Giulia Enders rockte mit ihrem genialen Science-Slam-Beitrag „Darm mit Charme“ die Szene.
Das etwas anrüchige Thema, ihr solides Fachwissen, Humor und Charme sowie das professionelle Design waren die Zutaten für ihren riesengroßen Erfolg. Der Slam-Beitrag war eine Gemeinschaftsproduktion der Medizinstudentin und ihrer Schwester, die Kommunikationsdesign studiert hat.
Wie sie auf das Thema und zum Science-Slam kam, hat sie in dem „puls.“-Interview “Interview Giulia Enders: Darm mit Charme” erzählt.
Sie ist nicht nur sehr ernsthaft an dem Thema Darm interessiert, sondern möchte dieses Wissen auch weitergeben: Darum hat sie ein Freisemester eingelegt und noch das Buch „Darm mit Charme“ geschrieben. Und vermarktet.
Jetzt studiert sie wieder, forscht im Bereich Mikrobiologie und möchte sich diesem geschlängelten und längsten aller Organe später auch als Ärztin kümmern.
Im „meertext“-Interview erzählt sie, woran sie gerade arbeitet und wie es weitergehen wird.

Esst Sauerkraut statt Maracuja! Interview mit Giulia Enders

meertext: „Giulia, nach Deinem brillanten Science-Slam-Beitrag „Darm mit Charme“ hast Du auch noch ein Buch zu Deinem Lieblingsthema geschrieben, unter dem gleichen Titel. Dann kamen eine Menge Interviews und Fernsehauftritte zum Buch …
Wie geht es nun weiter?“

G. E.: „Im Moment schreibe ich gerade an meiner Doktorarbeit, da bin ich in der Mikrobiologie. Dabei geht es um Acinetobacter baumannii, das sind humanpathogene Bakterien, die u. a. Wundinfektionen, Atemwegsinfekte, sekundäre Meningitis und Sepsis verursachen können. Er kann auch im menschlichen Darm vorkommen und hat einige spannende Eigenheiten: Mit Hilfe eines Proteins kann er sich an Oberflächen anheften. Etwa in unserem Darm. Wir haben mit einem Knockout experimentiert und getestet, wie gefährlich er dann noch ist. Ohne das Protein könnte Acineotobacter sich nicht mehr an Oberflächen anheften, dann wäre er nicht mehr gefährlich.
Unser Ziel ist die Entwicklung von Antikörpern, aber die sind noch im Test.“

meertext: „Was genau ist ein Knockout?
G. E.:“Bei einem Knockout ist das Gen ausgeschaltet, mit dem sonst etwas hergestellt werden kann. Kann mein Bakterium also normalerweise einen Festhalte-Haken herstellen, kann es das plötzlich nicht mehr. Dann kann ich in Experimenten schauen, ob es auch ohne Festhalte-Haken noch krank machen kann. Wenn nicht, ist der Haken ein tolles Ziel, um ihn durch Mittel und Substanzen zu blockieren.

Das ist Grundlagenforschung an Bakterien. Wie funktioniert das? Wie halten sich die Bakterien an uns fest? Und warum lassen sie wieder los? Wie interagieren sie mit uns?
Bei vielen Bakterienstämmen, die pathogen sein können, müssen wir frühzeitig aufpassen und Informationen sammeln, denn: Viele von ihnen können Resistenzen entwickeln! Dagegen müssen wir gewappnet sein. Und zwar am besten, bevor das Resistenz-Problem dann auftritt.“

meertext: „Was könnte man konkret gegen die immer stärker zunehmenden Antibiotika-Resistenzen tun? Alle Ratschläge, den Einsatz von Antibiotika in der Tiermast und in der Medizin radikal zu reduzieren und viele andere Maßnahmen, sind ja bislang eher ins Leere gelaufen. Ist es nicht an der Zeit, neue Antibiotika zu entwickeln?“
G. E.: „Viele Antibiotika sind immer häufiger wirkungslos. In solchen Fällen wird dann zum Beispiel Colistin die letzte Reserve – das ist eigentlich vor 50 Jahren wegen seiner möglichen erheblichen Nebenwirkungen stillgelegt worden.
Jetzt ist es oft das einzig verbliebene Reserveantibiotikum, etwa für die Behandlung von multiresistenten Acinetobacter baumannii.
Natürlich könnten neue Antibiotika entwickelt werden!
Aber das lohnt sich offenbar im Moment für die Pharmaindustrie nicht.
Es gibt auch noch andere Wege. So können auch Metalle als Antibiotika eingesetzt werden. Kupfer zum Beispiel … eine 60 %ige Kupferlegierung ist schon sehr stark antibakteriell. Eine Türklinke, die mit einer solchen Kupferlegierung überzogen ist, ist eine spannende Sache, etwa für Intensivstationen in Krankenhäusern. “

meertext: „Werden Metalle nicht auch z. B. in Sportkleidung eingesetzt? Es gibt Sport- und Wandersocken mit antibakteriell wirkenden Silberzusätzen.“
G. E.: „Metall an Sportlerkleidung ist eher bedenklich. Wenn jemand etwa eine Jogginghose mit Silberanteilen trägt, kann es schon sein, dass ein Silberpflaster nicht mehr wirksam ist.“
meertext: „Dazu kommt, dass die Silberanteile nach und nach ausgewaschen werden und über Abwasser in die Gewässer gelangen. Dort können sie toxisch auf Mikroorganismen wirken oder zu Resistenzen führen.
Einige andere Experten halten Nanosilber für weniger bedenklich, weil es kaum in die Gewässer gelangt, sondern sich frühzeitig im Klärschlamm absetzt.
Allerdings ist dann der Klärschlamm kontaminiert.
Wenn auch das Ausmaß der toxischen Wirkung auf Mikroorganismen in den Gewässern im Moment noch etwas umstritten ist, ist die Gefahr der Resistenzen-Bildung also auf jeden Fall ein Grund, auf Nanosilber in Kleidung und anderen Textilien zu verzichten!“

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Kommentare (6)

  1. #1 Theres
    30. Mai 2014

    Wundervoll … Danke fürs Interview und den Slam- Beitrag kann ich auch immer wieder hören.
    Ich glaube, es wird Zeit für etwas Sauerkraut 🙂

  2. #2 ElkE Hemmersbach
    51469 Bergisch Gladbach
    29. August 2014

    Herzlichen Dank, liebe Giulia Enders, für ihre wundervolle, faszinierende CD plus Buch “Darm mit Charme”!!! Nach meiner Darmkrebserkrankung und erfolgreichen Therapie sehe ich meine bestes Stück, meinen Darmi, mein Wunderwerk der Natur jetzt noch mehr als meine Seele, meinen Geist, mein Ein und Alles an <3 Danke für dieses einzigartige Werk <3 Ich wünsche Ihnen, liebe Giulia, kümmern Sie sich bitte auch weiterhin um unser aller bestes Stück, unseren Darm, unseren Geist, unsere Seele in unserem Körper!!! Wenn nicht Sie, liebe Giulia, wer sonst? Dankeschön <3 Ihre Elke Hemmersbach

  3. #3 Rausch
    Heidelberg
    11. März 2015

    Liebe Giulia Enders,
    ich habe Ihr Buch “Darm mit Charme” gekauft und gelesen. Nun habe ich heute versucht, etwas über “Durchfälle” zu erfahren – leider nichts gefunden. Nur über Stuhlverstopfung. Aber es müsste doch auch das Gegenteil: Durchfall geben. !
    Liebe Grüsse,
    Christl Rausch

  4. #4 Bettina Wurche
    11. März 2015

    Liebe Frau Rausch,

    bitte stellen Sie Fragen an Giulia Enders direkt an die Autorin.
    Ich habe sie zwar interviewt, kann aber weder in Ihrem Namen antworten noch als ihre Agentin agieren.

    Mit freundlichem Gruß,

    Bettina Wurche

  5. #5 Peter Diezi-Duplain
    Zürich
    22. März 2015

    Guten Tag

    Gerne möchte ich Frau Enders eine Rückmeldung zu Ihrem Buch schreiben. – Habe es eben gelesen. – Leider ist meine Lektüre nicht immer so erfischend, lustig und lehrreich gleichzeitig wie dieses Buch!
    Bitte senden Sie mir ihre Mailardesse.
    Mit herzliche Gruss
    Peter Diezi-Duplain

  6. #6 Bettina Wurche
    2. Juli 2015

    Sehr geehrte Frau Papon,
    Frau Enders war meine Interviewpartnerin, sie schreibt nicht den Blog. Bitte wenden Sie sich mit Kommenatren direkt an Frau Enders.
    Mit freundlichem Grß,
    Bettina Wurche (meertext)