Der Grund für diese besondere Kommunikation könnten Schwertwale (Orcinus orca) sein!
Das hatte die dänische Biologin Pernille Meyer Sørensen 2018 eine Arbeitshypothese aufgestellt: Die NBHF-Arten produzieren Klicks oberhalb des Hörvermögens von Orcas, um nicht die Aufmerksamkeit dieser marinen Top-Prädatoren zu erwecken. Schließlich stehen Schweinswale (auch) auf deren Speiseplan. Statt also in großen Gruppen Deckung zu suchen, ist ihre Verteidigungsstrategie die scheinbare Funkstille – eine getarnte Akustik.
Die kleinen Wale können Frequenzen zwischen 100 Hertz und 150 Kilohertz wahrnehmen und klicken selbst meist um 130 Kilohertz. Sie sind damit für Menschen normalerweise unhörbar. Ein Glück, denn so starke Schallpulse könnten unser Gehör noch im Abstand von einigen Metern schädigen. Die höheren Frequenzen mit den kurzen Wellenlängen brauchen sie für das Aufspüren sehr kleiner Beutefische, wie etwa Grundeln von nur wenigen Zentimetern Körperlänge. Ein offensichtlicher Vorteil dieser reduzierten akustischen Breite ist, dass sie in einem für große Delfinartige nicht hörbaren Frequenzbereich sind. Die Schweinswale klönen akustisch getarnt!
Bei der Nahrungssuche klicken die Kleinwale 20-mal pro Sekunde Klicks, bei der Annäherung an die Beute steigt die Klickrate zu mehreren 100 Klicks pro Minute an, bis hin zum terminal buzz beim Zuschnappen. Dieses akustische Muster ist übrigens bei fast allen Zahnwalen nahezu identisch (Auch bei Fledermäusen – da kann man es mit einem Bat Detector selbst erleben).
Neu geborene Walkälber müssen übrigens lernen, ihr Biosonar zu nutzen, wie ForscherInnen im dänischen Aquarium in Kerteminde herausgefunden haben. Direkt nach der Geburt klickte der Nachwuchs tieffrequent und auch für Menschen hörbar. Innerhalb einer Stunde produzierte er Klicks höherer Frequenzen, er schien sich den Erwachsenen und ihren Lauten anzupassen. Nach einigen Tagen war sein Biosonar voll funktionsfähig entwickelt, auch wenn er erst nach der Entwöhnung im Alter von 8 Monaten anfing, Fisch zu orten und zu fressen.
Das CETI-Projekt: Moby Dicks Klick-Kultur
Pottwale sind die größten Zahnwale, ihre kastenförmigen Köpfe machen sie einzigartig. Die über 15 Meter großen und über 50 Tonnen schweren Bullen leben meist in kühlen Gewässern und lockeren Gruppen. Zwischen Tauchgängen bis in mehr als 2000 Metern Tiefe kommen sie nur kurz an die Meeresoberfläche, dort liegen ihre walzenförmigen Körper wie Unterseebote zwischen den Wellen. Nur zur Paarungszeit besuchen sie die Familiengruppen der wesentlich kleineren Kühe und ihrer Kälber in wärmeren Gewässern, um die Galapagos-Inseln, die Azoren oder karibischer Inseln.
Auch Pottwale senden nur Klicks. Neben den Echolokations-Klicks, mit der sie auf weite Entfernungen beim senkrechten Abtauchen in die Tiefe ihre Lieblingsbeute, Tintenfische, aufspüren, hörte der Pottwal-Experte Hal Whitehead vor den Galapagos auch immer wieder andere Klickfolgen. An der Oberfläche tauschten die Weibchen lange Klickfolgen aus, wie Unterhaltungen. Wie Morsezeichen waren die einzelnen Klicks durch unterschiedlich lange Pausen getrennt.
Whitehead hatte wie Payne in den 1970-er Jahren begonnen, per Segelboot diesen großen Zahnwalen zu folgen und sie zu beobachten. Seiner Forschung ist es zu verdanken, dass diesen Meeresriesen heute eine eigene Kultur zugestanden wird.
Da jeder Pottwal beim Abtauchen seine Fluke weit aus dem Wasser hebt und jede Fluke ihre eigene Form und Markierungen wie Narben hat, konnten die Pottwalforscher bald die einzelnen Individuen unterscheiden. Dazu fotografierten sie die Fluken für einen Photo-ID-Katalog mit den Familiengruppen und ihren Mitgliedern. Whitehead belauschte und beobachtete die Walfamilien und verstand allmählich ihre sozialen Beziehungen und publizierte in den 1990-er Jahren immer neue Arbeiten zum komplexen Sozialleben der sanften Meeresriesen. Mit Hydrophonen und gleichzeitiger Beobachtung konnte er Laute den einzelnen Walen zuordnen. Mit Hilfe des Computerprogramms MatLab gelang schließlich der Durchbruch: Die Pottwal-Familien nutzten tatsächlich Klicks auch für ihre soziale Kommunikation. In dem riesigen Datenberg aus Jahrzehnten der Walbeobachtung sortierte MatLab die engen Verbindungen in den Familiengruppen heraus und fand schließlich Hinweise auf eine Pottwal-Sprache mit verschiedenen Dialekten. Vor den Galapagos-Inseln lebten offenbar mehrere Pottwal-Clans nebeneinander, die sich nicht miteinander mischen. Jeder Clan hat seine eigene Klick-Folge als Erkennungszeichen. Codas nennen Whitehead und andere Pottwalforscher diese Lautfolgen, die nicht nur von Mutter zu Kalb, sondern auch innehrhalb der Gruppe gelernt und weitergegeben werden. Solch ein Lernen innerhalb einer Gruppe erfüllt den Begriff der Kultur.
Whitehead ist sich sicher, dass die Kälber im Zentrum der Kommunikation und Kultur dieser großen Wale stehen. Schließlich gebären die Mütter nach 18 Monaten ein Kalb, das sie mehrere Jahre intensiv betreuen. Kleine Pottwale müssen das Tauchen erst lernen, sie bleiben also während der Jagd der Mutter an der Oberfläche zurück, in der Obhut ihrer besten Freundin. Um solche Verabredungen zu treffen, das komplexe Gruppenleben zu regeln und die kostbaren Jungtiere zu schützen, so Whitehead, haben die Walmütter diese Kommunikation entwickelt.
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