Orcas und Tümmler pfeifen Dialekte und Unterschriften
An den Orca-Gruppen der nordamerikanischen Pazifikküste Alaskas und British Columbias haben Forscher wie John Ford oder Ken Balcomb in den 1980-er Jahren herausgefunden, dass diese schwarz-weißen Wale Dialekte pfeifen. Da diese Schwertwale oft dicht vor den Küsten schwimmen, konnten die Biologen an beliebten Orca-Strecken Hydrophonketten ins Wasser stellen und sie regelmäßig belauschen. Zusätzlich haben sie auf der Basis von Fotos die Orca-Individuen identifiziert: Diese Photo-ID erkennt Orcas aufgrund ihrer individuell geformten Rückenflosse. Damit wurde klar: Schwertwale leben in festen Familiengruppen, eine Matriarchin führt ihren Nachwuchs und die Nachkommen ihrer Töchter. Die Familien gehören jeweils zu größeren Gruppen mit jeweils eigenem Dialekt , die sich manchmal zusammenschließen. Sie treffen sich aber nicht mit Gruppen, die andere Dialekte pfeifen. Außerdem haben jeder Orca und jede Gruppe ihre eigene Kennung: Jedes Mal, wenn die Zahnwale an bestimmten Punkten vor der Küste vorbeischwimmen, pfeifen sie ihre individuelle bzw. die Gruppenkennung – ihren Unterschriftspfiff (Signature whistle).
Allmählich kam heraus, dass verschiedene Orca Dialekt-Clans auch ökologisch sehr unterschiedlich waren: Die schon gut bekannten Residents, die ständig dicht vor der Küste residieren, sind Fischfresser und auf Lachse spezialisiert. Die erst später erforschten Transients hingegen sind in kleineren Gruppen unterwegs und ziehen durch die Küstengewässer nur hindurch. Sie kommunizieren wesentlich weniger, verhalten sich anders und jagen Meeressäuger. Durch ihre „Funkstille“ können sie ihre potenzielle Beute wie Delfine, Schweinswale und Robben aus dem Hinterhalt zu überraschen und einzukreisen. Ein dritter Orca-Clan, die Offshore-Orcas, leben weiter draußen im offenen Meer. Walforscher meinen, dass Orcas sich seit der Eiszeit in solche Clans mit unterschiedlichem Dialekt, Verhalten und Ernährung aufgespalten haben und sich allmählich zu jeweils eigenen Unterarten entwickeln. Da sie seit mehreren Tausend Jahren sich nur innerhalb dieser Dialekt-Cans fortpflanzen, unterscheiden sie sich mittlerweile sogar äußerlich ein wenig.
https://www.3sat.de/wissen/wissenschaftsdoku/die-sprache-der-wale-102.html
Klönschnack mit Klick: Die Geheimsprache der scheuen Schweinswale
In der Nord- und Ostsee und anderen flachen Meeren der Nordhemisphäre leben die scheuen Schweinswale. Nur 1,60 bis 1,80 Meter klein, meist allein oder in Mutter-Kind-Paaren unterwegs und eher scheu, sind sie viel weniger bekannt als die etwas größeren Delfine. Außerdem pfeifen und quietschen sie nicht, sondern schwimmen leise durch die trüben Schelfmeere. Beobachtungen aus Aquarien haben allerdings gezeigt, dass auch sie sozial sind und erwachsene Weichen enge und lange Beziehungen eingehen können. Über Jahrhunderte hinweg wurden sie an den europäischen Küsten stark bejagt, heute leiden ihre Bestände stark unter anthropogenen Störungen wie Überfischung, Lärm und Meeresverschmutzung. So erreichen sie in Nord- und Ostsee meist nur ein Alter von 2 bis 3 Jahren und sterben oft vor der Geschlechtsreife. Zogen sie noch um 1950 in großen Gruppen umher, sind die Ostsee-Schweinswale heute vom Aussterben bedroht. Lange hielten Biologen die Kleinwale für stumm, da sie außer den Echolokations-Klicks keine Laute abgeben.
Mit der technischen Weiterentwicklung besserer Hydrophone konnte in den letzten Jahren das Lautrepertoire von Schweinswalen erforscht werden. Aquarien-Exemplare zeigten auf Playbacks von Klick-Folgen mit hoher Wiederholungsrate (high-repetition rate click trains) verschiedene Reaktionen gezeigt, bis hin zu Fluchtverhalten. Ganz offensichtlich dienten diese Klickfolgen nicht nur der Echolaukation, sondern sind auch wichtig für soziale Interaktionen. Später konnte der Zusammenhang zwischen der Akustik und dem Verhalten auch bei Tieren in freier Wildbahn nachgewiesen werden. Die Biologen befestigten sogenannte DTAG- digitalen akustischen und Bewegungssensoren (DTAGs)Sender mit Saugnäpfen auf der glatten Walhaut und bekamen ganz ähnliche Kommunikations-Klicks wie bei den Aquariums-Schweinswale zu hören. Überraschend war die Häufigkeit dieser sozialen Interaktion – offenbar waren die scheinbar einsamen Kleinewale im Meer dauernd mit anderen Artgenossen im akustischen Kontakt.
Trotz der engen Verwandtschaft haben Delfine und Schweinswale offenbar unterschiedliche Entwicklungen in der Akustik eingeschlagen: Das Lautrepertoire der kleinen Schweinswale besteht nur aus Klicks (narrow-band high-frequency (NBHF) clicks).
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