Eine deutscher Spion sendete im Zweiten Weltkrieg verschlüsselte Botschaften aus den USA an Hitlers Geheimdienst. Fünf dieser Nachrichten sind erhalten geblieben. Sie wurden bisher nicht gelöst.
“Abwehr” war der schlichte Name des deutschen Geheimdiensts zwischen 1920 und 1944. Die Abwehr sollte Hitler mit Informationen über die Kriegsgegner versorgen und dazu ein Netz von Spionen aufbauen. Dies gelang nur bedingt, und so ging die Abwehr als einer der weniger erfolgreichen Geheimdienste in die Geschichte ein. Wer mehr über die Abwehr wissen will, sollte das Buch Hitler’s Spies von David Kahn lesen.
Wie Kahn berichtet, hatte die Abwehr einen Spion in New York angeworben, der unter dem Namen “Köhler” geführt wurde. Wie er wirklich hieß und wer er war, ist nicht bekannt. Vermutlich hatte Köhler keinen Zugang zu Geheiminformationen und bezog seine Informationen daher aus Alltagsbeobachtungen. Laut Kahn berichtete er beispielsweise über US-Offiziere, die er an einer Hotelbar traf und die im Suff einige Dinge ausplauderten. Kahn vermutet, dass Köhler teilweise unter dem Einfluss des FBI stand, weshalb seine Berichte an die Deutschen möglicherweise frisiert waren.
Bei seinen Recherchen stieß Kahn auf fünf verschlüsselte Nachrichten, die von Köhler stammten und die die Abwehr im Februar 1944 intern nach Paris weiterleitete (in Paris wurden Informationen über die erwartete Invasion der Alliierten gesammelt). 1981 veröffentlichte Kahn diese fünf Kryptogramme in der Fachzeitschrift Cryptologia (Ausgabe April/1981). Offensichtlich reichte niemand eine Lösung ein. Meines Wissens wurde dieses spannende Krypto-Rätsel in der Literatur anschließend nicht mehr gewürdigt. Ich gehe daher davon aus, dass kaum ein Leser die Köhler-Kryptogramme kennt. Hier ist das von Kahn aufgefundene Schreiben (die Zahlen stehen offensichtlich für die Länge der jeweiligen Nachricht):
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Abwehrleitstelle Frankreich
Paris Funkstelle
Sofort vorlegen!
Betr.: Koehler
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Schafft es jemand, diese Nachrichten zu knacken? Ich gehe davon aus, dass Köhler keine Verschlüsselungsmaschine nutzte, sondern nur mit Papier und Bleistift arbeitete. Das Verfahren müsste daher lösbar sein. Eine Transpositionschiffre (z. B . Doppelwürfel) kann es nicht sein, da die Buchstabenhäufigkeiten zu gleichmäßig sind. Ich bin gespannt, ob ein Leser mehr herausfindet. Vielleicht gelingt es ja dadurch, etwas mehr über diesen rätselhaften Spion herauszufinden.
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