A squid graveyard and a deep-sea buffet

A ratfish swims along the bottom with a scavenged squid tentacle in its mouth. The two red dots are for scale, about 29 centimeters (one foot) apart. Credit: MBARI 2012

Bei 11 Tauchgängen filmten Hoving und seine Kollegen 64 „post-brooding squid”-Kadaver, dabei 36 bei einem einzigen Tauchgang. Die meisten toten Kalmare fanden sie in mehr als 1000 Metern Tiefe im Cerralvo Trough, einem tiefen Becken im südlichen Golf.
Damit haben die Biologen offenbar nicht nur den bisher größten bekannten Kalmar-Friedhof gefunden sondern den größten bisher bekannten natürlichen Food Fall von mittelgroßem Tiefseenekton!
Nekton ist die Gesamtheit der aktiv schwimmenden Meerestiere im freien Wasser, analog zum Plankton als den von Meeresströmungen verdrifteten Meeresbewohnern (Quallen, Salpen und viele mikroskopisch kleine Tiere) und dem Benthos, als den auf dem Meeresboden lebenden Organismen aller Größen.
Zu diesen benthischen Meereswesen gehören auch die Aasfresser, die oft zu Fuß oder bestenfalls mit kleinen Hopsern über dem Sediment immer dem Aasgeruch nach unterwegs sind. Höhere Geschwindigkeiten benötigen sie auch nicht, ihre Mahlzeiten können garantiert nicht mehr weglaufen.
Typische Vertreter der Tiefsee-Aasfresser (deep-sea scavenger) wie Schlangensterne (Ophiuroidea), Seegurken (Holothuroidea), Zehnfüßige Krebse (Decapoda), Seesterne (Asteroidea) und Eichelwürmer (Enteropneusta) waren auf den Kalmarleichen versammelt und benagten diese mit Zähnen, Mandibeln und anderen Mundwerkzeugen. Einige Tiefseefische schnappten sich auch größere Stücke.

Skeleton of a 35-ton, 13-m gray whale that has been on the seafloor of the Santa Cruz Basin (around 1700 m deep) for 18 months. Animals visible include multiple eel-like hagfish, thousands of amphipods and newly settled, juvenile clams.[1]

Wenn diese Kalmarleichen und Eisackreste zum Meeresgrund sinken, sind sie eine wichtige Nährstoff- und Energieressource für die Tiere, die Tausende von Metern unterhalb der Oberfläche mit ihren produktiveren Wasserschichten leben. Kleine herabrieselnden und schwebenden Partikel aus Tierleichen, Kot und Bakterienmatten sind der Meeresschnee, von dem sich viele Meerestiere des tieferen offenen Ozeans ernähren, wie auch der berühmte Tiefseevampir Vampyroteuthis.
Größere Tiere sind “foodfall”, besonders bekannt sind die spektakulären „whale falls“. Walkadaver mit ihrem massiven Knochengerüst können sicherlich Jahrzehnte lang eine Oase für hungrige Meerestiere bis hin zu Zombiewürmern bilden, so Hoving. „Aber über die mittelgroßen Tierkadaver wie Kalmare wissen wir bisher fast nichts.“ Sie können aufgrund ihrer geringen Größe und der fehlenden festen Bestandteile eine viel kürzer Existenz haben: „You have to get very lucky to see one—they likely get consumed within 24 hours.” erklärte Hoving gegenüber der Presse.
Es ist durchaus möglich, dass Funde von Kalmarleichen örtlich und zeitlich stark begrenzt sind und sie darum in der Tiefsee-Ökologie-Literatur bisher nur sehr vereinzelt als Beobachtung vermerkt sind.

Außerdem machten die Biologen noch eine weitere Beobachtung: An den toten Kalmaren knabberten gleich eine ganze Menge Aasfresser, nicht jedoch an den dunklen Eisäcken, die eher uninteressant zu sein schienen . Bereits vorher hatten einige Tintenfisch-Forscher vermutet, dass die Kalmare Tinte in ihren Brutsack injizieren, um die Eier für Bakterien und andere Zersetzer ungenießbar oder zumindest weniger attraktiv zu machen. Hoving und sein Team spekulieren nun auch, dass die leeren Eihäute viel später verschwinden werden als die gut verdaulichen Kalmarleichen.

Diese Beobachtungen des Tintenfisch-Friedhofs als reich gedeckte Tafel für andere Meerestiere hat also bedeutende Hinweise auf bisher noch unterforschte Proteinquellen in der Tiefsee gegeben. Die auf den Meeresboden gesunkenen Tierleichen sind Teil der “biological pump” – dem Prozeß, durch den Kohlenstoff von der Oberfläche in die Tiefen der Meere transportiert wird.
Anders als Fische, die in der Regel viele Jahre alt werden und sich mehrfach fortpflanzen, leben viele Kalmare nur ein Jahr lang und sterben nach ihrem ersten und einzigen Fortpflanzungszyklus. Wenn die Fortpflanzung jahreszeitlich synchronisiert ist, dürften eine ganze menge von ihnen gleichzeitig sterben und einen pltzlich und vorübergehenden ungeheuren saisonalen Nahrungsreichtum bedeuten: “In this case the squid may die almost simultaneously, so there may exist pulses of dead squid falling to the seafloor,” erklärt Hoving “This could have a big impact on the biological carbon pump.”

1 / 2 / 3

Kommentare (10)

  1. #1 RPGNo1
    2. Februar 2018

    @Bettina Wurche
    Schöner Artikel. Er erinnert mich an diejenigen über die Walkadaver, die eine wichtige Nahrungsquelle für die Tiefseebewohner darstellen. Ich nehme mit, dass Kalmarkadaver eine andere Art von Oasen darstellen als verstorbene Wale. Mehr weich als fest, mehr kurzfristig wirkend als langanhaltend. 🙂

    Nekton ist die Gesamtheit der aktiv schwimmenden Meerestiere im freien Wasser

    Plankton ist mir bekannt, vom Benthos habe ich schon gehört und gelesen, aber Nekton? Und schon wieder etwas gelernt.

  2. #2 Bettina Wurche
    2. Februar 2018

    @RPGNo1: “Walkadaver, die eine wichtige Nahrungsquelle für die Tiefseebewohner” – yep, deas ist der whale fall : )

  3. #3 wereatheist
    3. Februar 2018

    Der Cerralvo Trough liegt natürlich im Golf von Kalifornien, der aber politisch komplett zu México gehört.

  4. #4 Bettina Wurche
    3. Februar 2018

    @wereatheist: Danke. Shame over me – natürlich Golf von Kalifornien. Der Pazifik vor Monterey…NICHT der Golf von Mexiko, der ja bekanntlich vom Atlantik abgeht.

  5. […] Meerttext gibt es Lesenswertes über der Leben und vor allem das Sterben der Kalmare. Und wie die Leichen die Nährstoffbilanz […]

  6. #7 Bettina Wurche
    11. Februar 2018

    @tomtoo: Vielen, vielen Dank fürs Teilen, das ist ja zauberhaft!

  7. #8 tomtoo
    11. Februar 2018

    @Bettina
    Keine Ursache, ist ne Freude : )
    Ich habs im ersten Moment ja garnicht geblickt dass das Aussenrum ja lauter Geschwister sind.

  8. #9 RPGNo1
    11. Februar 2018

    @tomtoo
    Süüüüß (mit 4 ü)! 🙂

  9. […] onyx war auf meertext schon einige Male zu Gast, von der Kalmar-Kinderstube bis zum Kalmar-Friedhof (Squid Fall) und seiner ökologischen […]