Wie verschlüsselt man ein Bild? Der US-Erfinder Gilbert Vernam fand vor 90 Jahren eine geradezu geniale Lösung.

In Museen und Privatsammlungen findet man so manche interessante Verschlüsselungsmaschine. Wer jedoch etwas wirklich Kurioses entdecken will, sollte sich alte Krypto-Patente anschauen. Es ist immer wieder faszinierend, was sich diverse Erfinder im Laufe der Zeit so alles ausgedacht haben – auch wenn es die meisten Entwürfe nie in die Praxis schafften.

Ein schönes Beispiel wird in einem Patent aus dem Jahr 1926 beschrieben. Der Erfinder ist kein Unbekannter: Gilbert Vernam (1890-1960), der als Miterfinder des One-Time-Pad gilt und nach dem die Vernam-Chiffre benannt ist. Ich will das Gerät, um das es hier geht, als Chiffrierpantograf bezeichnen. Ein Pantograf ist bekanntlich eine einfache mechanische Vorrichtung, mit der man eine Zeichnung kopieren und dabei die Größe ändern kann. Eine wichtige Rolle spielen hierbei eine Nadel (für das Nachziehen des Orignals) und ein Stift (für das Zeichnen der Kopie). Pantografen spielen heute nur noch als Spielzeug eine Rolle, wie in diesem Video zu sehen ist. Das folgende Bild zeigt ein älteres Modell:

Cipher-Pantograph-4

Gilbert Vernams Erfindung sieht nun folgendes vor: Statt eines Stifts gibt es zwei. Außerdem sorgt eine zusätzliche Mechanik dafür, dass beim Nachziehen des Originals nicht etwa eine Kopie entsteht, sondern zwei Linien, die mit dem Original nicht mehr viel gemein haben. Diese Linien sind die verschlüsselte Version des Bilds. Zum Entschlüsseln verwendet der Benutzer zwei Nadeln, um das verschlüsselte Bild nachzuziehen. Der Stift zeichnet nun wieder das Originalbild. Die folgende Zeichnung veranschaulicht die Erfindung (es wird eine Schreibschriftversion des Worts “Telegraph” verschlüsselt):

Cipher-Pantograph-2

Im Folgenden Bild sieht man das Original, die verschlüsselte Version davon (man beachte, dass diese aus zwei Linien besteht) und das Ergebnis der Entschlüsselung:

Cipher-Pantograph-1

Meines Wissens wurde dieses Gerät nie gebaut. In der mir bekannten Literatur wird es nirgends erwähnt. Falls jemand mehr darüber weiß, würde es mich sehr interessieren.

Zum Weiterlesen: Rätsel um die Verschlüsselungsmaschine Sphinx gelöst

Kommentare (3)

  1. #1 Elitsa
    12. September 2014

    Frage mich, wie sicher diese Maschine war. Wenn jemand wusste wie sie funktionierte, konnte er die Verschlüsselung wohl knacken. Oder gab es eine Möglichkeit einen Sschlüssel zu konfigurieren?

  2. #2 Sascha
    14. September 2014

    Da die Maschine rein mechanisch ist, hängt alles an der Zusatzmechanik. Nur wenn diese variabel einstellbar ist, kann man unterschiedlich verschlüsseln. Sonst bräuchte man nur das Gerät an sich, um zu dechiffrieren.

  3. #3 Gert Brantner
    Berlin
    14. September 2014

    Das Gerät scheint auf den ersten Blick wirklich nicht sehr sicher. Außerdem etwas unpraktisch, man sollte innerhalb einer Zeile nicht absetzen, oder zumindest einen großen Abstand lassen. Man muß ja die Anfangspunkte der Graphen kennen, sonst zeichnet es Mumpitz.
    Ein Versuch: Der Aufbau rotiert um eine zentrale Achse (Winkel) und läßt sich nach links und rechts verschieben (Elongation). Das Zusatzgerät links, ein Gang, setzt die Verschiebung in eine zusätzliche Rotation des linken (Doppel-)Stifthalters um.
    Wenn man den Schriftzug als mechanische Schwingung betrachten möchte, so zeichnet der Pantograph zwei um 90° phasenverschobene Versionen davon, wobei die Amplitude der ursprünglichen Schwingung die Amplitude der beiden neuen anteilig moduliert (Patent Seite 2, Zeile 80: “This rotation or circular movement is accordingly added to and combined with the original motion of the tracing pencil on the right”). Wir können Schlingen zeichnen, also auch negative Werte angeben.
    Ich denke, das Gerät stellt nur einen Ansatz dar und sollte noch verbessert werden. Der gezeigte Schriftzug “Telegraph” deutet auf etwas wie den “Electric Easel” hin, mit dem damals tatsächlich schon Fern-Unterschriften via Telegraphen-Verbindung möglich waren. Mit dem gezeigten Ansatz könnte man das Signal in 2 separat zu übertragende Anteile spalten. Man benötigt beide, um das ursprüngliche Signal einfach aus der Differenz rekonstruieren zu können.
    Ich meine, man könnte es auch von einem Graphen ausrechnen, daß wäre aber (ohne Computer) sehr aufwändig. Ich hoffe ich habe es einigermaßen hinbekommen, bitte gerne um Korrekturen 🙂

    Viele Grüße

    Gert