Meister-Codeknacker George Lasry hat wieder zugeschlagen: Er hat ein Kryptogramm gelöst, das der berühmte Mathematiker Alan Turing im Jahr 1941 erstellt hat. Zwei Fragen bleiben aber noch offen.
Spätestens seit dem Spielfilm The Imitation Game dürfte wohl jeder wissen, wer Alan Turing war.
Falls es jemand trotzdem noch nicht weiß: Alan Turing (1912-1954) war einer der bedeutendsten Mathematiker und Informatiker des 20. Jahrhunderts. Unter anderem spielte er eine entscheidende Rolle beim Knacken der deutschen Verschlüsselungemaschine Enigma durch die Briten im Zweiten Weltkrieg.
Vorletzte Woche traf ich auf dem NSA Cryptologic History Symposium auf den Neffen von Alan Turing. Dieser heißt Sir Dermot Turing. Das folgende Foto zeigt ihn zusammen mit Debbie Desch, der Tochter von Alan Turings US-Kollegen Joseph Desch (Foto: Jim Oram).
Das Turing-Kryptogramm
Außerdem gab mir der Mathematik-Professor und Turing-Experte Sandy Zabell auf dem Symposium einen interessanten Tipp: Vor drei Jahren hat das Britische Nationalarchiv einen Fachaufsatz von Alan Turing aus dem Jahr 1941 veröffentlicht. Darin beschreibt Turing unter anderem, wie man Transpositionschiffren (also Verschlüsselungsverfahren, die die Reihenfolge der Buchstaben im Klartext ändern) knackt. Einen auf diese Weise verschlüsselten Text (Inhalt ist “a certain kind of German traffic“) überlässt Turing seinen Lesern als Übung:
S A T P T W S F A S T A U T E
E A I E U F H W T J T D D C C
N L T S E F C U I E B O E Y Q
H G T J T E E F I E O R T A R
U R N L N N N N A I E O T U S
H L E S B F B R N D X G N J H
U A N W R
Das verwendete Verschlüsselungsverfahren stammt aus der Familie der Transpositionschiffren. Es wird im Deutschen als Würfel-Verfahren bezeichnet. Für seine Anwendung benötigt man ein Schlüsselwort (z. B. TELEPOLIS) und schreibt dieses wie folgt über den zu verschlüsselnden Text (z. B. ERWARTE MORGEN NEUE LIEFERUNG):
TELEPOLIS --------- ERWARTEMO RGENNEUEL IEFERUNG
Anschließend werden die Spalten so umgeordnet, dass die Buchstaben des Schlüsselworts in alphabetischer Reihenfolge stehen:
EEILLOPST --------- RAMWETROE GNEEUENLR EEGFNUR I
Der verschlüsselte Text wird nun spaltenweise ausgelesen. Er lautet: RGEAN EMEGW EFEUN TEURN ROLERI.
Laut Sandy Zabell konnte bisher niemand das Würfel-Kryptogramm von Turing lösen. Damit ergab sich eine spannende Geschichte: Ein Verschlüsselungsrätsel des berühmten Alan Turing, das noch auf seine Lösung wartete.
George Lasry knackt den Code
Auch George Lasry, den Leser dieses Blog längst als Meister-Codeknacker kennen, freute sich über den Tipp von Zabell. Er machte sich an die Arbeit und versuchte, das Turing-Kryptogramm zu knacken.
Vor ein paar Tagen erhielt ich eine Mail von George Lasry. Er schrieb: Das Turing-Kryptogramm ist gelöst.
Lasry ermittelte folgenden Klartext:
BANTOS R BANTOS STATT FINDET HEUTE ABEND AUF SPERRUN Q ACHT FUNF ACHT NUL WIRD HINGEWIESEN WEITERES FOLGT
Damit wäre das Kryptogramm geknackt. Doch was bedeutet “Bantos” und was bedeuten die Zahlen? Kann ein Leser diesbezüglich weiterhelfen?
Natürlich wollte ich außerdem wissen, wie George Lasry die Lösung gefunden hat. Er schrieb mir: “I developed an algorithm for single transposition ciphers two years ago. Interestingly enough, it relies on similar statistical analysis that Turing describes in his paper, combined with modern optimization techniques (in this case hillclimbing). This challenge was of medium difficulty mainly because the non German word BANTOS and of the use of X, Y and J for punctuation.”
Das Schlüsselwort ließ sich, wie bei einer Würfel-Verschlüsselung üblich, nicht eindeutig bestimmen. Es könnte laut Lasry DFBLEJAGHKCI gelautet haben. Viel wahrscheinlicher wäre allerdings ein sinnvolles Wort, das zur gleichen Umordnung führt. Findet ein Leser ein passendes Schlüsselwort?
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