1. Ein besseres Verständnis der Entstehung der Kometen
2. Die Zusammenhänge zwischen interstellarer und Kometen-Materie
3. Was erzählt uns die Kometenmaterie über den Ursprung unseres Sonnensystems?

Um Antworten zu bekommen, hat das Rosetta-Team
– den Kern des Kometen,
– seine Oberfläche und
– die chemische Zusammensetzung und Dynamik seiner Koma analysiert.
Auch die Beobachtung der zunehmenden Aktivität (“Leben”) des Kometen mit der Annäherung an die Sonne und die Interaktion seiner Gase und Staubpartikel mit dem Sonnenwind. Diese in Sonnennähe zunehmende Aktivität bedeutet eine ungeheure Dynamik des kleinen Himmelskörpers und machte diese Mission so besonders schwierig.

Weitere untergeordnete Fragestellungen waren die Frage nach der Herkunft des irdischen Wassers und ob es die Bausteine des Lebens auch außerhalb der Erde gibt.

Die Rosetta-Mission hat bis jetzt einen Riesenstapel wissenschaftlicher Publikationen, Presseberichten und Blog-Beiträgen produziert.
Hier haben wir einen kleinen Überblick zum Einlesen bzw. Auffrischen zusammengetragen:

Die ESA gibt einen ausgezeichnet Projektüberblick in Broschüren und Online-Ressourcen:
Dazu gibt es viele einzelne Fact-Sheets etwa zu den Instrumenten, zum Missionsablauf und vielen anderen Details.

Besonders gut gefällt mir ESAs Rosetta-Blog, den Daniel Scuka, Emily Baldwin und Claudia geschrieben haben. Dabei sind unter anderem viele der Vorträge bei den Veranstaltungen im ESOC dokumentiert, es gibt Interviews und immer wieder spannende Einzelaspekte mit phantastischen Bildern. Die meisten Vorträge der wissenschaftlichen Abschlußvorstellung “Grand Finale” sind dann noch in einzelnen Blog-Beiträgen wiedergegeben.

Auch diese DLR-Broschüre “Mission Rosetta” gibt einen schnellen Überblick.

Online ist neben den üblichen Online-Auftritten der Tageszeitungen und Magazine der Science-Blog Clear sky-Blog (Stefan Gotthold) mit einer umfangreichen Rosetta-Berichterstattung hervorzuheben und natürlich der überaus sachkundige Michael Khan mit Go for launch: Rosetta.

Auf meertext gibt es ausgewählte Hintergrundinfos und atmosphärische Berichte zu
Übersicht und Landung, Landungs-Drama, Flugdynamik am Kometen (Interview) und natürlich die astrobiologischen Implikationen der Rosetta-Mission –  Interview mit Prof. Kathrin Altwegg.

Rosettas Wissenschafts-Highlights

“The surprising comet” (ESA) gibt einen kurzen Überblick über Science-Highlights der Mission:
Natürlich hat die Mission das Bild eines Kometen in unserer wissenschaftlichen Vorstellung völlig geändert. Vom schmutzigen Schneeball ist P 67 zu einem höchst komplexen astrogeologischen Körper geworden. 11 Instrumente auf Rosetta und 10 auf Philae haben viele Details zusammengetragen.

1. Wie primordial ist Rosetta?
Auch wenn der Komet eine höchst aktive Oberfläche hat, ist seine Materie doch primordial und repräsentiert  ursprüngliche Merkmale des Sonnensystems bei seiner Entstehung vor 4,6 Milliarden Jahren: “With the data presented so far, the comet certainly looks pretty primordial, offering us a glimpse of what the building blocks of the planets and moons may have looked like, 4.6 billion years ago.” erklärt Bonnie Buratti (NASA). Sein Gehalt an molekularem Sauerstoff, molekularem Stickstoff, Edelgasen und dem Verhältnis von Wasserstoff und Deuterium im Kometenwasser weisen auf einen sehr kalten Geburtsort hin, fern der Sonne im protoplanetaren Nebel. Sauerstoff und Stickstoff sind im Kometeneis eingeschlossen und gasen nun aus.

2. Haben die Kometen das Wasser auf die Erde gebracht?
Das Verhältnis von Deuterium (H3) zu Wasserstoff (H2) gibt Hinweise darauf, in welche Entfernung zur Sonne P 67 entstanden ist.  Theoretische Simulationen haben gezeigt, dass sich das Verhältnis von H2 zu H3 mit zunehmender Distanz von der Sonne und in den ersten paar Jahrmillionen des Sonnensystems ändert. Im Kometen bleibt es dann allerdings stabil. Mittlerweile ist das H2/H3-Verhältnis von 11 Kometen gemessen worden und P 67 hat den höchsten H3-Anteil von allen. Das bedeutet, dass dieser Komet viel weiter entfernt von der Sonne entstanden ist, als die Wissenschaftler ursprünglich dachten.
Das Wasser auf P 67 unterscheidet sich signifikant vom irdischen Wasser. Nun ist die Frage nicht mehr, ob das irdische Wasser von Kometen stammt, wieviel von Asteroiden und wieviel zu Beginn da war.  “Now we have to ask: what fraction of the water on Earth came from comets, how much came from asteroids or other bodies, and how much was here to begin with?” meint Bonnie dazu.

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Kommentare (14)

  1. #1 tomtoo
    1. Mai 2017

    Wow ! Was für eine tolle Zusammenfassung ! Vielen Dank !

  2. #2 Bettina Wurche
    1. Mai 2017

    @tomtoo: Ich muss mich ja selbst schnell mal wieder auf´n Stand bringen ; ). Es ist jedenfalls wirklich herrlich, dieses schöne Projekt noch einmal zu beleben!

  3. #3 Alderamin
    2. Mai 2017

    @Bettina

    Schöner Zusammenfassungs-Artikel.

    Kleine Anmerkung meinerseits:

    darunter die erste exraterrestrisch gefundene Aminosäure.

    Wohl nur die erste auf einem Kometen bzw. in-situ nachgewiesene Aminosäure. Radioastronomen haben schon vor einer Weile die spektrale Signatur von Glycin in interstellaren Staubwolken nachgewiesen:

    https://physicsworld.com/cws/article/news/2003/aug/11/amino-acid-detected-in-space

    (ich meine mich sogar zu erinnern, schon viel früher über den Nachweis von Aminosäure(n) in interstellaren Wolken gelesen zu haben, 70er Jahre oder so)

  4. #4 RPGNo1
    2. Mai 2017

    Ein würdiges Abschiedsgeschenk für Rosetta.

    Und der Cassini-Orbiter wird uns dieses Jahr auch noch mit einem großen Knall verlassen. Dann ist eine weitere Abschiedsfeier fällig. 🙂

  5. #5 tomtoo
    2. Mai 2017

    @RPGNo1

    Ist schon lustig. Auf der einen Seite , wenn man schon als Kind von Sci-Fi begeistert war ,ist man halt schon ein wenig enttäuscht ob des “langsamen” Fortschritts. Auf der anderen Seite, als nicht mehr so ganz taufrischer, ist man einfach wieder begeistert was die Wissenschaft so leistet.

    https://m.phys.org/news/2017-05-cassini-big-saturn.html

    Wie kann es sein das es Menschen gibt die an Wissenschaft kein Interesse haben ? : )

  6. #6 Bettina Wurche
    2. Mai 2017

    @Alderamin: Ich beziehe mich dabei auf Kathrin Altwegg et al (2016): “Prebiotic chemicals – amino acid and phosporus […]”
    https://advances.sciencemag.org/content/2/5/e1600285.full
    Darin schreiben sie u. a.: “Although more than 140 molecules have been detected in molecular clouds and more than 25 parent molecules in cometary comae (5), glycine is not among them. In contrast, methylamine has been observed in the interstellar medium (ISM) (6). There was a rigorous attempt to verify the presence of glycine in the ISM by Snyder et al. (7) after a tentative detection by Kuan et al. (8). This attempt concluded that the observed lines do not prove the existence of glycine in the ISM. The sublimation temperature of glycine is below 150°C (9), making it a very rare species in the gas phase and therefore hard to detect. Glycine has been searched for without success in the comae of comets Hale-Bopp and Hyakutake, with calculated upper limits of [glycine]/[H2O] of 0.15 (10). In dust samples from comet Wild 2 brought back by the Stardust mission (11), the simplest amino acid, glycine, has been found together with precursor molecules methylamine and ethylamine.”
    Sie zitieren u. a. Snyder (2005).
    Der schreibt: “In 2003, Kuan and coworkers reported the detection of interstellar glycine (NH2CH2COOH) based on observations of 27 lines in 19 different spectral bands in one or more of the sources Sgr B2(N-LMH), Orion KL, and W51 e1/e2. They supported their detection report with rotational temperature diagrams for all three sources. In this paper we present essential criteria that can be used in a straightforward analysis technique to confirm the identity of an interstellar asymmetric rotor such as glycine. We use new laboratory measurements of glycine as a basis for applying this analysis technique, both to our previously unpublished 12 m telescope data and to the previously published Swedish-ESO Submillimetre Telescope (SEST) data of Nummelin and colleagues. We conclude that key lines necessary for an interstellar glycine identification have not yet been found.”
    Damit widerlegen sie die Publikation von Kuan (2003).
    Bei der Pressekonferenz hat Kathrin nach ESA-Angaben exakt das gesagt: “Dies ist der erste unzweifelhafte Nachweis von Glycin auf einem Kometen”, stellt Kathrin Altwegg fest, Forschungsleiterin des ROSINA-Instruments, mit dem die Untersuchungen durchgeführt wurden und Chefautorin der neuesten Veröffentlichung in Science Advances vom 27. Mai.
    Und ESA fasst zusammen: “Nun konnten mit Rosetta zum wiederholten Male Spuren von Glycin in der Koma des Kometen nachgewiesen werden.” – o. k., dann werde ich meine Aussage einschränken.

  7. #7 Alderamin
    2. Mai 2017

    @Bettina

    Danke für die Info. Dann waren die bisherigen Meldungen von Aminosäuren im interstellaren Gas nicht gut abgesichert.

  8. #8 RPGNo1
    3. Mai 2017

    @tomtoo
    Ich muss eigentlich ScienceBlogs (und hier besonders Florian und Bettina) dafür danken, dass mein Interesse an der unbemannten Weltraumforschung wieder erweckt wurde.
    Als Jugendlicher und auch im Studium habe ich die entsprechenden Meldungen sehr viel genauer verfolgt. Ich denke besonders an die ersten scharfen Fotos des Hubble-Weltaumteleskops zurück, die in den 90er Jahren für eine große Begeisterung gesorgt haben. Mit Beginn meiner Berufstätigkeit ging dann doch einiges verloren, aber die tollen Artikel und Links, die hier angeboten werden, haben mich dazu veranlasst, die News wieder sehr viel intensiver zu verfolgen.

  9. #9 Bettina Wurche
    3. Mai 2017

    @Alderamin: Das ist ja das Fiese: Wenn so eine Sensationsmeldung erst mal in der Welt ist, hat das Bestand. Die weitere Diskussion und ggf. Dementi bekommen nur wenige Personen mit. Ich muss oft auch lange recherchieren oder jemanden fragen, in dessen Aktionsradius das fällt.

  10. #10 Bettina Wurche
    3. Mai 2017

    @RPGNo1: Vielen Dank : ) Meine Begeisterung an dem Thema hat ganz klar mit der Nähe und Unmittelbarkeit zu tun, mit unserem kleinen Weltraumbahnhof in Darmstadt und auch der sehr guten Arbeit von deren Presseabteilung. Und ich denke, dass wir in der Ausstellung auch einiges von dieser Begeisterung werden weitergeben können. Gleich haben wir im HLMD eine gemeinsame Begehung der Ausstellung, soweit sie schon steht, bekommen noch letzte Updates der Ausstellungsmacher (Geologische Abteilung) und einen Fach-Vortrag und Antworten auf letzte Fragen von dem ESOC-Mitarbeiter Rainer Kresken. Bin schon sehr gespannt.

  11. #11 Bettina Wurche
    3. Mai 2017

    @tomtoo: Das geht wahrscheinlich sehr vielen Leuten sehr ähnlich : ) Ich finde es klasse, dass mittlerweile regelmäßig ESA-Experten und andere Fach-Referenten auf SF-Conventions sind und den Fans dort über die echte Raumfahrt berichten. Die Fans wissen das sehr zu schätzen und die ESa-Leute finde es angenehm, dass dort niemand fragt, warum man für Raumfahrt Geld ausgeben sollte sondern nur, wo es als nächstes hin geht. Es gibt große Kreise von Menschen, die Wissenschaft in Form von Vorträgen oder anderem als angenehem Form der Freizeitunterhaltung betrachten. Das gefällt mir natürlcih auch sehr.
    Wenn jemand sich dafür nicht interessiert, kann ich das akzeptieren, ich finde es eher bedrückend, wenn Menschen Wissenschaft für Verschwörungen halten.

  12. #12 RPGNo1
    4. Mai 2017

    Kurzes Offtopic:
    Ich habe Ulrich Walters Buch “Im schwarzen Loch ist der Teufel los” zum Lesen angeboten bekommen. Ist das Buch gut? Lohnt sich die Lektüre?

  13. #13 Bettina Wurche
    4. Mai 2017

    @RPGNo1: Von dem Buch habe ich noch nie gehört, mein Mann ebenfalls nicht. Hier ist eine Rezension von Spektrum:
    https://www.spektrum.de/rezension/buchkritik-zu-im-schwarzen-loch-ist-der-teufel-los/1433914
    Der Titel ist wirklich etwas irritierend : )

  14. #14 RPGNo1
    5. Mai 2017

    @Bettina
    Danke, die Rezension war doch schon was. Dann werde ich mir das Buch vornehmen.
    Der Name Ulrich Walter (ehemaliger Astronaut) hat mich halt aufhorchen lassen.