Heute geht es um ein kurioses Krypto-Gerät aus den fünfziger Jahren: den Reihenschieber. Es handelt sich dabei um einen mobilen Zufallsgenerator, der mit Vierkantstäben arbeitete. Er wurde kein Erfolg.
Das sicherste aller Verschlüsselungsverfahren ist der One-Time-Pad. Dieser sieht vor, dass eine Zufallsfolge zum Klartext addiert wird, die so lang ist wie der Klartext selbst. Der Empfänger zieht diese Zufallsfolge wieder ab und macht dadurch die Verschlüsselung rückgängig.
Die Blütezeit des One Time Pad lag in den fünfziger Jahren. Damals wurde auch der Hauptnachteil dieser Methode offensichtlich: Man benötigt große Mengen an Zufallsfolgen, die jeweils sowohl dem Sender als auch dem Empfänger vorliegen müssen. Um den Bedarf zu decken, entstanden zahlreiche Geräte, mit denen man Zufallsfolgen produzieren konnte. Die Kryptologen der Zentralstelle für das Chiffrierwesen in Bonn ließen sich etwas Besonders einfallen: den Reihenschieber. Dieses Gerät, bestehend aus 25 Stäben und einer Halterung, war quasi ein Zufallsgenerator für die Westentasche. Da das Gerät nur aus einfachen Bauteilen bestand, war es billig herzustellen.
Der Reihenschieber funktioniert wie folgt: Aus den 25 Stäben wählt man zehn aus und steckt sie in die Halterung (in der Abbildung ist dies bereits geschehen). Dabei spielt es eine Rolle, welche der vier Seiten eines Stabs oben liegt. Jeder Stab wird nun in eine bestimmte Position geschoben. Auf der Schablone in der Mitte liest man nun die Zahlen ab und verwendet sie als Zufallszahlen für den One Time Pad.
Der Empfänger kann die Nachricht nur entschlüsseln, wenn er einen baugleichen Reihenschieber besitzt. Er muss außerdem die ausgewählten Stäbe, die jeweils oben liegende Seite und die Position jedes Stabs kennen. Dadurch kann er die Zufallszahlen reproduzieren und von der verschlüsselten Nachricht abziehen.
Wenn ich richtig gerechnet habe, gibt es etwa 1023 Einstellungsmöglichkeiten für den Reihenschieber – nicht schlecht für ein Gerät, das nur aus ein paar Plastikstäben besteht. Durchgesetzt hat sich der Reihenschieber trotzdem nicht. Es erwies sich als zu umständlich, die Zufallszahlen von Hand zu addieren oder abzuziehen. Weder die Bundeswehr noch der diplomatische Dienst konnte mit dem Reihenschieber etwas anfangen. So starb er einen frühen Tod, zumal auch der One-Time-Pad in den sechziger Jahren aus der Mode kam.
Hier ist ein weiteres Bild von einem Reihenschieber:
Interessanterweise hat dieses Modell eine andere Schablone als das obige. Diese Schablone zeigt weniger Zahlen an, die zudem ungleichmäßig verteilt sind. Wie viele Reihenschieber-Modelle es gab und wie diese sich unterschieden, ist mir nicht bekannt.
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