Der Schweinswal (Phocoena phocoena) ist der einzige Wal in deutschen Gewässern, der hier dauerhaft, in größerer Anzahl und auch nahe der Küsten lebt. Nur bis zu 1,80 Meter groß, oft kleiner, schwimmt der Kleinwal in der sedimentgetrübten Nord- und Ostsee und zieht auch Flußmündungen hinauf, seine nicht sehr hohe dreieckige dunkelgraue Finne fällt schon bei schwachem Seegang nur geübten Beobachtern auf. Beim Atmen erscheint dann noch ein kleiner Teil vom ebenfalls dunkelgrauen Rücken, aber der ganze Kleinwal agiert insgesamt so unauffällig, dass er optisch mit den Wellen verschmilzt.
Der Rücken ist dunkelgrau, die Seite hellgrau, der Bauch fast weiß, ein feiner dunkelgrauer Zügel reicht von der Schnauze bis zum Flipper. Die Schnauze endet, wie bei allen Schweinswalen, stumpf . Durch Algenbewuchs wirken manche Tiere leicht bräunlich, daher kommt der alte Handelsname „Braunfisch“. Bis in die 70-er Jahre hinein wurden die kleinen Meeressäuger auf dem Fischmarkt gehandelt und landeten als willkommene Mahlzeit auf deutschen Essenstischen. Dass die Tiere nicht wie Fisch, sondern ganz klar wie Säugetiere schmecken, hat niemanden gestört.
Seeleute bezeichnen kleine Wale wie die Delphinartigen heute noch als „Dicke Fische“. Damit stehen sie in der langen Tradition, die Säuger-Zugehörigkeit der Wale zu leugnen, die Aristoteles um 350 n. Chr. Schriftlich niedergelegt hatte. Der römische Gelehrte Plinius hatte sie später dann zwar korrekt eher als schweineähnlich denn als fischähnlich bezeichnet, nannte sie aber weiterhin Fische. Erst Carl von Linné ordnete die kleinen Säuger dann korrekt zu und nannte den Schweinswal 1758 Delphinus phocaena. Daraus wurde später Phocaena phocaena und schließlich Phocoena phocoena.
Die Kleinen Tümmler, so ein anderer alter Name, dümpeln auf der Suche nach der nächsten Mahlzeit zwischen Meeresboden und Meeresoberfläche. Ihre Speisekarte ist regional sehr unterschiedlich, wie wir aus den Mageninhalten wissen: In der Ostsee jagen sie meist kleine Plattfische und Kabeljau, in der Nordsee kleinen Kabeljau und Grundeln.
Die Fische drehen sie mit der Zunge geschickt im Maul herum, damit das Seafood mit dem Kopf voran die Speiseröhre hinunter glitscht. Diesen Schlucktrick benutzen alle kleinen Wale, mit dem Schwanz voran könnten sich die Schuppen der Fische nämlich in der Speiseröhre verkeilen. Trotzdem ist so mancher Plattfisch zur Henkersmahlzeit geworden: Die platten Fische entrollen sich in der Speiseröhre und saugen sich an den Wänden des Organs fest. Da der Wal beim Schlucken den Kehlkopf aus der Speiseröhre wegdrückt, kann bei so einer Fischblockade im Hals der Kehlkopf nicht wieder seine Position einnehmen und die Luftversorgung wieder herstellen. Der Schweinswal erstickt.
Phocoena phocoena (harbour porpoise) lebt im gesamten Nördlichen Atlantik, an der Ostküste bis weit die afrikanische Küste hinunter, und auch in den Nebenmeeren wie Nordsee, Ostsee und Schwarzem Meer. Im Mittelmeer ist er historisch überliefert, heute aber ausgestorben. Auch im Nordpazifik kommt er vor, da dürfte er nach der Eiszeit eingewandert sein.
Trotz seines oft küstennahen Lebensraums und seiner Sichtbarkeit vom Strand aus, beobachten nur wenige Menschen jemals den Kleinen Tümmler. Für das Sehen eines Schweinswals im Freiland braucht es scharfe Augen, Ausdauer und sehr flache Dünung. Hot Spots der Kleinwal-Beobachtung sind etwa die Inseln Sylt und Amrum, wo die Meeressäuger vom Strand aus zu sehen sind.
Bei der Überfahrt nach Helgoland bei gutem Wetter oder einem Segeltörn in der Ostsee können aufmerksame Beobachter sogar ganze Schulen der Kleinwale sehen, gegenüber Seglern sind sie oft recht neugierig und spähen aus dem Wasser.
Heute schwimmen sie meist allein, bzw. als Mutter-Kind-Paare. Die Schweinswalin bringt nach 10 bis 11 Monaten Tragezeit ein Junges zur Welt und säugt es neun Monate lang. Der kleine Wal bleibt etwa ein Jahr lang bei der Mutter und schwimmt dann seines Weges. Schweinswale haben ungewöhnliche Zähne: Anders als die kegelförmigen Zähne der meisten Zahnwale, die eher an Reptilien als an Säugetiere erinnern, tragen sie kleine, spatelförmige Zähnchen, im Oberkiefer 22 bis 28, im Unterkiefer 21 bis 25.
Die meisten Schweinswale werden nicht älter als acht bis neun Jahre, sie können aber auch im Freiland ausnahmswesie 20 Jahre alt werden. Solche marinen Methusalems haben ihre spatelförmigen Zähnchen dann längst abgekaut und fassen die Fische mit dem verhornten Gaumen.
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