Der Brite Alfred Janes veröffentlichte vor 130 Jahren ein selbsterfundenes Verschlüsselungsverfahren und ein Rätsel dazu. Es ist bis heute ungelöst.
“Ich bitte, die folgende Verschlüsselung an die Kryptografen aller Nationen weiterzureichen”, schrieb in den den 1880er Jahren der Brite Alfred Janes. Ich weiß nicht, ob die Verschlüsselungsexperten des späten 19. Jahrhunderts dieser Aufforderung nachgekommen sind. Ich will es jedenfalls heute tun.
Das Lockstitch-Verfahren
Doch der Reihe nach. Der Blog-Leser Knox aus Texas hat mich dankenswerterweise auf eine Krypto-Veröffentlichung aufmerksam gemacht, die 188x in London erschienen ist (das genaue Jahr ist nicht bekannt). Diese Arbeit stammt von einem Alfred Janes aus London. Hier ist sie abrufbar.
Janes beschreibt darin zunächst ein Verschlüsselungsverfahren, das er als “Lockstitch-Chiffre” bezeichnet. Lockstitch (auf Deutsch: Steppstich) bezeichnet eine gängige Art, wie eine Nähmaschine einen Faden in den Stoff sticht. Der Begriff “Steppdecke” ist davon abgeleitet.
Das Lockstitch-Verfahren arbeitet mit Ersetzungstabellen wie der folgenden:
A:65 B:3 C:345 D:41 E:53 F:98 G:163 H:34 I:93 J:67 K:45 L:6 M:10 N:30 O:34 P:57 Q:901 R:46 S:36 T:88 U:36 V:47 W:94 X:36 Y:30 Z:8
Die Ziffer “2” kommt in der Tabelle nicht vor. Sie wird als Trennzeichen verwendet. Der Klartext KRYPTO verschlüsselt sich demnach in 45246230257288234.
Es handelt sich hier um eine einfache Buchstaben-Ersetzung. Ein längerer Text, der auf diese Art verschlüsselt ist, ist leicht zu lösen. Man muss lediglich die Buchstaben zählen oder nach Wortmustern suchen.
Doch jetzt kommt das Entscheidende: Janes schlägt vor, für jeden Buchstaben des Klartexts eine neue Ersetzungstabelle zu wählen (auch die als Trennzeichen verwendete Ziffer kann dabei variieren). Dies ist äußerst bemerkenswert, denn damit hat Janes ein wesentliches Merkmal des erst später erfundenen One Time Pad vorweggenommen.
Das Janes-Kryptogramm
Das Lockstitch-Verfahren ist zwar sehr sicher, aber auch recht umständlich. Der Verschlüsseler muss eine große Menge an Tabellen mit sich herumschleppen, die naturgemäß auch der Empfänger kennen muss.
Janes war dieser Nachteil anscheinend bewusst. Er ging daher davon aus, dass man in der Praxis mit weniger Tabellen arbeitet. Am Ende seiner Arbeit präsentiert Janes als Rätsel einen verschlüsselten Text, der wie folgt aussieht:
Janes schreibt ausdrücklich, dass er für dieses Kryptogramm keine Lockstitch-Chiffre verwendet hat. Das heißt wohl: Er hat zwar mit verschiedenen Ersetzungstabellen (inklusive unterschiedlichen Trennziffern) gearbeitet, es waren aber weit weniger Tabellen als der Text Buchstaben hat.
Weitere Informationen zu diesem Janes-Kryptogramm liegen mir nicht vor. Es wurde wohl schon einmal in einem Internet-Forum diskutiert, aber gelöst wurde es meines Wissens nicht. Die Schwierigkeit der Aufgabe hängt natürlich von der Anzahl der Tabellen und vom Muster, wie zwischen diesen gewechselt wird, ab.
Hinweise zur Lösung nehme ich gerne entgegen.
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