Ross Ulbricht wurde zu zweimal lebenslänglich zuzüglich 40 Jahren Gefängnis verurteilt, weil er die Darknet-Webseite “Silk Road” betrieben hatte. In diesem Artikel möchte ich ein paar Aspekte zu diesem Fall vorstellen, über die ich bisher noch nicht berichtet habe.
English version (translated with Google)
Auf Cipherbrain habe ich bereits mehrfach über Ross Ulbricht berichtet. Der gebürtige Texander (Jahrgang 1984) wurde 2015 zu einer zweimal lebenslänglichen Haftstrafe ohne die Möglichkeit der Entlassung auf Bewährung zuzüglich 40 Jahren verurteilt, weil er die Darknet-Webseite “Silk Road” betrieben hatte. Dort gab es unter anderen Drogen zu kaufen.
Ulbrichts Mutter als Aktivistin
Um Ross Ulbricht ging es auch in der dritten Folge auf meinem meinem YouTube-Kanal “Kriminal Digital”.
Meiner Meinung nach ist die Strafe für die Tat, die Ulbricht begangen hat, viel zu hart. Deshalb habe ich, wie inzwischen fast 500.000 andere, eine Online-Petition unterschrieben, die sich für eine Freilassung Ulbrichts stark macht. Am 1. Oktober dieses Jahres jährt sich die Festnahme des Silk-Road-Betreibers zum neunten Mal.
Zum Glück hat Ulbricht eine Familie, die zu ihm hält. Seine Mutter Lyn Ulbricht ist nahezu hauptberuflich damit beschäftigt, sich für Ihren Sohn einzusetzen. Sie hält Vorträge, tritt in den Medien auf und organisiert verschiedene Online-Aktivitäten. Freundlicherweise hat Lyn Ulbricht auch mir ein Interview gegeben, das ich auf meinem Blog veröffentlicht habe.
Auf YouTube gibt es zahlreiche Videos, in denen Lyn Ulbricht zu sehen ist. Hier ist beispielsweise ein Interview mit ihr und Ross’ Vater:
Der Spielfilm
Wegen der Kirminal-Digital-Folge habe mich in den letzten Wochen mal wieder mit dem Fall Ross Ulbricht beschäftigt. Dabei bin ich auf ein paar Dinge gestoßen, die mir bisher nicht bekannt waren. Insbesondere ist bisher komplett an mir vorbeigegangen, dass letztes Jahr ein Spielfilm erschienen ist, in dem die Geschichte von Ulbricht erzählt wird. Der Streifen heißt “Silk Road: Gebieter des Darknets. Hier ist der Trailer:
Ich fand den Film durchaus spannend. Es handelt sich um einen klassischen Hollywood-Thriller, in dem neben Ulbricht ein FBI-Agent im Mittelpunkt steht, der sich selbst in illegale Machenschaffen verwickeln lässt. Letzterer Teil der Geschichte ist nicht etwa in der Fantasie eines Drehbuch-Autors entstanden, sondern basiert auf einer Tatsache: Zwei Ermittler erlagen während der Jagd auf Ulbricht den Verlockungen des schnellen Gelds und wirtschafteten in die eigene Tasche. Die beiden wurden später zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.
Zu hoch gepokert?
Was ich ebenfalls nicht wusste: Nach der Verhaftung wurde Ulbricht verschiedenen Quellen zufolge ein Deal angeboten (ein so genannter Plea Bargain, der nach US-Recht möglich ist): Wenn er ein Geständnis ablegte, dann würde er mit einer Gefängnisstrafe bestimmter Länge davonkommen – eine vorzeitige Entlassung nicht ausgeschlossen. Ob die angebotene Strafe bei zehn Jahren lag oder ob sie länger gewesen wäre, ist nicht ganz klar. Klar ist jedoch, dass kein Plea Bargain zustande kam. Sollte Ulbricht tatsächlich einen solchen abgelehnt haben, hätte er sich zweifellos gehörig verkalkuliert.
Vor Gericht versuchte Ulbricht, seine Beteiligung am Silk-Road-Projekt herunterzuspielen. Er habe die Web-Seite zwar gegründet und im Moment seiner Verhaftung betrieben, aber zwischendurch sei jemand anderer dafür verantwortlich gewesen. Diese Verteidigungslinie ging jedoch gründlich daneben. Am Ende standen, wie erwähnt, zwei lebenslängliche Haftstrafen ohne das Recht einer vorzeitigen Entlassung auf Bewährung (“Life without Parole”) zuzüglich 40 Jahren.
Wie realistisch ist eine Begnadigung?
Eine Life-whout-Parole-Strafe kann nach US-Recht nur der US-Präsident (in anderen Fällen der Gouverneur des jeweiligen Bundesstaats, was hier jedoch nicht relevant ist) aufheben. Man bezeichnet dies als “Presidential Pardon”. Zwar machen US-Präsidenten von diesem Recht häufig Gebrauch (allein Donald Trump begnadigte 237 Personen), doch Life-without-Parole-Verurteilte sind nur sehr selten dabei.
Ich konnte bisher überhaupt nur einen Fall ausfindig machen, in dem ein US-Präsident eine zu “Life without Parole” verurteilte Person begnadigte: 2018 ließ Donald Trump der Dorgenschmugglerin Alice Marie Johnson sein Presidential Pardon zukommen. Johnson hatte zu diesem Zeitpunkt 21 Jahre hinter Gittern verbracht. Im Gegensatz zu Ulbricht war sie “nur” zu einer lebenslänglichen Haftstrafe ohne die Möglichkeit auf Begnadigung verurteilt worden. Falls ein Leser weitere Fälle dieser Art kennt, würde mich das interessieren.
Traditionell begnadigt ein US-Präsident kurz vor seinem Abschied eine Reihe von Straftätern. Auch Donald Trump tat dies am 19. Januar 2021, und anscheinend zog er auch Ulbricht in Erwägung. Er entschied sich jedoch dagegen.
Ein Problem bei dieser Sache ist, dass momentan nicht weniger als 500.000 Personen wegen Drogendelikten in den USA inhaftiert sind. Die meisten davon sind Kleinkriminelle. Die Strafen, die diese absitzen müssen, sind meist unverhältnismäßig hoch, denn im Zuge des “War on Drugs” setzt man in den Vereinigten Staaten auf Abschreckung. Dennoch finde ich es gerechtfertigt, Ross Ulbricht zu unterstützen. Ich hoffe, dass er nicht den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen muss.
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