Der britische Komponist Edward Elgar (1857-1934) schickte 1897 eine verschlüsselte Nachricht an eine Bekannte. Diese Nachricht ist erhalten geblieben und bis heute ungelöst. Als “Dorabella-Kryptogramm” gehört sie zu den bekanntesten Krypto-Rätseln der Welt.
Die Komposition “Land of Hope and Glory” aus dem Jahr 1902 kennen Sie bestimmt. Falls Ihnen der Titel nichts sagt, können Sie sich hier die Melodie noch einmal in Erinnerung rufen:
Komponiert hat “Land of Hope and Glory” der Brite Edward Elgar. Dieser zählte zu den vielen Musikern, die sich für Kryptologie interessierten. Seine zweitbekannteste Komposition sind die Enigma-Variationen. Diese enthalten einige vom Komponisten eingefügte Rätsel, haben aber nichts mit der gleichnamigen Verschlüsselungsmaschine zu tun.
1897 schrieb der damals noch unbekannte Edward Elgar einen Brief an eine 17 Jahre jüngere Freundin namens Dora Penny. Diesem Schreiben legte er einen Zettel mit einer kurzen verschlüsselten Botschaft bei. Dieses Kryptogramm ist der Nachwelt zwar erhalten geblieben. Erstaunlicherweise ist es jedoch bisher niemandem gelungen, diese Nachricht zu knacken. Inzwischen gehört das Dorabella-Kryptogramm zu den weltweit bekanntesten ungelösten kryptologischen Rätseln überhaupt und damit auch in meine Liste der bekanntesten Kryptogramme.
Meine Transkription des Dorabella-Kryptogramms sieht wie folgt aus (leider ist Elgars Handschrift an einigen Stellen nicht ganz eindeutig):
ABCDE FGDHA IJKLJ MJJFB BJNGO GNIP
GJGFQ DHRSC JJCFN KGJIJ FTPKL QHHQI P
CPFUP CLUZN PCJFU KPNDB NPFDL ED
Der verschlüsselte Text umfasst 87 Zeichen ohne Zwischenräume, die sich über drei Zeilen erstrecken. Es gibt 24 unterschiedliche Zeichen. Jedes davon setzt sich aus einem, zwei oder drei Bögen zusammen. Das J ist der häufigste Buchstabe, gefolgt vom F und vom P.
Über den Inhalt der Dorabella-Nachricht ist leider nichts bekannt. Vermutlich handelt es sich um eine Mitteilung für Dora Penny und war dazu gedacht, von dieser entschlüsselt zu werden. Allerdings gab ihr Elgar keinen Hinweis zur Lösung, obwohl die beiden zeitlebens in Kontakt blieben. Penny starb im Jahr 1963, ohne die Nachricht je im Klartext gelesen zu haben. Da Penny keine kryptologische Erfahrung hatte, dürfte Elgar ihr kein besonders schwieriges Rätsel aufgegeben haben. Andererseits könnte die Verschlüsselungsmethode mit Informationen zu tun haben, die nur Elgar und Penny kannten.
Vermutlich steht jedes der 24 Zeichen für einen Buchstaben. Es gibt sogar ein von Elgar verfasstes Schriftstück, in dem er jedem der seltsamen Zeichen einen Buchstaben zuordnet. Zur Lösung des Dorabella-Kryptogramms hat diese Tabelle jedoch bisher nicht beigetragen. Falls Elgar diese Zuordnung verwendet hat, muss mindestens ein weiterer Verschlüsselungsschritt im Spiel sein.
Die Häufigkeitsverteilung der 24 Zeichen deutet auf eine einfache Buchstabenersetzung hin. Alle Versuche, das Rätsel damit zu lösen, sind jedoch bisher gescheitert. Möglicherweise hat Elgar die Reihenfolge der Buchstaben in der Nachricht vertauscht, bevor er sie ersetzte (Transposition). Sollte dies der Fall sein, dann ist die Verschlüsselung möglicherweise kaum zu knacken.
Denkbar ist auch, dass Elgar besondere Wörter oder ungewöhnliche Schreibweisen verwendet hat. In einem seiner Notizbücher ist der Satz DO YOU GO TO LONDON TOMORROW? zu lesen, der viele Os, dafür aber kein E enthält – für einen Codeknacker sehr verwirrend. Gleiches gilt für den Satz “warbling wigorously in Worcester wunce a week”, der von Elgar stammt. Trotz der zahlreichen erfolglosen Versuche kann es also durchaus sein, dass das Dorabella-Kryptogramm eine einfache Lösung hat.
Das Dorabella-Kryptogramm ist auch als Aufgabe bei MysteryTwister C3 gelistet. Im Internet kursieren übrigens mehrere angebliche Lösungen des Dorabella-Kryptogramms, die jedoch keine Anerkennung gefunden haben. Vielleicht findet ja ein Leser die richtige Lösung.
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