Tintenfisch-Fortpflanzungs-Geschichten sind voller Dramatik: Männchen und Weibchen veranstalten ein aufwändig choreographiertes Unterwasser-Ballett mit 16 Armen bzw. Beinen, einer spektakulären Lichter-Show und Besitz ergreifenden Manövern. Nach dem wilden Akt mit Penis, Hectocotylus und Spermatophore wird Mama Tintenfisch schwanger.
Krakenmütter bewachen ihre am Meeresboden abgelegte Brut oft noch einige Zeit und siechen dann langsam dahin.
Die Kalmar-Brutpflege war lange Zeit verhüllt durch die Dunkelheit der lichtlosen Meerestiefe. Schließlich sind die im Freiwasser und gern in größeren Tiefen lebenden Kalmare schwierig zu observieren.
Darum war Brad Seibel von seiner Beobachtung elektrisiert: Der Biologe hatte bei einem Tiefseeausflug im Jahr 2005 vor Monterey (Kalifornien) einen Kalmar entdeckt, der einen großen Eisack zwischen den Fangarmen hielt.
Genau darauf hatte er gehofft – seine Theorie vom brütenden Gonatus onyx war bestätigt!
Einige Jahre zuvor hatte der junge Biologe bei einer Forschungsfahrt vor der kalifornischen Küste nämlich ein Exemplar Gonatus onyx im Trawl gefunden. Außer dem Schwarzaugen-Kalmar war auch noch ein Klumpen Eier im Schleppnetz, der die Neugier des Biologen erregte: “They were unlike any other egg masses I had seen at that point,” erinnert er sich “I had no reason to think they were connected to the squid; they were just floating separately in the trawl [container].” Dennoch entwickelte er die Hypothese, dass es sich bei der Ei-Masse um ein Gonatus-Gelege handeln könne.
Eineinhalb Jahre später ging ihm wieder ein G. onyx ins Netz, gleichzeitig mit etwa 2000 frisch geschlüpften Mini-Kalmaren – das unterstützte seine Theorie.
2005 hatte er dann endlich brütende Gonatus onyx-Weibchen vor der Linse: Das ROV (Remotely Operated Vehicle) „Tiburon“ beobachtete in 1500 bis 2500 Metern Tiefe gleich fünf G. onyx-Exemplare, die ihren Nachwuchs – Eier und frisch geschlüpfte Jungtiere – im Armkranz wiegten. Die Biologen finden zwei erwachsene Tiere sowie einige Eier und frisch geschlüpfte Jungkalmare ein.
Die Kalmare verhielten sich extrem ruhig. Die Meeresbiologen versuchten, die Kalmare zu Interaktionen zu provozieren, auf die die Tentakeltiere aber nicht eingingen. Kein Wunder: Beim Schwimmen oder anderen starken Bewegungen hätten sie ihre Brut verloren!
Außerdem entwickelt sich bei Tintenfischen, die abgelaicht haben und brüten, die Muskulatur zurück. Je länger sie brüten, desto weniger Schwimm-Muskulatur haben sie noch. Kalmare mit unreifen Eiern konnten Mantel und Flossen noch gut bewegen und einen Fluchtversuch unternehmen. Je länger sie gebrütet haben, desto weniger Muskulatur bleibt erhalten, die Tiere bewegen sich immer schwächer.
Diese Beobachtung deckt sich mit brütenden Kraken aus flachen Gewässern: Weibliche Oktopusse hängen immer schlapper über ihren Eiern, je weiter sich ihre Brut entwickelt. Sie siechen förmlich dahin.
Seibel und seine Kollegen untersuchten auch die Anatomie der 10-armigen Mütter und fanden eine zweischichtige Membrantasche als Brutsack. Dieser Brutsack ist mit Haken zwischen den Fangarmen befestigt, eine Art-Brut-Bauchtasche für bis zu 3000 Eier. Der Membran-Sack ist eine an beiden Enden offene Röhre, so kann die Mutter die Brut stetig mit frischem Wasser spülen, um die Eier mit Sauerstoff zu versorgen.
Die Kalmare der Gattung Gonatus sind in mehreren Arten weit verbreitet und eine wichtige Proteinquelle für viele Wale, Robben und Seevögel. Die meisten Arten leben im Pazifik, nur Gonatus fabricii lebt im Nord-Atlantik und ist eine wichtige Nahrungsquelle für Schnabelwale wie den Nördlichen Entenwal.
Gonatus onyx hat seinen Namen aufgrund seiner schwarzen Augen bekommen. Als Jungtier lebt er in seichten Gewässern, tagsüber in etwa 400 Metern Tiefe. Nachts steigt er mit der Wanderung des Planktons und aller anderen Meeresbewohner auf und bleibt dann in etwa 100 Metern Tiefe.
Zum Laichen wandern die Weibchen in die Tiefe des Meeres, um 1500 Meter unter der Oberfläche. Dort sind sie zumindest vor einem Teil der Meeres-Prädatoren sicher, finden allerdings auch nicht viel Nahrung. Außerdem sitzt ja auch der Eisack vor der Mundöffnung. Dann zehren sie von Reserven und bauen Muskelmasse ab.
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