses Risiko ist also wohl eher als gering einzuschätzen, denn auch wenn Putin wohl fast alles zuzutrauen ist, sterben will er nicht, das passt nicht zu seinem Typ.

    Neulich hab ich auch wo anscheinend eine Expertin gehört, Psychologin im weitesten Sinne vermutlich, hab die Sendung nicht genau verfolgt, die der Meinung war, dass Putin nicht bereit ist, diesen letzten Schritt des Irrsinns zu gehen (meine Worte, nicht die der Expertin).

  107. #121 stone1
    23. März 2022

    @Joseph Kuhn

    Da war noch was… oben hab ich was aus deiner Antwort @knorke zitiert, bin aber noch nicht drauf eingegangen.

    Also ich wär ja auch gern Pazifist, und bin es im Prinzip auch, bloß solange die Welt so ist wie sie ist, und Leute Armeen kommandieren, bei denen man nicht so ganz sicher sein kann, ob die überhaupt zurechnungsfähig und im Vollbesitz ihrer (bzw. überhaupt irgendwelcher) geistigen Kräfte sind, muss man für den Ernstfall gerüstet sein.

    Vielleicht erinnert man sich in diesem Zusammenhang ja noch an einen ehemaligen US-Präsidenten namens Donald J. Trump, den ich auch gerne mal ‘orangen Trottel’ nenne, wenn es nicht so förmlich hergeht, bei dem beispielsweise hat diese notwendige Grundvoraussetzung für ein höheres Staatsamt ja keineswegs als sicher gegolten.

    In Friedenszeiten muss an der Freundschaft zwischen den Staaten gearbeitet werden, und die Anzahl der militärischen Mittel muss langfristig auf ein absollutes Mindestmaß
    reduziert werden, da bin ich voll dafür. Aber in dieser Hinsicht ‘Pazifist und sonst nix’ zu sein halte ich für utopisch.

    Eine schöne Vorstellung und langfristiges Ziel ist eine Welt, in der alle Staaten so eng und friedlich durch Handel, Forschung, Tourismus, Kulturaustausch et cetera aneinander gebunden sind, dass größere Armeen überflüssig sind und bewaffnete Einheiten nur noch zur Verbrechensbekämpfung benötigt werden.

    Und wenn die Waffen- und Munitionsvorräte sowie illegale Produktionsstätten dann auch mal alle aufgebraucht bzw. ausgeräuchert sind, dann erst kann man effektiv dran gehen, Pazifismus als Welt ohne Waffengewalt, und natürlich auch alle anderen Formen von Gewalt, konkret umzusetzen. Bzw. hat sich das bis dahin dann größtenteils sowieso wie von selbst erledigt. 😉

  108. #122 knorke
    23. März 2022

    @stone 119
    Der Knackpunkt ist, dass kein europäisches Land und auch nicht die Amerikaner etwas zu gewinnen hat durch einen aktiven kriegsbeitritt und auch nur schwerlich parlamentarisch durchgesetzt bekommen könnte, selbst aktiver Kriegsteilnehmer zu werden.

    Und die, denen man es nach Lage der Dinge am ehesten zutrauen würde (die Osteuropäer), sind militärisch nicht stark genug, etwas Anderes als noch mehr Blutvergießen zu produzieren. Ein schnelles Lahmlegen der russischen Luftüberlegeneheit und Logistik rund um Ukraine traue ich ihnen jedenfalls nicht zu. Die NATO würde das jedenfalls ganz explizit nicht mitmachen, sonst zerlegt sie sich damit selbst.

    Wenn, dann müsste die NATO als Ganzes und dann auch möglichst auf den ukrainischen Kriesschauplatz begrenzt aktiv werden. Die Erfahrung lehrt, dass Kriege dazu neigen, sich mit der Zeit zu entgrenzen, aber dann könnte man eventuell die komplette Eskalation verhindern – die Frage die dann noch völlig offen bleibt: Was müsste man tun, um Russland zum Einstellen der Feindseligkeiten zu zwingen? Ukraine befreien? Wird kaum reichen? Moskau, Sankt Petersburg und Rostov einnehmen? 3. Weltkrieg hallo. Erstmal würde das nur noch mehr Blut bedeuten mit unklarer Dauer. Und nur um mal den

    1. Weltkrieg in Sachen Irrationalität zu bemühen: Bereits 1915 war allen beteiligten Ländern klar, dass der Krieg kaum entschieden werden kann. Hndertausende Männer wurden geopfert für wertlose Prestigeziele oder fragwürdige strategische Geländegewinne.
    Noch 1917 gab es (nicht nur) in Deutschland eine öffentliche Kriegszieldiskussion, und dass man sich keinesfalls zufrieden geben dürfe ohne einen Siegfrieden und Annexion von -insert random Region in Benelux oder Osteuropa here-. Noch im Frühjahr 1918 träumte man in Deutschland vom Siegfrieden – da hatte man noch genug Pulver für eine große Offensive und die Amerikaner wurde langsam immer zahlreicher an der Front. Ein paar Monate später hat man kapituliert (einen Ausgleichsfrieden hätte man noch im Frühjahr vielleicht erreichen können).

    Will sagen: Egal was man sich vorm Krieg vornimmt: Wenn man eine Entscheidung nicht in kurzer Zeit herbeiführen kann, werden solche Kriege gewöhnlich nur blutiger, teurer, irrationaler und haben mit dem ursprünglichen Vorhaben am Ende nichts mehr gemein. Und was man dafür am Ende bekommt, bleibt weitgehend offen.

    Selbst ohne nukleare Eskalation muss man also schon einen verdammt guten Plan haben, was man erreichen will, kann und ob das beim eigentlichen Ziel hilft, Ukraine zu retten und Putin zu stoppen. Sehe ich persönlich hier nicht, auch wenn ich persönlich einen begrenzten, konventionell geführten Krieg an sich als nicht völlig illusorisch einschätze, nur halt: Mit welchem Ziel?

  109. #123 Joseph Kuhn
    23. März 2022

    @ Wetterwachs et al.:

    Den “Rabulisten” habe ich wie PDP10 mit Smiley gelesen, nicht als Angriff, sondern als Eingeständnis von Alisier, dass er sein Argument vielleicht noch mal überdenken muss.

    Friedlich sollte es in der Welt zugehen, hier im Blog darf und soll gestritten werden, aber natürlich möglichst sachlich und ohne persönliche Herabsetzungen. In diesem Thread dominieren m.E. auch die sachlichen Argumente, es gibt kaum persönliches Herabsetzen. Insofern ein sehr konstruktiver Thread.

    @ stone1:

    Was ein direktes militärisches Eingreifen von Nato-Staaten in der Ukraine angeht, sehe ich es wie knorke. Das wäre, auch wenn ich jetzt nicht doch noch zum Militärstrategen mutieren will, gerade wegen der konventionellen Überlegenheit der Nato-Staaten, der klassische Anlass zum Einsatz von taktischen Atomwaffen durch Russland. Dass eine Psychologin in einer Talkshow das Putin nicht zutraut, darauf würde ich mich in der Frage dann doch nicht verlassen wollen.

  110. #124 Moreno
    23. März 2022

    “Putins mächtigste Waffe ist nicht die Atombombe, sondern unsere Angst vor der Atombombe.”

    Wer die russische Nuklear-Doktrin verstehen will, findet im folgenden Video eine hervorragende Erklärung.
    http://www.youtube.com/watch?v=d6SrWio_Jx4

    [Edit: Link bearbeitet. JK]

  111. #125 Alisier
    23. März 2022

    @ RainerO
    Ich bin einfach froh, dass die, von denen ich verstanden werden will mich auch verstehen. Nicht immer sofort aber meistens doch…..irgendwann 🙂
    Dennoch halte ich es nicht immer für angebracht auf komplettes Ignorieren zu schalten. Denn auch etwas klar zu stellen und sich gegen Unterstellungen zu wehren kann manchmal sinnvoll sein.
    Weiter zum Thema: die neueren Nachrichten lassen es mir kalt den Rücken runterlaufen. Dass Putin die Nerven verliert halte ich nicht mehr für ausgeschlossen.
    Beschwichtigungen halte ich Moment für wenig hilfreich. Sie sind es eigentlich nie.
    Und zwischen einer realistischen Sichtweise und blanker Panik liegen immer noch Welten.

  112. #126 Spritkopf
    23. März 2022

    Hab vor ein paar Tagen ein Interview mit einem amerikanischen Militärexperten (ich meine, es war irgendein General) gehört, der nachdrücklich die Meinung vertrat, dass ein von der NATO herbeigeführter Konflikt mit Russland eine ganz schlechte Idee wäre, wie er z. B. durch Einrichten einer No-Fly-Zone sehr wahrscheinlich wäre.

    Seine Begründung sah grob so aus, dass die NATO zwar konventionell deutlich überlegen ist, aber die Russen in ihrer Militärdoktrin den Einsatz von nuklearen Gefechtsfeldwaffen vorsehen, also “kleinen” Atombomben, die im Kampfgebiet eingesetzt werden. Da die NATO im Gegensatz zu früher nichts dergleichen mehr in ihrem Arsenal hat, wäre sie quasi gezwungen, die Standorte dieser nuklearen Gefechtsfeldwaffen mit strategischen Atomwaffen zu bombardieren, worauf Russland mit strategischen Atomwaffen antworten würde. Und wir hätten genau den großen Nuklearkrieg, den keiner will.

    Leider habe ich die Quelle nicht mehr. Wenn ich sie finde, liefere ich sie nach.

  113. #127 knorke
    23. März 2022

    @Spritkopf 126
    Das halte ich schon fast für eine Detailfrage dabei, wenn zunächst mal vollkommen unklar ist, welches Ziel man eigentlich wie erreichen wollen müsste und auch könnte um Putin zu stoppen.
    Selbst wenn die Russen keine A-Bomben hätten, wäre sonst nämlich jede weitere Kriegsdiskussion sinnlos.
    Das merkt vermutlich auch gerade Putin, dessen Pläne dafür, seine Politischen Ziele mit Krieg zu erreichen bereits gescheitert sind, und im Moment völlig offen bleibt, ob das zu weiterer Irrationaler Entgrenzung führt oder zu einem Ende der Ziele.

  114. #128 RPGNo1
    23. März 2022

    In einem Interview hat Kreml-Sprecher Peskow Versorgungsprobleme der russischen Einheiten zurückgewiesen. In der Ukraine laufe es nach Plan, niemand habe mit einer schnellen Offensive gerechnet.

    https://www.tagesschau.de/ausland/ukraine-russland-peskow-101.html

    Jetzt ist es endgültig klar, Peskow ist der verschollene Halbbruder von Comical Ali.

  115. #129 stone1
    23. März 2022

    @knorke

    Selbst ohne nukleare Eskalation muss man also schon einen verdammt guten Plan haben, was man erreichen will, kann und ob das beim eigentlichen Ziel hilft, Ukraine zu retten und Putin zu stoppen.

    Das ist leider das Problem mit so einem 3/4 durchgeknallten Machtbesessenen Diktator.

    Es wäre ja ausreichend, erstmal große Teile der Invasionstreitmacht zu zerstören oder in die Flucht zu schlagen, um den Aggressor zu einer Feuerpause und bestenfalls zurück an einen Verhandlungstisch zwecks Waffenstillstandsverhandlungen zu zwingen.

    Aber Solches oder Ähnliches kann halt wieder nur mit einem vorwiegend rational agierenden Gegner klappen… frustrierend.

  116. #130 Alisier
    23. März 2022

    Na, mal sehen wie lange es dauert bis man Putin mit langem Bart aus irgendeinem Erdloch in Sibirien zieht.
    Ja doch, unwahrscheinlich, aber man wird ja wohl noch träumen dürfen…..

  117. #131 Alisier
    23. März 2022

    Und ehe jemand meint, das sei jetzt wirklich zu weit hergeholt: vielleicht nicht so ganz.
    https://www.trtworld.com/opinion/what-do-saddam-hussein-and-vladimir-putin-have-in-common-55100

  118. #132 knorke
    23. März 2022

    @stone1 129
    Das ist auch ein Problem bei eigentlich rationalen Menschen die sich in eine Sackgasse manöveriert haben. Alle verhalten sich dann potenziell irrational und im Prinzip ist das erstmal menschlich (sunken costs, Reaktanz, Kognitive Dissonanz u.Ä), man muss Putin also gar nicht für wahnsinnig oder 3/4 wahnsinnig oder 5/9 wahnsinnig halten.

    Zudem: Meiner Meinung nach verharmlost man Putin, wenn man ihn für wahnsinnig hält. Er ist gefährlich, weil er vermutlich nicht wahnissig ist, sondern sehr kalkuliert. Er findet es allerdings vielleicht ganz günstig, dass wir nicht ganz sicher sein können, ob er nicht doch mal plötzlich durchdreht, aber das gehört zu seinem Spiel.

    Zum Spiel des Westens gehört es dagegen, betroffen dreinzublicken aber im Sinne des Friedens und Millionen eigener Bürger die Ukraine am Ende doch ab einem bestimmten Punkt alleine zu lassen. Hier spielt man die Putin entgegengesetzte Rolle und will den behüteten demokratischen Bürger nicht gar so deutlich das machtpolitische Kalkül spüren lassen, das in dieser Krise eben auch ein wesentlicher Faktor ist. Grade Biden gelingt das ausnehmend gut, die Europäer sind ja eher getriebene.

  119. #133 Alisier
    23. März 2022

    @ knorke
    Auf mich wirkt es nicht so, als würde Biden gerade irgendwas gut gelingen. Ich nehme ihn einfach als erschreckend schwach wahr.
    Und ich fürchte einigen anderen Akteuren geht es ähnlich, was einer der Gründe sein könnte, weswegen wir den Salat jetzt haben.

  120. #134 knorke
    23. März 2022

    @Alisier
    Den stärksten Präsidenten den die USA je hatte sehe ich in ihm gerade auch eher nicht, aber im Prinzip läuft doch für ihn die Krise durchaus beherrschbar ab: Die Europäer wollen sein Gas, die Europäer halten sich zukünftig besser an die NATO-Ziele ohne bisher allzu eigenständig ohne Washington zu agieren (quasi das Optimalszenario für die USA), Russland demontiert sich selbst (auch optimal für die USA) und China weiß nicht, wie es sich verhalten soll, weil es Russland gern als strategischen Juniorpartner behalten will, andererseits auch durch Russlands selbstisolierung mehr Macht dort bekommt und diese nutzen will, andererseits aber auch die Handelspartner in Europa und USA nicht vergrätzen mag.

    In der Situation muss Biden gar nicht so viel richtig machen, die Umstände machen es für ihn, und dadurch fällt Biden im Prinzip eine recht dankbare Rolle zu. Mir ist bisher jedenfalls nicht aufgefallen, dass er diese schlecht spielen würde. Aber vielleicht meinst Du ja auch seine Gesamtperfomance seit der Wahl.
    So genau gucke ich da grade aber auch auf Washingtion grade nicht hin. In meinen Augen machen die schlechtere Figur bisher eher die unkoordinierten Vorstüße die Europäer in Sachen Flugzeuge, Militärequipment, Sanktionen, Sanktiönchen und Ähnliches.

  121. #135 Alisier
    23. März 2022

    @ knorke
    Biden ist nicht präsent und spielt nicht wirklich mit.
    Es reicht in einer solchen Situation nicht der Anti-Trump zu sein.
    Putin hingegen ist megapräsent.
    Präsenz ist natürlich nicht alles, aber wenn der Oberbefehlshaber der immer noch mächtigsten Armee der Welt abtaucht, so kann das sicher nicht als Stärke interpretiert werden. Und genau dann fühlt sich z.B. China so richtig stark, und tritt mal eben alle kräftig gegen das Schienbein.
    Hier ein Foul, da ein Foul, und nachher ist das Spiel verloren, weil nicht nur der Kapitän keine Lust hat.
    Ansonsten stimme ich Dir trotzdem zu.

  122. #136 Joseph Kuhn
    23. März 2022

    Eine Frage an sog. “Putinversteher”:

    Über die Psyche Putins oder Bidens, ihre Motive, ihre Strategien oder ihr beraterisches Umfeld kann man spekulieren, wissen tut man als Normalbürger nicht viel. Aber man kann gut manche Argumente in solchen Debatten auf ihre Schlüssigkeit hin abklopfen.

    Von “Putinverstehern” (im Sinne von Leuten, die Putins Handeln entschuldigen, z.B. weil er vom Westen provoziert oder in eine Falle gelockt worden sei) würde ich beispielsweise gerne wissen, ob das in ihren Augen nicht nur den Angriff rechtfertigt, sondern auch, dass Putin zivile Ziele angreift und die Infrastruktur der Ukraine zerstört. Putin führt ja nicht nur einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, sondern er führt ihn darüber hinaus in einer kriegsverbrecherischen Form.

    Und wenn die Leute die kriegsverbrecherische Form des Kriegs verurteilen, ob das für sie Fragen aufwirft, was das Verständnis für Putins Angriff angeht.

  123. #137 knorke
    23. März 2022

    @Joseph Kuhn (136)
    Da fehlt noch die Bitte, es ohne whataboutism zu beantworten 😉

    • #138 Joseph Kuhn
      23. März 2022

      @ knorke:

      Wobei vermutlich kaum jemand Putins Angriff auf die Ukraine damit whataboutisiert, dass doch auch Hitler Polen angegriffen habe 😉

      Aber klar, der Angriff von Bush auf den Irak ist sicher schnell bei der Hand, aber das Argument ist eben auch leicht zu entkräften. Nur weil Heinz seine Schwiegermutter umgebracht hat, darf Karl seine Schwiegermutter nicht auch umbringen. Da muss er sich schon eine bessere Begründung überlegen.

  124. #139 Alisier
    23. März 2022

    Und wenn in einer Gesellschaft das Schwiegermutter Meucheln zum guten Ton gehört?
    Ich bin ja schon weg….
    Ich glaube übrigens nicht, dass das Handeln der Mächtigen und Verantwortlichen eine Black Box ist, die man nicht entschlüsseln kann.
    Es gibt schon gute Informationen, die es auch dem “Normalbürger” ermöglichen sich ein Bild zu machen. Erfahrung kann z.B. tatsächlich dabei helfen, eventuell gepaart mit großem Interesse und Hartnäckigkeit beim Informationen sammeln.
    “Die da oben” sind immer noch Menschen, Putin included.
    Disclaimer: Womit ich nicht suggerieren wollte, dass Schnellschüsse und -schlüsse irgendwas bringen. Aber so ganz hilflos müssen wir nicht dastehen, wenn es um das Verständnis geht, und das Licht mancher Menschen ist so tranfunzelig nicht.

  125. #140 Alisier
    23. März 2022

    ….und da flattert mir doch absolut passend ein “Appell gegen Militarisierung” auf den Tisch, von Menschen, die mir vor ein paar Wochen noch schwer damit auf den Keks gegangen sind, dass sie bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit darauf hingewiesen haben, wie blödsinnig es wäre zu erwarten Putin könne die Ukraine angreifen.
    Militarisierung alleine bringt sicher nichts, Eskalation auch nicht, aber vielleich kann man ja mal damit aufhören mitten im zigsten Krieg die Friedenstaube zu spielen, ohne wahrnehmen zu wollen was eigentlich passiert ist und dass ein Perspektivwechsel sich vielleicht auch mal anböte.
    Ich mein ja nur.
    “Gandhi in Moskau” ist einfach unter den gegebenen Umständen eine extrem schräge Vorstellung, und auch wenn das Britsh Empire extrem aggressiv sein konnte, so war es immer noch eine Demokratie.
    Genau wie Frankreich unter De Gaulle während des Algerienkriegs.
    Der Druck einer funktionierenden Zivilgesellschaft fehlt in Russland und auch in China völlig.

  126. #141 PDP10
    23. März 2022

    @Alisier:

    Militarisierung alleine bringt sicher nichts

    … und ist auch IMHO das falsche Stichwort.

    Die Rolle der Bundeswehr jetzt langsam mal realistischer zu sehen, bedeutet noch lange keine “Militarisierung” der Gesellschaft. Das ist albern.

    Man könnte sich nämlich langsam mal an die Erkenntnis gewöhnen, dass es lächerlich und naiv war die Bundeswehr als so eine Art Friedensarmee zu sehen, die man als solche gerade noch so akzeptiert – und entsprechend kurz hält, was finanzielle und sonstige Ausstattung angeht – weil man sie ganz nett im Rahmen von UN / EU / Nato-Missionen irgendwo hin schicken kann um da für Frieden, Freude und Eierkuchen zu sorgen.

    Die Doktrin, dass militärische Konflikte nur noch “asymmetrische” sind oder “Konflikte niedriger Intensität” seien, war halt eine Illusion. Und vor allem war es eine Illusion, dass wir uns hier zu Hause sicher fühlen und zur Tagesordnung übergehen können, weil sich solche Konflikte eher anderswo abspielen. Schicken wir halt die Bundeswehr hin um uns nicht international zu blamieren und gut.

    Dabei wurde immer schön verdrängt, dass da deutsche Soldaten/innen im Krieg sind und sterben und Menschen töten. Ja was denn sonst?

    Das endlich zu begreifen und an zu erkennen – inklusive der Notwendigkeit sich endlich um die Bundeswehr als Armee auch für die Landesverteidigung zu kümmern – bedeutet noch lange nicht diese Gesellschaft zu “Militarisieren”.

    “Gegen Militarisierung” klingt so, als ob wir Gefahr laufen würden demnächst Militärparaden auf dem 17. Juni in Berlin zu haben, die durchs Brandenburger Tor ziehen. Es gibt, glaube ich, wenige Vorstellungen, die lächerlicher sein könnten …

    Ich mein ja nur.

    Ich auch 🙂

    “Gandhi in Moskau” ist einfach unter den gegebenen Umständen eine extrem schräge Vorstellung, und auch wenn das Britsh Empire extrem aggressiv sein konnte, so war es immer noch eine Demokratie.
    Genau wie Frankreich unter De Gaulle während des Algerienkriegs.

    Was nicht heißt, dass beide Gesellschaften nicht ausgesprochen militaristisch ausgerichtet waren. Waren sie. Ich kann nicht beurteilen, ob dieser Militarismus die Ursache für die Gräuel war, die sie angerichtet haben. Wenn man die Deutsche Kolonialgeschichte vor dem ersten Weltkrieg betrachtet, könnte man auf die Idee kommen … doch.

    Aber nochmal: Die bittere Erkenntnis, dass man eine vernünftige Armee braucht – auch zur Landesverteidigung – ist etwas anderes als “Militarisierung”. Finde ich jedenfalls.

    Die “Armchair”-Pazifisten, die jetzt steil gehen, kann ich sowieso schon lange nicht mehr ernst nehmen. Entweder man macht das konsequent und hat keine Armee oder man hat eine weil man sie für notwendig befindet. Im letzteren Fall muss man sich dann auch vernünftig um diese Armee kümmern und ihren Auftrag anerkennen. Und der heißt nunmal Krieg.

    Der Druck einer funktionierenden Zivilgesellschaft fehlt in Russland und auch in China völlig.

    Das ist der Punkt. Ein Punkt, der vor allem bedeutet, dass wir hier (und dieses mal meine ich Europa) funktionierende Armeen haben die uns verteidigen können und trotzdem keine “Militaristischen” Gesellschaften sein müssen.

    (Nur meine 2 Cent, als jemand, der ausgemustert wurde btw.)

  127. #142 Tina
    24. März 2022

    Gerade eben war übrigens Gerhart Baum bei Maischberger zu Gast (ja, ich gucke zurzeit viele Talkshows…). Sehr sehenswert. Baum wird ja dieses Jahr 90 Jahre alt und er ist in absolut bewundernswerter Weise intellektuell immer noch voll auf der Höhe. Er schilderte u.a. seine Erlebnisse aus dem 2. Weltkrieg (da kommen sehr alte Erinnerungen wieder hoch), insbesondere die traumatisierende Wirkung des Bombenkrieges und der Flucht, die er als Kind erlebte. Und wie entsetzlich die Kriegsverbrechen sind, die jetzt in der Ukraine begangen werden, er nannte es gezielten Terror gegen die Bevölkerung, die auch strafrechtlich verfolgt werden müssen.

    Und er ist der Meinung, dass die Politik den Bürgern nun ehrlich sagen muss, dass auch wir erheblich gefordert sind wie noch nie, durch Unsicherheit und Wohlstandsverluste. Sein Fazit am Ende: Die Düsternis wird für lange Zeit nicht weichen.
    Mein Eindruck ist, dass die ganze Tragweite dieser Zeitenwende noch gar nicht so richtig bei allen angekommen ist.

  128. #143 Smørrebrød
    24. März 2022

    Es gibt da eine “Verschwörungstheorie”, nach der Putin über den Geheimdienst FSB die ukrainische Armee bestechen wollte, um bei einer eventuellen Invasion keine Gegenwehr zu bekommen. Angeblich habe sich die entsprechende Abteilung das Geld aber lieber selbst eingesteckt, statt die ukrainische Armee zu schmieren. Ab dann wird es noch wilder:
    https://www.thelowdownblog.com/2022/03/is-putins-invasion-failing-because.html

  129. #144 inkognito
    24. März 2022

    Hilft vielleicht dem/der einen oder anderen bei der einschätzung der lage etwas weiter
    http://www.youtube.com/watch?v=4uyOLmIEIAU

    [Edit: Link bearbeitet. JK]

    • #145 Joseph Kuhn
      24. März 2022

      @ inkognito & Ihre diversen anderen Nicks:

      Ein durchaus interessantes Video. Da sitzt eine sicher kluge und erfolgreiche Frau aus dem polit-wissenschaftlichen Establishment, in ihrer Selbstdarstellung “Florence of Arabia”, und erzählt lächelnd mit suggestiv anschaulichen Bildern von “Bestrafungs- und Stachelschwein-Strategien”, dass die zerbombten Häuser nur die “taktische Ebene” seien, in Wirklichkeit gehe es um anderes, Russland wolle die Bevölkerung terrorisieren und in Mariupol spiele das den Ukrainern in die Hände, zu deutsch, die Ukrainer lassen dort ihre Bevölkerung absichtlich terrorisieren.

      Die zweite These von Frau Gaub, bei Putins Drohung mit Atomwaffen sei “Angst” die Waffe, ist in der aktuellen Situation gewiss richtig. Die Frage ist allerdings, was daraus folgt, insbesondere, ob damit ein reales Eskalationsrisiko ausgeschlossen ist. Sie gibt vor, es ganz genau zu wissen, man müsse da keine Angst haben, und – dazu etwas im Widerspruch – letztlich sei auch eine Atombombe gar nicht so schlimm, in Hiroshima und Nagasaki würden ja auch noch Menschen leben.

      Die Art und Weise, wie Frau Gaub die Dinge kommentiert, kann auch Angst machen. Sie sagt, wenn man Angst verspürt, sollte man immer daran denken, dass das beabsichtigt sei. Ob sie das selbst also auch als “Waffe” einsetzt? Und ob die Warnungen der USA vor einem Angriff Putins kurz vor dem Krieg bloße Angstmache waren?

      Sollte je die Welt untergehen, sollte Lanz sie zu seiner Sendung dazu auch wieder einladen.

  130. #146 PDP10
    24. März 2022

    @Smørrebrød:

    Es gibt da eine “Verschwörungstheorie” […]

    Es gibt da auch eine Verschwörungstheorie die besagt, dass die Reptiloiden um Kanzlerin Merkel das alles eingefädelt haben um am Ende Russland zu erobern wegen der Rohstoffe.

    Die ist genau so viel wert.

    Jedenfalls solange du nicht wenigstens in eigenen Worten kurz zusammen fasst, welche Quellen und Belege dafür sprechen, dass man sich überhaupt mit der Behauptung beschäftigen sollte … Und damit meine ich nicht, irgendein Blog zu verlinken.

  131. #147 knorke
    24. März 2022

    Was mich etwas irritiert zurücklässt ist die Ankündigung Putins von Gestern, dass er für seine Rohstoffe von der EU nur noch Rubel azeptiert.
    Sicherlich: Das er damit den Außenhandelswert des Rubels steigert ist offenkundig, aber müsste nicht grade ein Diktator dessen Wirtschaft darbt auf harte Devisen besonders scharf sein?
    Folgt daraus nicht, dass ihm die Währung inzwischen so bedrohlich zerbröselt ist, dass er selbst zu extremen Schritten wie diesem gezwungen ist? Aber bedeutet das nicht auch, dass Russland weit davon entfernt sein muss, seine Einfuhren nicht mehr durch Devisenreserven bezahlen zu können, das war ja eine der vielen Hoffnungen, die mit den Sanktionen verbunden war?
    Ich bin leicht verwirrt. Ich bin aber auch kein Ökonom und verstehe nur Grundzüge.

    • #148 Joseph Kuhn
      24. März 2022

      @ knorke:

      Meine spontane Laienerklärung hat zwei Aspekte:
      1. Rubel kann Putin “drucken” (über seine Nationalbank erzeugen) lassen. Und wenn der Westen Rubel braucht, muss er dafür Devisen geben, über einen der verbliebenen Zahlungswege.
      2. Für große Teile der Wirtschaft in Russland, oder für die Bezahlung der Soldaten, braucht Putin gar keine Devisen.

      Aber vielleicht liest ein Volkswirt mit und kann dazu Fundierteres sagen.

  132. #149 naja
    24. März 2022

    Ich habe dazu noch gelesen, die Devisen vom Rubeltausch würden direkt beim Staat landen, nicht erst bei Gazprom etc. Das ist für Putin besser.
    Außerdem müsste der Westen seine eigenen Saktionen unterlaufen und mit der Zentralbank handeln. Die Sanktionierung der Zentralbank war wohl besonders effektiv und er hofft da auf eine Lockerung.

  133. #150 knorke
    24. März 2022

    @naja & Joseph Kuhn
    Das könnte es sein. Danke für die Gedanken.

    Vorhin kommentierte jemand lakonisch in irgendeinem stream den ich laufen hatte “ob sich Gazprom weigert zu liefern, wenn dann doch in Euro bezahlt wird, darf zudem bezweifelt werden”. keine Ahnung.

  134. #151 RPGNo1
    24. März 2022

    @knorke

    Was mich etwas irritiert zurücklässt ist die Ankündigung Putins von Gestern, dass er für seine Rohstoffe von der EU nur noch Rubel azeptiert.

    Vielleicht hilft diese Erläuterung weiter.

    Der Schachzug könnte ein Aushebeln der westlichen Sanktionen bedeuten – und stellt auch Kanzler Olaf Scholz (SPD) vor unangenehme Fragen. Im Zuge der Sanktionen waren geschätzt 400 Milliarden Euro an Reserven der russischen Zentralbank im Ausland eingefroren worden, es könnte mit dem Schritt versucht werden, den Rubel für die Kriegswirtschaft zu stützen. Vor allem aber könnten Gaslieferanten so gezwungen werde, Euros oder Dollars bei der Zentralbank in Rubel umtauschen zu müssen, die Zentralbank würde so jeden Tag wieder an frische Devisen kommen, an die sie wegen der eingefrorenen Auslandsreserven zuletzt nur noch bedingt gekommen ist.
    […]
    Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU) betonte: „Putin fordert, dass wir Öl- & Gasimporte direkt in Rubel bezahlen. Dafür müssten unsere Unternehmen bei der Zentralbank Euro oder Dollar in Rubel eintauschen. Das würde die Sanktionierung der Zentralbank massiv unterlaufen!“

    https://www.tagesspiegel.de/politik/das-ist-eine-eskalation-des-wirtschaftskrieges-gas-nur-noch-gegen-rubel-so-trickst-putin-den-westen-aus/28193376.html

  135. #152 Moreno
    24. März 2022

    Genau einen Monat nach der russischen Invasion stehen für mich als Laie folgende Gedanken und Spekulationen fest.

    1. Die “militärische Spezialoperation” ist völlig anders verlaufen wie von Putin beabsichtigt.
    2. Der Machtapparat Putin ist instabil geworden. Funktioniert aber noch.
    3. Putin kann den Krieg nicht mehr gewinnen. Höchstens noch einen militärisch Teilerfolg.
    4. Die Situation ist für Putin zur politischen Überlebensfrage geworden. Was sie gefährlicher macht.
    5. Putin kann den Krieg nur noch “dreckiger” werden lassen, um sich möglicherweise eine bessere Verhandlungsposition zu erkämpfen.
    6. Eine militärische Eskalation mit der Nato bis hin zum möglichen Einsatz von Nuklearwaffen würde Putins Position im eigenen Machtapparat noch weiter gefährden.
    7. Die gesellschaftliche Aufarbeitung wird nach Kriegsende in Russland sehr wahrscheinlich Putins Ende bedeuten.

  136. #153 Alisier
    24. März 2022

    @ Moreno
    Wenn es denn eine gesellschaftliche Aufarbeitung geben wird.
    Ich erinnere in dem Zusammenhang an die chinesische Kulturrevolution, nach Beendigung derselben man zwar schnell Schuldige präsentiert hat (die sogenannte Viererbande), der Hauptverantwortliche für diese innerchinesischen Massaker aber nach wie vor auf den Geldscheinen zu finden ist.
    Eine weiter gehende Aufarbeitung wurde nach 1989 abrupt gestoppt und nie wieder aufgenommen.
    Und in Russland weigert man sich eigentlich bis heute den Totalverrat an Europa durch den Hitler-Stalin-Pakt wirklich zu thematisieren.
    Mythen allerorten, aber keine Konfrontation mit dem, was wirklich passiert ist.
    Und ich finde, dass Ihre Gedanken und Spekulationen das Ganze gut zusammenfassen.

  137. #154 knorke
    24. März 2022

    @RPG No1 151
    Das habe ich jetzt schon ein paarmal gehört und verstehe das bis zu einem gewissen Punkt. Nur: Die Devisen bekämen sie doch auch über Gazprom? Das ist für die russische Zentralbank doch kein unlösbares Problem, Gazprom und andere via Kommandowirtschaft dazu zu zwingen, die Devisen in Rubel umzutauschen. Hat das Deutsche Reich und Schacht damals im Prinzip auch gemacht um denn Devisen qua Zuteilung an die Rüstungsunternehmen freizugeben. Und Gazprom ist ja teilweise sogar Staatskonzern, also ohnehin per se Kooperationsfähig.

    Im prinzip setzt man so die Europäer doch lediglich dazu unter Druck, ihren eigenen Boykott der Zentralbank zu unterlaufen ODER Öl und Gas zu boykottieren. Komische Logik.
    Ich bin gespannt was dabei rauskommt und ob die Deutsche Politik jetzt wieder den Bremsklotz rausholt.

  138. #155 Moreno
    24. März 2022

    @ Alisier

    Die Schätzungen über russische Gefallene schwanken derzeit zwischen 7.000 – 15.000. Doch gehen wir mal von einem Mittelwert aus. Wenn es zu einem Häuserkampf in einer strategischen wichtigen Stadt kommt, dann kann man die Zahlen locker verdoppeln. Die Gefallenen-Zahlen wird man später seinen eigenen Volk verkaufen müssen, die Frage zu welchen Preis es das Wert war, wird zwangsläufig aufkommen. Zumal die Ukraine kein Feindbild Russlands ist, sondern ein Brudervolk. Mag sein dass die gesellschaftliche Aufarbeitung nicht offiziell erfolgt, am Küchentisch, Kneipe oder in den sozialen Medien garantiert.

  139. #156 Alisier
    24. März 2022

    @ Moreno
    Wir werden sehen.
    Eigentlich müsste das jetzige Geschehen ja schon ausreichen, damit genügend Bürger Russlands vom Glauben abfallen. Passiert aber wohl eher nicht.
    Wer die Propaganda in der Hand hält bestimmt in solchen Staaten eben doch die Gesinnung.
    Dann werden die gefallenen jungen Männer eben kurzerhand zu großen Helden, die fürs Vaterland gestorben sind. Kennt man leider zur Genüge.
    Man vergießt ein paar wohldosierte Krokodilstränchen und weiter gehts mit dem Schlachten.

  140. #157 Alisier
    24. März 2022
  141. #158 Moreno
    24. März 2022

    Habe übrigens noch mal nachgelesen, dass im Afghanistan-Krieg (79 – 89) 13.310 sovjetische Soldaten gefallen sind. Nach einem Monat scheint der personelle Verlust in der Ukraine für die Russen extrem hoch zu sein. Wenn die Schätzungen stimmen.

  142. #159 knorke
    24. März 2022

    Interessanter den der WELT Korrepsonten in Moskau zum Rubel-Thema sagte: Putin macht das, weil er in die Europäer einen Keil treiben will.
    Also das übliche Putin-Muster: Statt zu reagieren bevorzugt er es, die anderen in Zugzwang zu setzen. Das passt zum Bild eines Putins, der dazu neigt zu eskalieren. Das ökonomische Element spielt sicher auch eine Rolle aber in diesem Gesamtzusammenhang verstehe ich den Schritt nun endlich weitgehend.

  143. #160 schmiddi
    24. März 2022

    Der Rubelkurs ist durch die Gegenmaßnahmen der russischen Zentralbank und die Ankündigung, nur noch Gas gegen Bezahlung in Rubel zu liefern, schon wieder deutlich im Aufwärtstrend, was sich wiederum positiv auf Importe und Inflation in Russland auswirkt.

    Der interessanten Frage, ob Russland wirklich so abhängig von Importen ist, wie es der Westen gerne darstellt, hat sich Paul Steinhardt angenommen und verweist dabei auf den hochrangigen Ökonomen Sergej Glasjew, der sich diese Frage ebenso gestellt hat.

    Er legt dar, dass die russichen Importe aus dem Westen im Zeitverlauf abgenommen haben und größtenteils von China kompensiert wurden.

    Die Frage freilich ist, ob der Verkauf an andere Länder Russland im Gegenzug in die Lage versetzt, das von Ausländern zu kaufen, was es sich kaufen will. Was also hat der „der Westen“ den Russen – außer Mc Donalds, dessen Boykott verschmerzbar sein dürfte – zu bieten, was diese nicht auch anderweitig bekommen könnten?

    Laut Glasjew haben die Sanktionen nach der Annexion der Krim …

    “zum Wachstum der heimischen Agrarproduktion” geführt, “die den Import von Geflügel und Fleisch fast vollständig ersetzte”.

    Anders sähe es dagegen bei der Industrieproduktion aus. Steinhardt führt das darauf zurück, dass die Haushaltspolitik zu sehr auf Solidität ausgelegt war und damit das industrielle Potenzial nicht ausgeschöpft werden konnte.

    Würde Putin aber begreifen, dass Geld (in eigener Währung) nicht knapp ist, sondern jederzeit (quasi unbegrenzt) von der Zentralbank geschöpft werden kann, sähe die Sache vermutlich anders aus. Einen wirtschaftspolitischen Berater, der ihm das erklären könnte (oder bereits hat), hat er jedenfalls. Nennt sich Maxim Oreshkin.

    https://makroskop.eu/11-2022/sanktionen-und-souveranitat/

    PS: Ich weiß leider nicht, ob der Artikel eine Bezahlschranke hat, da ich Makroskop abonniert habe …

  144. #161 Mutant77
    24. März 2022

    XXX

    [Edit: Kommentar gelöscht. Nicht jede Gedankenmutation muss sich verbreiten. JK]

  145. #162 Moreno
    24. März 2022

    Zur (zukünftig) wirtschaftlichen Lage Russlands, Kriegsfinanzierung und Bezahlung für Gas in Rubel, der Militärökonom Marcus Keupp heute im ZDF-Interview.
    http://www.youtube.com/watch?v=hI4cmlvjQcs

    [Edit: Link bearbeitet. JK]

  146. #163 Karl Mistelberger
    mistelberger.net
    25. März 2022

    #98 Joseph Kuhn, 22. März 2022
    Der Antidemokrat Habsburg, der selbst immer mit restaurativen Ideen gespielt hat, ist vielleicht nicht der beste Kommentator in Sachen Putin. Andere, in ihrer demokratischen Gesinnung glaubwürdige Menschen, haben schließlich auch vor Putin gewarnt.

    Ein kleines Lehrstück sind der englische und der deutsche Artikel über Otto von Habsburg.

    https://en.wikipedia.org/wiki/Otto_von_Habsburg

    https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_von_Habsburg

    Die deutsche Version wurde offensichtlich von Roslingis für Roslingis verfasst. Die gibt es hierzulande im Überfluss: https://scienceblogs.de/gesundheits-check/2022/02/26/trump-putin-xi/#comment-118384

  147. #164 Joseph Kuhn
    25. März 2022

    Roger Köppel …

    … geht auch noch um. Er hat hier schon mehrfach Anlass zu Diskussionen gegeben, z.B. mit seiner Verehrung des Präsidentenferkels Trump.

    Jetzt hat ihn Trumps russischer Männerfreund aus der Sprücheklopferkurve getragen. Schöner Kommentar dazu im Infosperber.

  148. #165 PDP10
    25. März 2022

    @Karl Mistelberger

    Wenn du jetzt auch noch erklärst, was du mit

    Roslingis für Roslingis

    … meinst, wüsste ich auch, was du meinst.

  149. #166 Alisier
    25. März 2022

    Zu Roger Köppel
    Da stellt sich doch die Frage: sollten wir die ganzen konservativ genannten “Werte” nicht ganz schnell das Klo runterspülen und uns anschließend bekreuzigen mit dem innigen Wunsch dass diese nie wiederkehren mögen?
    Die Antwort ist Ja.
    Ganz ironiefrei.

  150. #167 Onkel Michael
    https://onkelmichael.blog
    26. März 2022

    Was mich bei der ganzen Sache fasziniert: Wie schnell die tausenden von Virologen und Epidemiologen zu Militär- und Außenpolitikexperten wurden.

    Was mich bei der ganzen Sache amüsiert: Mit welcher Verbissenheit die vereinigten Stammtischbrüder und -schwestern sich die Köpfe heiß reden und verbal aufeinander einhacken. (Allgemeine Beobachtung, nicht auf diesen Blog gemünzt)

    Was mich bei der ganzen Sache ängstigt: Wie groß die Anzahl derjenigen ist, die diesen verbrecherischen Angriffskrieg des Kriegsverbrechers Putin kleinreden, entschuldigen und alle Verantwortung auf die Ukraine und die NATO abwälzen wollen.

    Was mich bei der ganzen Sache abstößt (neben dem verbrecherischen Überfall und die Gräuel an sich): Wie sich hierzulande tatsächlich Menschen, darunter politische Mandatsträger, hinstellen können, und die Ukraine zur Kapitulation aufrufen können. Was sind das nur für miese Charakter?

    Was mich bei der ganzen Sache irritiert: Wie selbstverständlich die in den beiden Punkten vorgenannten Personen den imperialistischen und kolonialistischen Ausfällen Putins zustimmen und wie leichtfertig sie den Nachbarstaaten Rußlands ihre staatliche Souveränität (Koalitionsfreiheit!) absprechen.

  151. #168 Alisier
    26. März 2022

    @ Onkel Michael
    Wenn man versucht, sich einen Reim zu machen, und zu verstehen, was gerade allerorten passiert, schwingt man sich damit nicht zum Experten auf, sondern tut etwas zutiefst menschliches.
    Und es gibt auch unter nicht ausgewiesenen Experten durchaus kluge Köpfe, die Sinnvolles äußern.
    In Ruhe Tee zu trinken während mitten in Europa ganze Stadte ausgelöscht werden ist halt nicht jedermanns Sache. Da gehts dann schon mal heißer her, und auch das finde ich absolut verständlich.
    Bei den anderen beschriebenen Verhaltensweisen bin ich gerne dabei sie nicht besonders appetitlich zu finden.

  152. #169 Jan
    26. März 2022

    Und der letzte Präsident der UdSSR , Gorbachow kam wieder vom Geheimdienst

    Ich sage mal: nein.

  153. #170 Onkel Michael
    https://onkelmichael.blog
    26. März 2022

    @Alisier
    Zwischen “sich einen Reim zu machen, und zu verstehen, was gerade allerorten passiert” und rumzugescheithaferln, als ob man sich in den letzten 50 Jahren mit keinem anderen Thema beschäftigt hat, ist doch ein veritabler Unterschied.

  154. #171 Alisier
    26. März 2022

    Nun, Differenzieren ist eigentlich immer ganz gut…..

  155. #172 rolak
    26. März 2022

    Differenzieren ist eigentlich immer ganz gut

    Integrieren auch. Und Grundrechenarten für die Grundrecht-Arten.

    rumzugescheithaferln

    Wegen ‘bloß kein Wodka!’? Jedenfalls eine interessante Schöpfung des BundesZentral­Wort­schlangen­Bildungs­Beauftragten, Respekt!

    Sollte der Westen den Weltkrieg riskieren, um Putin zu stoppen?
    Nein. Die tausendfache oder millionenfache Vermehrung unschuldiger – und ungefragter – Opfer wäre unmoralisch.

    Jetzt mal ganz abgesehen von der moralischen Einordnung der Nekrophilie – wesentlich inter­essanter finde ich das Abwägen der AndersrumFrage: ‘Was riskieren die außerhalb Russlands Staatsgebiet Lebenden, wenn sie wann Putin nicht stoppen?’

  156. #173 RPGNo1
    26. März 2022

    @Onkel Michael

    zu #167: Hier ist eine mögliche Erklärung.

    Es sei vor allem die Ära Gorbatschow gewesen, die zu einem veränderten, positiven Russlandbild beigetragen habe – in Ost- und in Westdeutschland, so der Historiker [Kowalczuk]. Die deutsche Wiedervereinigung konnte friedlich über die Bühne gehen. Das verstellte offenbar den Blick bei vielen Deutschen auf das Geschehen bei ihren Nachbarn im sogenannten Ostblock, etwa im Baltikum 1991 oder in Georgien 2008. Das war es “überhaupt nicht friedlich. Dort gab es blutige Zusammenstöße, provoziert von der Moskauer Zentralmacht”, sagt Kowalczuk. Das sei das wahre russische Gesicht.

    “Und wir haben uns aber in den Jahrzehnten danach eigentlich immer mit diesem Gorbatschow-Faktor beruhigen wollen”, sagt der Publizist. Die meisten Menschen hätten geglaubt, dass mit einem Wladimir Putin so verhandelt werden könnte, wie mit Michael Gorbatschow. “Dieser Gorbatschow-Faktor, der hat im Osten noch weitaus stärker gewirkt als im Westen.”

    https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/sicht-auf-russland-krieg-deutschland-linke-100.html

  157. #174 Alisier
    26. März 2022
  158. #175 Alisier
    26. März 2022

    Biden geht gerade in die offene Konfrontation.
    Vielleicht hat er den taz-Artikel gelesen. (Ok, kleiner Scherz, obwohl mir grad nicht wirklich nach Schwerzen zumute ist)
    Wahrscheinlich haben so gut wie alle Berater entschieden, dass reines Abwarten keinen Sinn mehr ergibt.
    Was das für uns und alle anderen heißt weiß niemand.

  159. #176 PDP10
    27. März 2022

    @Alisier:

    Klare Worte:

    Ich hätte nie gedacht, so einen Artikel mal in der Taz zu lesen. Er hat ja in vielen Dingen recht, im Sinne von “war zweifellos so”.

    Aber: Was folgt daraus?

    Der Vergleich, der immer wieder gerne aufgemacht wird, mit der Appeasement-Politk der Dreißiger Jahre zB. geht IMHO komplett fehl.

    Die Nazis hatten nunmal keine Nuklearwaffen. Das ist eine komplett andere Qualität.

    Und jetzt?

    (Ich habe keine Ahnung … ).

  160. #177 Alisier
    27. März 2022

    @ PDP10
    Genau: Was folgt daraus?
    Die Tatsache, dass sie keine Nuklearwaffen hatten, hat die Nazis trotzdem nicht daran gehindert halb Europa in Schutt und Asche zu legen.
    Also wäre die Frage wohl eher: Was folgt daraus nicht?
    Ein “Weiter so” scheint hoffentlich nicht nur mir sehr unattraktiv.
    Ich bleibe beim Wunsch es möge bald jemanden (oder etwas) geben, der sich entschließt Putin auf eine Weise entgegenzutreten, die dieser ernst nimmt.
    Und den sehe ich noch nicht.
    Ein moderner, werteorientierter Westen ohne patriotisch-nationalistisches Gedöns könnte so ein Gegenspieler werden. Die Frage ist oder bleibt aber immer ob eine Gemeinschaft heute schon ohne Parolen und Propaganda auf der reinen Basis von Vernunft und Interesse zusammengeschweißt werden kann.
    Putin glaubt das nicht. Glauben wir es?
    Und wenn nicht: was haben wir für Alternativen?
    Es gibt immer mehr Fragen als Antworten. Und sich das einzugestehen gilt ideologisierten Machtgebilden wie Russland und China als Schwäche die man ausnutzen kann und sollte.
    “Der Westen” ist deren Augen ein schwuler (früher jüdischer)Waschlappen ohne Eier und Ehre, um es mal so drastisch zu formulieren.
    Machen wir uns nichts vor: wir haben es mit zwei faschistischen Regimes zu tun, die ihre Bevölkerungen mehr oder weniger gut im Griff haben.
    Zumindest die Zeit Relativierungen sollte vorbei sein.

  161. #178 Alisier
    27. März 2022

    “der” Relativierungen…..

  162. #179 Beobachter
    27. März 2022
  163. #180 naja
    27. März 2022

    @PDP10
    @Alisier

    Der Westen liefert der Ukraine “bislang” immer noch nicht die Waffen, um die sie bittet. Egal wie, wenn Putin diesen Krieg verliert, hat er immer noch die nukleare Option und kann zeigen, wie weit er geht.
    Ganz ehrlich, die Ukraine hat Atomwaffen gegen ein Versprechen abgegeben und jetzt kriegt sie keine Panzer und Kampfjets, das hätte für die Ukraine kaum schlechter laufen können. Da kann man sich noch 100 mal sagen, wie toll Putin alle vereint hat. Vereint in der Handlungsunfähigkeit? Putin kann überhaupt keine roten Linien übertreten, weil es für ihn keine gibt. Wenn die Nato der Ukraine die falschen Waffen zur Selbstverteidigung liefert, ist eine rote Linie überschritten und es droht die nächste Eskalationsstufe. Währenddessen werden munter weiter zivile Einrichtungen bombardiert und Fluchtkorridore attackiert.

  164. #181 Alisier
    27. März 2022

    @ naja
    Die Flugzeuge zur Luftraumverteidigung sind seit gestern zugesichert, mit Billigung der USA.
    Das ist einer der Gründe weswegen ich geschrieben habe, dass Biden jetzt so langsam in die Vollen geht.

  165. #182 naja
    27. März 2022

    @Alisier

    Kannst du mir einen Link schicken? Ich finde da nur wieder “vielleicht, jetzt liegt es an Polen, Selenski fordert erneut” usw. Ist das jetzt definitiv?

  166. #183 Alisier
    27. März 2022

    @ naja
    Dazu wirst Du im Moment kaum was finden.
    Das läuft hinter den Kulissen, aber alleine das fehlende Dementieren der USA spricht für eine Wende.
    Abwarten.

  167. #184 RPGNo1
    27. März 2022

    Ein Nebenaspekt des Krieges: Die russische Armee erwickelt sich aktuell auch zum größten (unfreiwilligen) Lieferanten hochkomplexer moderner Militärtechnologie (ja, auch das gibt es noch im Land neben sowjetischen Waffen aus den 70er, 80er Jahren).

    Ukraine captures one of Russia’s most advanced electronic warfare systems, which could reveal military secrets, reports say

    https://www.bluewin.ch/de/news/international/wenn-kiews-kriegsbeute-fuer-die-usa-eine-moegliche-goldmiene-ist-1147950.html
    https://en.wikipedia.org/wiki/Krasukha_(electronic_warfare_system)

    Die westlichen Geheimdienste sind schon unterwegs, das System Krasukha-4 außer Landes zu bringen und zu analysieren.

  168. #185 rolak
    27. März 2022

    schon unterwegs

    Falls Du jetzt nicht die letzte Meile oder einen speziellen AbtransportTrupp meinst: die dürften schon längst vor Ort sein.
    Man beachte übrigens (mal wieder) die url: ‘Goldmiene’, es wird halt überall mit der heißen Nadel gestrickt, da flutscht noch mehr durch als sonst schon 😉

    das fehlende Dementieren

    Einerseits ist das ‘UntertitelBüro’ Diplomatie zur Zeit anscheinend ziemlich damit ausgelastet, allzu realistische Formulierungen Bidens (eg ‘butcher’) mit ausreichend Zuckerguß zu überziehen, on the other hand “the White House is yet to be convinced by the Ukrainian president’s arguments, fearing a widening of the conflict.”

  169. #186 Alisier
    27. März 2022

    @ rolak
    Ich für meinen Teil habe beschlossen auch mal kryptisch zu spekulieren und indirekte Drohkulissen aufzubauen.
    Klotz und Keil.
    😉

  170. #187 Moreno
    27. März 2022

    Zu allem Überfluss ist jetzt auch noch der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan um die Region Bregkarabach neu entflammt. Wenn der Friedensstifter und Verhandlungsführer Russland selber in einem Krieg verwickelt ist, scheint dass was unser seiner Schirmherrschaft ausgehandelt wurde auch keine Gültigkeit mehr zu haben.

  171. #188 knorke
    28. März 2022

    @PDP10 (176)
    Ich finde den Vergleich durchaus machbar. Beide haben abgeschreckt und eskaliert. Nur die Waffe der Abschreckung war eine Andere: Der ein drohte mit einem erneuten langen großen Krieg, der andere droht mit der Atombombe. Wer immer nur nachgibt, wird sich soweit zurückdrängen lassen, bis er mit dem Rücken zur Wand steht. Dabei ist die Atombmobme nur strategisch zweckdienlich, solange man die androht, jedoch NICHT einsetzt. Putin weiß sehr genau, dass er in dem Moment verliert, wo er eine Richtung Westen abschickt. Davon hat er nichts.

    Ganz unabhängig folgt aber was Anderes daraus: Wenn man diesen Knonflikt nur Angstbasiert führt, dann verliert man ihn, denn dann wäre jede Rote Linie außer die A-Bomben-Vergeltung selbst fern jeglicher Diskussion. Ich glaube, NATO und die meisten Regierungsschefs wissen sehr gut, dass die Atombombendrohung Angst machen soll, aber der Weg bis zum Einsatz weiter ist, als es medial den Anschein erweckt (jedenfalls in Form einer strategischen Bombe auf den Westen).
    Ich denke die Hauptsorge gilt der Vermeidung eines Krieges dieser Größenordnung generell, aus unterschieldichsten Gründen, von der Unklarheit der strategischen Ziele die man damit erreichen könnte, über die Eskalation mit der A-Bombe (aber als Teil, nicht als Hauptsache des Kalküls), über außenpolitische Überlegungen im Hinblick auf China, potenziellen weiteren Zivilopfern bishin zu profanen wirtschaftlichen Erwägungen. Und ich glaube, die NATO ist auch schlicht (noch nicht) kriegsbereit, um so einen Krieg potenziell in jeder erforderlichen Form konventionell führen zu können. Das gab das bisherige Sicherheitskonzept nicht her und die Militärische Verfassung diverser Länder (nicht nur, aber vor Allem auch Deutschland) wären für mehr als Unterstützungsleistungen zur Zeit kaum zu gebrauchen.
    Will sagen: Ich glaube, auch ohne die russische A-Bombe würde die NATO sich aktuell ähnlich positionieren.

    Eine weitere Lehre: Wenn man zudem den Eindruck erweckt, dass allein die A-Bombendrohung bereits die meisten üblichen Handlungsoptionen und Reaktionsmöglichkeiten blockiert, die man als Bündings, Staat oder Wertegemeinschaft in der Weltpolitik üblicherweise einsetzt, setzt man ein hochgradig problematisches Exempel in Sachen Iran, Nordkorea und jeden anderen, der gerne die Bombe hätte oder schon hat. Denn bisher nützt sie – z.B. den Nordkoreanern – in erster Lnie als Lebensversicherung. Offensiv wird sich nicht verwendet, weil die Drohung eigentlich so nicht funktioniert … es sei denn man ließe genau das zu.

    Ich jedenfalls finde, der Westen tritt zu zaghaft auf, indem beispielsweise Stoltenberg keine klare rote Linie beim russischen Einsatz von ABC zieht (ich halte es für notwendig, die rote Linie dort zu ziehen, weil genau das eventuell das Mittel ist, Russland davon abzuhalten sowas zu machen) oder die Deutsche Regierung praktisch kategorisch ein Gasembargo kurzfristig aussschließt. Es ist sicher nicht immer schlau, öffentlich zu sagen, was man wann tun würde, aber es ist vermutlich in den meisten Fällen viel weniger schlau, bestimmte Optionen kategorisch auszuschließen. Nunja, ich hoffe, in Deutschland findet man notfalls einen Vorwand, um sich an die eigenen in die Welt posaunten Maximen nicht zu halten wenn die Umstände es erfordern. Für mich wäre das trotz aller wirtschaftlichen Folgen allerspätestens dann gegeben, wenn die Russen auf die Rubel-Zahlungen bestehen. Wenigstens scheint sich Habeck das Hintertürchen gelassen zu haben, die Reaktion auf genau diesen Fall nicht auch bereits vorweggenommen zu haben.

    • #189 Joseph Kuhn
      28. März 2022

      @ knorke:

      “Dabei ist die Atombmobme nur strategisch zweckdienlich, solange man die androht, jedoch NICHT einsetzt.”

      Da wäre ich mir nicht so sicher. Dass auch Kriege mit Atomwaffen führbar sind, wird immer wieder diskutiert, vor kurzem hat auch Frau Gaub erst das derzeit öffentlich Sagbare dazu getestet (siehe Kommentar #145).

  172. #190 knorke
    28. März 2022

    Ich habs mir jetzt nochmal angesehen was sie sagte und bleibe bei meiner Aussage: Die Atombombe ist nur strategisch zweckdienlich, solange man sie androht, aber NICHT einsetzt.

    Das sagt Frau Gaub auch. Sie differenziert übrigens auch sehr deutlich zwischen taktischem und strategischem Einsatz. Und Im Endeffekt differnenziert sie auch zwischen dem Einsatz gegen USA/NATO/EU (kurz Westen) und Ukraine.
    Zu Ukraine äußert sie sich ganz klar: Sollte er das tun, und sollten die Ukrainer dann – anders als Japan im 2.WK – NICHT kapitulieren, hat er nicht nur das Drohungspotenzial sondern auch das militärische Potenzial der Waffe gegen die Ukraine weitgehend ausgeschöpft – sie bliebe ihm lediglich noch als Mittel des Genozides – daran will man nicht denken, Frau Gaub erwähnt es sicherheitshalber auch nicht und ich nehme an das hängt damit zusammen, dass das automatisch zu einem Nuklearen Konflikt mit dem Westen führen würde, den kann er so nicht wollen. Ich wiederhole was ich oben sagte: Ich fände es daher sinnvoll, bei einem ABC Einsatz jeglicher Art der Russen gegen die Ukraine seitens der NATO eine klare rote Linie zu ziehen, auch um diesen Einsatz unwahrscheinlicher zu machen.

    Wozu sie sich weniger direkt äußert, aber es folgt aus dem was sie sagt: Die Drohungen von Atomwaffen gegen den Westen sind Drohungen die ihr Potenzial allein in der Abschreckung haben. Putin weiß, dass der Einsatz selbst taktischer Gefechtsköpfe gegen den Westen das Potenzial zur gegenseitigen Auslöschung ebenso in sich trägt wie der der dafür konzipierten strategischen Gefechtsköpfe. Und weil das so ist, kann er nur damit drohen, um etwas damit zu gewinnen. Das einzige Szenario in dem ein Einsatz ihm gegen den Westen etwas brächte wäre, wenn der Westen selbst Putin und dessen Regime bzw. die russsiche Nation an den Rand der Auslöschung brächte, denn dann würde er nicht allein untergehen.

    Ansonsten unterbetont Frau Gaub meiner Meinung nach allerdings auch die Gefahr die die schiere Zahl von Atombomben allein im russsichen Bestand in so einem Fall hätte: Erstens sind die strategischen Gefechtsköpfe heute wesentlich potenter als im 2. Weltkrieg, zweitens liegt der eigentliche Schrecken darin in allererster Linie im Auslöschungspotenzial aller wesentlichen Bevölkerungszentren der beteiligten Parteien durch die schiere Explosionskraft, was praktisch zum Untergang aller politischen, wirtschafltichen, medialen und logistischen Möglichkeiten führen würde, die eben dort zentriert sind und damit praktisch die Auslöschung dieser Staaten. Die Vergleiche mit dem bewohnten und bewohnbaren Hiroshima sind hier nicht zielführend, denn es geht um das Zusammenbrechen aller steuernden Strukturen eines Landes/Machtblocks/whatever. Das hätte sie meiner Meinung nach ruhig auch so deutlich sagen können.

    Eine Frage die völlig offen bleibt ist, ob die ganzen Sprengköpfe überhaupt einsatzbereit sind. Die Russen mussten ja auch sparen und spaltbares Material hat je difinitionsgemäß auch ein “MHD”. Wenn zu viel zerfällt, funktioniert der Sprengkopf nicht mehr wie vorgesehen. Das soll keinesfalls eine Verharmlosung sein, aber wenn man sich das russische Material anguckt, das da in der Ukraine vor sich hinrostet, fragt man sich, wie einsatzbereit der Rest wohl ist. Ist nämlich alles ein enormer Geldfaktor (Die Bundeswehr war anscheinend auch einigermaßen schockiert über den Zustand des NVA-Materials nach der Wiederrvereinigung… und hat zur Zeit selbst ja ganz ähnliche Probleme).

    • #191 Joseph Kuhn
      28. März 2022

      @ knorke:

      “und bleibe bei meiner Aussage”

      Ich auch.

  173. #192 LasurCyan
    28. März 2022

    Die Bundeswehr war anscheinend auch einigermaßen schockiert über den Zustand des NVA-Materials nach der Wiederrvereinigung

    Nicht nur die Bundeswehr, knorke. Ich musste 87/88 NVA-Realitäten kennenlernen und dachte nur: Hoffendlich kriegt das niemand mit.

    Und heute rücken die Russen (u.a) mit der gleichen Technik (Schützenpanzer SPW60PB) in die Ukraine ein. Sarg auf Rädern, meinte seinerzeit ein Vorgesetzter, bei Beschuss bleibt nur der Richtschütze drin. Wäre ich gewesen. Kaltes Grausen, noch heute..

  174. #193 rolak
    1. April 2022

    SPW60PB

    S´Brüderchen fährt jetzt gegens Mütterchen..

    btw: auch ohne jegliche EigenErfahrung kann ich Dein Grausen wohl gut nachvollziehen…

  175. #194 RPGNo1
    3. April 2022

    Es wird immer offensichtlicher, dass die russischen Streitkräfte in der Ukraine massive Kriegsverbrechen begehen.

    https://www.spiegel.de/ausland/ukraine-krieg-russen-begehen-in-butscha-womoeglich-massives-kriegsverbrechen-a-84358546-fd66-4f41-888e-6b08c9587388

    Dazu ein Kommentar von Sergej Sumlenny, Leiter der Heinrich-Böll-Stiftung in Kiew von 2015-2021.

    So there is no surprise, WHY Ukrainians are not happy to listen to German advice (like by @JohannesVarwick and other persons) to “capitulate and save lives”. Ukrainian may not know all the details of Putin’s plans, but they have all the experience of what Putin and Russia bring.

    https://twitter.com/sumlenny/status/1510168073831165956

    Ich könnte noch ein paar weitere Namen ergänzen, die Richtung Kapitulation der Ukraine oder ähnlichem gedrängt haben. Aber das lasse ich.