Julia Klöckner war einmal Weinkönigin. Das ist ein schönes Ehrenamt. Man darf nichts Schlechtes über Wein sagen, aber sonst kann man wenig falsch machen. Danach ging Frau Klöckner in die Politik. Dort fiel sie immer wieder einmal mit unpassenden Auftritten auf. Wer diese Kompetenz einmal erworben hat, liefert oft zuverlässig über viele Jahre.

Jetzt hat sich Frau Klöckner dazu hinreißen lassen, eine Infoseite der Bundesregierung zu kommentieren, auf der es um die vieldiskutierte Frage der Geschlechter-Identität geht. Die Seite weist darauf hin, dass es sog. „Pubertätsblocker“ gibt, die den Beginn der Pubertät hinauszögern können. So was geht gar nicht, zwitschert Frau Klöckner:

„Das ist doch irre – sollte das kein Fake sein: Bundesregierung empfiehlt sehr jungen, unsicheren Menschen Pubertäts-Blocker“

Das Medien-Echo war verheerend: Die Information der Bundesregierung stammt noch aus der Zeit der Merkel-Regierung, deren Mitglied sie war, als Ministerin für neutrale Ernährungs-Infos. Zudem ist der Einsatz von Pubertäts-Blockern verschreibungspflichtig, d.h. unterliegt der Verantwortung eines Arztes und ist darüber hinaus mit weiteren Verordnungshürden versehen. Mit anderen Worten: Die Kinder werden hier nicht einfach angefixt, Hormone „wie Hustenbonbons“ zu nehmen, wie sich Klöckner von BILD zitieren ließ, dem renommierten Fachblatt für Kinder- und Jugendmedizin (mit Fokus auf weibliche Oben-ohne-Fallserien).

Dumm gelaufen. Besser wäre es gewesen, sie hätte nicht ungehemmt ihrer Lust nachgegeben, auf die Debatte um die Geschlechter-Identität aufzuspringen und sich dort skandalisierend gegen die moralisch verkommene Ampel-Regierung positionieren zu wollen, sondern sich vorher einmal mit der Sache beschäftigt. Zumal, wenn sie Informationsangebote kritisiert. Sie hätte z.B. ihre Landsfrau Sabine Maur, Vorsitzende der Psychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz, fragen können, die im Tagesspiegel-Background einen klugen Kommentar zu dem Thema geschrieben hat, oder einen mit dem Thema vertrauten Kinder- und Jugendpsychiater.

Eigentlich hätte sie gar nichts zu dem Themas sagen müssen. Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz sind schließlich erst 2026.

Kommentare (14)

  1. #1 rolak
    16. Oktober 2022

    😀

  2. #2 knorke
    16. Oktober 2022

    Manchen… korrigiere: Allen Politikern sollte man den Umgang mit Neuen Medien… korrigiere: Allen Medien, verbieten oder nur noch in Beisein eines Betreuers erlauben.
    Alternativ wäre es auch genehmigungsfähig, sich erst zu informieren, bevor man twittert und noch besser: zwischen informieren und twittern auch noch nachzudenken.

    …Warum habe ich nur das Gefühl, dass Vorschlag 1 realistischer erreichbar ist als Vorschlag 2?

  3. #3 schorsch
    16. Oktober 2022

    Wir haben so schön grüne Wiesen in Rheinland-Pfalz – warum schickt man Frau Klöckner nicht dort zum Grasen, auf dass ihre wiederkäuenden Gasentweichungen nicht in der Presse landen?

    Wie? Umweltschutzgründe? Methan in der Atmosphäre?

    Gut, sehe ich ein.

  4. #4 Ludger
    16. Oktober 2022

    Es geht um einen Zielkonflikt, für den es bisher keine saubere Lösung gibt. Es geht um die Medikamentengruppe der GnRH-Analoga, die durch Downregulierung der Rezeptoren wie Blocker wirken. Zitat Wikipedia / https://de.wikipedia.org/wiki/GnRH-Analogon#Einsatz_in_der_Humanmedizin ) :

    Eine wichtige Indikation dafür besteht in der Hemmung des hormonabhängigen Wachstums von Tumoren. So werden GnRH-Agonisten beim Mann zu palliativen Behandlung des metastasierten Prostatakarzinoms und bei der Frau des metastasiertem Mammakarzinoms eingesetzt. Bei Frauen werden GnRH-Agonisten außerdem zur Behandlung der Endometriose sowie zur Verkleinerung von Gebärmuttermyomen vor einer geplanten chirurgischen Entfernung eingesetzt. Bei einem vorzeitigen Eintritt der Pubertät (Pubertas praecox) kann durch die Gabe von GnRH-Agonisten die Sekretion von Sexualhormonen durch die Keimdrüsen unterdrückt und ein vorzeitiger Abschluss des Größenwachstums verhindert werden.

    Über Nebenwirkungen liest man bei dem o.a. Link […]Jugendpsychiater:

    Laut Korte sei das exakte Ausmaß an Neben­wirkungen bislang noch unklar – aber es gebe beunruhigende Erkenntnisse. „Zu der Behandlung von Kindern mit vorzeitiger Pubertät mit Pubertäts­blockern gibt es eine Fallstudie, wonach sich der IQ der Betroffenen messbar verschlechtert hat. Das war auch bei Beendung der Behandlung nicht reversibel“, sagt der Kinder- und Jugend­psychiater. In Tier­experimenten mit Schafen habe sich zudem gezeigt, dass eine Verschlechterung des räumlichen Orientierungs­vermögens und der Emotions- und Verhaltens­kontrolle nach der Verabreichung von Pubertätsblockern bei den Tieren auftrat.

    Korte warnt auch vor sexuellen Nebenwirkungen: „Diese Medikamente supprimieren die Libido – und das in einer sehr sensiblen Entwicklungs­phase. Das bedeutet, dass de Behandelten nicht in der Lage sind, sich mit ihren sexuellen Begierden auseinander­zusetzen“, betont er. Zudem sagt der Experte, dass Pubertätsblocker seines Erachtens nicht vollständig reversibel sind. „Wenn die Medikamente abgesetzt werden, wird auch die Pubertät wieder in Gang gesetzt“, sagt Korte, „doch das heißt nicht, dass die erfolgte Beeinträchtigung der kognitiven und sexuellen Entwicklung damit aufgehoben wäre.“
    [Hervorhebung durch mich]

    Andererseits ist eine körperliche Anpassung nach der abgelaufenen Pubertät deutlich schwieriger und zum Teil nicht mehr möglich: die dunkle Stmme und die breiten Schultern werden bleiben, wohl auch der Bartwuchs.
    Und viele Kinder im Alter vor der Pubertät werden sich wohl nicht mit ausreichender Sicherheit für den Rest ihres Lebens entscheiden können, ob eine angleichende Therapie auf Dauer angezeigt ist.
    Es scheint ja wohl so zu sein, dass das Phänomen der Geschlechtsdysphorie neuerdings zum Teil in Clustern auftritt und viel häufiger als vor wenigen Jahrzehnten vorkommt. Möglicherweise spielen die sozialen Medien eine Rolle, das Gefühl zu pushen, man habe selber auch so eine Geschlechtsdysphorie.
    Die Empfehlung des „Regenbogenportals“, auf die sich Frau Klöckner am 12.Oktober 2022 bezog, wurde laut Wikipedia im Oktober 2022 angepasst:

    Diese Empfehlung wurde im Oktober 2022 zur Klarstelleung nach starken Einwänden und Protesten durch die Empfehlung angepasst, dass ausschließlich Ärztinnen und Ärzte über die Notwendigkeit der Einnahme von Pubertätsblockern entscheiden.

    Die Frage muss man sich schon stellen, ob bei dem Dilemma eingeschränkte Therapiemöglichkeit einer Geschlechtsangleichung versus Nebenwirkungen einer off-label-Therapie mit Nebenwirkungen bei Kindern, ob es also die Aufgabe einer Regierung ist, für die off-Label-Therapie zu werben.
    Es ist aber die die Opposition legitim, dagegen zu opponieren.

  5. #5 RPGNo1
    16. Oktober 2022

    Funfact: Wie findige Internet-Nutzer herausgefunden haben, wurde von Frau Klöckner zitierte Page in 2020, also zur Zeit der großen Koalition. aufgesetzt.

  6. #6 Ludger
    16. Oktober 2022

    […] zitierte Page in 2020, also zur Zeit der großen Koalition.

    Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend war 2020 Frau Franziska Giffey, SPD.

    • #7 Joseph Kuhn
      16. Oktober 2022

      @ Ludger:

      Uns allen ist in bester Erinnerung, wie sich Frau Klöckner damals öffentlich und in größter Sorge über den Infotext der Bundesregierung beschwert hat. Ist sie nicht deswegen sogar zurückgetreten? 😉

      Gibt es eigentlich gute Studien dazu, warum immer mehr Kinder Probleme mit ihrer Geschlechteridentität haben oder zu haben scheinen? Es kann ja nicht nur an der Sendung mit der Maus liegen? Am Ende sind die “Jungs spielen Cowboy und Mädchen spielen Prinzessin”-Schemata zu langweilig für die Jugend von heute? Welcher Junge will schon wie Putin in der Gegend herumreiten, wenn er anders als der nebenan doch nichts kaputtschießen darf?

      Ich frag ja nur.

  7. #8 Ludger
    17. Oktober 2022

    J.K.:

    Gibt es eigentlich gute Studien dazu, warum immer mehr Kinder Probleme mit ihrer Geschlechteridentität haben oder zu haben scheinen?

    Wenn es die gäbe, würden sie zitiert. Die “Transgenderlobby” ist jedenfalls wach genug, um das nicht zu verschlafen.
    Zum off-label-use von GnRH Analoga: das ist nur dann eine Kassenleistung, wenn es die Gesetzliche Krankenkasse nach Rücksprache mit dem Medizinischen Dienst genehmigt. Gibt es dazu Zahlen?
    Pubertierende Kinder sind psychisch labil. In der Pubertät kommt es unter dem Einfluss der Sexualsteroide zu einem deutlichen Umbau des Gehirns. Das hat auch Einfluss auf die bleibende sexuelle Orientierung. Ist in der Situation der Entwicklung ein hormoneller Eingriff ethisch vertretbar, weil man bei einzelnen Individuen dieser so behandelten Menschen dann weniger Probleme mit der Figur, der Stimmlage und dem Bartwuchs hat? Darf ei Bundesministerium bei Kindern in dieser labilen Entwicklungszeit dafür werben, auch wenn es keine Studien dafür gibt? Werben hier Nichtfachleute für eine Therapie mit verschreibungspflichtigen Medikamenten? Fragen gibt es genug.

  8. #9 Frank
    17. Oktober 2022
  9. #10 Ludger
    17. Oktober 2022

    @ Frank
    Interessanter Artikel.
    Rat an Frau Klöckner: Im B-Fall sind Aufzüge gefährlich und daher zu meiden.

  10. #11 Christian Meesters
    17. Oktober 2022

    Als Wahl-RLPler danke ich Dir für diesen Artikel – darum:

    Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz sind schließlich erst 2026.

  11. #12 gedankenknick
    18. Oktober 2022

    @Joseph Kuhn

    Welcher Junge will schon wie Putin in der Gegend herumreiten, wenn er anders als der nebenan doch nichts kaputtschießen darf?

    Die meisten Jungs sind sehr wenig Pferde-affin, im gegensatz zu vielen Mädchen. Das ist – beziehungsanbahnend gesehen – eine ziemlich dumme Sache, denn als reitender männlicher Jugendlicher ist die Auswahl an flirtwilligen weiblichen Jugendlichen meist wesentlich größer als in der Kontrollgruppe ohne Pferdebezug. (Ich hab diesen Zusammenhang leider auch erst rausbekommen, als ich der Pubertät schon SEHR lange entwachsen war.)

    Andererseits ist die Pferdehaltung nicht bloß relativ teuer und zeitaufwendig, gerade in (groß)urbanen Gegenden ist das schlichtweg (auch artenschutzgerecht) einfach nicht sinnvoll umsetzbar. Also bleibt dann doch nur wieder, RedDeadRedamtion auf der Konsole zu datteln, und dabei sind durchschnittlich auch wiederum weniger weibliche User beteiligt. Ein Teufelskreis.

    Kein Wunder, dass man(n) da nicht in die Pubertät wachsen möchte, sondern ewig Kind bleiben und ungestraft die Konsole befingern. (Ok, der letzte Witz kam zu meiner Jugendzeit besser, da hatte man(n) schließlich noch ne(n) Amiga.)
    😉

  12. #13 Johann Hermann von Oehsen
    Hamburg
    23. Oktober 2022

    Eine “zwitschernde” Julia Klöckner von Joseph Kuhn arg “verbellt”. Unappetitlich!

    Johann Hermann von Oehsen

  13. #14 RainerO
    26. Oktober 2022

    @ Johann Hermann von Oehsen
    Was an dem Kommentar von Joseph Kuhn war denn “unappetitlich”?
    Wenn Sie “der” Johann Hermann von Oehsen sind, äußern Sie sich zu dem Thema genauso weit außerhalb Ihres Kompetenzbereichs wie Frau Klöckner.