Die Zeichenfolge “280 R 112 A 25 Y” soll einen Text verschlüsseln, der aus etwa 100 Wörtern besteht. Das behauptete ein gewisser Herr Wilkins im Jahr 1856. Wie das funktionieren soll? Keine Ahnung. Vielleicht weiß ein Leser mehr.
Von einem guten Verschlüsselungsverfahren erwartet man, dass der Geheimtext nicht länger ist als der Klartext. Dass der Geheimtext kürzer als der Klartext ist, wird dagegen normalerweise nicht erwartet. Im Allgemeinen ist das auch gar nicht möglich, auch wenn es durchaus Möglichkeiten gibt, einen Text zu komprimieren.
Daher war ich etwas erstaunt, als mich der Leser Hans Jahr kürzlich auf folgenden Artikel aus der Zeitschrift Notes and Queries (vom 14. Juni 1862) hinwies:
Nimmt man den Artikel wörtlich, dann steht da: Die Buchstabenfolge 280B, 112A, 25Y ist laut einem Herrn Wilkins die verschlüsselte Version eines 100 Wörter langen Texts. Der Leser soll diese Verschlüsselung knacken. Mein erster Eindruck war: Das kann eigentlich nur ein Druckfehler sein. Deshalb schaute ich in der Originalquelle nach, die im Artikel genannt wird (Journal of the Society of Arts vom 21.11.1856). Dort fand ich folgendes:
Hier steht also fast das gleiche. Der einzige Unterschied ist, dass die erste Zeichengruppe ein R statt einem B enthät – wahrscheinlich ein Druckfehler im erstgenannten Artikel. Abgesehen davon hat es Herr Wilkins wohl tatsächlich so gemeint: 280 R 112 A 25Y steht für einen verschlüsselten Text, der etwa 100 Wörter enthält. Das Verschlüsselungsverfahren ist nicht angegeben.
Aber wie bitteschön verschlüsselt man 100 Wörter in nur acht Zahlen und drei Buchstaben? Eigentlich geht das nicht. Die einzige Möglichkeit die ich sehe: Es gibt ein weiteres Dokument, auf das mit diesen Zeichen verwiesen wird. Dieses müsste dem Leser aber in irgendeiner Form zugänglich sein, sonst hätte das Rätsel keinen Sinn.
Ich finde dieses kryptografische Rätsel (ich nenne es “Wilkins-Krypotogramm”), ehrlich gesagt, sehr verwirrend. Falls ein Leser eine Idee hat, was hinter dem Wilkins-Kryptogramm stecken könnte, würde mich das sehr interessieren.
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Zum Weiterlesen: Das Winthrop-Kryptogramm: Ein ungelöstes Rätsel aus dem 17. Jahrhundert
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