Die Berliner Firma Heimsoeth & Rinke produzierte im Zweiten Weltkrieg die Enigma. Vom selben Unternehmen stammt ein weiteres Verschlüsselungsgerät, über das man nahezu nichts weiß.
Im Zweiten Weltkrieg setzten die Deutschen mindestens zehn unterschiedliche Verschlüsselungsmaschinen ein – darunter die Enigma, die Lorenz-Maschine und den Geheimschreiber. Einige weitere Verschlüsselungsgeräte kamen nicht über das Entwicklungsstadium hinaus.
Unter all diesen Maschinentypen gibt einer besondere Rätsel auf: ein Chiffrierzylinder, über den es kein schriftliches Material gibt und über den man fast nichts weiß. Ich nenne ihn “HR-Zylinder” (die Begründung folgt weiter unten). So sieht das Gerät aus:
Chiffrierzylinder wurden vermutlich im 15. Jahrhundert erfunden, setzten sich aber erst im 20. Jahrhundert durch. Die bekannteste Variante ist die M-94, die in den zwanziger Jahren vom US-Militär eingesetzt wurde:
Der HR-Zylinder ist deutlich größer und hat mehr Ringe als die als Taschengerät dienende M-94. Hier ist eine Detailaufnahme:
Zum HR-Zylinder gibt es keine schriftlichen Unterlagen. Das einzige bekannte Exemplar ist in Besitz des National Cryptologic Museum in den USA. Die einzige mir bekannte Veröffentlichung dazu ist der Artikel Unknown German World War II Cipher Device von Louis Kruh aus der Cryptologia 2/2004. Allerdings steht in diesem Artikel auch nur drin, dass man nichts über das Gerät weiß. Immerhin ist der Hersteller auf dem Gerät angegeben:
Es handelt sich also um die Firma Heimsoeth und Rinke in Berlin. Dies ist äußerst interessant, denn dieses Unternehmen stellte auch die Enigma her. Meines Wissens ist der HR-Zylinder (die Namensgebung sollte jetzt klar sein) das einzige Verschlüsselungsgerät, das Heimsoeth und Rinke außer der Enigma produzierte.
Der HR-Zylinder war zweifellos kein Hochsicherheitsgerät, sondern eher ein vergleichsweise billiges Verschlüsselungswerkzeug für weniger wichtige Nachrichten. Mit ziemlicher Sicherheit war es nicht weit verbreitet. Das einzige erhaltene Exemplar wirkt allerdings nicht wie ein Prototyp. Dies gilt auch für die Hülle:
So sieht der HR-Zylinder in der Hülle aus:
Wer etwas zu diesem rätselhaften Verschlüsselungsgerät sagen kann, nutze bitte das Kommentarfeld.
Zum Weiterlesen: Kuriose Verschlüsselungsmaschinen, Folge 2: Der Zahnlücken-Code
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