Heute geht es um ein verschlüsseltes Buch aus dem 15. Jahrhundert. Nein, es handelt sich dabei nicht um das Voynich-Manuskript.
Deutlich weniger bekannt als das Voynich-Manuskript, aber trotzdem ausgesprochen faszinierend, ist das Buch Bellicorum Instrumentorum Liber von Johannes de Fontana (1395-1455). Warum dieses spektakuläre Werk – anders als das berühmte Voynich-Manuskript – bisher nur Fachleuten bekannt ist, ist leicht zu erklären. In Gegensatz zu Letzterem ist es längst entschlüsselt. Auch der Autor, die Entstehungszeit und der Entstehungsort sind bekannt. In meiner Encrypted Book List hat es die Nummer 00029. Einige der 70 Seiten gibt es hier.
Die Bilder des um 1420 in Italien entstandenen Werks zeigen allerlei seltsame Maschinen. Das folgende Gerät (ich würde es als handbetriebenes Auto bezeichnen) zählt noch zu den verständlicheren:
So manches andere Bild wirkt weit weniger einleuchtend. Das Folgende könnte ein Engel auf einem Schlitten sein:
Der Text dieses seltsamen Buchs ist zum großen Teil in einer von Fontana selbst erfunden Schrift geschrieben. Meist geht die normale Schrift in diese Geheimschrift über:
Ob Fontana dadurch eine Geheimhaltung erzielen wollte, ist unklar.
Leider findet man im Internet nur wenige Informationen über Bellicorum Instrumentorum Liber. Meine Quelle ist das hervorragende Buch Mechanisches Memorieren und Chiffrieren um 1430 von Kranz und Oberschelp, das weit spannender ist, als sein nüchterner Titel vermuten lässt. In diesem Buch geht es zwar um eine andere Facette in Fontanas Schaffen, aber eine Seite ist Bellicorum Instrumentorum Liber gewidmet. Demnach hat der Philologe Wilhelm Meyer (1845-1917) Fontanas Geheimschrift vor 1910 entschlüsselt. Leider ist mir nichts Genaueres dazu bekannt. Vielleicht weiß ein Leser mehr. Vermutlich war es nicht ganz so schwierig, die Buchstabenersetzung mit einer Häufigkeitsanalyse zu knacken.
Insgesamt sind die etwa 25 Bücher von Fontana bisher nur unzureichend erforscht. Fontana war eben nicht ganz so genial wie etwa ein Leonardo da Vinci. Seine Entwürfe wirken teilweise reichlich durchgeknallt, und seine Bücher erwecken oft den Eindruck, dass Fontana zu faul war, seine spektakulären Entwicklungen genauer zu beschreiben. Ich hoffe, dass die Forschung in diesem Bereich noch Fortschritte machen wird. Zweifellos ist Fontanas Werk nicht nur für Historiker interessant und ließe sich auch populärwissenschaftlich verwerten.
Kommentare (17)