Wie ein Riesen-Blob schrumpft

Der größte Globster wurde im Juli 1956 im Golf von Alaska angespült: 100 Fuß lang und 15 Fuß dick. Der Kopf allein maß über 5 Fuß. Außerdem hatte das Tier Zähne, 6 Inch (15,24 cm) lang und mit 5 Inch Durchmesser an der Basis.
Die Größe weist klar auf einen Wal hin. Bei 30 Meter Länge kommt eigentlich nur ein Blauwal in Frage. Der hat als Bartenwal aber keine Zähne, die hier ja explizit beschrieben sind. Ein Pottwal, der Zähne von solcher Größe hat, ist mit seinen „nur“ bis zu 20 Metern Länge aber zu klein.

Eine gute Aufklärung bietet die Seite itsmth.fandom.com, die sich selbst als Wiki für Kryptozoologie und Paranormales vorstellt.
Ein Autor schreibt nämlich, dass er eine weitere Quelle zu der Globster-Strandung 1956 gefunden habe, mit leicht veränderten Angaben: Im Wikipedia-Eintrag zur Seeschlange Cadborosaurus ist folgende Quelle zu finden: „1956: Somewhere near Dry Harbour south of Yakutat, Alaska a 100 foot long carcass was found with two inch long hair. Trevor Kincaid is quoted as saying “description fits no known creature.”[ W.A. Clemens identified the carcass as a Baird’s beaked whale.”
Die Quelle dafür ist das LIFE-Magazin (Life Magazine., 8 June 1956), was mangels Zugriff weder der unbekannte Autor noch ich verifizieren können. Der unbekannte Autor hat auch Photos des Alaska-Globsters gesehen und kam aufgrund des Größenvergleichs mit den Menschen auf dem Bild zu dem Schluß, dass 100 Fuß maßlos übertrieben seien. Und die Identifikation des genannten W. A. Clemens, der Globster mit den Zähnen sei ein stark zersetzter Kadaver eines Baird-Schnabelwals, gefällt mir gut: Dieser größte aller Schnabelwale hat vier Zähne an der Spitze des Unterkiefers – auffallend vorstehende Hauer. Dann wären zwar die Anzahl der Zähne und ihre Größe genauso übertrieben wie die angeblichen 100 Fuß – Baird-Wale (Berardius bairdii) werden maximal 13 Meter lang. Aber man sollte berücksichtigen, dass bei einer Seeschlangen-Sichtung oder Globster-Meldung Übertreibungen durchaus vorkommen könnten.

Chilean Blob – ein Walblubber-Blob

File:Chilean Blob.jpg

The Chilean Blob on Pinuno Beach in Chile. (Wikipedia: Chilean Blob; Source: Pierce, S., S. Massey, N. Curtis, G. Smith, C. Olavarría & T. Maugel 2004. Microscopic, Biochemical, and Molecular Characteristics of the Chilean Blob and a Comparison With the Remains of Other Sea Monsters: Nothing but Whales. Biological Bulletin 206: 125–133. (© E. Cabrera, 2003).)

Oft ist ein Blob nur ein Teil eines Tieres, was die Zuordnung per Augenschein erheblich erschwert.
Im Juli 2003 wurde am chilenischen Strand Pinuno Beach ein 13 Tonnen schwerer und 12 Meter langer Blob angespült. Aufgrund der amorphen Strukturlosigkeit konnte der Fund zunächst nicht identifiziert werden, dann ging er als gigantischer Oktopus einer noch unbekannten Spezies durch die Weltpresse.

Im Juni 2004 hatte ein Wissenschaftler-Team um S. Pierce dann mittels einer mikroskopischen, biochemischen und molekularen Analyse das Rätsel gelöst: es handelte sich um den abgelösten Blubber eines großen Pottwals (Pierce, S., S. Massey, N. Curtis, G. Smith, C. Olavarría & T. Maugel 2004. Microscopic, Biochemical, and Molecular Characteristics of the Chilean Blob and a Comparison With the Remains of Other Sea Monsters: Nothing but Whales. Biological Bulletin 206: 125–133.)

Da unterschiedliche Körpergewebe aufgrund ihrer jeweiligen Struktur unterschiedlich verwesen, können sich große Gewebeschichten voneinander lösen. Im vorliegenden Fall haben sich zunächst die Hautschichten gelöst. Als nächstes löste sich die Fettschicht. Da Fett oben schwimmt, hat sich diese Struktur im Meer verselbstständigt, der restliche Kadaver könnte versunken sein.

Auch dieser Strand war abgelegen, 1100 Kilometer südlich der chilenischen Hauptstadt Santiago, wo Biologen des Naturkundemuseums lediglich eine (nicht zutreffende) Ferndiagnose gestellt hatten, nämlich die unbekannte Oktopus-Art.

Der Blob der Zuiyo-maru – Riesenhai, Plesiosaurus…oder was?

Der Zoologe Darren Naish (TetrapodZoology) ist ein passionierter Monster-Debunker. In einem Twitter-Thread beschreibt er am 04. Oktober 2020 detailliert und bebildert, wie der japanische Fischtrawler Zuiyo-maru am 25. April 1977 48km östlich vor dem neuseeländischen Christchurch einen Blob fängt. Die japanischen Fischer dachten zunächst an einen stark verwesten Wal, später vermuteten sie einen großen Hai. Darren streut dann noch ein paar mehr Vermutungen wie eine überdimensionierte Schildkröte und einen Plesiosaurus ein.

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Kommentare (6)

  1. #1 Aginor
    29. Oktober 2020

    Danke für den Artikel!

    Fällt wieder ein bisschen in die Kategorie “Thanks, I hate it”, perfekt zu Halloween weil bissl eklig, aber das ist Biologie eben nunmal häufig. Eklig aber interessant.

    Denke z.B. auch gerne an einen Vortrag zurück, den mal ein Biologe über irgendwelche koprophagen Käfer gehalten hat, die Schafskot toll finden und daher bevorzugt dort ihre Eier ablegen.
    Oder an den Artikel über die abgefahrene Laus, die die Zunge eines Fischs auffrisst und ihre Stelle einnimmt. Nightmare fuel.
    😀

    Bei Walkadavern am Strand hoffe ich nur immer, dass nicht wieder jemand auf die stupide Idee kommt den Kadaver zu sprengen (wie die Typen in Oregon 1970). 😀

    Gruß
    Aginor

  2. #2 RPGNo1
    29. Oktober 2020

    Das gruseligste an dem Film war wohl der evangelikale Filmemacher, der mit dem Blob vor Kommunismus warnen wollte.

    ABER: Mit diesem Film hat die Karriere des unvergesslichen Steve McQueen erst den richtigen Push erhalten. Sie brachte ihm nämlich eine Rolle in der Fernsehserie “Wanted: Dead or Alive” ein, die ihm einem breiteren Publikum bekannt machte.

    https://www.metv.com/stories/steve-mcqueen-s-performance-in-the-blob-got-him-his-role-in-wanted-dead-or-alive

    So kann aus etwas Schlechtem aus etwas Gutes entstehen. :

  3. #3 Dampier
    http://dampierblog.de/
    29. Oktober 2020

    Danke für den Hinweis auf das Netzwerk für Kryptozoologie! Das war mir bisher entgangen. Ich hab gleich mal den RSS-feed abonniert und das Jahrbuch auf meine Liste gesetzt!

    Vereinzelte Berichte sind älter – so wurden 1648 im mexikanischen St. Maria del Mar unidentifizierbare Überreste einer Meereskreatur angeschwemmt.

    Das interessiert mich besonders, hast du da eine Quelle für mich? (Zufällig versuche ich gerade, diverse Santa Marias aus der Zeit und der Region (Mittelamerika) ihren obskuren Quellen zuzuordnen und auseinanderzuhalten. Mein erster Gedanke war “oh nein, nicht noch ein Santa Maria!”)

    Unter historischen Seeungeheuer-Darstellungen auf Seekarten oder Gemälden fehlt diese amorphe Monsterkategorie allerdings – wahrscheinlich war sie zu diffus.

    Kennst Du “Seeungeheuer und Monsterfische – Sagenhafte Kreaturen auf alten Karten” von Chet van Duzen? Ein schöner Bildband und gleichzeitig ein gutes Nachschlagewerk zum Thema. Da hab ich eben mal geschaut, und auch keinen Blob gefunden. Die Darstellungen auf alten Karten sind ja nie aus erster Hand, und ich könnte mir vorstellen, dass ein eventueller amorpher Blob schon von Interpretationen überformt ist, wenn er die Feder des Kartographen erreicht.

  4. #4 Bettina Wurche
    29. Oktober 2020

    @Aginor: Och, das ist ja ein erheblicher Teil der Biologie. In den Planktonproben waren auch oft solche Partikel, die wurden als Indet. (Indeterminierbar) bezeichnet oder als Schlonz. Dabei war es der allgegenwärtige Meeresschnee. Solche Blobs sind halt einfach etwas größere amorphe Teile. Ich glaube, dass in den letzten Jahrzehnten niemand mehr versucht hat, einen Wal zu sprengen – die Videos davon sind mittlerweile einfach zu bekannt.
    Koprophage Käfer sind gar nicht selten, das sind doch die ganzen Scarabaeidae. Ein einziger Kuhfladen ist sogar ein ganzer Lebensraum. Gerade Dung von Pflanzenfresser ist ja letztendlich nur weiterverarbeitete Pflanzenmaterie.
    Über den Zungenparasiten hatte ich mal geschrieben… Und dann war da noch die Hirnauslutsch-Amöbe vor San Franciso
    Parasiten finde ich wirklich gruselig, die sind so ausgebufft.

  5. #5 Bettina Wurche
    29. Oktober 2020

    @dampier: Im Ellis habe ich es zumindest unter “Blobs” nicht gefunden, in die anderen Kategorien passt es nicht.
    “Unidentified carcass from Santa Maria del Mar, Oaxaca, Mexico (1648)” findet sich so in diversen Einträgen:
    Ich hatte es auf Wikipedia ohne weiter Quelle gefunden, jetzt nur noch im Archiv:
    https://www.youtubez.com/index.php?q=aHR0cDovL3dlYi5hcmNoaXZlLm9yZy93ZWIvMjAxMTA5MTgwNTM1NDMvaHR0cDovL2VuLndpa2lwZWRpYS5vcmcvd2lraS9HbG9ic3Rlcg
    https://itsmth.fandom.com/wiki/Globster
    https://hauntedauckland.com/site/globster
    Exakt der gleiche Wortlaut, ohne weitere Quelle.
    Vielleicht könnte man im Spanischen fündig werden?

    Seeungeheuer und Monsterfische – Sagenhafte Kreaturen auf alten Karten” von Chet van Duzen habe ich hier natürlich liegen : )
    Ja, die Mönsterchen sind sich immer wieder überraschend ähnlich. Wenn ich mich recht entsinne, hatte Gessner sie als erstes katalogisiert, in seinem Fischebuch sind auch viele der Monster.

  6. #6 Dampier
    29. Oktober 2020

    Danke @Bettina, für die Hinweise! Da werde ich bei Gelegenheit mal nach suchen (auch im Spanischen).