Wieder einmal beißen sich staatliche Codeknacker an verschlüsselten Daten die Zähne aus. Im Internet kursieren spöttische Kommentare dazu – oft von Menschen, die von der Sache keine Ahnung haben.
“Unsere Behörden sind auch zu nichts zu gebrauchen. Außer ehrenhafte Bürger belästigen und Kaffee trinken. Den USB-Stick einfach in einen Rechner der Chaos Computer Club stecken. Ganz einfach. Was für Pfeiffen.”
Dieser geistreiche Kommentar findet sich unter einem Artikel, den Spiegel Online am vergangenen Sonntag veröffentlicht hat. Inhalt: Auf dem Laptop des ehemaligen BND-Mitarbeiters Markus R., der für die CIA spioniert haben soll, wurden verschlüsselte Daten gefunden. Weder der BND noch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) haben es bisher geschafft, den Code zu knacken.
Anders als der eingangs erwähnte Kommentator schreibt, befinden sich die Daten nicht auf einem USB-Stick, sondern auf einer Festplatte. Auch sonst zeugt der Kommentar von wenig Sachkenntnis (dass die Rechtschreibkenntnisse des Verfassers offensichtlich vom Film „Feuerzangenbowle“ inspiriert sind, lassen wir mal außen vor). Der Chaos Computer Club dürfte jedenfalls gegen die Verschlüsselung genauso wenig ausrichten können wie die staatlichen Codeknacker.
Moderne Verschlüsselungstechnik ist nämlich sehr sicher. Das zeigen nicht zuletzt etwa 40 Fälle, die ich auf einer Web-Seite zusammengestellt habe, in denen es die Polizei (oder andere Behörden) mit verschlüsselten Daten zu tun hatte. In etwa 90 Prozent der Fälle konnten die staatlichen Dechiffrierer nichts ausrichten. Besonders spektakulär sind der Fall des Maskenmannes und der Vermisstenfall Powell.
Schauen wir uns noch ein paar andere Kommentare an, die unter dem Artikel nachzulesen sind:
“Vieleicht sollten sie mal jemand fragen, der sich damit auskennt.”
Mein Kommentar: Auch wenn man sich noch so gut damit auskennt, wird die Verschlüsselung nicht zu knacken sein.
“Der beste Beweis für den Unsinn der ganzen Überwachung”
Mein Kommentar: Leider nein. Da die meisten Menschen (auch Kriminelle) weder Festplatten noch E-Mails noch Telefongespräche verschlüsseln, kann man mit dem besten Willen nicht sagen, Überwachung sei wirkungslos. Übrigens wurde der besagte Spion Markus R. durch eine abgefangene (unverschlüsselte) E-Mail geschnappt.
“Die ganze Geschichte beruhigt mich. Das alles zeigt, dass gute Verschlüsselung eben doch etwas bringt.”
Mein Kommentar: Das sehe ich genauso.
“Ich finde es interessant, dass viele hier glauben, dass man nur die NSA, den CCC oder einen ‘richtigen Hacker’ an das Problem setzen müsse, damit die Festplatte entschlüsselt wird. Viele überschätzen massiv was überhaupt machbar ist.”
Da kann ich nur zustimmen.
Gespannt bin ich, welche Strafe Markus R. erhalten wird, wenn sich die Vorwürfe bewahrheiten sollten. In den USA wandert man für Spionage (auch für befreundete Nationen) lebenslänglich in den Knast. Der Spion Jonathan Pollard, der für Israel arbeiteite, ist beispielsweise seit fast 29 Jahren inhaftiert. Der vor ein paar Tagen verstorbene John Walker verbrachte etwa den gleichen Zeitraum hinter Gittern. Markus R. dürfte erheblich glimpflicher davonkommen.
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Zum Weiterlesen: Welche Rolle spielte die Kryptologie im Falkland-Krieg?
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